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Callisto
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Post Tue, 20.Jun.06, 8:32      Mein eigenartiges, etwas deprimierendes Leben Reply with quoteBack to top

Ich war schon als Kind anders, konnte in einem Alter, als die anderen noch dahinplapperten, schon in vollständigen Sätzen sprechen, hinkte aber in der körperlichen Entwicklung hinterher, sodass ich erst ein Jahr später eingeschult wurde. Ich hatte schon im Kindergarten kaum Freunde, sondern beschäftigte mich allein oder mit imaginären Personen.

Manchmal kommt mir vor, dass mir einfach das Verständnis für die vielen sozialen Regeln gefehlt hat. Am eindringlichsten zeigt sich das daran, dass einmal in der Schule alle gelacht haben, und ich mich verwirrt gefragt habe, warum die denn lachen und ob man lachen muss, damit man dazugehört, auch wenn man es nicht versteht.

Ich bin immer der letzte, der einen Witz versteht. Na ja, ganz humorlos bin ich nicht mehr, ich habe mittlerweile einen etwas morbiden, schwarzen Humor entwickelt.

Ich will den Leuten nie die Hände geben und habe extreme Probleme damit, Blickkontakt zu halten. Es tut mir fast körperlich weh. Dafür versuchte ich mir mit 7 Englisch beizubringen. In der Pubertät, als alle Mädchen sich für Jungen interessierten, interessierte ich mich für Computer, Science Fiction und dann für andere Mädchen.

Ich war schon als Kind davon überzeugt, mit 30 zu sterben. Ich fühlte mich sehr einsam. Einem langweiligen Beruf nachgehen, 1 Kind zu haben, 1 Auto und 1 kleines Haus, für das man Jahre gearbeitet hat, nur um dann zu sterben, diese Vorstellung entsetzte mich.

Teilweise war ich auch im Bezug auf meine geschlechtliche Identität verwirrt. Ich war von klein auf überzeugt, eigentlich als Junge auf die Welt gekommen sein zu müssen, glaubte es wäre ein schrecklicher Irrtum gewesen. Ich machte mit 18 eine Therapie, um wenigstens das in den Griff zu bekommen, brach aber ab.

In der Schule wurde ich auf Schlimmste gemobbt. Mir wurden Sachen genommen, ich wurde aufs Klo gesperrt, an den Haaren gezogen und zum Schulpsychologen geschickt. Der meinte, ich wäre schüchtern. Mit 15 versuchte ich mich vor ein Fahrzeug zu werfen. Es ging schief. Im Nachhinein komme ich nicht umhin, mich zu fragen, ob ich doch leben wollte – denn sonst hätte ich eine bessere Methode gefunden, mich umzubringen.

Als ich ca. 16 war versuchte mein Großvater, mich anzufassen.

Mit 18 zog ich aus, um zu studieren, begann auf Druck meiner Familie das für mich völlig falsche Studium, trieb mich in Parks herum, hatte Streit mit meinen Mitbewohnern und zog wieder zu Hause ein. Die nächsten Jahre war ich nur auf dem Papier Studentin, weil ich überzeugt war, dass alles keinen Sinn hatte.

Mit 23 lernte ich einen Mann kennen, obwohl ich eigentlich keinen wollte – das heisst, ich wollte ihn schon, aber ich stellte mir immer vor, wir wären ein schwules Paar. Zu richtigem Sex kam es nie, nur zu Oralverkehr. Sex als Frau kann ich mir nur mit einer anderen Frau vorstellen.

Irgendwie wuchs mir mein Leben über den Kopf. Ich bekam Panikattacken, kam in die Psychiatrie, wo ich aus Scham und weil ich glaubte, meine Probleme wären minimal, nur einen Teil dessen anschnitt, was mich bedrückte.

Jetzt bin ich 26, ein sozialer Krüppel mit einem eigenartigen Sexualleben und in mich zurückgezogen. Ich habe jetzt ein Studium gefunden, das mich interessiert, aber bis ich fertig bin, bin ich fast 30 (von der Vorstellung, dass ich mit 30 sterbe, bin ich mittlerweile abgerückt), und manchmal frage ich mich, ob es nicht schon zu spät ist.

Bisher habe ich als Diagnosen Sozialphobie, Angststörung, Identitätsstörung bekommen. Einer meinte ich, ich habe manchmal Derealisation, weil mir alles unwirklich vorkommt und ich weit wegrücke, sodass Leute, die mich ansprechen, ihre Worte ein paar Mal wiederholen müssen, bis ich reagiere, und irgendwann fiel auch der Verdacht auf Asperger.

Ja, manchmal kommt es mir vor, als ob ich eigentlich das Leben lebe, das für einen anderen Menschen bestimmt ist. Ich will das Leben, so wie es jetzt läuft nicht, will dazugehören und irgendwo einen Platz haben. Nur wie mache ich das?
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roterMohn
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Wohnort Wien
W, 28


Post Wed, 21.Jun.06, 18:26      Re: Mein eigenartiges, etwas deprimierendes Leben Reply with quoteBack to top

in kleinen Schritten


erkunde die welt neu
wenn du dir unsicher bist, atme bewußter


schau nicht mehr auf das, das dich "anders" macht, sonder finde Gleichheiten - und wenn's ein paar schuhe sind oder eine Strene im Gesicht .. freu dich darüber.

such nicht nach dem perfekten
erkenne das du nicht perfekt bist

der erste schritt:
ein lächeln

öffne dich vor dir selber ...
wechsle deine musikrichtung
setzt dich in einen sakralen Baut, eine alte kirche
sieh dir die Bögen an, die menschen

geh an einen belebten ort

bestell dir nicht die gleiche Eissorte - probier min. eine neue (ok. vielleicht machst du das ja eh) ..

erwarte nicht das du dich von heut auf morgen ändern wirst (auch wenn es möglich ist!!!! aber es wird immer wieder tage geben in denen du wieder zurück fällst, dann erkenne sie als solche Tage und freu dich - denn du hast dazwischen vielleicht eine Stunde oder 3 Tage .. vielleicht ein paar Wochen "gelebt-wie Du möchtest" ...

.. soweit bin ich jetzt .. nur fehlt es mir an Zielen - und daran arbeite ich

..
was Beziehungen an geht: die bilden sich .. du änderst dich - und die leute um dich durch deinen veränderten Blick mit.

vielleicht beginnst du dann auch aus einer anderen Perspektive zu träumen!

viele Schritte noch - und heb den Blick dabei - es gibt viel zu sehen!
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Lebkuchenmännchen
Helferlein
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Wohnort AUT
M, 23


Post Sat, 24.Jun.06, 11:47      Re: Mein eigenartiges, etwas deprimierendes Leben Reply with quoteBack to top

Hallo Callisto,

Callisto wrote:
... will dazugehören und irgendwo einen Platz haben. Nur wie mache ich das?

Indem du a) "normal" wirst (oder zumindest so tust) oder b) wartest, bis ein Mensch kommt, der dich so akzeptiert, wie du bist. Aber bis jetzt war das nie der Fall ...
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sabel
sporadischer Gast
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Wohnort Österreich
W, 24


Post Sat, 24.Jun.06, 19:56      Re: Mein eigenartiges, etwas deprimierendes Leben Reply with quoteBack to top

du schreibst, du hattest angst vor dem haus, dem kind usw - was quasi "normal" ist - aber (zumindest in meinem umfeld) sich die wenigsten erträumen. das kann also nicht das ziel sein, oder?

wo oder wie siehst du dich selbst gerne?
oder hat es schon mal momente gegeben, in denen du dachstest... SO!

alles liebe.
sabel
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