Wichtigkeit von Smalltalk

Forums-InsiderIn 436 Hamburg M, 29

Mir ist aufgefallen, daß einige den Smalltalk als minderwertig oder "unter ihrer Würde" betrachten, und deshlab lieber ganz auf Gespräche verzichten. Die Smalltalk-Gegner übersehen aber häufig die anderen wichtigen Funktionen von diesen Gesprächen, die weit über den Inhalt hinausgehen.

Es gibt ja so Sprüche nach der Art: "Wenn man nichts wichtiges zu sagen halt soll man die Klappe halten!" Dem widerspreche ich jetzt, weil auch bei einem Smalltalk wird viel wichtiges "gesagt":

Die zusätzlichen, meist nicht beabachteten Kommunikationskanäle sind Körpersprache, Stimme, Gefühlslage, Subtext etc. In jedem Gespräch kommen Dinge rüber wie etwa:
* Wie steht man zu sich selbst?
* Bin ich unsicher? Ist der andere unsicher?
* Wie steht man zum anderen?
* Kommunikation von Sympathie / Antipathie
* Bin ich Freund / Feind?
* Hat sich was an der "Beziehung" zueinander geändert?
* Hey, ich existiere noch!
* Welche Laune habe ich?
etc.

Generell checkt man also immer zwischendurch die Lage und das Verhältnis zu anderen Leuten und Gruppen ab. Deswegen grüßt man regelmässig seinen Nachbarn und hält einen belanglosen Plausch. Als Subtext stellt man aber eine gute Beziehung zu seinem Nachbarn her oder hält sie aufrecht. Ohne diese kleinen Gespräche würde das auseinanderfallen. Und irgendwann braucht man vielleicht seinen Nachbarn. Deswegen ist auch smalltalk sinnvoll!

Beim kennenlernen ist es genauso. Auch wenn man nur übers Wetter redet kommt das eigentlich wichtige dabei rüber - wie steht man zueinander? Ist das eine vertrauenswürdige Person? Wäre das ein potentieller Partner?

Natürlich alles unterbewußt. Wenn man sich das vergegenwärtigt, bekommt auch das scheinbar belanglose einen Sinn, und man kann sich eher damit anfreunden.

Läßt man sich jedoch auf gar keinen Smalltalk ein, weil man nur tiefsinniges zu sagen hat, schneidet man diese ganzen Kommunikationskanäle ab. Der andere kann einen nicht "sehen" oder abschätzen, evtl. kriegt man sogar das Gefühl, der andere will was verbergen! Vielleicht wirkt man so im klassischen Sinne inteligenter, wenn man sich auf kein "tieferes Niveau" herabläßt - aber vom sozialen / emotionalen IQ wirkt so ein Verhalten eher nachteilhaft!

Feedback dazu?

Moderatorin 2129 NRW W, 30

Hey,

ich find dein Post interessant und stimm dir im Großen und Ganzen zu.

Ergänzen möchte ich deinen folgenden Satz:

BulldogNose wrote:

Mir ist aufgefallen, daß einige den Smalltalk als minderwertig oder "unter ihrer Würde" betrachten, und deshlab lieber ganz auf Gespräche verzichten.

...denn hier finde ich (wie so häufig *g) das Warum entscheidend Wink

Bei mir ist mir vor ein paar Jahren aufgefallen, dass ich in meiner schlechten (depressiven) Zeit Smalltalk förmlich gehasst habe. Ich hatte null Verständnis dafür, warum manche Menschen gerne über das Wetter oder Schuhe oder sonstiges "Blabla" tratschen. Mir erschien das sooo sinnentleert und absolut verzichtbar. Natürlich habe ich mich zu der Zeit auf eine andere Ebene gestellt, denn ich habe den Smalltalk und Menschen die selbigen führen ab- und mich schön damit aufgewertet.
Als es mir wieder anfing gut zu gehen - wurde Smalltalk zunächst erträglich und irgendwann auch wieder etwas gern geführtes. Wenn ich tiefe Gespräche führen will, kann ich das mit bestimmten Menschen tun - und ansonsten mag ich es gelegentlich einfach, mal zu lächeln, angelächelt zu werden und eben übers Wetter zu reden Smile

Soll jetzt nicht heißen, dass ich sämtliche Smalltalkhasser für depressiv halte - ich vertrete aber die These, dass diese Kunst der Konversation eine ausgeglichene Stimmungslage vorraussetzt und eine gewisse Bereitschaft, sich auf andere Menschen (oberflächlich) einzulassen. Diese Oberflächlichkeit ist auch wichtig für einen selbst - immer locker bleiben Wink

Lg,

Irrlicht

sporadischer Gast 5 Düsseldorf W, 32

Hallo BulldogNose,

super interessant was Du über Small-Talk erzählst. Ich halte dieses für sehr wichtig. Denn dadurch werden Beziehungen, sei es im Job mit dem Vorgesetzten, Arbeitskollegen oder auf Partys, aufrecht erhalten.
prost

Ich wüsste darüber sehr gerne mehr...Wie fange ich ein Gespräch an? Wie reagiere ich auf Antworten mit denen ich nicht rechne? Wie lerne ich es schlagfertig zu sein? Das letztere ist für mich ein viel grösseres Problem. Question

Wie Tanzendes Irrlich bereits erwähnte, bin ich zur Zeit auch so drauf mich in mein Schneckenhäusschen zu verstecken. Ich halte alle um mich herum für falsch und oberflächlich.

Gespräche sei es durch Small Talk werden für mich manchmal zu einem Problem, weil ich nicht weiss wie es anpacken soll ohne zuviel privates auch von mir preis zu geben.

Tipps? Razz

Liebe Grüße
*Fara*

neu an Bord! 2 zu Hause M, 33

Hi,

guter Post!

Bei mir ist es eher so gelagert, dass ich auf Smalltalk verzichte, weil:

* Ich nichts zu sagen habe
* Ich nicht gerne über mich selbst rede
* Ich mich für andere nicht interessiere
* Ich äußerst intolerant bin
* Ich zu faul bin interesse vor zu täuschen

Ich würde z.B. auch nicht aus egoistischen Gründen nett mit jemandem plaudern, nur um eventuell später irgendeinen Nutzen daraus ziehen zu können. Das ist meiner Meinung nach ziemlich falsch.

Ich würde aber auch nicht sagen, dass Smalltalk eine minderwertige Unterhaltung darstellt, denn mit dieser Aussage wären sicherlich 80% aller Unterhaltungen minderwertig...

...verdammt, ich mache gerade Smalltalk...

Forums-InsiderIn 296 Hamburg M, 23

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Small Talk beim Menschen die gleiche Funktion erfüllt wie das gegenseitige Lausen bei den Affen. Man bekommt dabei einfach ein gutes Gefühl, dass alles in Ordnung ist und dass jeder den anderen wertschätzt.

Eine amerikanische Dozentin hat einmal gesagt, dass man in Deutschland mehr Small Talk betreiben solle, weil das einem stimmungsmäßig den Tag retten könne. Wenn jemand sich um einen bemüht und einen für wichtig hält, dann gibt das einem ein gutes Gefühl.

Natürlich ist das Wertschätzen immer nur eine Illusion, weil man es irgendwie auch immer nur spielt. Aber ich glaube alles Soziale ist in Wirklichkeit eine große Lüge, die alle halt einfach glauben wollen. Das Miteinander ist nunmal voll von Kompromissen und gut gemeinten Lügen und es kommt halt darauf an, wie man generell zu so etwas eingestellt ist.

Hier im Forum z.B. wird eine wohlklingende, gesetzte und gesittete Sprache gesprochen. Sie ist Teil des "kultivierten" Lebens und eng mit der Sprachlehre verbunden. Wer auf diesem Gebiet gut geschult ist, erlernt in gleicher Weise Fremdsprachen und versteht sie dementsprechend einzusetzen.

"Ungebildete" holen das, was sie äußern, woanders her. Der Prozess läuft unbewußt ab. Sie reden schneller, drehen und wenden Sätze ganz nach Gefühl und Belieben und bringen eine Menge Füll- und Schimpfwörter zur Würze mit hinein.

Ein echter Smalltalk zwischen solchen Personen ist zwar an banale Themen gebunden, aber ansonsten durchaus kreativ und stimulierend.

Umgekehrt könnte man sagen, daß die "Kultivierten" sich mit den kreativen und stimulierenden Themen beschäftigen, aber in der Ausdruckweise nicht sonderlich glänzen oder "amüsieren".

Vermutlich schafft man einfach nicht so leicht beides.
Einen Versuch ist es aber bestimmt wert.

Mejte

neu an Bord! 4 Langenzersdorf M, 49

@Mejte

Gutes Posting!

Wenn man beides schafft (kreative Themen und ansprechende Ausdrucksweise) ist es aber kein Smalltalk mehr sondern echte, angeregte Unterhaltung - sozusagen die nächste Stufe der Sozialen Kommunikation und oft das Ergebnis von "gutem Smalltalk"

Forums-InsiderIn 436 Hamburg M, 29

An mir selbst ist zumindest aufgefallen, daß die Argumente

* Ich hab nichts zu sagen
* Mir fällt nichts ein
etc.

wenig damit zu tun haben, daß man zu dumm, ungebildet, langweilig wäre oder zu wenige Ideen hätte. Das hängt glaube ich vielmehr mit Selbstsicherheit und Stimmung zusammen. Wenn man gut drauf und frei von Angst ist läuft es meistens, bei mir zumindest, ziemlich von selbst. Wahnsinnig originell muß mn ja nicht sein, schließlich heißt es ja smalltalk.

Bin ich hingegen mit Problemen überladen, mache mir Sorgen oder anderes, geht es plötzlich nicht mehr. Dabei habe ich weder an Intelligenz noch an Wissen oder Themen eingebüßt. Rückblickend kann ich mir so erklären, warum ich früher kaum zu Konversationen fähig war, und immer die falschen Gründe dafür gesucht habe.

Helferlein 70 östereich M, 22

@Bulldognose

aber was macht man wenn man das gefühl hat das der andere nicht mit einem reden will und wenn man nichts sagt das gefühl hat das man was sagen sollte

Site Admin 1270 Wien M

@Andreas49, Bisasam:

bitte keine Fullquotes hier im Forum - siehe Netiquette (Link in der blauen Titelleiste oben).
(derartige Beiträge werden normalerweise aus dem Forum entfernt...) Cool

Danke
rlf (admin)

Helferlein 116 zu hause M, 20

@ bisasam:

Wenn der andere nicht mit dir reden will dann rede du auch nicht mit ihm, ist doch ganz einfach. Aber sich selbst zu zwingen etwas zu sagen weil man meint, das müsste man jetzt tun, das mach ich nicht mehr, denn das ist unecht und man hat auch nichtgs davon. Allerdings muss eine Redepause auch nicht heißen dass der andere nicht mit dir reden will. Ist bei mir häufiger der Fall dass ich eine zeitlang nichts sage, ich hab dann das gefühl dass der andere auch grad nicht das bedürfnis hat zu reden, ihm die unterhaltung aber trotzdem nicht unangenehm ist. Funktioniert aber wohl nicht wenn man das mit leuten macht die man grade erst kennenlernen will, da kommt das wohl eher wie desinteresse rüber.

Forums-InsiderIn 436 Hamburg M, 29

@Bisasam

Das Gefühl, daß jemand nicht mit einem reden will, kann täuschen. Zumindest bei einem Fremden, den man noch nicht einordnen kann. Unter Umständen kann die Reaktion völlig anders ausfallen als man sich es vorgestellt hat. Am besten man läßt jedes Vorurteil oder Projektion weg und geht offen auf denjenigen zu. Zumindest meine Erfahrung nach einigen tausend (jobbedingten) Interviews.

"Peinliches Schweigen", hmmm. Vielleicht einfach ehrlich sein. "Mir fällt gerade nichts ein, über das man reden könnte." Ist doch jedem schon so gegangen. Ist an sich ja wieder ein Diskussionsthema grinsend

Helferlein 32 Leverkusen M, 53

Quote:

Bin ich hingegen mit Problemen überladen, mache mir Sorgen oder anderes, geht es plötzlich nicht mehr. Dabei habe ich weder an Intelligenz noch an Wissen oder Themen eingebüßt. Rückblickend kann ich mir so erklären, warum ich früher kaum zu Konversationen fähig war, und immer die falschen Gründe dafür gesucht habe.

Den Trick würde ich jetzt aber sehr gern kennen.
Ich empfinde die Smalltalk-Frage schlicht und einfach als meinen mit Abstand größten Mangel. Dabei gibt es rein äußerlich eigentlich überhaupt nichts auszusetzen. Bin langjährig verheiratet mit zwei erwachsenen Söhnen, arbeite erfolgreich in einem gut bezahlten Job, der mir auch Spaß bereitet, habe auch keinerlei Probleme auf Unbekannte zuzugehen.
Aber mit denen dann zu reden. oder auch mit Bekannten. Das geht 5 Minuten gut und dann beginnt eine peinliche Stille. Nein, es liegt wirklich nicht an fehlendem Allgemeinwissen, es ist mir auch nicht lästig, solche unverbindlichen Gespräche zu führen, es geht schlicht und einfach der Gesprächsstoff aus. Ich habe auch einfach bei anderen unverbindlichen Gesprächen gelauscht und versucht, die Geheimnisse dieser Gesprächsführung zu verstehen. Nix, Pustekuchen. Ich muß halt immer nach den 5 Minuten etwas Dringendes erledigen. Meist geht das.
Weiß nicht, ob da schon eine selbsterfüllende Prophezeiung am Werke ist. Jedenfalls hat mir diese dämliche Smalltalk-Geschichte vor vielen Jahrzehnten leider auch die größte Enttäuschung meines Lebens bereitet.

Also, wenn Du einen Tip hast, was Du jetzt anders machst ...

neu an Bord! 3 Hamburg W, 23

Hallo!!!

Hast du das Problem auch mit deiner Frau??Redet ihr den ganzen Tag??Oder wie war es in eurer Jugend??Hattet ihr euch immer was zu sagen??

Ich hab das gleiche Problem, das mir auch immer nicht´s einfällt..auch bei meinem Freund..sind auch schon länger zusammen..und irgendwie schweigen wir uns öfter auch an..

Ich denke, dass es an mir liegr, da mein Freund sonst mit anderen sehr offen und witzig ist und viel zu erzählen hat.

Ich weiss nicht, ob es normal ist in der Beziehung dass man sich öfters anschweigt....

Helferlein 125 Kärnten M, 36

1 - Möglicherweise ist der sog.m Smalltalk in einer Beziehung noch wichtiger als ausserhalb, weil wenn man sich so oft sieht - was soll man sich da noch ernsthaftes erzehlen (jede Stunde Minute:-) )
Da ist ein "Wie gehts" , "Was sagst zum Wetter heute" usw. ein Aufrechterhalten der Kommunikation.

2 Was ich beim Smalltalk nicht schaffe: Wenn ich in ein Gespraech komme, dann lass ich immer den "Wissenschaftler" mitreden. Also ich muss mal wieder alles bis ins detail analysieren. Das können beim Wetter die Unterschiedlichen Wolkentypen bis zum Aufbau der Atmosphaere sein. Vor allem stell ichn dann auch Fragen , weils mich interessiert ---
Ich komm von diesem Drang alles in tiefsinnige zu ziehen nicht los.

3 Je besser gelaunt, desto leichter Smalltalk
Bei einer miesen Laune kommt schon eher - was interessiert mich das sch..lechte Smile

Wetter usw... muss zuerst meine Probleme loesen.

4 Smalltalk muss auf keinen Fall Lügen bedeuten, wird aber leider - besonders von Verkäufern - in dieser Richtung verwendet.

* Ich bezeichne Smalltalk einfach als "Aufrechterhalten eines Kommunikationskanales" oder ""Aufbauen eines solchen" - oder "Ping" , RTS, CTS oder ähnliches

Der Smalltalk im Amerikanischen raum ist aber anders - die Amis sind bei meisten Gesprächen sehr oberflächlich. Da wird so geredet als ob man sich schon seit ewigkeit kennt .... dahinter ist aber nur Desinteresse. Wie wenn alle was verkaufen wollten. (Ich habs dort zumindest so erlebt , und auch schon viel in der Richtung gehört)
Auf solch einen Smalltalk verzichte ich gerne ! Danke - ich brauch nix - ich kaufe nix !

LG
Diskusoph

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