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katma
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Post Sun, 21.May.06, 0:25      "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

auch wenn ich selbst bisher keine erfahrungen mit psychotherapie habe, schreckt mich eine beobachtung total ab:

sowohl in meinem weiteren umfeld, als auch hier auf dem board hab ich gelegentlich den eindruck, dass der satz "denk in erster linie an dich und halte alles von dir fern, was dir irgendwie schaden könnte" von vielen etwas zu wörtlich und absolut gesehen wird!

diese erlernte "weisheit" ufert meines erachtens bei einigen zu leicht in egoismus, intoleranz und ignoranz (manchmal sogar abschätzung) anderen gegenüber aus - und das kann doch nicht der sinn der "selbstaufwertung", "selbsterkennung" (wie auch immer) sein, wenn die bis dahin noch breit gefächerte sichtweiche auf andere dadurch derart eingeschränkt wird? wo bleibt da die menschlichkeit (mir fällt kein besseres wort ein..), wenn ich mich nur noch mit dem arrangieren und "ernsthaft" auseinandersetzen kann, was möglichst nah an "meiner wahrheit" ist? und diese wahrheit kommt nichtmal automatisch aus mir selbst, sondern wurde/wird mir sozusagen in der therapie schlimmstenfalls "anerzogen"...

sicher und zum glück endet es nicht zwangsläufig immer und bei jedem so, aber imho leider doch viel zu oft... aber wovon hängt es ab? vom therapeuten, von einem selbst, von beiden ... oder bilde ich mir das am ende bloß ein und diese leute waren im grunde schon immer so drauf?

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sm
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Post Sun, 21.May.06, 6:57      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Hallo Katma,

natürlich kann ich das nicht beurteilen - aber ich glaube, hoffe und denke, dass mich Leute, welche mich kennen, als alles andere als "egoistisch" bezeichnen würden... Nur:

Wenn man selbst in einem Loch steckt, dann ist es eben zunächst das Wichtigste, dass man darin bestärkt wird, dafür zu sorgen, dass es einem selbst (wieder) gut geht. Denn in meinen Augen kann man nicht für andere da sein, wenn man selbst leidet. Als ich von ein paar Leuten erzählte, die im Moment in den Seilen hängen, und um welche ich mir Sorgen/Gedanken mache, und ich nicht weiß, was ich für sie tun kann, sagte der Thera schon ein paar Dinge dazu... Aber er sagte auch: Es geht im Moment um Sie!

Ich glaube daher, man muss in einer solchen Phase, einen Weg finden, in dem man anderen das Gefühl gibt trotzdem da zu sein - aber gleichzeitig sehr darauf achtet, dass man sich selbst nicht zu sehr zurückstellt und sich damit überfordert, indem man anderen hilft obwohl man selbst Hilfe benötigt. Da ich ein Typ Mensch zu sein glaube, dem es schwer fällt Hilfe anzunehmen und um Hilfe zu bitte, kann es mir also nicht schaden, etwas gesunden Egoismus vermittelt zu bekommen, so dass man das
Quote:
diese erlernte "weisheit" ufert meines erachtens bei einigen zu leicht in egoismus, intoleranz und ignoranz (manchmal sogar abschätzung) anderen gegenüber aus

nicht sagen kann, denn ein Therapeut forciert im Allgemeinen nicht Intoleranz, Ignoranz und Abschätzung anderen gegenüber - im Gegenteil. So zumindest meine Erfahrung...

Liebe Grüsse


Last edited by sm on Sun, 21.May.06, 21:03; edited 1 time in total
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Post Sun, 21.May.06, 10:05      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Hallo, Katma und sternenmeer!

Wenn ich mal mit einem Bsp. aus der Bibel kommen darf:
Szene: das letzte Abendmahl. Jesus kündigt seinen nahen Tod an. Da fällt Petrus in ein Depriloch. Weil, sein Meister soll ja demnächst sterben. Was sagt Jesus da:
Quote:
"Ich habe für dich gebetet dass dein Glaube nicht erlischt. Wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder."
(Lukas 22:32)
Da gings zwar um den Glauben, aber es lässt sich leicht auch "übersetzen".
Also man soll zuerst selbst wieder Kraft schöpfen bevor man in der Lage ist, anderen bei ihren Problemen zu helfen. Sozusagen, sieh erst mal zu dass dein eigenes Auto vollgetankt ist, damit du dann andere aus dem Graben ziehen kannst. Ist imho nichts egoistisches bei. Und solange man selbst grad beim Kraftschöpfen, beim "Auftanken" ist, kann man ja kaum wirklich "Belastung" gebrauchen - fehlt einem nachher selbst um aus dem Loch wieder rauszukommen... Höchstens man kann sich gegenseitig aufbauen und helfen, dass man die Energie, die man durchs Helfen "ausgibt" auch wieder reinbekommt, so dass das dann wie bei Kaminkletterern Rücken an Rücken funktioniert. Bloß diese Fälle sind imho sehr selten.

Lieb grüßt
der "zwerg"

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Last edited by zwerg8 on Sun, 21.May.06, 12:41; edited 1 time in total
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Post Sun, 21.May.06, 11:21      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Liebe Katma

Ich schließe mich Zwerg und Sternenmeer an.

Mensch braucht eine gesunde Portion Egoismus und auch die Fähigkeit sich abzugrenzen, auch und gerade dann wenn mensch nicht nur an sich denkt.
Wahrheit ist glaub ich immer ziemlich subjektiv und leider nicht absolut; viele Wahrheiten nebeneinander stehen lassen können ohne sie zu Werten oder zu Gewichten und vielleicht gerade auch die eigene als wertvoll einzuschätzen und "richtig" ist für mich sehr wichtig.

Hier im Forum finde ich die Meisten als sehr menschlich, hilfsbereit, etc. und sonst sind diejenigen, die ich kenne und die in Psychotherapie sind dadurch nicht unangenehm egoistischer geworden. Ich möchte mich ja auch selbst entwickeln und nicht an mir herumerziehen lassen.

LG Hasi
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vallée
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Post Sun, 21.May.06, 20:56      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Quote:
nicht sagen kann, denn ein Therapeut forciert im Allgemeinen nicht Intoleranz, Ignoranz und Abschätzung anderen gegenüber - im Gegenteil. So zumindest meine Erfahrung...


Quote:
"Ich habe für dich gebetet dass dein Glaube nicht erlischt. Wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder."
(Lukas 22:32)

Beidem stimme ich zu!

Sicher katma, irgendwo verstehe ich dich. bevor ich mit der Therapie anfing hatte ich einen ähnlichen Eindruck, aber:
mal Butter bei die Fische. Sehr sehr viele Menschen haben psychische Probleme und sind psychotherapeutisch behandlungsbedürftig weil sie in bestimmten Bereichen ein mangelhaftes Selbstbewusstsein haben. Sie können ihre Wünsche, Meinung usw. nicht ausreichend vertreten, sich nicht ausreichend abgrenzen, nicht nein sagen usw.

Und hier kriegst du ja nur einen Ausschnitt der Menschen war, meist wohl den therapiebezogenen Aussschnitt. Und da geht es nunmal darum sich mit sich selbst zu beschäftigen, an sich denke, sich gut tun. Due und jede/r hier sieht nicht die Menschen dahinter.

Ich zumindest sehe an mir, ich brauche Selbstbewusstsein, gesundes abgrenzen, an mich denken um meinen anderen zur Selbsthilfe zu helfen. Aber wenn mich das alles selbst runter zieht und ich mich in mich selbst verkrieche bin ich weder umgänglich noch hilfreich.

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- C.G. Jung
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Post Mon, 22.May.06, 1:12      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

hi,

Quote:
Wenn man selbst in einem Loch steckt, dann ist es eben zunächst das Wichtigste, dass man darin bestärkt wird, dafür zu sorgen, dass es einem selbst (wieder) gut geht.

Quote:
Also man soll zuerst selbst wieder Kraft schöpfen bevor man in der Lage ist, anderen bei ihren Problemen zu helfen.


völlig klar!

ich versuch es mal anders zu formulieren:
man steckt ja nicht immer in einem loch... und genau um diese "gesunden" phasen geht es mir.
ich hab tatsächlich bei einigen den eindruck, sie versuchen sich (seit der therapie) von wirklich allem fern zu halten, was sie evtl (sollten sie sich näher damit befassen, darauf einlassen) runterziehen könnte.

mal ein beispiel, das auch ohne therapie eine ähnliche auswirkung hat:
wer eine an der drogensucht des partners gescheiterte beziehung hinter sich hat, wird wohl jedem raten, die finger von einer solchen beziehung zu lassen. dabei verläuft jede sucht anders und jeder hinter der sucht stehende mensch ist anders...
wer also einmal unter einer solchen situation extrem gelitten hat, ist nicht mehr in der lage einen (auch nur annähernd) objektiven blick auf das ganze zu haben, sieht nur die parallelen zur eigenen erfahrung und macht dicht.

natürlich macht es sinn, sich nicht in eine "gefahrensituation" zu begeben - aber bevor man gleich sagt "das könnte schädlich für mich werden, deshalb halte ich mich da raus" gibt es doch die möglichkeit, das ganze nicht zu nah an sich ranzulassen, als von vornherein , also vorsorglich, zu sagen "stop!".
und genau den eindruck hab ich oft bei leuten, die eine therapie hinter sich haben. da kommen dann im krassesten fall sprüche wie "ich hab mich früher immer um alles und jeden gekümmert - jetzt geht es nur noch um mich".
... und das finde ich wirklich nicht erstrebenswert! und ja, sowas würde ich als egoistisch bezeichnen...

(aber zum glück läuft es ja nicht bei jedem darauf hinaus)

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zwerg8
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Post Mon, 22.May.06, 7:30      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Hi, Katma!

Ja ich kenn das auch - aber ich würde sagen, das sind dann trotz Therapie Verhaltesmuster a la´ "Gebranntes Kind scheut das Feuer". Die Leute haben dann Angst noch mal da durchzumüssen, nochmal es zu nahe an sich ranzulassen, und da sagen sie lieber gleich stop. Ist wie beim Motorradfahren. Wer seinen ersten Motorradunfall gebaut hat, sagt sich oft auch erst mal: Halt, nein das ist gefährlich, es verletzt mich darauf lass ich mich nicht wieder ein (Inneres Kind) und braucht viel Überwindung um doch wieder aufzusteigen. Und bei zwischenmenschlichen Beziehungen ists sogar noch verschärfter. Da passiert es ja oft sogar unbewusst, dass das Innere Kind nur weil es - durch irgendwas am Gegenüber - an vergangenes erinnert wird sofort losschreit: Nein! Das is auch so einer! Der/die wird mir auch weh tun / mich enttäuschen! Verstehst du was ich meine? Solche Sachen laufen oft noch nicht mal bewusst ab, und da seh ich (meist) noch nicht mal Egoismus dahinter.
Einfach nur Angst, wieder auf die Nase zu fallen. Und das ist m.E. eine verständliche Reaktion.

Lieben Gruß
der "zwerg"

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Post Mon, 22.May.06, 7:44      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Guten morgen Katma

gibt es doch die möglichkeit, das ganze nicht zu nah an sich ranzulassen,
Genau das muß ich erst einmal lernen, ich hoffe nicht das ich zur Zeit als Egosch.... rumlaufe aber das richtige Maß an Distanz ist auch ein Erfahrungswert, der geübt werden will. Find ich.

und genau um diese "gesunden" phasen
Ich sehe Therapie als Prozeß und nicht als ein auf und ab eher als Kontinuum, bzw. auf und ab gehört zum Leben dazu, aber nicht jeder schafft es aus einem Tal wieder raus zu kommen, es zu durchschreiten.
Warum soll man nicht sagen, dass es einem zuviel wird und man jetzt nicht beziehbar ist?

Suche ich einen professionellen Rat wende ich mich dann auch eher an einen Professionellen bzw. versuche verschiedene Standpunkte zu finden, um mich vielleicht selber einer "Objektivität" anzunähern.

Nur mal so, als Idee.
Lg Hasi
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katma
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Post Mon, 22.May.06, 17:40      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

zwerg8 wrote:
Solche Sachen laufen oft noch nicht mal bewusst ab, und da seh ich (meist) noch nicht mal Egoismus dahinter.
Einfach nur Angst, wieder auf die Nase zu fallen. Und das ist m.E. eine verständliche Reaktion.


verständlich dann, wenn es dabei unmittelbar um mich geht, okay.
wenn aber eine person, die momentan in einer (meiner ehemals eigenen schlechten erfahrung) ähnlichen situation steckt, einen rat von mir möchte, laufe ich ja nicht zwangsläufig gefahr, dass es für mich schädlich werden könnte - ich muß mich doch nicht völlig damit identifizieren und kann (gerade aufgrund meiner erlebnisse!) die dinge bestenfalls in einem größeren zusammenhang sehen, nicht nur einseitig. und das könnte wiederum auch mir zugute kommen - aber nicht, wenn ich von vornherein dicht mache und nur meine schlechten erfahrungen einfliessen lasse und an die ratsuchende person weitergebe. oder, schlimmer noch, gleich sage, dass ich davon nichts hören will.

und genau das meinte ich, als ich im eingangspost sagte, viele nehmen den satz :"denk in erster linie an dich und halte alles von dir fern, was dir irgendwie schaden könnte" imho etwas zu wörtlich und absolut.
und mehr noch: eine frühere bekannte nahm nach ihrer therapie die geringsten kleinigkeiten zu persönlich und diskutierte wirklichen jeden piep aus - das war richtig anstrengend und (wie nicht nur ich fand) völlig überflüssig. sie wollte sich letztlich auch nur noch mit leuten abgeben "die ihr gut taten". leider gab es für sie bei jedem was zu meckern und ihr bekanntenkreis reduzierte sich schlagartig enorm - was aber eher von den anderen ausging...

all das sind dinge, die mich selbst an einer therapie zweifeln lassen - angst, genauso werden zu können...

hasilein wrote:
das ganze nicht zu nah an sich ranzulassen,
Genau das muß ich erst einmal lernen, ich hoffe nicht das ich zur Zeit als Egosch.... rumlaufe


allein schon die tatsache, dass du hier etwas (und vor allem die art WIE) dazu schreibst, hat in meinen augen nichts mit ego zu tun! ansonsten würdest du wohl eher sagen "tut mir nicht gut, mich mit sowas auseinanderzusetzen..." - und ich bin echt froh, dass sich hier leute zu wort melden, die mir zeigen, dass es großteils doch auch anders geht!

hasilein wrote:
aber das richtige Maß an Distanz ist auch ein Erfahrungswert, der geübt werden will.


das sehe ich auch ein. und ich denke, üben kann man das nur, wenn man sich auch "unbequemeren" situationen stellt? hm - würde ich zumindest so sehen...


vallée wrote:
Due und jede/r hier sieht nicht die Menschen dahinter.


ich glaube, wenn man hier viele beiträge einzelner personen liest, lässt das doch im ansatz auf den menschen dahinter schließen? jeder hat ein bestimmtes denkmuster, bestimmte einstellungen zu den dingen, einen bestimmten umgangston etc, was nach und nach ein bild entstehen lässt...


sternenmeer wrote:
ein Therapeut forciert im Allgemeinen nicht Intoleranz, Ignoranz und Abschätzung anderen gegenüber - im Gegenteil.


dabei sehe ich halt die gefahr, dass es sich manche damit zu "einfach" machen... klar forcieren das die therapeuten so nicht, das hatte ich so auch nicht gemeint! aber der satz "denk in erster linie an dich" lässt sich beliebig interpretieren ... und endet meines erachtens nunmal leider gelegentlich beim (wie ich es betiteln würde) egoismus.

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Post Mon, 22.May.06, 17:57      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

hallo katma,

psychotherapie unterliegt nicht per se dem ideal, dass jemand während der therapie nicht egoistisch werden dürfte.

was aber jedeR einzelne daraus mitnimmt, und in welche richtung er/sie sich verändert, kommt sicher auf die person drauf an. also, so wie du hier "klingst", kann ich mir nicht vorstellen, dass du eine "egoistin" werden könntest. aber vielleicht könntest du lernen, besser auf dich und deine bedürfnisse zu achten, damit du ein bisschen zufriedener und glücklicher wirst. und zu den bedürfnissen des menschen zählen ja durchaus auch befriedigende sozialkontakte, die mit reinem egoismus sicher nicht zu erreichen sind. andererseits kann es durchaus passieren, dass man sich während der therapie vielleicht auch von dem ein oder anderen menschen verabschiedet, weil eine ungesunde symbiose nicht mehr stimmig ist oder sowas...

aber, wie gesagt, psychotherapie ist kein ideal, sondern eine methode, psychische probleme zu "heilen". und was jeder mensch daraus mitnimmt, ist sicher von mensch zu mensch unterschiedlich.

hmm, so ungefähr sehe ich das.

lg, naomi

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Erika
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Post Mon, 22.May.06, 17:57      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Liebe Katma,

ich kann sehr gut nachvollziehen, was Du hier ansprichst, genau diese Bedenken hatte ich auch, ein Grund warum für mich Therapie in jüngeren Jahren nicht in Frage kam.

Ich hörte Schaudergeschichten, von Menschen, die in Therapien waren und danach oder währenddessen Menschen aus ihrem Umfeld für alles verantwortlich gemacht haben.

Das ist jedoch nicht, was man in einer Therapie lernt.


Quote:
aber der satz "denk in erster linie an dich" lässt sich beliebig interpretieren


Ich glaube auch nicht, dass dieser Satz der Leitsatz einer Therapie ist.

Der Satz, den wir hier im Forum auch sehr oft verwenden
" Bleibe bei Dir" gefällt mir doch wesentlich besser.

Wie schwierig das für manche ist, kannst Du hier ja auch tagtäglich nachlesen und das manche diesen Satz auch eventueller Weise erstmal mit knallharten Egoismus leben, ist vielleicht eine Möglichkeit, den Prozess in Gang zu bringen. Die Aufgabe einer Therapie ist meiner Meinung aber vorallem, den großen Unterschied zu mobilisieren. Sollte das nicht geschehen, hat die Therapie meiner Meinung nach versagt.

LG Erika
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Post Mon, 22.May.06, 19:03      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Hallo katma!

Nun ja, es heißt zwar, keine Hilfe ohne Selbstschutz; aber ich denke mal von mir, dass ich z.B. nicht nur anderen helfe, um mir selbst zu nützen, sondern dass der Nutzen für mich halt irgendwann mal kommt, und wenn es durch dritte ist. Im Gegenteil, ich helfe wie ich kann, weil mir selbst oft genug geholfen worden ist. Ob das verborgener Egoismus oder Altruismus ist, vermag ich nicht einzuschätzen. Nur wenn ich selbst Hilfe brauch, selbst im Tal bin, kann ich einfach nicht helfen, da es mich in dem moment überfordert - oder da ich glaube damit überfordert zu sein, läuft oft aufs selbe raus in der Wahrnehmung.
Du hast mich jetzt so beim Nachdenken darüber vor die Frage gestellt - vielleicht unwissentlich: Bin ich ein Egoist? Was ist eigentlich Egoismus? Ist das nur die Ich-Bezogenheit, die Selbstsucht; oder steckt noch was anderes dahinter?
Ich musste beim Herumgoogeln feststellen, dass es mehrere Arten Egoismus gibt, manche davon nicht mal unbedingt schlecht:
Da gibts unter anderem den Ethischen, "gesunden", Egoismus:
Quote:
Der ethische Egoismus vertritt die These, man solle stets tun, was für einen selbst am besten sei. Allerdings muss daraus nicht folgen, dass ein ethischer Egoist im Alltag egoistisch oder egozentrisch handelt. Seine Ziele sind mit selbstlosem Verhalten in der Praxis durchaus vereinbar. Maßstab eines jeden Verhaltens ist für den ethischen Egoisten, ob es ihm nützen wird – entweder unmittelbar oder auf lange Sicht.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Ethischer_Egoismus

... und den Psychologischen Egoismus
Quote:
Psychologischer Egoismus ist im wesentlichen das geistige Wirken zum Wohle des Individuums. Dies ist die Grundvoraussetzung, um eigenes Wohl wie Glück und Zufriedenheit überhaupt zu ermöglichen. In der Spiritualität ist das Ziel die sogenannte "Selbstverwirklichung".
Psychologischer Egoismus ist nicht zu verwechseln mit Narzissmus. In erster Linie "profitiert" unsere eigene Seele von dem Resultat, das sich aus der praktischen Umsetzung ergibt. Der Altruismus ist der "Gegenpol" des Egoismus, um altruistisch zu werden, muss der Mensch zuerst das eigene Wohl erlangen. Erst dann kann er echte - vom Ego losgelöste - Liebe ermöglichen, die ohne Eigenvorteil "ausgeübt" wird.
Das Denken zum eigenen Wohle ist in der zivilisierten Kultur verpönt, da eine Verwechslung vorliegt. Ein gesunder Egoismus entwickelt sich in Wechselwirkung mit dem Altruismus, die Balance zwischen beidem wäre das Ideal für eine soziale Gesellschaft.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Psychologischer_Egoismus

Dann allerdings noch folgenden Text, welcher mich natürlich zum Nachdenken, auch über mich selbst, gebracht hat: http://home.arcor.de/danneskjoeld/F/E/T/Egoismus.html

Nun ja, Erika's statement kann ich in der Hinsicht nur zustimmen:

Erika wrote:
Quote:
aber der satz "denk in erster linie an dich" lässt sich beliebig interpretieren



Ich glaube auch nicht, dass dieser Satz der Leitsatz einer Therapie ist.

Der Satz, den wir hier im Forum auch sehr oft verwenden
" Bleibe bei Dir" gefällt mir doch wesentlich besser.
Mir auch.

Hoffend, kein Egoist zu sein,
grüßt lieb

der "zwerg"

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Post Mon, 22.May.06, 21:21      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Naomi wrote:
was jeder mensch daraus mitnimmt, ist sicher von mensch zu mensch unterschiedlich.


das würde also - grob betrachtet - bedeuten, der hang und die bereitschaft zum "radikal-egoismus" (nenn ich jetzt einfach mal so..) müsste in den meisten fällen schon gegeben sein und kann nicht "anerzogen", höchstens "freigelegt" werden?

Erika wrote:
Ich hörte Schaudergeschichten, von Menschen, die in Therapien waren und danach oder währenddessen Menschen aus ihrem Umfeld für alles verantwortlich gemacht haben.
Das ist jedoch nicht, was man in einer Therapie lernt.


ja, diese geschichten kenne ich auch zu genüge und das ist nur einer der punkte, wo ich das ganze nicht mehr nachvollziehen kann und teilweise schon an, krass gesagt, "gehirnwäsche" denke... sicherlich hat auch sowas (andere verantwortlich zu machen) zum teil seine berechtigung, aber imho in den seltensten fällen...
wenn du aber sagst, dass ist nicht das, was man in einer therapie lernt, frag ich mich dann, warum passiert sowas? verstehen also manche die aussagen der therapeuten falsch bzw interpretieren sie auf die für sich "einfachste" weise?

@zwerg
also dich würde ich, von dem was ich bisher von dir gelesen hab, sicher nicht als ego bezeichnen!

zwischen dem ethischen und dem psychologischen egoismus sehe ich aber keinen allzugroßen unterschied - irgendwie läuft das unterm strich nach meiner auffassung fast aufs gleiche raus... (oder ich raffs gerade nicht..) Confused

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Post Mon, 22.May.06, 21:32      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

katma wrote:
zwischen dem ethischen und dem psychologischen egoismus sehe ich aber keinen allzugroßen unterschied - irgendwie läuft das unterm strich nach meiner auffassung fast aufs gleiche raus... (oder ich raffs gerade nicht..
Image
Lass mal, ich auch nicht wirklich.

Gruß
der "zwerg"

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Post Mon, 22.May.06, 21:59      Re: "Erziehung" zum Egoismus? Reply with quoteBack to top

Hi, Katma

Jetzt hab ich glaub ich eine Idee, den Unterschied betreffend:

Wer nach ethischem Egoismus lebt, tut was für ihn am besten ist, oder was ihm nützt: sagen wir mal, eine Mutter von halbwüchsigen fühlt sich groggy, also - statt sich zu quälen und trotzdem alles zu machen was im Haushalt anfällt, legt sie sich auf die Couch oder in den Sessel und lässt ihre Kids ran, weil für sie ist jetzt und in diesem Moment Ausruhen das beste.
Oder Kinder die wissen, dass sie von ihren Eltern oder Verwandten für Fleiß extra Taschengeld bekommen (=Nutzen!), wandeln sich dadurch zu den fleißigsten Menschen die's in dieser Familie gibt. Solange die Münze springt. Wo nicht, da kein Nutzen, also keine Hilfe.

Wer nach psychologischem Egoismus lebt, der tut was er tut, weil er weiß dass es seiner Seele gut tut, und aus keinem andern Grund. Also im Grunde genommen wenn du z.B. hier im Forum liest und schreibst, dann weils deiner Seele guttut, also aus psychologischem Egoismus. Dass du nebenher andern helfen kannst, das tut - wenn du merkst dass du eine Hilfe warst - auch deiner Seele gut. Es nützt deiner Seele, und damit dir. Soweit klar? Also wären wir damit hier alle durch die Bank psychologische Egoisten.
gruebel Och nee.
Ich schätze jetzt hab ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt...
Herr Fellner!!! Bitte helfen Sie mir!!!


Liebe Grüße
der "zwerg"

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