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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Fri, 03.Feb.06, 18:18 Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo,
mache knapp einem Jahr auf Grund des Tipps eines Freundes eine Gestalt(psycho)therapie, die ich - da der Therapeut kein Psychologe oder Arzt ist - selbst finanziere (65 € pro Sitzung).
Sie tut gut, ich bin weiter als letztes Jahr, empfinde mehr Freiräume als früher. Wir haben keine Zielvereinbarung, sondern ich komme so an, wie ich komme. Bin in der Regel vorbereitet, suche meine Themen, könnte aber auch "so" kommen. Manchmal bin ich sehr aufgeregt, in der Regel freue ich mich sehr auf die Therapiesitzungen, weil sich "jemand um mich kümmert".
Nehme nun auch an einer Gestaltweiterbildung Teil (erstes Jahr: reine Selbsterfahrung), die sehr interessant ist und Zugang zu etwas verschütteten Gefühlen ermöglicht. Werde deshalb auch die Therapiesitzungen reduzieren, da das sonst sehr teuer wäre.
Mich würde interessieren, wie andere, die ihre Therapie selbst finanzieren, diese Therapie wahrnehmen.
Auch interessieren mich Meinungen zur Gestalttherpie an sich, positive und negative Erfahrungen.
Danke!
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CocoCourrial
Helferlein
137
Tübingen W, 28
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Sat, 04.Feb.06, 20:34 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Anne
ich bin auch Selbstzahlerin. Zunächst habe ich etwas ein Jahr über die Kasse gemacht, mich dann aber aus bestimmten Gründen für das Selberzahlen entschieden. Am Anfang hatte ich grosse Angst, es nicht zu schaffen, aber es funktioniert eingentlich prima. Ich habe zwar sehr wenig Geld - da noch in Ausbildung - aber ich habe mir extra einen Zusatzjob gesucht, der die Therapie bezahlt. Ich fühle mich mit der Lösung sehr wohl. Ich fühle mich von der Kasse unabhängig und denke nicht ständig "noch 8 h, noch 7 h, noch 6 h" etc... Solche Gedanken hatte mich vorher oft blockiert. Irgendwie sehe ich das Zahlen auch als Teil der Therapie. Das macht es das noch mehr "meins" als es das vorher auch schon war.
Ich denke nicht, dass das prinzipiell für jeden die Toplösung ist (denn ich finde es schon sehr richtig, dass Kassen Therapien bezahlen und hätte das meine nicht gemacht, wäre ich nie in Therapie gegangen), aber für mich selbst ist es genau richtig. Das Geld von meinem Job kommt aufs "Therapiekonto" und ich würde zumindest momentan nicht daran denken, es für irgend etwas anderes auszugeben. Es ist einfach für mich und meine seelische Gesundheit und da bin ich sehr stolz drauf.
Naja. Soviel zu mir und meinen ERfahrungen als Selbstzahlerin.
Lg,
Deine Coco
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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Sun, 05.Feb.06, 8:59 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Liebe Coco,
danke für Deine Antwort! Sicherlich ist es sehr richtig, dass Therapien von Kassen bezahlt werden und ich könnte mir schon vorstellen, dass ich dies auch einmal in Anspruch nehmen werde (falls das Not wendend ist) - allerdings nicht jetzt.
Es ist - wie so oft - von zwei Seiten zu sehen:
1. Einerseits macht es mich "wütend", Selbstzahler zu sein (um viel aufzuarbeiten, Alkohol in meiner Familie (Vater), Beziehungs"unfähigkeit") - weiß aber, dass dieser Therapeut gut ist und ich nicht wechseln möchte.
Das Geld "für sich" auszugeben tut manchmal weh, ich habe es teilweise "umgerechnet" (auf mein Auto etc.) - als wäre ich es mir nicht allein wert. Mittlerweile sehe ich es auch als Teil der Therapie an.
2. Anderers hat es für mich auch die "Vortele", die du schon z.T. genannt hast und für mich kommt noch hinzu, dass es in meinen beruflichen Akten nicht erscheint, was es in meinem Beruf tut / tun kann.
Früher hat mich dieser Punkt mehr gestört, jetzt stehe ich ihm gelassener gegenüber, denn "Psychotherapie ist auch für die Gesunden da".
Soviel zu meinen Gedanken, liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
Anne
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Seelenheil
Helferlein
30
Am Rande des Wahn W, 27
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Sun, 05.Feb.06, 12:30 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo, ich habe jahrelange,von der Kasse finazierte, Therapie hinter mich gebracht und steh kurz vor Ende der Kassenfinanzierung. Mein aktuelles Thema ist also auch "selbstzahler" oder Ende der Therapie.
Ich finde es interessant wie ihr das seht mit dem selbstzahlen. Ich hab ein wenig Angst vorm selbstzahlen, weil ich damit nicht weiß ob ich in eine "Endlostherapieschleife" komme, weil ich dann ja kein vorgebenes Ende vor Augen habe.
Außerdem wollt ich von euch mal wissen, wie eure Therapeuten euch die Stundenpreise "vermittelt" haben...also ob die konkret einen festen Satz genannt haben oder ob ihr den "verhandelt" habt. Ich dachte die Stundensätze stehen fest bzw. gleichen denen wie die von den Krankenkassen bezahlten Sätzen.
Meine Thera meinte nämlich zu mir, das die von mir gezahlten Stunden Verhandlungssache sind und von meinem Einkommen abhängen. Darauf hab ich aber gar keinen Bock, weil ich weder mein Einkommen offen legen noch mit meiner Thera "verhandeln" will....ich komme mir dabei als Objekt vor, da mir dabei ganz deutlich gemacht wird, das ich schließlich "nur der Job" meiner Thera bin und sie mit mir ihre Brötchen verdient....
Würde mich über eure Antworten freuen.
Liebe Grüße
Seelenheil
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_________________ EinVergnügen sich zu verstecken,jedoch eineKatastrophe nicht gefunden zu werden |
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Zwergerl
Helferlein
108
Wien W, 24
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Sun, 05.Feb.06, 16:05 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Seelenheil!
Ich bin Selbstzahler,,,, hatte anfangs eine von der Kasse finanzierte Therapie, kam aber mit der Thera und der Methode (VT) nicht klar und habe mich daher entschlossen eine private zu wählen!
Meine Erfahrung ist dass die meisten Therapeuten 2 Stundensätze haben, einen "normalen" und einen Sozialtarif, der so 10-20 Euro billiger ist, eben je nach Einkommen. Natürlich ist es unangenehm dem Therapeuten sein Gehalt zu nennen, aber ich bin froh, dass es einen Sozialtarif gibt, da ich mir den normalen Stundensatz nicht leisten könnte, das wären für mich gute 100 Euro mehr im Monat, und das liegt nicht drin.
Ja auch mir gefällt es nicht unbedingt dass ich dafür bezahlen muss aber es ist nun mal so. Habe eine zeitlang jede Stunde bar bezahlt, da kam ich mir auch ziemlich blöd vor. Hab mich nun dazu entschlossen, das Geld zu überweisen um mir das nicht ständig vor Augen führen zu müssen, finde das auch ziemlich frustrierend.
Liebe Grüße Zwergerl
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CocoCourrial
Helferlein
137
Tübingen W, 28
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Sun, 05.Feb.06, 18:53 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo,
Ich find es richtig interessant, wie viele Perspektiven es auf diese Sache gibt.
Ich habe überhaupt kleine Angst in eine Endlosschleife zu rutschen; ich fänd's viel schlimmer, aufhören zu müssen, wenn ich mich noch mitten drin fühle. Irgendiwie vertraue ich mittlerweile fest darauf, dass meine Therapeutin und ich gemeinsam merken, wann der Punkt gekommen ist zum aufhören. Und das empfinde ich als wirklichen Luxus. Und ich muss nicht mehr in so ein Schema für die Kasse reinpassen. Ich fühle mich nicht mehr wirklich "krank", aber brauche trotzdem in einigen Punkten drringend Hilfe.
Das einzige, weswegen ich mir manchmal ein weinig GEdanken mache ist, dass ich den "Sozialtarif" zahle und dass meine Therapeutin in der gleichen Zeit mehr Geld mit jemand anderem verdienen könnte. Dann beruhige ich mich aber auch damit, dass Sie ja für mich keine Anträge schreiben muss und dass Sie für neue Patienten ja auch erste einmal Probesitzungen machen muss, bei denen sie noch viel weniger verdient.
Was auch positiv an der Sache ist, ist dass ich mittlerweile auf Themen komme, die ich bei einer eng abgegrenezen Zeit (VT) gar nicht angeschnitten hätte.
Liebe Grüße,
Coco
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Karola
Forums-InsiderIn
354
Deutschland W, 33
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Sat, 29.Apr.06, 1:19 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo,
ich hänge das mal hier an. Ich interessiere mich für Leute in diesem Forum, die Erfahrungen mit Gestalttherapie haben. Ist es da so, dass man überwiegend kreativ arbeitet (malen, schreiben)? Oder ist das eher eine Gesprächstherapie? Ich habe mal gehört, dass der kreative Ansatz in der Therapie die eine Gehirnhälfte anregen soll,die für das Gefühl zuständig ist (weiß jetzt nicht mehr welche ), da wir mit der anderen Gehirnhälfte sowieso schon genug denken und es wichtig ist, dass beide Gehirnhälften in Einklang sind für das seelische Wohlbefinden. Aber die Kasse finanziert ja nur Gesprächstherapien aller Art, also ist die Wirksamkeit von anderen Therapien, wie eben die Gestalttherapie, wohl nicht wissenschaftlich belegt.
@Anne1997,
vielleicht kannst Du mir zu Deiner Therapie was sagen? Ist es so, dass es weniger Grenzen in der Gestalttherapie gibt wie in einer "normalen" Therapie und sich der Therapeut als Person auch sehr miteinbringt?
Viele Grüße,
Karola
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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Sat, 29.Apr.06, 7:06 Gestalttherapie - Psychotherapie |
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Hallo Karola,
möchte versuchen, auf Deinen Eintrag einzugehen.
Gestalttherapie (=GT/Gestalttherapeut) ist nicht mit Gestaltungstherapie, die fast ausschließlich mit kreativen Elementen arbeitet zu verwechseln.
Die Wirksamkeit von GT ist eindeutig wissenschaftlich belegt (Lit.: Dr. med. Hartmann-Kottek: Gestalttherapie. Springer – Verlag. Slunecko / Sonneck (Hrsg.): Einführung in die Psychotherapie. UTB – Facultas. Usw.; es gibt sehr viel Literatur.).
Insgesamt wird in der GT aber zu wenig publiziert.
Es gibt leider manche GT, die sich sehr wenig mit theoret. Grundlagen beschäftigen, ein fataler Fehler.
GT können auch Nicht-Ärzte und Nicht-Psychologen werden. Vielleicht auch ein Grund, warum die GT immer noch um Anerkennung „ringen muss“.
Warum sollten Menschen, die viel mit Menschen zu tun haben (oft mehr als Ärzte/Psychologen), z.B. Soz.päd, Lehrer, Theol., Erzieh. usw.) nicht Psychotherapeuten werden können?
Ein berufsständisches Problem - vor allem in D.
Inhalte der GT/Bezug zu anderen psychotherap. Richtungen:
Die Beziehung zum Therapeuten / zur Therapeutin ist der alles entscheidende Aspekt in jeder psychotherapeutischen Schule.
Aspekte der GT finden sich in allen Psychotherapierichtungen:
konsequente Orientierung am „Hier und Jetzt“ in der Verhaltenstherapie (VT): was liegt an, was ist an der Oberfläche, wie geht es mir gerade, welche Gefühle sind „da“...
GT und VT schließen sich nicht gegeneinander aus, VT-Elemente finden sich auch in der GT.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (TP) findet sich auch in der GT, große Nähe: z.B. Arbeit am „inneren Kind“ – Einfluss auf die heutigen Gefühle, Reaktionen etc. Es findet eine Beschäftigung mit der eigenen Geschichte statt–unter Berücksichtigung des „Hier–und–Jetzt“ – Aspektes.
Systemische Elemente spielen eine große Rolle – dies kann z.B. mit Hilfe des Psychodramas aufgearbeitet werden.
Es geht auch um eine Lösungsorientiertheit (nicht nur das Problem sehen) und dass man schaut, wo Ressourcen sind.
Meine Ausbildungspsychologen (sie haben alle als Grundlage VT und TP „studiert“) sehen sich in erster Linie als Gestalttherapeuten.
In der Selbsterfahrung habe ich gemalt und mit Ton gearbeitet (liegt mir alles nicht gerade sehr nahe, da ich an fast alles kognitiv herangehe) und es hat mich emotional sehr bewegt, was in diesem Prozess so entsteht. Das kann man kaum beschreiben, sondern nur erleben.
In meiner eigenen Therapie arbeite ich nur sehr selten damit, habe mich auch schon verweigert, da es mich zu sehr belastet hätte.
Ich rede meistens mit meinem Therapeuten.
Er ist relativ zurückhaltend, überfordert mich emotional nicht, aber immerhin so, dass die Themen in mir sehr lange oft nachwirken und ich sie aufarbeite.
Einmal habe ich gemalt und kam mir wie ein „Idiot“ vor, was ich auch so gesagt habe. Dennoch entstand etwas. Einige Rollenspiele (mit verschiedenen Techniken) habe ich erlebt.
Der Therapeut bringt sich schon sehr ein, aber behutsam & sehr ruhig. Wir schweigen auch (= Zeit zum Verarbeiten). Er erklärt aber auch Dinge, die ich wissen will bzw. gerade brauche.
Die Ausbildungspsychologen sind z.T. sehr zurückhaltend (aber voll präsent), eine relativ temperamentvoll – das ist auch menschlich.
Fühle mich nicht überfahren/bedrängt, sondern aufgehoben.
Habe bisher gute Erfahrungen mit dieser Richtung gemacht, obwohl ich mich auch mit systemischer Beratung / Therapie (& vielem mehr) auseinandersetze.
Das eine schließt das andere nicht aus. Bei aller Begrenztheit von therapeut. Schulen: die Beziehung, der würdevolle, empathische Umgang miteinander ist das Entscheidende.
Vielleicht noch eines: bin (noch) kein Profi auf diesem Gebiet. Habe mich aber intensiv damit beschäftigt.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein klein wenig helfen. Falls Du Fragen hast, schreibe einfach wieder.
Alles Gute,
Anne
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Stöpsel2
Forums-Gruftie
917
Deutschland W, 35
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Sat, 29.Apr.06, 10:00 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Karola,
ich hab zwar keine direkten Erfahrungen mit Gestalttherapie, hab mich aber mal länger damit beschäftigt, welche Therapieform ich haben möchte. Gestalttherapie war dabei u.a. mein Favorit.
Ich hab hier
http://www.psychotherapiepraxis.at/forum/viewtopic.php?p=132446#132446
mal was dazu geschrieben, auch ein Buch erwähnt, was einiges Besonderes an der Geisteshaltung der Gestalttherapie vermittelt. Vielleicht kannst Du Dir das ja in einer Bücherei ausleihen.
Das mit der Wissenschaftlichkeit ist so eine Sache. Es sind mehr Therapieformen wissenschaftlich anerkannt, die aber trotzdem i.d.R. von den Kassen nicht bezahlt werden. Von der Gesprächstherapie nach Rogers heißt es z.B. schon seit längerem, daß es von den Kassen demnächst auch bezahlt wird, weil wissenschaftlich anerkannt. Was bezahlt wird oder nicht ist ja auch ein Politikum.
Bei der Gestalttherapie hab ich unterschiedliches gehört. Einerseits daß es wissenschaftlich anerkannt ist, von Experten als hilfreich angesehen wird, daß andererseits die Gestalttherapie von sich aus gar keinen Wert darauf legt, wissenschaftlich zu sein. Aber es ist halt auch die Frage, was man mißt, wenn man von Wissenschaftlichkeit spricht.
Hier auch noch ein paar Infos zum Lesen:
http://www.psychotherapie-netzwerk.de/infobuero/therapie/humanistische /gestalttherapie/gestalttherapie.htm
Viele Grüße
Stöpsel
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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Sat, 29.Apr.06, 13:17 Weiteres zur Gestalttherapie |
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Hallo,
dem Beitrag von Stöpsel2 kann ich mich anschließen!!
Neben dem von Dir genannten Buch möchte ich - da ich es sehr, sehr berührend fand - ein altes Buch empfehlen:
"Gras unter meinen Füßen. Eine ungewöhnliche Einführung in die Gestalttherapie." von Bruno-Paul Roeck, rororo, 5,50 €.
Schon das Vorwort ist ungalublich gut!
Vielleicht noch zwei Zitate, eines von de Roeck:
Werden kennt kein Ende
Der Strom fließt weiter
Jeder Augenblick ist neu
Der Schmerz des Wachsens:
Der Mühen wert
Bruno-Paul de Roeck
Und - das hängt in vielen Praxen (aber nicht nur bei Gestalttherapeuten):
Man muss den Dingen
Die eigene, stille,
Ungestörte Entwicklung lassen,
Die tief von innen kommt,
Und durch nichts gedrängt
Oder beschleunigt werden kann:
Alles ist austragen -
Und dann
Gebären.....
Reifen wie der Baum,
Der seine Säfte nicht drängt
Und getrost
In den Stürmen des Frühlings steht,
Ohne Angst,
Dass dahinter kein Sommer kommen könnte.
Er kommt doch!
Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
Die da sind,
Als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,
So sorglos, still und weit....
Man muss Geduld haben,
Gegen das Ungelöste im Herzen,
Und versuchen,
Die Fragen selber lieb zu haben,
Wie verschlossene Stuben,
Und wie Bücher,
Die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Es handelt sich darum,
Alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt,
Lebt man vielleicht allmählich,
Ohne es zu merken,
Eines fremden Tages
In die Antwort hinein.
RAINER MARIA RILKE
Innerlich wachsen, reifen, dem Leben zugewandt sein (eine GT-Regel lautet: "Das Leben geht vor!") usw.
Das von Stöpsel genannte Buch ist ebenfalls sehr, sehr gut! - Bezieht sich im Schlussteil aber auf die Kölner Verhältnisse.
Von Doubrawa gibt es noch ein zweites: "Die Seele berühren" - mit Geschichten aus der Therapiepraxis und seinem eigenen Weg zum Gestalttherapeuten.
Ausätze etc. kann man sich hier herunterladen:
www.gestalt.de
www.gestaltpsychotherapie.de
Herzliche Grüße,
Anne
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Karola
Forums-InsiderIn
354
Deutschland W, 33
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Sat, 29.Apr.06, 17:06 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Anne ud Stöpsel,
vielen Dank für Eure Antworten mit den Links und Buchtipps.
@Anne
Ja, ich meinte auch Gestalttherapie und nicht Gestaltungstherapie.
@Stöpsel
Hättest Du Gestalttherapie gemacht, wenn Du es dann nicht hättest selber bezahlen müssen, da es ja nicht über Kasse läuft?
Ich habe mir den einen Link mal angesehen. Klingt ja gut, aber es hört sich so an, als wäre Gestalttherapie nicht für jemanden mit "schweren" Problemen (Zwänge, Ängste, Depressionen), sondern eher für Leute, die zwar auch ihre Probleme haben, aber mit Hilfe dieser Therapie sich eher frei entfalten wollen und gucken, was in ihrem Leben wirklich wichtig ist. So kommt mir das vor!
Karola
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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Sat, 29.Apr.06, 18:47 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Karola,
mit GT werden Menschen auch mit schweren Störungen behandelt.
Siehe: http://www.gestaltpsychotherapie.de/klinische_gestalttherapie.htm
Generell ist es zumindest in D so, dass man als Patient vorinformiert sein müsste. Das ist in der Regel aber nicht der Fall.
Wenn Du Glück hast, landest Du bei einem Psychologen oder Arzt, der gleichzeitig Gestalttherapeut ist. Die Psychologen, die ich kenne, nutzen bei schweren klinischen Problemen viele Mittel der Gestalttherapie (u.a. auch Körperarbeit).
Ich habe mich u.a. mit aktuellen Ängsten und massiven Kindheitsängsten beschäftigt - in meiner eigenen Therapie.
Gestalttherapie hat außerordentliche Resultate bei der Behandlung von Schizophrenien, Suchterkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen.
Es gibt auch eigene Gestaltpraxen für Kinder.
Viele Grüße,
Anne
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Stöpsel2
Forums-Gruftie
917
Deutschland W, 35
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Sat, 29.Apr.06, 22:14 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hallo Karola,
ja, ich hätte es glaube ich schon ganz gerne gemacht. Aber es ist bei mir halt so, daß viele Dinge bei mir Thema sind und für jedes hätte ich eine andere Therapieform bevorzugt Na ja, damals war ich wegen meines alten Therapeuten noch ziemlich durch den Wind, von daher war mir das mit dem authentisch sein usw. aus der Gestalttherapie wichtig. Andererseits habe ich eben auch praktische Probleme mit Arbeitssuche und Arbeitsorganisation usw. dafür habe ich Verhaltenstherapie schon ganz richtig gefunden. Na ja, und meine jetzige Therapeutin macht VT, aber ich hab sie auch wegen der anderen Therapieformen gelöchert und da sagte sie, sie fände Gestalttherapie und systemische Therapie auch ganz gut. Ob sie davon was kann, weiß ich nicht, weil sie noch in der Ausbildung ist. Bisher vermisse ich nichts (aber ich weiß ja auch nicht aus eigener Anschauung, was ich verpasse). Aber die Therapieform ist jedenfalls nicht mehr mein Problem (denk ich jedenfalls)
Was mir aber wichtig war, war, daß die Therapeutin Psychologin ist. Ich hätte relativ günstig bei jemandem Therapie machen können, der was ganz anderes studiert hat und eine Gestaltausbildung gemacht hat und da schon ziemlich am Ende ist. Aber das wollte ich nicht. Zu einem ärztlichen Therapeuten hätte ich auch nicht gehen wollen.
Aber ich hab alle ausprobiert, die VT und Gestalt- oder system. Therapie gleichzeitig machen. Aber es muß halt einiges zusammenkommen, damit es paßt. Und jeder braucht eine andere Mischung...
Was das mit dem frei entfalten können angeht, glaube ich schon, daß das bei Gestalttherapie häufig zu finden ist, finde ich auch einen guten Ansatz (werde da sicher auch später noch einiges privat machen). Aber wenn es das vergleichsweise häufig gibt, muß das ja nicht zwangsweise heißen, daß man damit nicht auch schwerere Störungen behandeln kann. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Aber vielleicht findest Du hier:
http://www.gestalt.de/gestaltkritik.html
noch was dazu. Irgendwo auf dieser Seite sind ganz viele Artikel zu verschiedenen Aspekten der Gestalttherapie. Und da wirst Du auch feststellen, daß es nicht "die" Gestalttherapie gibt (ist so ein bißchen ein anarchistischer Ansatz, der mir ziemlich gut gefällt).
Überlegst Du denn jetzt, den Therapeuten zu wechseln?
Viele Grüße
Stöpsel
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Anne1997
Helferlein
87
Deutschland / BB W, 41
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Sun, 30.Apr.06, 19:23 Re: Gestalttherapie: Therapie und Finanzierung |
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Hier Infos zur Problematik der Psychotherapie in Deutschland, vor allem der ganzheitlichen Verfahren wie der Gestalttherapie, aber auch systemischer Verfahren.
Votsmeier-Röhr ist psychol. Psychotherapeut und Gestalttherapeut (www.gestaltpsychotherapie.de).
Hier ein Auszug aus dem Aufsatz.
"Die Geister, die ich rief ..." - von der Verödung der Psychotherapielandschaft in Deutschland
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, KK und Krankenhäusern, strebt eine Neufassung der Psychotherapie-Richtlinien an, die vorsieht, die Anerkennung und Zulassung von psychotherapeut. Verfahren nur für Indikationsbereiche (ICD-10-Diagnosen) zuzulassen, für die sie als empirisch effektiv bestätigt wurden. Die Folge davon wäre, dass Therapieverfahren diagnosebezogen in Methoden zersplittert würden u. die Behandlungsberechtigung von Psychotherapeuten auf bestimmte Diagnosen eingegrenzt würde.
Dies geht selbst dem Wissenschaftlichen Beirat (WBP) zu weit, auf dessen Vorgehen sich der G-BA beruft. Der WBP hat bisher tatsächlich "Wissenschaftlichkeit" von Therapieverfahren hauptsächlich an der empirischen Evidenz ihrer Wirksamkeit für bestimmte Diagnosen festgemacht. Im Einklang mit dieser Definition wurden die Maßstäbe der Verhaltenstherapie angelegt, also die Erforschung der Behandlung monosymptomatischer Störungen mit kontrollierten Studien. Ganzheitlichen Ansätzen wie der Gesprächspsychotherapie, der Gestalttherapie oder der systemischen Therapie wurden damit fast unüberwindliche Hürden aufgetürmt, da die methodischen Anforderungen an solche Studien aus der Perspektive humanistischer und systemischer Psychotherapieverfahren weder die Ganzheitlichkeit des Krankheitsgeschehens noch eine ganzheitliche Theorie und Praxis und deren Wirkungen abbilden.
Die systemische Therapie und andere Verfahren haben Anträge auf Anerkennung durch den WBP gestellt, die abgelehnt wurden, in der Gestalttherapie laufen Überlegungen, trotz alledem einen Antrag zu stellen. Die Gesprächspsychotherapie hat mit einem unbeschreiblichen Kraftakt die geforderten Kriterien für einige Indikationsbereiche erfüllt u. somit die "wissenschaftliche" Anerkennung durch den WBP erlangt. Dieser berufsrechtliche Schritt soll nun sozialrechtlich durch die Bestrebungen des G-BA unterlaufen werden. Ein noch vages Kriterium der "Versorgungsrelevanz" soll künftig zwischen "Verfahren" und "Methoden" unterscheiden, die Gesprächspsychotherapie würde von einem (berufsrechtlichen) Verfahren zu einer "Methode" mutieren, die bei ausgewählten Diagnosen von Vertretern der Richtlinienverfahren (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse) für GKV-Behandlungen eingesetzt werden kann.
Ein absurdes Szenario.
Das ganze ist jedoch lediglich eine weitere Episode in der durch Machtinteressen von Verbänden und ökonomischen Druck bewirkten Verödung und sich zur Monokultur entwickelnden Lage der Psychotherapie in Deutschland. In die ursprünglich von Ärzten und Psychoanalytikern beherrschte Versorgungslandschaft hatte sich die Verhaltenstherapie juristisch eingeklagt. Beide Richtungen haben als "Richtlinienverfahren" seit Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes 1999 das Feld unter sich aufgeteilt und damit die Freiheit von Wissenschaft und Forschung im Bereich Psychotherapie in Deutschland einbetoniert. Zukünftige Innovation und wissenschaftlicher Erkenntniszuwachs ist in Deutschland faktisch nur noch im Bezugsrahmen der Richtlinien-Psychotherapie möglich. Es ist schier aussichtslos, wissenschaftliche Forschungsgelder für Projekte zur Untersuchung und Weiterentwicklung humanistischer oder systemischer Psychotherapieverfahren zu erhalten, Psychotherapeuten verlieren das Interesse, sich in anderen als den Richtlinienverfahren auszubilden.....
Kleiner Ausschnitt...mehr unter www.gestaltpsychotherapie.de[/b]
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