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crevasse
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Post Mon, 27.Feb.06, 17:34      Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo, ich würde gerne folgendes Gedanken mit euch teilen, bzw. zur Diskussion in den Raum stellen:

Psychotherapie verhält sich zum echten Leben, echten Beziehungen wie Fitnessstudio zum Sportverein oder einem richtigen sportlichen Hobby, wie Joggen, Schwimmen usw.
Überspitzer: Psychotherapie verhält sich zum echten Leben, echten Beziehungen wie Prostitution zu einer echten Liebesbeziehung.

In beiden Fällen bezahlt man (bzw, die Krankenkasse) für Güter, die eigentlich keinen Markt haben, die eigentlich, nach gängigen Wertvorstellungen nicht Ware sein dürfen. Liebe, Zuwendung, Verständnis, Austausch, Bestätigung.
Man kann sich Dinge erkaufen, für die man sonst soziale und emotionale Kompetenz aufwenden müsste. Im Idealfall gibt es eine Erfolgsgarantie, da man ja Profis dafür bezahlt einem die Anleitung zu geben die man braucht.

Jetzt heißt es, ja, dass ein Mensch seine Beziehungsmuster immer wieder wiederholt, so auch in seiner Beziehung zur TherapeutIn. Und bei vielen Patienten wirken sich die Probleme auf zwischenmenschliche Beziehungen aus oder sind Ursache selbst. Bsp, ein sehr eifersüchtiger Mensch wird auf andere Patienten seiner TherapeutIn eifersüchtig sein, jemand der nur sehr schlecht oder nicht über seine Gefühle, über sich als Mensch sprechen kann, wird auch in der Therapie Probleme haben seine Sorgen und Probleme anzusprechen.
Andersrum ist man aufgefordert seine Beziehung zur TherapeutIn als Testfeld zu begreifen. Der Kontakt soll mit zur Heilung beitragen. Das erste Mal lernt man, dass übertrieben Eifersucht unnötig ist, da die TherapeutIn zuverlässig für einen da ist, auch wenn sie andere Patienten hat. Das erste Mal erfährt man mit seinen Gefühlen und Gedanken nicht ignoriert oder verlacht zu werden, erfährt Ernst genommen zu werden.

Aber wie kann das sein?
Es beruht doch „nur“ darauf, das die TherapeutIn es 7 Jahre lang studiert hat sich in Menschen einzufühlen, dass sie eine Begabung hat zuzuhören, wie Berufssportler besonders athletisch sind und Berufskünstler besonders künstlerisch begabt.
Aber die Menschen außerhalb des Therapieraumes haben, wie man selbst, oft weniger von dieser Begabung und keine professionelle Ausbildung. Man muss sich viel mehr um Verständnis bemühen, muss selbst viel mehr geben, braucht mehr Kommunikationskompetenz.
Was kann also die Beziehung zur TherapeutIn bringen, wie viel sind ihre Bekundungen von Mitgefühl, Verständnis, Aufmunterung usw. wert? Wie Ernst muss, kann und soll ein€ PatientIn die TherapeutIn nehmen?
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Post Mon, 27.Feb.06, 18:21      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

hallo,

Quote:
Was kann also die Beziehung zur TherapeutIn bringen, wie viel sind ihre Bekundungen von Mitgefühl, Verständnis, Aufmunterung usw. wert?


wieviel ist DIR denn die beziehung zu deiner(m) therapeutIN wert ?

Quote:
Wie Ernst muss, kann und soll ein PatientIn die TherapeutIn nehmen?


mir ist nicht klar, warum du so verallgemeinerst. ich nehme an, es geht um dich, oder ? wie ernst ist dir denn deine therapie...?

entschuldige, ich will deine fragen nicht abtun, finde sie sehr wichtig...nur über "man" spricht/schreibt es sich so schlecht Wink oder willst du herausfinden, wie andere das im allgemeinen empfinden Question

caroline

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Post Mon, 27.Feb.06, 19:36      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo Crevassa,

Meine Meinung dazu, welche von deiner in Teilen ziemlich abweicht... Wink
Meine Krankenkasse zahlt den Therapeuten (hoffentlich) nicht dafür, dass meine ungestillten Bedürfnisse in der Therapie gestillt werden. Sondern der Therapeut wird dafür bezahlt, dass er mir lernt, das zu finden, wonach ich suche, mich eine Weile dabei begleitet. Insofern finde ich deine Aussage "Psychotherapie verhält sich ... wie Prostitution zu einer echten Liebesbeziehung" etwas hinkend...

Quote:
In beiden Fällen bezahlt man (bzw, die Krankenkasse) für Güter, die eigentlich keinen Markt haben, die eigentlich, nach gängigen Wertvorstellungen nicht Ware sein dürfen. Liebe, Zuwendung, Verständnis, Austausch, Bestätigung. ...

Ich sehe Psychotherapie als Dienstleistung. Ich gebe dem Therapeuten einen Beratungsauftrag, dass er mir das Wissen vermittelt, um mir selbst zu helfen. Aber die von dir aufgezählten "Waren" kaufe ich dort nicht ein. Sie sind für mich eher Begleiterscheinung der Therapie, manchmal eine Hilfe, nicht aber nicht deren Selbstzweck.

Quote:
Man kann sich Dinge erkaufen, für die man sonst soziale und emotionale Kompetenz aufwenden müsste.

Ein klares nein. Man sollte in der Therapie ggf. die soziale und emotionale Kompetenz erlernen, um sich diese Bedürfnisse im "real life" stillen zu können - ohne dafür zahlen zu müssen. Eine "wirkliche" Beziehung ist eine zweiseitige Beziehung, in der man gibt und nimmt. Die Psychotherapie ist in Teilbereichen vielmehr einseitiger Natur...

Quote:
Was kann also die Beziehung zur TherapeutIn bringen

Dazu könnte man vermutlich Romane schreiben. Mir hilft die Therapie meine Depression zu überwinden, ungünstige Denkmuster aufzudecken, etc...

Quote:
Wie Ernst muss, kann und soll ein€ PatientIn die TherapeutIn nehmen?

Was ich in der Therapie erhalte, sehe ich als Angebot, dass ich annehmen kann oder nicht. Ich bekomme nicht die Meinung des Therapeuten übergestülpt, sondern sehe mich nach wie vor als eigenverantwortlichen und freien Menschen, der tun und lassen kann was er viel - sofern nicht Grenzen der anderen überschritten werden...

Ich weiß nicht, warum dich diese Fragen interessieren. Wenn du den Zweck deiner Psychotherapie als Befriedigung deiner Bedürfnisse siehst, dann wirst du von der Therapie nie loskommen, immer abhängig vom Therapeuten bleiben - und zwar solange du dich nicht lernst, dass man beispielsweise Liebe, Zuwendung, Verständnis, Austausch, Bestätigung auch im "real life" erhalten kann.

Liebe Grüsse
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crevasse
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Post Mon, 27.Feb.06, 21:13      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

@caroline:


Quote:
entschuldige, ich will deine fragen nicht abtun, finde sie sehr wichtig...nur über "man" spricht/schreibt es sich so schlecht oder willst du herausfinden, wie andere das im allgemeinen empfinden


Ich weiß, sorry. Mich ärgert das man oft selbst…
Ich möchte gerne wissen wie andere in Bezug auf diese Fragen über ihre Therapie denken, über Therapie im allgemeinen. Ich selbst habe mit der Therapie gerade erst angefangen. Antrag/Konsilarbericht praktisch gerade erst abgeschickt.
Nun mache ich mir halt Gedanken zu dem Themenkreis. Nicht mehr, nicht weniger. zwinkernd..

Quote:
wie ernst ist dir denn deine therapie...?

Mir ist der Ernst meiner eigenen Lage und der Grund die Therapie angefangen zu haben durchaus bewusst. Ich spüre auch das es mir etwas bringt, selbst die wenigen Stunden, die ich bisher hatte, weil etwas in Gang gekommen ist.
Trotzdem oder genau deshalb stelle ich mir diese Fragen. Ich möchte, will, muss dieser Frau sehr privates erzählen. Wir werden Dinge besprechen, über die ich noch nie zuvor gesprochen habe.
Quote:
wieviel ist DIR denn die beziehung zu deiner(m) therapeutIN wert ?


Abgesehen von den faktischen Hilfen, aufdecken ungünstiger Denkweisen, Erklären und Verarbeiten bisher unverarbeiteter Erlebnisse, das alles ist ohne Zweifel sehr hilfreich.
Aber wie ernst muss, kann ich es nehmen, wenn die Therapeutin Dinge sagt, die Mitgefühl, Verständnis, Schockiertheit über meine Situation ausdrücken.
Ich frage mich, wie viel davon empfindet sie wirklich und wie viel ist Profession, Reaktionsschema aus dem Lehrbuch.
Letzte Stunde habe ich mit den Tränen gekämpft, für meine Verhältnisse eine hochemotionale, ungewöhnliche Reaktion. Ich fühle mich emotional nakt, wärend die Therapeutin angezogen ist.
Versteht das jemand?
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crevasse
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Post Mon, 27.Feb.06, 21:15      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

@sternenmeer:
Es hinkt mit Sicherheit, denn Menschen die in Fitnessstudios gehen oder in Bordelle suchen dort ja nicht Heilung von schwerwiegenden Problemen. Aber es ist, wie ich finde trotzdem eine zulässige Analogie.

Quote:
ch sehe Psychotherapie als Dienstleistung. Ich gebe dem Therapeuten einen Beratungsauftrag, dass er mir das Wissen vermittelt, um mir selbst zu helfen. Aber die von dir aufgezählten "Waren" kaufe ich dort nicht ein. Sie sind für mich eher Begleiterscheinung der Therapie, manchmal eine Hilfe, nicht aber nicht deren Selbstzweck.


Sehe ich ähnlich. Aber es gibt sie, die Menschen, für die, das was du als Begleiterscheinung bezeichnest elementarer Bestandteil der Therapie ist.
Es IST mehr als eine Dienstleistung. Ein Haarschnitt oder ein Ultraschall ist eine DL und dabei ist es ziemlich egal was die RadiologIn oder FrisörIn über mich denkt und für mich und meine Lage empfindet. Ob der Job gut gemacht wird oder nicht, hängt nicht an der zwischenmenschlichen Beziehung.

Quote:
Eine "wirkliche" Beziehung ist eine zweiseitige Beziehung, in der man gibt und nimmt. Die Psychotherapie ist in Teilbereichen vielmehr einseitiger Natur...


Genau das ist es doch was ich meine. Zum einen gibt man der TherapeutIn nicht viel, außer Geld von der Kasse und Berufserfahrung, die an einem als „Studienobjekt“ sammelt. (Das ist keinesfalls abwertend gemeint. Ich arbeite selbst empirisch, sozialwissenschaftlich, wie ethnologisch. Meine InterviewpartnerInnen sind meine „Studienobjekte“. Sie erzählen mir oft intimes, während sie von mir nicht viel mehr wissen, als meinen Namen und den Grund für das Interview. Von jedem einzelnen lerne ich, fachlich wie zwischenmenschlich.)
Die Beziehung ist einseitiger als wirkliche Beziehungen. Deshalb ja auch Testfeld für die Wirklichkeit. Wie ein erster Test im empirischen Arbeiten. Nur liegen zwischen den gefaketen Interviewpartnern, gespielt von Kollegen und Freunden und zwischen echten Interviewpartnern Welten.

Quote:
Ich weiß nicht, warum dich diese Fragen interessieren. Wenn du den Zweck deiner Psychotherapie als Befriedigung deiner Bedürfnisse siehst, dann wirst du von der Therapie nie loskommen, immer abhängig vom Therapeuten bleiben


Warum unterstellst du mir das?
Wie gesagt habe ich gerade erst angefangen. Ich bin nicht abhängig von der Therapeutin oder den Sitzungen als solchen. Im Gegenteil, ich empfinde es als emotionale Stressituation, der ich mich mit Sicherheit nicht unterziehen würde, wenn ich es hätte vermeiden können.
Auf der anderen Seite geht es natürlich auch um Abhängigkeit. Ich lese hier im Forum seit einiger Zeit mit und es scheint es häufiger vorkommendes Phänomen zu sein, mal mehr, mal weniger stark ausgeprägt.
Jetzt unterstelle ich diesen Menschen, die von sich sagen Abhängig von der Therapeutin zu sein, oder die Krise zu kriegen, wenn sie in den Urlaub fährt sie seien genau so Fähig wie jeder andere Mensch auch. Und doch haben sie diese Abhängigkeit, die ja ein zusätzlicher Stressor im Leben ist. Das was helfen soll macht also auch Probleme.

Quote:
Mir hilft die Therapie meine Depression zu überwinden, ungünstige Denkmuster aufzudecken, etc...


Die Therapie ja. Ähnliches würde ich von mir auch sagen. Aber die Beziehung zur Therapeutin ist da. Und ich würde von mir schon sagen, dass ich wohl dazu tendiere meine Beziehungsmuster auf die Therapeutin zu übertragen. Ob ich es will oder nicht. Natürlich. Ich gehe als Mensch da rein und nehme meine Muster mit in die Therapie.



Danke fürs lesen und antworten ihr beiden und sorry für das Gedankenkraut. Das geistert mir alles grad im Kopf rum und ich dachte das Forum hier wäre ideal es anzusprechen.

Grüße
crevasse
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Post Mon, 27.Feb.06, 22:16      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo 'crevasse',

ich moechte Sie ersuchen, die Netiquette einzuhalten und im Forum nur unter einem Nick zu posten. Auch wenn ein Beitrag die Psychotherapie hinterfragend oder -kritisch ist, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, deshalb hier im Forum gesperrt oder 'abgemahnt' zu werden, solange Sie sich an die Benutzungsregeln halten.
Als etwas unfair und unkorrekt empfinde ich es jedoch, mit mehreren Identitaeten zu 'jonglieren', solange dazu kein aussergewoehnlicher Grund besteht und dies mit mir als Betreiber abgesprochen wurde.

Freundlichen Gruss
rlf (admin)

('crevasse' gesperrt)

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Post Mon, 27.Feb.06, 23:57      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo,

Quote:
Aber es ist, wie ich finde trotzdem eine zulässige Analogie.

Nein, finde ich nach wie vor nicht ganz, dass die Analogie Psychotherapie entpricht Prostitution passt. Und zwar nicht nur aus dem von dir angesprochenem Grund, dass Menschen die in Fitnessstudios gehen oder in Bordelle dort ja nicht Heilung von schwerwiegenden Problemen suchen. Sondern: Um beim Bild der Prostitution zu bleiben: Die Prostitutierte stillt unmittelbar die Bedürfnisse nach beispielsweise Zuwendung, Sex, etc. Es ist deren Aufgabe. Aufgabe eines Psychotherapeuten ist hingegen, dass ich lerne, wie ich meine Bedürfnisse befriedigen kann - ohne dass der Therapeut beispielsweise meine Bedürfnisse nach Zuwendung, Sex, Freunschaft, etc. unmittelbar stillt.

Quote:
Aber es gibt sie, die Menschen, für die, das was du als Begleiterscheinung bezeichnest elementarer Bestandteil der Therapie ist.

Ja, diese Faktoren sind in einer Therapie durchaus wichtig. Beispiel: Beim Zahnarzt öffne ich den Mund und er weiß dann, was er zu tun hat. In eine Therapie bringe ich immateriellen Bestandteile ein wie beispielsweise ein verletzte Seele, ungünstige Denk- oder Verhaltensmuster. Diese Komponenten kann man oft nur einbringen, wenn der Therapeut beispielsweise ein gewisses Maß an Zuwendung, Empathie etc. zeigt. Überspitzt formuliert: Was für den Zahnarzt der Spiegel oder der Bohrer ist, ist für den Therapeuten die Empathie, mit Hilfe derer er beispielsweise versucht die verletzte Seele zu heilen oder überhaupt an diese zu gelangen...

Quote:
Ob der Job gut gemacht wird oder nicht, hängt nicht an der zwischenmenschlichen Beziehung.

Ich glaube, die zwischenmenschliche Beziehung ist eine hinreichende aber nicht unbedingt essentielle notwendige Variable, von der es abhängig ist, ob der Job gut gemacht wird. Es gibt auch Therapieformen, für welche die Beziehung nicht soo wensentlich ist.

Quote:
Ein Haarschnitt oder ein Ultraschall ist eine DL und dabei ist es ziemlich egal was die RadiologIn oder FrisörIn über mich denkt und für mich und meine Lage empfindet.

Wenn man sich denkt, was der Psychotherapeut über mich denken wird, wenn ich das sage, dann blockiert man sich in der Therapie, weil man weiter versucht das zu verstecken, was ungenehm, schambesetzt, etc. ist. Klar ist es egal, was der Frisör für meine Lage empfindet. Aber im Unterschied zum Frisör behandelt der Therapeut ja nicht meine Frisur sondern vielleicht insbesondere mein Empfinden als solches. Deswegen muss er ja wissen, was ich empfinde.

Quote:
Aber wie ernst muss, kann ich es nehmen, wenn die Therapeutin Dinge sagt, die Mitgefühl, Verständnis, Schockiertheit über meine Situation ausdrücken. Ich frage mich, wie viel davon empfindet sie wirklich und wie viel ist Profession, Reaktionsschema aus dem Lehrbuch.

Ich würde sagen, man spürt es irgendwie. Empathie, Verständnis, etc. kann man nicht rein spielen, so in der Art: Im Lehrbuch steht nun als nächster Schritt: Zeige Zuwendung. Der Therapeut bringt sich ja vielmehr in die Therapie auch als Mensch ein, was meint: Ein emotionaler Volltrottel könnte sich "Zeigen von Mitgefühl" nicht über Lehrbücher aneignen. Eine emotionale stabile Persönlichkeit kann Mitgefühl ausdrücken ohne sich von den Gefühlen andere überschwemmen zu lassen. Um das zu können, wage ich zu sagen, dass man dafür auch nicht unbedingt Therapeut sein muss.

Quote:
Warum unterstellst du mir das?

Mir war lediglich der Kontext unklar, weswegen du diese Fragen aufwirfst. Sollte keine Unterstellung sein, sorry, aber ich ging davon aus, dass dies deiner Denkhaltung ist, die eben die erwähnten "Gefahren" birgt.

Liebe Grüsse
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Post Tue, 28.Feb.06, 19:22      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo sternenmeer
ich bin/war crevasse. Sorry, habe mich unter zweitem Nick angemeldet weil mir das Thema so sehr unter den Nägeln brennt. Es aber für mich organisatorische Schwierigkeiten gibt hier zu bezahlen um mehr als einen Thread pro Woche reinzustellen.
Ich wollte dich und andere UserInnen nicht täuschen.
Am Thema würde ich gerne weiter diskutieren, muss jetzt aber los, melde mich morgen noch mal.
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Post Wed, 01.Mar.06, 8:27      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo vallèe!

Ich habe mir diese Fragen auch hin und wieder gestellt...
Vor kurzem saß ich vor meiner Therapeutin und habe ihr einen von mir geschriebenen Zettel vorgelesen, da ging es unter anderem um das Thema: Ist das denn alles echt- oder verdreht sie die Augen wenn ich hier raus bin...?
Rolling Eyes
Meint sie das wirklich so, was sie sagt? Hält sie mich wirklich nicht für verrückt? Oder sagt sie mir nur das wäre alles normal, nur um mich zu beruhigen, oder weil es vielleicht gerade therapeutisch ist??? Shocked

Nachdem wir darüber gesprochen hatten- und ich mal ne Woche mit mir zum Thema gerungen hatte, war mir klar dass das nur ein Teil meiner Übertragungen war... Neutral Also deutlich was aus meiner Vergangenheit.

Ich bin inzwischen auch der Meinung, dass man merkt ob jemand wirklich mit empfindet, oder ob das alles nur gespielt ist. Dafür braucht man aber schon ein paar (ganz viele Wink ) Stunden mit ein und derselben Thera.

Inzwischen merke ich es wenigstens schon vorher, wenn ich wieder anfange zu denken, ob das alles nicht ne große "Verarsche" ist...und kann mich dann rechtzeitig bremsen!

Soviel dazu.
Liebe Grüße,
Sanilein[/code]
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Post Wed, 01.Mar.06, 9:56      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

@sternenmeer:
Ich sag ja, ganz stimmen tut die Analogie nicht, aber sie ist nun nicht absurd.

Quote:
Überspitzt formuliert: Was für den Zahnarzt der Spiegel oder der Bohrer ist, ist für den Therapeuten die Empathie, mit Hilfe derer er beispielsweise versucht die verletzte Seele zu heilen oder überhaupt an diese zu gelangen...


Stimmt genau. Aber der Zahnarzt nimmt halt Werkzeuge beliebig zur Hand, benutzt sie um den Zahn zu heilen. Nimmt nun ein Therapeut Emotionen gezielt zur Hand um die Psyche zu heilen? Meinem Verständnis nach kann das nicht funktionieren, denn Emotionen leben von Authenzität.

Quote:
Ich glaube, die zwischenmenschliche Beziehung ist eine hinreichende aber nicht unbedingt essentielle notwendige Variable, von der es abhängig ist, ob der Job gut gemacht wird.


Das ist wohl die Frage, die ich mir stelle.
Wie wichtig ist die zwischenmenschliche Beziehung zwischen PatientIn und TherapeutIn? In der wohl am häufigsten angewendeten Form, der Verhaltentherapie, in der auch viel gesprochen wird, in der auch nach tiefer liegenden Ursachen gefragt wird.

Quote:
Eine emotionale stabile Persönlichkeit kann Mitgefühl ausdrücken ohne sich von den Gefühlen andere überschwemmen zu lassen. Um das zu können, wage ich zu sagen, dass man dafür auch nicht unbedingt Therapeut sein muss.


Sehe ich genau so.
Aber ich sehe es ja an meinen eigenen Interviews. Manche InterviewpartnerInnen haben mich mit ihrer Vision, ihrer Kraft und ihrem Mut beeindruckt. Für andere hatte ich viel Mitgefühl, auch Mitleid. Aber es gab auch die, bei denen ich (und mein Assistent) die Augen gerollt haben. So ähnlich stelle ich mir die Position einer TherapeutIn vor. Sie ist auch nur ein Mensch. Da wird es doch auch die geben, über die sie die Augen himmelwärts dreht.


@Sanilein:
Interessant.
Ich bin überzeugt davon, das beide ihre Beziehungsmuster mit in die Therapiesitzungen nehmen, mit dem Unterschied, dass die TherapeutIn wesentlich gesündere, bessere Beziehungsmuster hat, weil sie schon viel mehr an sich gearbeitet hat, ggf. eine erfolgreiche Therapie hinter sich hatte.

Von mir weiß ich, dass ich mich schwer mit Vertrauen tue. U.a. auch damit an die Echtheit von Emotionen bei anderen zu glauben und auch meine Fähigkeit Emotionen anderer richtig zu deuten. Warum sollte das in der Therapie anders sein?

Aber diese Fragen gehen mir auch ganz allgemein im Kopf herum. Wohl auch deshalb weil ich einfach viel und gerne hinterfrage und bei der Psychologie angrenzendem Themen und Arbeitsweise nicht unbelastet bin.

Viele Grüße!
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Post Wed, 01.Mar.06, 10:50      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

hallo vallée,

Quote:
Ich fühle mich emotional nakt, wärend die Therapeutin angezogen ist. Versteht das jemand?


ja, das versteh ich gut. ging und geht mir auch manchmal so. früher konnte ich darüber nicht gut sprechen, was dieses gefühl nur noch schlimmer gemacht hat. mittlerweile gelingt es mir schneller anzusprechen, wenn es mir so geht... dann schauen wir gemeinsam, warum ich mich so bloßgestellt fühle und das hilft mir meistens, mich nicht mehr so zu fühlen.

was die frage nach der "echtheit" der gefühle des/r thera angeht, kann ich mich sanilein anschließen... diese frage hat mich auch immer wieder umgetrieben und es wichtig, zu schauen, woher diese unsicherheit kommen könnte, dass die reaktionen des theras nicht "echt " sein könnten.

LG
caroline

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Post Wed, 01.Mar.06, 14:35      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo Vallee,

Quote:
Meinem Verständnis nach kann das nicht funktionieren, denn Emotionen leben von Authenzität.

Mal direkt gefragt: Hast du das Gefühl, dein Therapeut ist nicht authentisch? Ich glaube, man erkent früher oder später (vielleicht nicht immer, aber zumindest oft) ob Emotionen authentisch sind oder nicht. Nicht unbedingt am gesprochenen Wort, sondern an nonverbalen Komponenten, die willentlich schwerer zu steuern sind, als da wären: Ein Schlucken, leichte Veränderung der Mimik, Veränderung der Tonlage, die Gestik, etc. ...

Quote:
In der wohl am häufigsten angewendeten Form, der Verhaltentherapie, in der auch viel gesprochen wird, in der auch nach tiefer liegenden Ursachen gefragt wird.

Ich mache VT, und mir werden natürlich auch Ursachen bewusst (gemacht), warum ich so bin, wie ich bin. Aber tendenziell setzt die VT am hier und jetzt an, am Verhalten... Tiefer an die Ursachen dürfte eine Analyse gehen, bei der ggf. auch tiefer in der Kindheit "herumgestochert" wird. Auch bei der VT kann man mal weiter zurückgehen, aber nicht in dieser Intensität wie bei einer Analyse. Was mir an der VT besser gefällt, ist dass sie irgendwie konkreter ist (aber ich habe mich noch nie einer Analyse unterzogen) und der Therapeut nicht gar so "abstinent" ist...
Was machst du für eine Richtung, wenn ich mal fragen darf?

Quote:
Aber es gab auch die, bei denen ich (und mein Assistent) die Augen gerollt haben. So ähnlich stelle ich mir die Position einer TherapeutIn vor. Sie ist auch nur ein Mensch. Da wird es doch auch die geben, über die sie die Augen himmelwärts dreht.

Ja, ich denke auch, dass so eine Verhalten menschlich ist. Aber bei einer Therapie hat man Porbesitzungen. Es ist normal, dass nicht jeder mit jedem kann, ohne dass man dass immer begründen könnte. Aber ich meine, man merkt, ob eine gewisse Sympathie vorhanden ist oder ob jemand etwas vorspielt. Siehe oben: Es sind die kleinen Nuancen. Und so glaube ich, werden insbesondere bei Therapien nicht zusammenpassende Konstellationen größtenteils bereits im Vorfeld ausgefiltert.

Liebe Grüsse
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Post Wed, 01.Mar.06, 16:24      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Quote:
Hast du das Gefühl, dein Therapeut ist nicht authentisch?


Ich weiß es halt nicht. Die objektiven Fakten, die ich über sie weiß, von ihr erlebe sagen mir es ist ok, wie es ist. Wenn ich hier über Erlebnisse (Horrorgeschichten) anderer TherapeutInnen lese, dann ist meine wohl sehr gut.
Davon mal abgesehen hat die Therapie, obwohl ich erst ca. 8 Stunden (incl. der 6 Sondierungsstunden) hatte gewaltig was in Gang gesetzt. Es passiert was und ich habe das Gefühl es wird ein positives Resultat haben.
Ich spüre, dass sie mir von daher liegt, dass sie ähnliche Denkstrukturen hat, she analytisch denkt, wie ich und eine gewisse Distanziertheit durchaus hat, die ich brauche. Zu große Gefühlsäußerungen ihrerseits würden mich abschrecken.

Da ist aber auch die andere Seite von mir, die Zweifelt. Die sich fragt, warum hat sie mir sofort einen Termin angeboten? Warum hat sie mir schon nach der 2. Stunde gesagt, dass sie sich gut vorstellen kann mit mir zu arbeiten? Hat sie nicht genug Patienten? (Und wenn ja woran liegt das, wo es doch offenbar einen Angebotsmangel gibt.)
Auf der anderen Seite weiß ich, dass es Schwachsinn ist, weil sie sehr seriös rüberkommt und obwohl der Antrag schon abgeschickt ist, sie mich nochmal gefragt hat, ob ich wirklich mit ihr arbeiten möchte und man könne den Antrag auch wieder zurück ziehen.

Diese Unsicherheiten, Misstrauen bei mir hat eine Ursache, einen Ursachenkomplex den ich auch kenne, was nicht bedeutet, dass ich es ablegen kann. (Aber ich hoffe, dass ich am Ende der Therapie insgesamt weniger verschlossen und misstrauisch sein werde.)

Ganz allgemein stelle ich mir halt diese Fragen, weil ich meinen Platz als Therapiepatientin erst noch finden muss, wie ich meinen Platz als empierische Forscherin, Lebenspartnerin, Freundin, Kollegin usw. finden musste und muss.
Ich versuche halt erst noch das Prinzip Psychotherapie zu verstehen.

Quote:
Was machst du für eine Richtung, wenn ich mal fragen darf?


Verhaltenstherapie. Anfangs ging es mir um Ereignisse, die erst 2 Jahre zurück liegen, hat was mit bewaffnetem Konflikt zu tun.
Der Grund warum mich das nicht los lässt, sich meine Situation so zugespitzt hat ist einfach, dass ich kein Modell habe auf andere zuzugehen, mit Menschen über meine Probleme zu sprechen. Aber der Grund dafür sind 1-2 Sachen in meiner Kindheit, die ich nie wirklich verarbeitet habe und an die wir wohl ran müssen. Bei mir hat es also sehr viel damit zu tun in der Kindheit "rumzustochern".
Aber du hast recht, ich sehe auch die Stärke der Verhaltenstherapie, dass mir Verhaltensmuster, die mir selbst Schaden, aufgedeckt werden und fehlende Muster bewusst gemacht werden. So kann ich falsches vielleicht korregieren und fehlendes ergänzen.
Denn es geht doch darum mit sich und seinen Problemen zurecht zu kommen. Denn was passiert ist, ist passiert und kann eh nicht mehr geändert werden. Es geht also darum Beschwerdefrei damit zu leben.

@caroline: Darauf wäre ich nicht gekommen, es anzusprechen. Im Ernst. Dieses Prinzip erschließt sich mir noch nicht ganz. Wir reden drüber und so kann ich damit fertig werden, wird es besser. Hm, aber proboeren geht über studieren. Danke.

Viele
Grüße
vallée
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Post Wed, 01.Mar.06, 17:11      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Quote:
Der Grund warum mich das nicht los lässt, sich meine Situation so zugespitzt hat ist einfach, dass ich kein Modell habe auf andere zuzugehen, mit Menschen über meine Probleme zu sprechen.


dann ist es ja noch wichtiger zu versuchen anzusprechen, was dich bewegt.... ist gleich eine gute übung Wink

ansonsten - ums ansprechen, was dich beschäftigt, kommst du in keiner theraform herum (ausser vieleicht körperthera, aber auch da nicht). wie sonst könnte deine thera denn sonst mitbekommen, worum es dir geht und wie sonst könntest du schwierige gefühle bearbeiten.

lieben gruß
caroline

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Post Thu, 02.Mar.06, 0:35      Re: Psychotherapie ist wie... Reply with quoteBack to top

Hallo Vallee,

Quote:
Da ist aber auch die andere Seite von mir, die Zweifelt. ... Warum hat sie mir schon nach der 2. Stunde gesagt, dass sie sich gut vorstellen kann mit mir zu arbeiten? .... und obwohl der Antrag schon abgeschickt ist, sie mich nochmal gefragt hat, ob ich wirklich mit ihr arbeiten möchte und man könne den Antrag auch wieder zurück ziehen.

Vielleicht weil sich es sich von ihrer Seite aus gut vorstellen kann mit dir zu arbeiten... und deine Zweifel, ob du mit ihr kooperieren kannst gemerkt hat Wink ?

Quote:
Diese Unsicherheiten, Misstrauen bei mir hat eine Ursache, einen Ursachenkomplex den ich auch kenne, was nicht bedeutet, dass ich es ablegen kann.

Kann es sein, dass du (manchmal etwas zu) viel über dich nachdenkst?

Quote:
Ganz allgemein stelle ich mir halt diese Fragen, weil ich meinen Platz als Therapiepatientin erst noch finden muss, ...

Also seit der Therapie fällt mir auch auf, dass ich mehr nachdenke als sonst, was aber auch mit den Depris zusammenhängen kann... Aber über meinen Platz als Therapiepatientin habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Wenn ich sagen würde, das lasse ich auf mich zukommen, so klingt das total passiv, was so nicht stimmt... aber meinen Platz sehe ich als Hilfesuchende und den des Therapeuten als Helfenden.

Quote:
Ich versuche halt erst noch das Prinzip Psychotherapie zu verstehen.

Also, ich glaube wirklich, du machst dir über viel zu viele Dinge einen Kopf. Wichtiger ist es vermutlich sich selbst verstehen zu lernen, was zumindest für mich schwer genug ist. Aber ich gebe zu: Seit meiner Therapie habe ich auch begonnen mich ein wenig mit Psychotherapie zu beschäftigen Embarassed

Quote:
hat was mit bewaffnetem Konflikt zu tun...

gruebel Was ist ein bewaffneter Konflikt gruebel

Quote:
Der Grund warum mich das nicht los lässt, sich meine Situation so zugespitzt hat ist einfach, dass ich kein Modell habe auf andere zuzugehen, mit Menschen über meine Probleme zu sprechen.

Das hört sich schon wieder so nach logisch durchdachter Denkstruktur an Wink ... aber ich verstehe, was du meinst... fällt mir auch schwer, mich zu öffnen, aber mit der Zeit wird es leichter...glaube es mir...die ersten Therapiestunden ging bei mir überhaupt nicht viel... Wenn ich ein derartiges Problem habe, hilft mir auch, wenn ich mir bewusst mache, dass ich ja auch deswegen in Therapie bin...

Quote:
Bei mir hat es also sehr viel damit zu tun in der Kindheit "rumzustochern".

Ja, in der VT geht es bei mir auch ab und an weiter zurück, aber um etwas vollständig aufzuarbeiten ist wahrscheinlich eine Analyse notwendig. Denn die VT setzt doch eher an die Gegenwart, wie du schreibst: z.B: Lernen neuer Verhaltensmuster, etc. Auf der anderen Seite: Wenn mich aktuell etwas beschäftigt, was früher geschehen ist, dann gehört das natürlich bearbeitet.

Quote:
Denn was passiert ist, ist passiert und kann eh nicht mehr geändert werden. Es geht also darum Beschwerdefrei damit zu leben.

Das sehe ich genauso...

Liebe Grüsse
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