"Ich ist ein Anderer" ( Spielsucht )

neu an Bord! 1 AUT M, 29

Ich bin ein Spieler, immer schon gewesen. Ich bin unfähig, auch nur über denselben Tag hinwegzublicken, ich kaufe mir Essen für einen Tag, wenn es etwas übrig bleibt, werfe ich es weg, denn einen nächsten gibt es nicht.

Meine Gedanken kreisen sich sonst nur um philosophische Themen, ich plane nie, das Alltagsleben ist für mich die Illusion, die Selbstreizung im Moment die stärkste mich bewegende Kraft.

Manchmal keimen Gedanken an eine berufliche Zukunft, aber ich bin für nichts qualifiziert. Nach der Matura ging nichts mehr, 10 Jahre sind bisher vergangen ohne Bemühungen, irgendetwas "aufzubauen". Chancen, etwas zu finden, sind gering, ehrlich gesagt, verabscheue ich jegliche Routine, betrachte dann das potentielle Verhungern als romantisch... Hauptsache, keine Verantwortung übernehmen; Hauptsache, ich vermeide Situationen, in denen jemand anders mir vorschreiben kann, was ich tun muss. Das Absurde ist, dass ich überhaupt 10 Jahre finanziell überleben konnte. Liegt auch daran, dass ich in einer "Baracke" lebe mit äußerst geringen Kosten, die ich irgendwie immer zusammengebracht habe.

Ich bin der geborene Verlierer, klischeehaft schon, dabei überhöhe ich mich selber, gehe davon aus, dass ich intelligent bin, überschätze mich darin und im Innersten bin ich in einer Wartehaltung, dass einmal etwas passieren wird, die "große Entdeckung" vielleicht, das "große Werk". Aber eigentlich kann ich nichts. Ich glaube, dass ich seit Beginn meiner Existenz davon ausgehe, dass die Welt dazu verpflichtet ist, für mich zu sorgen. Gibt es einen größeren Narzissmus?

Außerhalb dieser geistigen Verengung gibt es noch mein Kind, das bei seiner Mutter lebt, mit dem ich aber wieder viel Kontakt habe. Lange Zeit hielt ich mich von meinem Kind mehr oder weniger fern, aus Angst, dass sie so werden könnte wie ich, aus Angst, etwas falsch zu machen. Meiner Tochter gegenüber will ich der "Mustermensch" sein, versuche aus ihr das Gegenteil von mir zu machen, ohne dass sie je die Möglichkeit hat, meine wahre Natur sehen zu können. Wenn es um sie geht, dominiert Angst. Angst, dass ihr etwas zustossen könnte, es macht mich oft wahnsinnig, wenn diese Gedanken überhand nehmen, wenn ich mir zwanghaft vorstellen muss, dass sie z.B. Opfer eines Verbrechens wird oder dass ihre Zukunft in einer Welt voller Katastrophen stattfinden wird.

Wenn ich nicht spiele, philosophiere ich. Wenn ich nicht philosophiere, will ich aus meinem Kind mein Gegenteil machen. Mein Lebenskreis.

Ich habe es nun "geschafft", in wenigen Monaten einen fünfstelligen Betrag zu verspielen, die Realität klopft nun an der Tür und die Fluchtmöglichkeiten sind erschöpft.

Dabei könnte ich auch anders sein, in lichten Momenten. Die Menschen scheinen mich zu mögen, wenn ich bereit bin, mich überhaupt unter Menschen zu bewegen. Aber Verlierer sind ja immer sympathisch.

Ich bin zerrissen, meine Situation nun sehr bedenklich. Ich weiss, was ich tun müsste, ich wusste es immer schon, aber es fehlte eine Perspektive, die innere Bewegung dazu, meine Ansprüche sind zu hoch, das muss mir niemand sagen. Die Realität verschiebe ich auf morgen, nun aber wird das unmöglich.

Kann jemand wie ich überhaupt jemals zum Leben zurückfinden?

sporadischer Gast 14 Wien W, 34

Klar kannst du zum Leben zurück finden, wenn du es wirklich willst!

Aber es hat den Anschein, dass du bevorzugst, dich in Selbstmitleid zu baden und allen anderen die Schuld für deine Sucht zu geben - das ist der leichteste Weg.

Ich war 10 Jahre lang mit einem Spieler zusammen und möchte dir einen Rat geben: suche die Beratungsstelle für anonyme Spieler auf und beginne eine Therapie! Auch wenn es hart klingt, aber ich denke, dass dies deine einzige Chance ist und deswegen nutze sie!

Du kannst alles - wenn du nur willst!

Love

Psychotherapie-Forum (Archiv 2002-2007)

Forum:

Mehr über PT:

"Ich ist ein Anderer" ( Spielsucht )