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tanzendes_irrlicht
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Post Thu, 13.Jul.06, 7:37      Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Halo Ihr!

Hat jemand von Euch eine Erklärung dafür, dass es Menschen gibt, die mit voller Überzeugung einen Standpunkt/Meinung vertreten und genau konträr handeln?

Ich meine NICHT das Verhalten, sich selbst etwas schön zu reden (zb trotz des Wissens das Rauchen schlecht ist, sich zu sagen, dass es einem selbst nicht schadet - das ist kognitive Dissonanz).

Ich meine: Person A sagt, sie würde Neugierde verabscheuen - und liest das Tagebuch von Person B. Person A findet Egozentrik fürchterlich - und dreht sich nur um sich. Person A sagt, sie respektiert andere Menschen - und stellt sich andauernd über andere usw usf.

Wie passt das?
Von der Meinung total überzeugt und auch überzeugt, so zu sein - und überhaupt nicht zu bemerken, dass man genau das nicht ist?

Wie sind eure Erfahrungen? Macht das im Grunde jeder und nur ich bin total verblendet und merke es bei mir nicht? (und bei dieser Person nur, weil es mir so extrem auffällt?)

Lg,

Irrlicht

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Annemarie
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Post Thu, 13.Jul.06, 7:56      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo Du Very Happy ,

*aufzeig* ... kenn da viele Beispiele, aber konkret fällt mir eines ein ...

ist es nicht so, daß man selbst genau dort mal nachgucken soll, was einen an jemand anderen besonders stört?

ja ... ich denke, daß da niemand ausgenommen ist von solchen Phänomenen ... und sei er noch so reflektiert Razz

Was mir gerade auffällt, daß es besonders schwierig ist, ein Beispiel, welches mich selbst in dieser Rolle betrifft, zu finden ... obwohl ich weiß, es gibt bestimmt viele davon Embarassed

Super interessantes Thema, finde ich Very Happy

Liebe Grüße Dir,
Annemarie

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Post Thu, 13.Jul.06, 8:42      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo tanzendes_irrlicht,

mein spontaner Gedanke dazu:
Quote:
Ich meine: Person A sagt, sie würde Neugierde verabscheuen - und liest das Tagebuch von Person B. Person A findet Egozentrik fürchterlich - und dreht sich nur um sich. Person A sagt, sie respektiert andere Menschen - und stellt sich andauernd über andere usw usf.

Wie passt das?
Von der Meinung total überzeugt und auch überzeugt, so zu sein - und überhaupt nicht zu bemerken, dass man genau das nicht ist?

Ich könnte mir vorstellen, dass das eine (moralische) Legitimation seines eigenen Verhaltens vor sich selbst ist bzw. eine Abwehrmechnismus, also z.B.:
Quote:
Ich meine: Person A sagt, sie würde Neugierde verabscheuen - und liest das Tagebuch von Person B.

A erachtet Neugierde im Sinne eines Nachspionierens als ein sozial tendenziell unerwünschtes/unethisches Verhalten. A widersetzt sich dennoch seiner eigenen Moralvorstellung, dass "man so etwas nicht tut" (liest Tagebuch).

Ich könnte mir schon vorstellen, dass den A nun zunächst ziemliche Gewissensbisse plagen, denn sein Verhalten war/ist ja in seinen Augen "unethisch". Und indem A nun beginnt, Neugierde als etwas tooootal verabscheuungswürdiges zu beurteilen (man beachte die einsetzende, übertriebene Bewertung), kann man vielleicht sogar verdrängen, dass man sich eigentlich anders verhält. Vielleicht sogar so verdrängen, dass man ab einem gewissen Punkt selbst gar nicht mehr erkennt, dass sich abweichend von seiner grundsätzlichen Moralvorstellung/Überzeugung verhält => Abwehrmechanismus.

Kann aber totaler Quatsch sein... so jedenfalls mein spontaner Gedanke.

LG


Last edited by sm on Thu, 13.Jul.06, 9:39; edited 1 time in total
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Post Thu, 13.Jul.06, 9:33      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

tanzendes_irrlicht wrote:
Macht das im Grunde jeder

ich würde vorsichtig sagen: ja. Derartig inkongruente Verhaltensweisen treten selbst bei Menschen größter Intelligenz auf, was zeigt, dass unsere Psyche doch ein gewisses "Eigenleben" abseits der Großhirnrinde führt. Wink

Aus psychologischer Sicht stellt sich allerdings die Frage, wie die betr. Personen nach entsprechenden Rückmeldungen der Umwelt damit umgehen - einsichtsvoll und im Sinne einer "Arbeit an sich selbst" daran reifend, oder ausblendend und negierend - letzteres (Abwehrmechanismen) würde auf eine partiell unreife Persönlichkeitsstruktur hinweisen.
Wobei sich dann die Frage stellt, wie weit derartige 'flaws' das Alltagsleben oder den sozialen Umgang beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall wird es zu sozialer Nichtakzeptanz oder zum Rückzug anderer kommen, meist aber werden diese Verhaltensweisen wohl nur in Krisen zum ernsthaften Problem und führen in der Umwelt ansonsten häufig zum Bild, dass man von der betreffenden Person eben nicht alles für 'bare Münze' nehmen sollte - vor allem nicht das, was sie über sich selbst so sagt.

Ich hoffe, dieser kleine Ausflug in die Alltagspsychologie hilft ein Stückchen weiter.

Lieben Gruß
R.L.Fellner

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dirty_mind
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Post Thu, 13.Jul.06, 9:36      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

@sternenmeer

Quote:

Ich könnte mir schon vorstellen, dass den A nun zunächst ziemliche Gewissensbisse plagen, denn sein Verhalten war/ist ja in seinen Augen "unethisch". Und indem A nun beginnt, Neugierde als etwas tooootal verabscheuungswürdiges zu beurteilen (man beachte die einsetzende, übertriebene Bewertung), kann man vielleicht sogar verdrängen, dass man sich eigentlich anders verhält. Vielleicht sogar so verdrängen, dass man ab einem gewissen Punkt selbst gar nicht mehr erkennt, dass sich abweichend von seiner grundsätzlichen Moralvorstellung/Überzeugung verhält => Abwehrmechanismus.


finde nicht das das quatsch ist, es gibt sogar sehr viele beispiele dafür.
besonders die übertreibung.

z.b. in der geschichte.
nazismus (judenverfolgung)
es wurden feindbilder geprägt, denen genau die negativen eigenschaften zugesprochen wurden, die für das eigene system typ. waren.
den juden wurde nachgesagt sie wurden deutsche kinder töten, den deutschen das land nehmen usw.

hexenverfolgung im zusammenhang mit zölibat:
ein typischer vorwurf gegenüber vermeintlichen hexen war immer lüsternheit und unkeuchheit.
bei der sogen. befragung wurden sie dann von priestern entblöst und missbraucht.


es fällt mir persönlich mehr als massenphänomen auf.
aber es ist auch auffällig, das bei anderen oft die fehler am meisten verurteilt werden, die man selbst besitzt.
so kann man sich wenigstens mit worten von der eigenen schwäche distanzieren, bzw. diese verbergen.

Quote:
Abwehrmechanismus
oder schutzmechanismus.

auf jeden fall ein guter ansatz zur selbsterkenntniss.

Image Dirty


btw. verfolgt jemand die sendung "Das perfekte Dinner"
dort kann man sehr interesante psych. beobachtungen machen.
insbesonder die gegenseitige "objektive" bewertung ist oft sehr aufschlussreich Laughing

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Post Thu, 13.Jul.06, 9:40      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

dirty_mind wrote:
Quote:
Abwehrmechanismus
oder schutzmechanismus.

dirty_mind, Abwehrmechanismen sind im Prinzip Selbstschutzmechanismen. Wobei das, vor dem geschützt werden soll, nicht mehr als ein "schlechtes Gefühl über sich selbst" [Selbstwertgefühl] sein muß, aber durchaus auch mehr sein kann.

mfg
R.L.Fellner

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tanzendes_irrlicht
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Post Thu, 13.Jul.06, 10:36      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo!

Ich will noch einen Schritt weiter, Dirty und Annemarie:

Mir ist bewusst, dass das, was man an jemand anderem ablehnt oft das ist, was man selbst gerne hätte oder eben an sich selbst ablehnt. Es gibt ein Sprichwort: zeige mit dem Finger auf jemand andern, dann zeigen immer drei Finger auf dich zurück.

Was aber, wenn man das explizit der anderen Person sagt und diese dennoch "nicht versteht"?

sternenmeer wrote:
Ich könnte mir schon vorstellen, dass den A nun zunächst ziemliche Gewissensbisse plagen, denn sein Verhalten war/ist ja in seinen Augen "unethisch". Und indem A nun beginnt, Neugierde als etwas tooootal verabscheuungswürdiges zu beurteilen (man beachte die einsetzende, übertriebene Bewertung), kann man vielleicht sogar verdrängen, dass man sich eigentlich anders verhält. Vielleicht sogar so verdrängen, dass man ab einem gewissen Punkt selbst gar nicht mehr erkennt, dass sich abweichend von seiner grundsätzlichen Moralvorstellung/Überzeugung verhält => Abwehrmechanismus.


Du meinst, dass ursprünglich ein schlechtes Gewissen da ist, dies aber komplett verdrängt wird? Soweit verdrängt, dass nicht mal mehr ein Zusammenhang zwischen verabscheuter Neugierde und Tagebuchlesen gesehen wird?

Herr Fellner wrote:

Aus psychologischer Sicht stellt sich allerdings die Frage, wie die betr. Personen nach entsprechenden Rückmeldungen der Umwelt damit umgehen - einsichtsvoll und im Sinne einer "Arbeit an sich selbst" daran reifend, oder ausblendend und negierend - letzteres (Abwehrmechanismen) würde auf eine partiell unreife Persönlichkeitsstruktur hinweisen.


Was macht diese partielle Persönlichkeitsreife aus? anders: was braucht ein Mensch, um relativ objektiv auf sich schauen zu können, Feedback von anderen integrieren zu können?

Was ich nicht verstehe ist, wie ein Mensch mit hoher Intelligenz und der Fähigkeit, Wissen langdauernd zu speichern, eigene Verhaltensweisen nicht sehen zu können und im Gegenzug bei anderen solche festzustellen meint, die so gar nicht da sind. Wie jemand Thesen über "richtiges Leben" aufstellt und so daran vorbeiagiert ohne das zu bemerken und nach Hinweisen völlig negiert. Neutral
Was ist denn "schlimm" daran, zuzugeben, dass das eigene Ideal auch nur ein Ideal ist?
Wie kommt ein Mensch zu der Einstellung, man müsse nicht lebenslang an seinen Standpunkten feilen, diese auf Stimmigkeit überdenken und mit dem Bild von sich abgleichen?

Lg und vielen Dank Euch,

Irrlicht

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Therese28
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Post Thu, 13.Jul.06, 10:55      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

hallo,


r.l.fellner wrote:
tanzendes_irrlicht wrote:
Macht das im Grunde jeder

ich würde vorsichtig sagen: ja.


auch wenn bei manchen personen die divergenz zw. sagen und tun eklatant, bei anderen wiederum verschwindend gering sein mag, ich finde, keiner kann sich davon ausnehmen. eine charaktereigentschaft bzw. ein defizit, das jedem von uns zu eigen ist.

zudem läßt sich dieses phänomen geschichtlich weit zurückverfolgen.
    wasser predigen und wein trinken


gruß
menis






OT @dirty
dirty_mind wrote:
z.b. in der geschichte.
nazismus (judenverfolgung)
es wurden feindbilder geprägt, denen genau die negativen eigenschaften zugesprochen wurden, die für das eigene system typ. waren.
den juden wurde nachgesagt sie wurden deutsche kinder töten


nazismus ist nicht gleichzusetzen mit judenverfolgung. wohl eher treffend wären begriffe wie Schoah bzw Holocaust

willst du durch deinen post zum ausdruck bringen, die deutschen wären kindsmörder gewesen???


Last edited by Therese28 on Thu, 13.Jul.06, 10:58; edited 1 time in total
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Post Thu, 13.Jul.06, 10:57      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo dirty hug ,

noch ein Gedanke zu deinen Anmerkungen:

Quote:
nazismus (judenverfolgung): es wurden feindbilder geprägt, denen genau die negativen eigenschaften zugesprochen wurden, die für das eigene system typ. waren.

Ich möchte meine Gedanken mal von dem sensiblen Thema "3. Reich" loslösen, denn z.B. die Judenververfolgung ist für mich zu sehr mit brutaler Machtausübung und verabscheuungswürdiger Gewalt verknüpft, als dass ich bei diesem sensiblen (und somit potenziell streitanfälligen Wink) Thema bleiben möchten.

Aber grundsätzlich gesprochen, und ohne psychanalytisch bewandert zu sein, würde ich diese Form der Abwehr als Projektion beschreiben, vgl. auch wikipedia::
"Eigene psychische Inhalte und Selbstanteile (v.A. Affekte, Stimmungen, Absichten und Be-wertungen, etc.) werden anderen Personen zugeschrieben." Also z.B. Eigentlich ist man selbst egoistisch, und schreibt dieses Verhalten nun einem anderen zu. Damit ist man mit sich selbst wieder "im Reinen", denn man nimmt den Egoismus ja nicht bei sich selbst wahr, sondern bei anderen...

Welchen Namen ich den von t.-i. angeführten Beispiel geben würde, weiß ich hingegen gar nicht...

LG
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Post Thu, 13.Jul.06, 11:05      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo tanzendes_irrlicht


Quote:
was braucht ein Mensch, um relativ objektiv auf sich schauen zu können, Feedback von anderen integrieren zu können?


vor allem die fähigkeit sich selbst zu lieben, sich so anzunehmen wie er ist. auch mit seinen fehlern.

nur wenn man sich seine fehler eingestehen kann, kann man daran arbeiten. gerade die selbsternannten perfektionisten können das oft nicht.
die tolerieren eigene fehler ebensowenig wie die fehler anderer.

diese teilweise überhöhten anspüchen an sich oder andere sind meist
unrealisierbar. sollte dies doch einmal einmal gelingen, kann man neue hindernisse aufbauen.
sie sind vor allem wenig bis gar nicht kritikfähig.
auch auf konstruktive kritik reagieren sie unangemessen emotional.

diese ständigen widersprüche machen nicht unbedingt glücklich oder umgänglich.

damit wird dann die selbstverleugnung überlebenswichtig.
weil schuld an all dem will man ja selbst nicht haben.

Quote:
r.l.fellner
Wobei das, vor dem geschützt werden soll, nicht mehr als ein "schlechtes Gefühl über sich selbst" [Selbstwertgefühl] sein muß, aber durchaus auch mehr sein kann.


sehr oft verbirgt sich darunter lediglich mangelndes selbstbewusstsein.
so kann man sich eben die chance auf ein glückliches leben gründlich verbauen.




Image Dirty


ps. ich hoffe nicht so sehrt OT

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Post Thu, 13.Jul.06, 11:18      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

@ menis

Quote:
nazismus ist nicht gleichzusetzen mit judenverfolgung. wohl eher treffend wären begriffe wie Schoah bzw Holocaust


ok. ein krasses beispiel von mir.
aber nenn es wie du willst Schoah oder Holocaust. nixweiss

Quote:
willst du durch deinen post zum ausdruck bringen, die deutschen wären kindsmörder gewesen???



ich verstehe den sinn dieser frage nicht. Confused
soll das diesen thread voranbringen, oder geht es einfach nur um geschichtl. exaktheit. anderswo gern, nur wäre es hier OT.
wenn es dringend ist schreib mir ne pm.


Hallo Sternenmeer

Quote:

Also z.B. Eigentlich ist man selbst egoistisch, und schreibt dieses Verhalten nun einem anderen zu. Damit ist man mit sich selbst wieder "im Reinen", denn man nimmt den Egoismus ja nicht bei sich selbst wahr, sondern bei anderen...


yo genau das meine ich



Quote:
Sternenmeer
Ich möchte meine Gedanken mal von dem sensiblen Thema "3. Reich" loslösen, denn z.B. die Judenververfolgung ist für mich zu sehr mit brutaler Machtausübung und verabscheuungswürdiger Gewalt verknüpft, als dass ich bei diesem sensiblen (und somit potenziell streitanfälligen ) Thema bleiben möchten.


wie recht du hast Neutral

und ich dich auch hug


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Post Thu, 13.Jul.06, 12:11      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo tanzendes_irrlicht,

Quote:
Du meinst, dass ursprünglich ein schlechtes Gewissen da ist, dies aber komplett verdrängt wird? Soweit verdrängt, dass nicht mal mehr ein Zusammenhang zwischen verabscheuter Neugierde und Tagebuchlesen gesehen wird?

Hmmm, also wenn es ein Abwehrmechanismus ist, dann ist das Problem vermutlich, dass hier viel im Unterbewussten abläuft. Und das, was unterbewusst abläuft, kann man dann vielleicht wirklich nicht mehr bei sich bewusst wahrnehmen..., d.h.: Es ist wie ausgeblendet.

Bei meinem obigen Beispiel zur Projektion erscheint mir das jedenfalls halbwegs einleuchtend: Man nimmt bei sich (bewusst oder unbewusst gruebel) eine Eigenschaft wahr, die man sich selbst eigentlich nicht zuschreiben möchte. Es kommt zu einem inneren Konflikt. (Diesen Konflikt habe salopp als Gewissensbiss bezeichnet).

Um mal beim Egoismus zu bleiben: Wer sagt von sich schon gerne: ja, ich bin eine egoistischer Mensch (ich meine einen Egoismus im negativen Sinne)??? Nun beginnt man wohl diese bei sich wahrgenommen Eigenschaften auf einer unbewussten Ebene anderen zuzuschreiben. Und indem man diese egoistische Züge bei anderen wahrnehmen zu glaubt, sieht man den Egoismus ja bei sich selbt nicht mehr... Folge: Der innere Konflikt ist (vermeintlich) aufgehoben.

Bezogen auf deine Beispiele tue ich mir da schwerer. Irgendein "schlechtes Gefühl"/ein innerer Konflikt/"Gewissensbiss", wird schon vorhanden sein: Denn das Tagebuchlesen passt ja nicht mit der eigenen Moralvorstellung ("Nachspionieren ist schlecht") zusammen.

Hmmm: Man könnte wohl nun für sich selbst die Schlussfolgerung ziehen: "Ich habe etwas Schlechtes getan" bzw. noch schlimmer: "Ich bin ein schlechter Mensch". Ich glaube nicht, dass JEDER IMMER und JEDERZEIT dazu fähig ist, sich etwas "Schlechtes/Unethisches" einzugestehen. Sondern man neigt vielleicht dazu, diese "schlechten Eigenschaft" unbewusst von sich abzuwehren...

Quote:
Soweit verdrängt, dass nicht mal mehr ein Zusammenhang zwischen verabscheuter Neugierde und Tagebuchlesen gesehen wird?

Hmmm: Ich würde sagen: Im Extremfall: Ja. Das hängt wohl in entscheidendem Ausmaß davon ab, wie stabil/reif die eigene Persönlichkeitsstruktur ist - so ähnlich wie Herr Fellner schreibt....

Ich bastele mir das so zusammen:

Wenn die Persönlichkeitstruktur so stabil/reif ist, das man es "aushalten" und man damit umgehen kann, dass man (auch) negative Züge in sich trägt, dann wird man diese "schlechten Züge" nicht abwehren (müssen). Man ist sich dann wohl auch voll bewusst, dass man etwas "unethisches" getan hat. Aber der Selbstwert bricht darunter wohl nicht in dem Sinne zusammen, dass man sich nun sagt: Oh Gott, ich habe etwas Verabscheuungswürdiges getan und eine Gedankenspirale in Gang kommt: Oh Gott, ich bin ein zu verabscheuender Mensch... Sondern man kann in irgendeiner Form damit umgehen.

Ist man hingegen "nicht so reif/labiler" werden die Gedanken " Oh Gott, ich bin ein zu verabscheuender Mensch" vielleicht wirklich ausgeblendet. Und stattdessen postuliert man seine eigene Moralvorstellung um so lauter....

...aber ohne Garantie... vielleicht lehne ich mich da zu weit aus dem Fenster gruebel gruebel gruebel ...

OT @Dirty:

Laughing
Quote:
yo genau das meine ich

... so habe ich dich auch verstanden Cool Wink !

Denn GENAU DAS meinte ich mit der unauffälligen Cool Anmerkung: "sensiblen (und somit potenziell streitanfälligen Wink) Thema"

LG
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Post Thu, 13.Jul.06, 12:33      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo,

dieses Thema hat mir auch schon graue Haare gemacht Confused
Eben weil man (ich) dieses Phänomen so oft beobachten kann fragte ich mich, wie man denn überhaupt selbst noch einen Standpunkt vertreten könne, ohne sich gleichzeitig ununterbrochen selbst zu „überprüfen“.
Ich sehe es aus so, wie Annemarie sagt, aber das würde bedeuten, dass sobald es einem bei anderen auffällt, es zum eigenen Thema wird.
Nur wie kann man sich da selbst „auf die Schliche“ kommen?
Ganz nach dem Motto, man kann andere nicht ändern, aber an sich selbst „arbeiten“.
Und geht es dann um den speziellen Standpunkt, der „missachtet“ wird, den man bei sich überdenken muss, oder geht es um das „Phänomen“ im Allgemeinen?

Für mich hat es dazu geführt, dass ich mich, sofern möglich, in die „Konfrontation“ begebe, die Sache eben versuche, mit betreffender Person gemeinsam anzusprechen, um zu erfahren, wie der/diejenige die Sache im Vergleich zur eigenen „Predigt“ wahrnimmt.
Nicht um denjenigen zu ändern, sondern um verstehen zu lernen, warum das so ist, meinetwegen die eigene Toleranz zu erweitern und als Folge vielleicht einen „schärferen Blick“ für sich selbst zu bekommen.
(Ist natürlich meist nicht gerade "gemütlich" Wink )
Vielleicht kommt es ein bisschen darauf an WIE man nachfragt, ist es ein Vorwurf? Oder Interesse? Oder...

Und gleichzeitig bin ich der Meinung, dass man Menschen braucht, die es einem selbst „aufzeigen“, wenn es ihnen auffällt, sofern man es natürlich überhaupt vermeiden möchte.
(Was für mich btw eine bestimmte Definition von „Freundschaft“ bedeutet)

Bräuchten wir nur die „richtige Meinung“ um die „richtigen Entscheidungen“ zu treffen, gäbe es wohl eine klar definierte Anweisung für’s Leben. Handelt man den eigenen Idealen zuwider, kann das vielfältige Gründe haben und die gehören zum Menschen wohl genauso, wie seine Ideale, sind wohl nur schwerer „erkennbar“, dadurch aber nicht weniger „bedeutend“.

„Verurteilt“ man aufgrund des Blickes auf die Widersprüche, die man „sieht“, ist das mir persönlich zu einfach und das „Hinterfragen“ (ob nun im Austausch oder nur für sich selbst für möglich halten, dass es eben Gründe gibt, die ich nicht kenne, nicht „verstehen“ kann) kann einem auch dabei helfen, sich die eigene „Unvollkommenheit“ besser zu erlauben.

Oh, ich hoffe das war jetzt nicht am Thema vorbei, es hat ja keiner etwas „verurteilt“ Smile , da haben sich jetzt meine Erfahrungen eingeschlichen.... logisch, wessen sonst Very Happy
Ich schick’s trotzdem ab Embarassed

Liebe Grüße
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Post Thu, 13.Jul.06, 20:33      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

sternenmeer schrieb:
Quote:
Wenn die Persönlichkeitstruktur so stabil/reif ist, das man es "aushalten" und man damit umgehen kann, dass man (auch) negative Züge in sich trägt, dann wird man diese "schlechten Züge" nicht abwehren (müssen). Man ist sich dann wohl auch voll bewusst, dass man etwas "unethisches" getan hat. Aber der Selbstwert bricht darunter wohl nicht in dem Sinne zusammen, dass man sich nun sagt: Oh Gott, ich habe etwas Verabscheuungswürdiges getan und eine Gedankenspirale in Gang kommt: Oh Gott, ich bin ein zu verabscheuender Mensch... Sondern man kann in irgendeiner Form damit umgehen.

Ist man hingegen "nicht so reif/labiler" werden die Gedanken " Oh Gott, ich bin ein zu verabscheuender Mensch" vielleicht wirklich ausgeblendet. Und stattdessen postuliert man seine eigene Moralvorstellung um so lauter....


Herr Fellner schrieb:
Quote:
Aus psychologischer Sicht stellt sich allerdings die Frage, wie die betr. Personen nach entsprechenden Rückmeldungen der Umwelt damit umgehen - einsichtsvoll und im Sinne einer "Arbeit an sich selbst" daran reifend, oder ausblendend und negierend - letzteres (Abwehrmechanismen) würde auf eine partiell unreife Persönlichkeitsstruktur hinweisen.


Mich würde mal interessieren, ob dieser Abwehrmechanismus garnicht durchbrochen werden kann. Bedeutet das, dass es Menschen gibt, die total unfähig zur Selbstreflektion sind. Oder keimt da schon mal was auf und wird dann abgewehrt? Würde für mich bedeuten, dass diese Menschen auch ein großes Schuldgefühl mit sich rumtragen. Aufkeimend in manchen Momenten, dann muß dies abgewehrt werden?

Ist das dann eine Selbstwertstörung?

Kann ich soweit gehen, zu sagen, dass diese Menschen oft auch diejenigen sind, die fast alles auf sich beziehen, vieles als Angriff gegen sich persönlich sehen?

Gruß hope62
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Post Thu, 13.Jul.06, 22:11      Re: Sagen und Tun Reply with quoteBack to top

Hallo hope,

natürlich ohne jede Garantie...Wink:

Quote:
Mich würde mal interessieren, ob dieser Abwehrmechanismus garnicht durchbrochen werden kann.

Hmm, ich glaube schon, dass Abwehrmechanismen durchbrochen werden können. Aber dazu müssen sie wahrscheinlich erstmal bewusst werden bzw. bewusst gemacht werden... Als Abwehrmechanismus verstehe ich z.B.: Eine Eigenschaft, die du selbst hast, nimmst du bei anderen wahr. Und das ist gar nicht sooo selten in meinen Augen.

Beispiel: Eine Freundin, die in meinen Augen sicherlich nicht materiell orientiert ist, lebt in Trennung von ihrem Mann. Ihr Mann sagt ihr nun: Dir geht es nur um das Geld... Ich kenne beide... ich möchte es möglichst neutral audrücken: ER ist durchaus jemand, der auch in finanzieller Sicht schon gerne versucht, das Beste für sich herauszuholen..., gerne handelt, etc. (Das es Absicht war, um sie zu verletzen schließe ich aus).

Warum sagte er nun zu ihr: Dir geht es nur ums Geld. Meine persönliche Meinung ist: Er sagt da sehr viel über sich selbst aus. Aber er nimmt es bei sich nicht wahr, sondern schreibt ihr diese Eigenschaft zu.

Quote:
Bedeutet das, dass es Menschen gibt, die total unfähig zur Selbstreflektion sind.

Soweit möchte ich nicht gehen... aber ich denke, jeder Mensch ist zumindest punktuell zu Selbstreflexion unfähig. Zumindest ich kann für meinen Teil schwer reflektieren, was in meinem Unterbewusstsein liegt.

Quote:
Würde für mich bedeuten, dass diese Menschen auch ein großes Schuldgefühl mit sich rumtragen. Aufkeimend in manchen Momenten, dann muß dies abgewehrt werden?

Muss nicht und sollte in meinen Augen auch besser nicht... Aber was machst du, wenn dieses Schuldgefühl dich irgendwann beginnt "aufzufressen"??? Ich kann mir schon vorstellen, dass dann irgendwie ein Mechanismus in Gang kommen kann, der diese tiefen Gefühle abwehrt. z.B. auch in der Form, dass du dir die Situation schön malst, bist du selbst daran glaubst...

Quote:
Kann ich soweit gehen, zu sagen, dass diese Menschen oft auch diejenigen sind, die fast alles auf sich beziehen, vieles als Angriff gegen sich persönlich sehen?

Pauschal kann man das wahrscheinlich nicht sagen. Aber ich glaube Wink : Wenn man sich angriffen fühlt (obwohl man eigentlich nicht wirklich angegriffen wurde) z.B. weil man alles sehr schnell persönlich nimmt, dann kann die Ursache ein mangelndes Selbstwertgefühl sein. Denn jeder Mensch reagiert wohl "empfindlich"darauf, wenn jemand genau in die wunden Punkte schießt (oder man glaubt, dass jemand das macht). Wer ein gutes Selbstwertgefühl hat, steht da eher über den Dingen und fühlt sich nicht sooo schnell angegriffen...

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