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FlyingDolphin
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Post Thu, 05.Jan.06, 23:08      Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Hallo zusammen,

Kontaktschwierigkeiten haben ja immer auch damit zu tun, auf andere Leute zugehen zu können. Bei mir ist es so, daß ich immer Bedenken habe, ich könnte aufdringlich wirken. Beispiel: wenn sich auf der Rolltreppe im Kaufhaus hinter mir zwei Leute darüber unterhalten, wo eine bestimmte Abteilung zu finden ist und ich weiß es, ich würde mich niemals trauen, mich in das Gespräch „einzumischen“ und einen freundlichen Hinweis zu geben. Lieber lasse ich die Leute im falschen Stockwerk suchen.

Vor einigen Tagen habe ich ein schönes Geschenkkörbchen besorgt, das ich den netten Nachbarn, die immer meine Pakete annehmen und die Zeitung hochbringen, zu Neujahr überreichen wollte. Es steht immer noch in der Küche, weil ich mich nicht traue, es abzugeben, weil sie es vielleicht aufdringlich oder anbiedernd finden könnten.

Es macht mich sehr traurig, daß ich solche Hemmungen habe, anderen Menschen etwas Gutes zu tun oder auch nur eine kleine Freude zu machen. Es versteht sich dadurch fast von selbst, daß ich nur einen sehr kleinen Freundeskreis habe und daß ich nur äußerst selten eine Frau näher kennenlernen kann. Einsamkeit verstärkt dieses Gefühl noch.

Ob ich auf andere distanziert wirke, weiß ich nicht. Aber es ist ja nicht so, daß ich niemanden an mich heranlassen würde, sondern daß ich mich anderen Menschen selbst dann nicht nähere, wenn ich merke, daß sie es eigentlich wollen. Ich weiß wohl, was ich sagen sollte und manchmal merke ich auch, daß der andere es erwartet, aber dann mache ich es eben doch nicht. Tiefere Beziehungen können so natürlich nicht entstehen.

Ich bin zum Glück nicht in allen Bereichen meines Lebens so ein Hasenfuß, aber die Sorge, mich aufzudrängen, belastet mich schon sehr.

Gibt es hier Leute, denen es ähnlich geht? Wie kommt Ihr damit zurecht?
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BulldogNose
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Post Fri, 06.Jan.06, 3:18      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Hallo FlyingDolphin!

Diese Angst vor Aufdringlichkeit würde ich lieber als Angst vor Zurückweisung oder Kritik beschreiben. Das kenne ich nur zu gut.

Wie ich damit zurechtkam? Ich bin gezielt dagegen vorgegangen, habe letzen endes sogar Umfragen gemacht. Es war sozusagen mein Job, "aufdringlich" zu sein! Entweder Quote erfüllen oder kein Geld mehr verdienen. Ich habe mich damit selbst "gezwungen", hunderte, tausende male.

Meine Erkenntnisse:
- die meisten Menschen sind weniger "böse" als man annimmt
- Man weiß erst, wie jemand reagiert, nachdem man ihn angesprochen hat. Sehr oft wurde ich schon positiv überrascht. Jemand, den man als "Schlägertyp" erst einschätzen würde, kann ganz freundlich und friedlich sein
- Wie jemand auf einen reagiert, ist größtenteils unabhängig von einem selbst (bei entsprechender Freundlichkeit und selbstbewußtem auftreten). Menschen, die negativ reagieren, haben meist mehr Probleme mit sich selbst, und lassen es dann an mir aus.
- Was ich selbst anfangs als aufdringlich empfand, war es eigentlich gar nicht. Oft haben sich Menschen gefreut, daß ich sie befragte!
- Mein Umgang mit Kritik: ich verhalte mich korrekt. Reagiert mein gegenüber nicht angemessen, ist es nicht mein Problem!
- Mein jetziger Umgang mit Zurückweisung: anfangs trifft es noch einen. Nach einiger Zeit denkt man gar nicht mehr drüber nach. Man ärgert sich höchstens über das Pech(!), wenn zuviele Absagen einem die Quote versauen.

Kurz: Du hast Angst vor Reaktionen deines Gegenübers, die du weder Vorhersagen, noch wesentlich beeinflussen kannst (außer man wäre zB ganz pampig). Mit evtl. Ablehnung mußt Du rechnen, man darf sie aber nicht überbewerten, sondern muß sie verkraften.

Ursache ist wahrscheinlich eine gewisse Überempfindlichkeit bzw. Dünnhäutigkeit. Diese kann man aber gezielt "desensibilisieren".

Als Training empfehle ich mit der "nach dem Weg fragen" Methode anzufangen. Sollte man zunächst immer machen, sobald es sich anbietet, selbst wenn man den Weg kennt. Irgendwann nach genügend Erfolgserlebnissen wird man so "hemmungslos", daß man vorher gar nicht mehr drüber nachdenkt, sondern einfach frägt.

Nächste Steigerung wären freundliche Gespräche mit Servicepersonal (Bedienung, Imbiß etc.)

Darauf Gespräche mit Fremden führen (s. auch "Wie fang ich ein gutes Gespräch an"-Thread).

Einmal habe ich für ein Projekt Fremde in der U-Bahn fotografiert. Habe geschwitzt wie nochmal was, aber man lernt mit Ablehnung zurechtzukommen.

Eine gute Idee ist es, solche Trainings mit zwei Zielen gleichzeitig zu verkoppeln. Zb bei den Befragungen: "auf Menschen zugehen" + Geld. Bei Fotoprojekt: Fotos + "Ablehnung akzeptieren lernen". Nach dem Weg fragen: "mit Reaktionen umgehen lernen" + "wieder nach Hause finden"

Vorteil: wenn das soziale Ziel einmal nicht klappt, kann man sich mit dem anderen "trösten".

Viel Erfolg!
BulldogNose

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Charlymaus
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Post Fri, 06.Jan.06, 9:30      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Lieber FlyingDolphin,

mach doch einfach. Ich finde, was du da geschrieben hast,
was du jeweils vorhattest (Rolltreppe + Nachbar) sehr gut.
Versuch doch, es egal sein zu lassen, wie das ankommt.
Wenn es gut ankommt bei den Leuten, dann freut es die
Leute und auch dich. Wenn nicht, dann eben nicht. Aber das
muss dich dann nicht sonderlich berühren. Manche sind halt so.
Wenn jemand dich mit so etwas aufdringlich findet, dann ist
derjenigeh halt so. Ist ja nicht dein Problem. Es gibt ja immer
solche und solche. Ich würde mich freuen.

Aufdringlich fände ich es zum Beispiel erst, wenn es unpassend
wird, der Situation eben nicht angemessen oder zuviel des Guten.

LG
Charlymaus
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sm
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Post Fri, 06.Jan.06, 13:49      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Hallo FlyingDolphin,

hast du schon mal über eine Therapie nachgedacht? Dass du dich selbst als aufdringlich empindest, hängt vielleicht mit einem niedrigen Selbstwertgefühl zusammen. Da kann man sicherlich etwas dagegen tun.

Fass dir doch einfach mal ein Herz und bringe deinem Nachbarn das Geschenkkörbchen vorbei. Vielleicht wirst du ja positiv überrascht Wink . Meinst du wirklich, er empfindet das als "aufdringlich"/"anbiedernd"? Nenne mir drei Gründe, warum er das sollte? Er nimmt Päckchen für dich an und bringt dir die Post hoch, obwohl er das nicht müsste. Empfindest du das als aufdringlich oder gar anbiedernd? Vermutlich nicht. Du zeigst dich durch ein Geschenkkörbchen erkenntlich, obwohl du das genauso wenig müsstest. Vielleicht freut sich dein nachbar sogar. Aber du wirst es nur wissen, wenn du es einfach mal ausprobierst - auch wenn es dir schwer fällt.

Viel Mut dabei wünscht dir

Sternenmeer
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FlyingDolphin
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Post Fri, 06.Jan.06, 18:49      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Zuerst mal vielen Dank für Eure Reaktionen.

@BulldogNose
Die „nach dem Weg fragen“ Methode habe ich früher schon angewendet und es hat mir auch sehr geholfen. Damals war ich ja noch nicht mal in der Lage, eine Verkäuferin um Rat zu fragen, aber das hat sich zum Glück gelegt. Es ist noch nicht alles perfekt (muß es wohl auch nicht sein), aber es geht. Leider ist es so, daß sich eine Situation nicht 1:1 auf eine andere übertragen läßt. Was mir hier gut gelingt, kann mir woanders wieder gewaltige Schwierigkeiten machen.

@Charlymaus und sternenmeer
Es hängt nicht nur vielleicht sondern ganz sicher mit einem niedrigen Selbstwertgefühl zusammen. Eine Therapie habe ich vor vielen Jahren gemacht. Die Therapie und alles was ich daraus gelernt und später auch angewendet habe, hat mir geholfen, mein Selbstwertgefühl von miserabel auf Mittelmaß zu hieven. Das war ohne Zweifel ein großer Fortschritt.


Früher habe ich mich regelrecht gehaßt, jetzt bin ich zumindest soweit, daß ich mit mir selbst auch mal ein Bier trinken gehen würde, wie mit jemanden, den man zwar nicht besonders mag, der einem aber auch nicht total unsympathisch ist. Aber davon, daß ich mir vor dem Spiegel selbst auf die Schulter klopfe, bin ich noch weit entfernt.

Dabei bin ich eigentlich auch nicht viel anders als andere Menschen, aber genau da scheint für mich ein Problem zu liegen. Auf einer Skala von 1-10 sehe ich mich in fast allen Bereichen in der Mitte. Ich bin nicht super-intelligent, aber auch nicht dumm, ich sehe nicht toll aus, aber auch nicht wirklich schlecht, ich hatte in der Schule kaum gute und kaum schlechte Noten, ich bin nicht langweilig, aber auch nicht wirklich interessant. Ich bin weder dick noch dünn, nicht Fisch und nicht Fleisch, das personifizierte Mittelmaß eben. Will ich zuviel?
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Immortal Soul
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Post Fri, 06.Jan.06, 21:01      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Das mit dem nicht aufdringlich erscheinen wollen das kenne ich. Aber solange man immer freundlich bleibt und es nicht übertreibt ist man nicht wirklich aufdriglich. Wenn die anderen einen ablehnen, dann ist das Pech für die anderen.
Die meisten Menschen freuen sich aber über Aufmerksamkeit.

Quote:

abei bin ich eigentlich auch nicht viel anders als andere Menschen, aber genau da scheint für mich ein Problem zu liegen. Auf einer Skala von 1-10 sehe ich mich in fast allen Bereichen in der Mitte. Ich bin nicht super-intelligent, aber auch nicht dumm, ich sehe nicht toll aus, aber auch nicht wirklich schlecht, ich hatte in der Schule kaum gute und kaum schlechte Noten, ich bin nicht langweilig, aber auch nicht wirklich interessant. Ich bin weder dick noch dünn, nicht Fisch und nicht Fleisch, das personifizierte Mittelmaß eben. Will ich zuviel?


Das ist ja prinzipiell nichts schlimmen, sondern macht einen höchstens etwas langweilig. Warum sollte jemand das "personifizierte Mittelmaß" kennenlernen wollen?
Vielleicht ein paar unübliche Hobbies zulegen oder etwas extravaganter kleiden? Keine Ahnung... dazu muss man dann auch stehen können was Selbstbewußtsein erfordert.

Also generell eine Einstellung die sagt: "Nehmt mich wie ich bin oder gar nicht!" - ohne dabei gleich zum Exzentriker zu werden!
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sm
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Post Fri, 06.Jan.06, 22:23      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Du willst sicherlich nicht zuviel. Und was ist am "personifizierten Mittelmaß" so schlecht? Es könnte schlimmer sein zwinkernd.. .Im Ernst: Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Typisch für ein niedriges Selbstbewusstsein/-wertgefühl ist wahrscheinlich, dass du deine Schwächen über- und deine Stärken unterbewertest. Es ist, wie du schreibst: "Perfekt" muss man auch nicht sein, aber es gibt sicherlich Momente, in denen du dir auf die Schulter klopfen könntest - die du vielleicht nicht so siehst.

Selbstbewusstsein kann man vielleicht etwas üben - was heißt vielleicht... Du hast ja schon Fortschritte erzielt. Solange man freundlich und höflich bleib und es nicht übertreibtt - wie Immortal Soul schreibt - werden das sicherlich die wenigsten als aufdringlich empfinden. Und wenn doch, dann ist das deren Problem. Nehme solche Chancen (wie z.B. auf der Rolltreppe) einfach mal wahr, um zu sehen was passiert. Frage im einen Restaurant, ob der Platz noch frei ist, lasse dich im Kaufhaus einfach mal beraten, ohne etwas zu kaufen, etc. Möglichkeiten gibt es sicherlich genug. Das ist sicherlich halb so wild, wie befürchtet. Im schlimmsten Fall will man deine Hilfe o.Ä. nicht annehmen oder deine Bitte abschlagen. Aber das hat nichts mit deiner Person zu tun. Rede dir das (dass es an dir liegt) also nicht selbst ein. Und wenn du dich so allmählich herantastest, dann wird der Rest schon werden.

Also, denke nicht so negativ von dir!

Liebe Grüsse
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lost24
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Post Sat, 07.Jan.06, 3:18      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

das problem mit dem mangelnden selbstbewußtsein ist ja ziemlich weit verbreitet (incl. mir).

wie wird denn versucht sowas zu therapieren? ich meine gibt´s dann auch "nur" solche tipps wie gezielt den ängsten aussetzen oder wie läuft das ab?

Quote:
Eine Therapie habe ich vor vielen Jahren gemacht. Die Therapie und alles was ich daraus gelernt und später auch angewendet habe, hat mir geholfen, mein Selbstwertgefühl von miserabel auf Mittelmaß zu hieven


kannst & willst du vlt. mal beschreiben, was genau dir geholfen hat dein selbstbewußtsein zumindest anzuheben?
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FlyingDolphin
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Post Sat, 07.Jan.06, 20:51      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Immortal Soul wrote:
Vielleicht ein paar unübliche Hobbies zulegen oder etwas extravaganter kleiden?


Gut gemeint, aber das kann letzlich nicht die Lösung sein. Das Ziel muß für mich sein, mich gut zu finden, so wie ich bin.

sternenmeer wrote:
Du willst sicherlich nicht zuviel.


Dann bin ich ja beruhigt. Ich habe auch ein schönes Zitat dazu gefunden.
"Selig sind diejenigen, die nichts vom Leben erwarten, denn sie sollen nicht enttäuscht werden. (Jonathan Swift)

Ergo: ohne Enttäuschung kein Fortschritt

@lost24
Nachfolgend ein paar meiner Erfahrungen. Gehört vielleicht nicht ganz zum Thema, ist aber vielleich auch für andere Leute interessant.

Als ich meine Therapie gemacht habe, war ich etwa in Deinem Alter. Wie bereits gesagt, hat es mir sehr geholfen, aber Vorsicht: eine Therapie ist keine Plauderstunde, sondern die ganze Persönlichkeit wird auseinandergenommen und das kann zum Teil eine sehr schmerzliche Erfahrung sein, wenn man mit Seiten an sich konfrontiert wird, die man eigentlich lieber verstecken würde. Aber wenn man aktiv mitarbeitet, dann kann man eigentlich nur gewinnen.

Nach dem Weg zu fragen oder sich in einem Geschäft beraten zu lassen, gehört auch dazu – als Hausaufgabe sozusagen. Es geht hier einfach darum, die Einstellung zu bestimmten Situationen zu ändern, wenn man schon die Situation selbst nicht ändern kann.

Oder ich sollte z.B. die Erlebnisse einer Silversterfeier erzählen. Ich war nach 2 Minuten fertig, weil ich nur die Fakten aufgezählt habe und ohnehin dachte, daß meine Gedanken niemanden interessieren. Mein Therapeut hat mich dann ermuntert, die Erlebnisse noch mal in 5 Minuten zu erzählen – und siehe da, plötzlich kamen auch Gedanken von mir und Stimmungen, die ich gespürt habe, in der Geschichte vor. Ich dachte zwar, ich habe geschwafelt, aber er meinte, das ist es eigentlich, was Geschichten und die Menschen, die sie erzählen, wirklich interessant macht.

Früher, wenn ich nicht wußte, wie ich mich entscheiden soll oder was ich sagen soll, dann bin ich stumm wie ein Fisch geblieben. Ich habe dann gelernt, auf jeden Fall etwas zu sagen. Mir wurde gesagt: „Wenn Ihnen nichts einfällt, dann sagen Sie, daß Ihnen nichts einfällt. Der Andere weiß nicht, daß es hinter Ihrer Stirn arbeitet und fragt sich dann: hat er mich nicht gehört, will er nicht, kann er nicht, lebt er überhaupt noch.“

Nach der Hälfte der Therapie hat er mich dann gefragt, ob ich schon was merke. Meine Antwort war Nein. „Aber ich merke was“ sagte er. „Ihre Antworten kommen schneller, da ist einfach mehr Leben drin.“


Das war jetzt ein kurzer Auszug. Ich kann mich auch nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern, da es doch schon recht lange zurückliegt. Aber mit der Therapie ist es nicht zu Ende, sondern es ist erst der Anfang und im Prinzip ist es ein lebenslanger Lernprozeß. Manchmal geht es zwei Schritte vor und dann geht es halt wieder mal einen Schritt zurück, so wie es jetzt bei mir ist. Aber dieser Thread hat mir geholfen, zumindest wieder mal über die Sache nachzudenken und mich an die eine oder andere Erfolgsformel zu erinnern. Ich werde mein Geschenkkörbchen schon noch los.
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siddhartha2205
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Post Sat, 07.Jan.06, 21:38      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Hallo,

mir ergeht es seit Jahren fast genauso wie Dir. Die beschriebenen Situationen kenne ich sehr gut. Ich bin gerade dabei eine Selbsthilfegruppe zu gründen, wir sind momentan 4 Leute und eine
Erweiterung unserer Gruppe im Raum Wien kann nie schaden.
Du kannst dich gerne melden Anmerkung Kleine Fee: Emailadresse entfernt. Bitte im Profil angeben oder per PM mitteilen.
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FlyingDolphin
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Post Sun, 08.Jan.06, 20:48      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Handelt es sich hier um eine online-Selbsthilfegruppe? Wien ist nämlich schon eine ganze Ecke von mir weg. Trotzdem, gute Idee.
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Karola
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Post Mon, 09.Jan.06, 10:46      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Hallo FlyingDophin,

da Du schon Therapie gemacht hast, würde mich mal interessieren, ob Du irgendeine Diagnose bekommen hast? Klingt für mich nach Sozialphobie (habe ich auch, deswegen kommt mir vieles, was Du schreibst auch bekannnt vor).

Viele Grüße,

Karola
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siddhartha2205
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Post Mon, 09.Jan.06, 15:44      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

Es wird auch eine Homepage geben, und es ist geplant diese Treffen auszuweiten (österreichweit und auch länderübergreifend). Ich möchte diese SHG gerne an den bereits sehr erfolgreichem AA-Konzept anhängen, dass ich persönlich kennenlernen durfte und von dem ich (obwohl Atheist!) sehr begeistert bin. Das wichtigste ist zu erfahren, dass man trotz allem ganz normal ist und wir sind mit unserem Problem nicht alleine UND es gibt noch viele menschen die noch viel mehr erleiden mussten und NICHT aufgegeben haben!!!! Unter meinem Profil findest du auch meine Emailadresse, ich kann dich gerne in unseren Newsletter aufnehmen. bis dahin angstfreie 24 Stunden!
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dusselduck
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Post Mon, 09.Jan.06, 15:58      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

FlyingDolphin wrote:


Ergo: ohne Enttäuschung kein Fortschritt



ähm, also für mich war eine Enttäuschung immer 10 Schritte zurück. Du hast schon Recht, man muss immer üben und üben und sogar dein thread ist wieder eine Übung und ein Schritt nach vorne, dich nervt das ja und das merkt man. Was Leute wie uns so wahnsinnig blockiert ist, dass wir immer und immer denken was der andere denn jetzt denkt. Ich habe zB kein Abitur und jedesmal wenn ich auf eine Party gehe oder in einer Runde sitze, hoffe ich, dass niemand mich nach meiner Schuldbildung fragt, schlimm ist es auch wenn gebildete Leute in einem Raum sind. Ich denke mir dann immer "oh je, die denken bestimmt ich habe nichts aus meinem Leben gemacht, bin ein fauler Sack etc."
Oder wenn mich im Supermarkt offensichtlich eine Frau anlächelt und das ein paar Mal, ich habe tierisch Angst davor, dass sie mich vor den Leuten abserviert - also nur negative Gedanken.
Jep, da hilft echt nur Therapie, gut, dass du die gemacht hast. Von dem was ich eben geschrieben habe ist vieles besser geworden, aber halt nicht wirklich viel besser Neutral Dein thread ist super, ich habe ihn gelesen und mir dabei gedacht, dass ich an dem Thema eigentlich auch noch intensiv weitermachen sollte. Meine Freundin hat es zB sehr belastet mit dem mangelnden Selbstwertgefühl.

Ach ja, ich weiß nicht wie es bei dir in der Kindheit/Jungend war, aber ich hatte einen Stiefvater der bei blöden Fragen oder Antworten von mir sehr aggressiv reagiert hat, teilweise sogar geschlagen. Ich denke da oft drüber nach, denn es ist schon so, dass ich Angst habe jemand schimpft mich aus wenn ich ihn anspreche - oder ist genervt. Ist wohl so ein Teil von früher.

Bin gespannt wie es bei dir weitergeht, machs gut!
d.

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Die Zeit ist ein guter Arzt, aber ein schlechter Kosmetiker.
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Post Mon, 09.Jan.06, 17:59      Re: Einsam, weil ich nicht aufdringlich sein will Reply with quoteBack to top

@Karola
Der Grund für meine damalige Therapie waren schlicht und einfach Depressionen, auch wenn der Ausdruck nicht gefallen ist. Das wurde mir erst bestätigt, als ich den Begriff selbst verwendet habe. Von Sozialphobie war damals keine Rede und ich habe den Ausdruck auch erst viel später zum 1. Mal gehört, aber letztlich war es wohl genau das. Ob jetzt die Sozialphobie die Depressionen ausgelöst hat oder umgekehrt, kann ich nicht genau sagen. Ursache und Wirkung stehen da immer auch in einer Wechselbeziehung.

@dusselduck
Das mit dem Denken, d.h. was denkt der Andere, was ich denke, was er denkt, das ist natürlich symptomatisch für diese Art von Problem. Zum Glück belastet mich das nur noch an ganz schlechten Tagen oder wenn ich unter Erfolgsdruck stehe. Andererseits führe ich sehr viele Selbstgespräche, worin mich für Dinge rechtfertige, nach denen kein Mensch je gefragt hat und wahrscheinlich auch nie fragen wird. Ich habe oft das Gefühl, mich für alles rechtfertigen zu müssen, d.h. eigentlich habe ich das Gefühl gar nicht sondern es ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen, daß ich es gar nicht mehr bemerke, höchstens in ganz wachen Momenten wo mir plötzlich auffällt: „Hey, ich hab’s schon wieder getan. Warum eigentlich?“

Das Thema mit der Erziehung und Kindheit ist ein weites Feld und meistens mündet die ganze Diskussion in die Aussage: die Eltern sind schuld. In meinem Fall läßt sich ein Zusammenhang sicher nicht von der Hand weisen, denn wenn ich mir meine Eltern so ansehe, dann haben sie in etwa die gleichen Probleme, teilweise noch verstärkt. Trotzdem möchte ich hier nicht von Schuld sprechen, obwohl auch ich durch eine Phase gegangen bin, wo ich alles auf diesen Punkt konzentriert habe. Wenn ich sie mit den Versäumnissen der Vergangenheit konfrontieren würde, was ich auch teilweise schon gemacht habe, dann könnten sie es bestenfalls bedauern. Aber das hilft mir in keinster Weise weiter. Viel wichtiger ist es, daß ich jetzt aufpasse, daß ich nicht mehr in die üblichen Denkfallen tappe. Wenn ich mit meinen Eltern zusammensitze und sie machen sich selbst andauernd schlecht (teilweise mit drastischen Worten) und versuchen sich weiszumachen, daß die Meinung anderer Leute wichtiger ist als die eigene und andere können angeblich alles besser, dann muß ich mich innerlich davon abkoppeln und mittlerweile kann ich das auch. Als Kind konnte ich das nicht, weil ich den Mechanismus dahinter noch nicht verstanden habe, aber daß man nach einer tagtäglichen Berieselung mit solchen Gedanken nicht mit breiter Brust nach draußen geht, dürfte verständlich sein.
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