Author |
Message |
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Tue, 25.Oct.05, 10:12 Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Ich mache seit 9 Monaten eine Psychoanalyse, ich glaube, gute Fortschritte gemacht zu haben, wenn auch das Forum begleitend sehr wichtig für mich war.
Ich bin mittlerweile so weit, Mechanismen, die sich in mir aufgrund meiner Historie, gefestigt haben, zu erkennen und diese aufzubrechen und umzufunktionieren. Ich hatte enorme Probleme eigene Grenzen zu setzen und andere wahrzunehmen, wer genauer nachlesen möchte, siehe meinen Thread Trennung- ja oder nein?
Ich bin innerhalb der Therapie an dem Punkt angekommen in der es um Eltern-Tochter Beziehung geht. Mir war vor der Therapie schon klar, dass einiges in meiner Kindheit falsch gelaufen ist und auch Probleme, die ich jetzt habe, daher rühren. Ich kann somit auch gut über meine Erfahrungen in der Kindheit sprechen, mir ist aber erst jetzt bewusst geworden, dass ich meine Gefühle vehement von mir abtrenne.
Dies scheint mir auch der Grund warum ich ständig unter Spannung stehe, mein jetztiges Alltagsleben habe ich so eingerichtet, dass es mir eigentlich gut gehen sollte, Belastungen, die ich früher tragen musste, habe ich reduziert, meine Beziehung entwickelt sich immer besser und trotzdem dieser Druck und körperliche Anspannung.
Mir ist klar, dass ich durch die Gefühle, die ich in meiner Kindheit erlebt habe, nochmal durch muss, aber gerade das fällt mir unheimlich schwer, da ich bereits als Kind begann, die Gründe für das Verhalten meiner Eltern, insbesondere meiner Mutter, zu erklären. Meine Mutter hat, meist unter Alkoholeinfluss, schon sehr früh angefangen, ihr Leid in ihrer Kindheit zu thematisieren. Je größer und älter ich wurde, desto weniger wollte ich meine Umwelt mit diesem Thema belasten, nie so werden wie meine Mutter, die andere für ihr Leid verantwortlich macht. Wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum ich jetzt nicht zu meinen Gefühlen durchdringe.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass ich sehr große Angst habe, dass diese Gefühle mich komplett überwältigen und ich nicht mehr funktionieren kann, nicht mehr arbeiten kann, eine Belastung für mein Umfeld bin. Meine Mutter hat sich immer gehen lassen, liegt tagelang in ihrem Bett und pflegt ihr Leid, ich wehre mich so dagegen, das auch so zu tun.
Meine Thera meint, dass ich Widerstände in der Therapie überwunden habe und meine Gefühle, dass etwas aufbrechen könnte, normal sind. Ebenfalls hat sie mir die Illusion genommen, da weiter zu kommen, ohne diese Gefühle zuzulassen, mit der Aussage, dass ich mich nicht waschen kann ohne nass zu werden.
Deshalb nun der Post hier, kennt ihr das, habt ihr Ideen, wie ich meine Abwehr überwunden bekomme, oder postet einfach was Euch zu obigen einfällt. Ich glaube und hoffe, dass Eure Gedanken mich hier weiterbringen können.
LG Erika
|
|
|
|
|
Werbung |
|
carö
Forums-InsiderIn
456
Deutschland W, 38
|
Tue, 25.Oct.05, 11:21 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
liebe erika,
was du beschrieben hast, kenne ich sehr gut auch aus eigener erfahrung. habe mich sehr lange dagegen gewehrt, mehr zu fühlen. diese gefühllosigkeit, ja starre fast, empfinde ich im nachhinein als noch bedrückender als die oft schmerzlichen gefühle, die da kommen. ja, es führt kein weg daran vorbei… diese schlimmen gefühle kommen und gehen auch wieder… dagegen zu kämpfen macht es noch schwerer. einen tipp, wie du das am besten angehst, habe ich leider nicht. du bist ja in guten händen bei deiner thera…. ihr werdet sicher immer wieder darüber sprechen, was es so schwer macht, die gefühle auch zu fühlen, die im untergrund da sind.
so nach und nach wurde es bei mir auch möglich, mehr zu spüren, mehr gefühle zuzulassen. für mich hatte es auch etwas damit zu tun, dass ich meinem thera gegenüber immer mehr vertrauen hatte, er mir vertrauter wurde. das braucht zeit und muss wachsen. wir haben immer wieder auch darüber gesprochen, ob es etwas gibt, was es mir so schwer macht in seiner gegenwart die gefühle zuzulassen, denn zuhause, allein, da hat es mich dann manchmal fast umgehauen… überflutet. das war aber sehr selten in seiner gegenwart. aber je mehr ich diese gefühle auch mit ihm zusammen erlebe, desto mehr fühle ich mich auch zuhause nicht mehr allein damit… was eine gute gegenwirkung gegen überflutung hat
das sind meine persönlichen erfahrungen. Vielleicht kannst du was damit anfangen ?
lieben gruß
caroline
|
_________________ Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können. |
|
|
|
hope62
Forums-Gruftie
505
am See W, 45
|
Tue, 25.Oct.05, 11:35 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Erika,
nun hätte ich sehr gerne was dazu geschrieben. Kann es aber garnicht aus Erfahrung tun, da ich negative Gefühle zulassen kann.
Zu diesen negativen Gefühlen kann ich nur soviel sagen, dass es sehr schmerzhaft ist, sie zuzulassen. Man ist dann ziemlich hilflos, ja ihnen sozusagen "ausgeliefert". Jemand kann einen halten oder trösten, aber im "Endeffekt" ist man damit auf sich alleine gestellt. Man schaut ja einer ganz traurigen Wahrheit ins Gesicht...
Vielleicht kann es hilfreich sein, zu wissen, warum Du diese Gefühle nicht zulassen willst/kannst. Es muss ja für Dich mal einen Sinn gehabt haben, diese Gefühle zu "deckeln".
Wie sieht es mit dem inneren Kind aus, mit der "kleinen Erika"?
Soviel erstmal, ich weiß nicht ob hilfreich?
Liebe Grüße
hope62
|
|
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Tue, 25.Oct.05, 11:37 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Caroline,
es tut wirklich gut, bestätigt zu bekommen, dass diese Starre sehr belastend ist. Das was Du beschreibst habe ich gerade die letzten Tage so vehement erlebt, ich habe das Bedürfnis, endlich rauszulassen, kann es aber nicht
Quote: | wir haben immer wieder auch darüber gesprochen, ob es etwas gibt, was es mir so schwer macht in seiner gegenwart die gefühle zuzulassen, denn zuhause, allein, da hat es mich dann manchmal fast umgehauen… |
Mir geht es eigentlich mehr umgekehrt. In der letzte Stunde, die ich bei ihr hatte, war es mir möglich, Gefühle rauszulassen, doch sobald ich den Raum verlasse, will ich wieder funktionieren, entschuldige das Verhalten meiner Eltern, sehe es als völlig normal an was sie getan haben, da sie ja gar nicht anders konnten etc, etc.
Ihr kann ich es zumuten ( natürlich mit Einschränkungen ), mir selbst und meinem Umfeld allerdings nicht, so empfinde ich es zumindest mometan.
Liebe Grüße
Erika
|
|
|
|
|
Werbung |
|
carö
Forums-InsiderIn
456
Deutschland W, 38
|
Tue, 25.Oct.05, 11:52 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
hallo erika,
na ja, so ganz anders ist/war das bei mir auch nicht. ich bin auch jemand der funkionieren wollte (oft immer noch will) - unbedingt... und das habe ich auch...lange zeit. bin auch dankbar dafür - irgendwie - weil ich dadurch eben auch etwas für mich tun kann... job... etc. das ist mir auch wichtig.
ich meinte auch eher, dass es mich umhaut(e) v.a. wenn ich ganz allein zuhause war.
habe auch lange dieses funktionieren-spielchen gegenüber partner oder freunden - eltern... mutter "gespielt" - bis es eben nicht mehr ging. an irgendeinen punkt habe ich gemerkt, dass der schmerz raus muss. der körper hat sich sein recht eingefordert... kenne leider auch diese absolute körperliche unruhe
wann der zeitpunkt da ist, dann entscheidet sich nicht danach, wann es passt.... ich hatte mir aber so nach und nach auch ein umfeld geschaffen, das mich aufgefangen hat. als ich längere zeit krank war, war das auch arbeitstechnisch für meine kollegen und den chef kein problem... ich habe die gute erfahrung gemacht, dass mir viel mehr verständnis entgegengebracht wurde, als ich je gedacht hätte... ich bin auch aus einer absoluten gefühlsüberflutungsphase wieder mit halbwegs heiler haut herausgekommen... ich habe viel über dieses funktionieren-wollen-bedürfnis nachgedacht, viel mit meinem thera daran gearbeitet... das geht alles so sehr hand in hand... ist halt ein langer, langsamer, schwieriger prozess... hab geduld mit dir !!
caroline
|
_________________ Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können. |
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Tue, 25.Oct.05, 11:54 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe hope,
so lieb, dass Du Dich hier meldest und ja, es ist sicher hilfreich, hinzusehen, warum ich die Gefühle nicht zulassen kann.
Quote: | Es muss ja für Dich mal einen Sinn gehabt haben, diese Gefühle zu "deckeln". |
Ich glaube, ich musste diese Gefühle deckeln, um unsere Familie aufrecht zu erhalten, ich musste stark sein, weil meine Mutter schwach war und ich musste meinen Vater unterstützen, um ihn nicht zu verlieren. Meine größte Angst war, dass er uns verlassen könnte.
Quote: | Wie sieht es mit dem inneren Kind aus, mit der "kleinen Erika"? |
Ich habe das Buch gelesen und mir auch das Arbeitsbuch gekauft, doch ich sitze da und finde keinen Zugang, als ob ich mir nicht erlauben will, dieses Kind zu sein. In der letzten Therapiestunde habe ich es gespürt, mich aber gleich selbst verachtet, jetzt in dieser kindlichen Art und Weise zu sprechen. Leider ist gerade jetzt meine Thera für eineinhalb Wochen nicht da und ich habe Angst, dass ich in der Zeit wieder komplett zu mache
Liebe Grüße
Erika
|
|
|
|
|
Werbung |
|
carö
Forums-InsiderIn
456
Deutschland W, 38
|
Tue, 25.Oct.05, 12:04 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
liebe erika,
möchte schnell noch etwas nachschieben...
ich wollte nicht sagen, dass gefühle dann durch krankwerden rauskommen... das war zwar bei mir so... muss aber nicht sein... gleichzeitig habe ich - nach und nach - auch meinen eltern oder freunden etc... gegenüber - mehr zu mir und meinen gefühlen stehen können - bzw. diese gefühle auch deutlicher als früher empfinden können...
wollte ich nochmal schreiben, weil ich plötzlich das gefühl hatte, ich hätte mich sehr missverständlich ausgedrückt.
caroline
|
_________________ Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können. |
|
|
|
Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
1312
Dtld W, 29
|
Tue, 25.Oct.05, 12:51 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Erika,
das Phänomen, das Du beschreibst, kenne ich gut von mir selbst, wenn auch die Gründe ein wenig anders sein mögen. Ich weiß noch gut, wie ich Angst vor meiner Wut und auch Trauer hatte; ich wusste, dass das da war - aber rauslassen?
Ich hatte Angst davor, was mit mir geschehen würde, wenn ich den Deckel anhebe: Würde ich so ausrasten, wie ich es bei/an meinem Vater immer verachtete? So jämmerlich-selbstbemitleidend sein wie meine Mutter? Wie würde ich mit meinen Gefühlen umgehen können? Könnte ich das überhaupt?
Und ich fürchtete diese Flut an Gefühlen, glaubte, ich würde das nicht beherrschen können. Ich hatte Angst, wenn ich es erst einmal zulasse, hört es nie wieder auf. Die Furcht, von meinen Emotionen gleichsam weggespült zu werden, in ihnen zu ertrinken, war immens. Keine Kontrolle mehr... Studel, die mich in die Tiefe reißen und nie wieder freigeben würden... Und ich dachte auch, dass ich alle Menschen mit mir in den Abgrund reiße, wenn ich sie an meinen Gefühlen teilhaben lasse oder sie in ihrem Beisein rauslasse.
"Was wir fürchten, wenn wir wütend werden, tritt nur dann ein, wenn wir nicht wütend werden!" ... schreibt Susan Forward.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich das erste Mal in der Klinik war, und ich gefragt wurde, ob ich meinen Eltern, damals speziell meinem Vater nicht mal sagen möchte, was ich empfinde. Meine Antwort war nein, und die Begründung lautete, dass ich Angst habe, ihn damit zu verletzen
Ja, das war - und ist bis heute - der Hinweis dafür, dass ich mich im Grunde für alles verantwortlich mache (auch wenn ich mich inzwischen häufiger dagegen wehre). Mir wurde eben von Kindesbeinen an vermittelt, ich sei verantwortlich für den (Un-)Frieden in meiner Familie und für die Gefühlslage aller Familienmitglieder. Du hast das für Dich auch so beschrieben:
Erika wrote: | Ich glaube, ich musste diese Gefühle deckeln, um unsere Familie aufrecht zu erhalten, ich musste stark sein, weil meine Mutter schwach war und ich musste meinen Vater unterstützen, um ihn nicht zu verlieren. Meine größte Angst war, dass er uns verlassen könnte. |
Wichtig ist, die Verantwortung dafür abzugeben, um die tiefsitzenden Emotionen freilassen zu können und die Wunden zu heilen. Indem Du das Verhalten Deiner Eltern/Mutter entschuldigst...
Erika wrote: | sehe es als völlig normal an was sie getan haben, da sie ja gar nicht anders konnten etc, etc. |
... kommst Du natürlich nicht an diese Gefühle. Es ist ein Selbstschutz, und es ist nicht verwerflich, sich zu schützen. Nur geht dieser Schutz leider letzten Endes doch wieder zu Deinen eigenen Lasten.
Das heißt nicht, dass es richtig wäre, jetzt alle Schutzmaßnahmen aufzugeben. Ich glaube, man sollte sich schon Zeit lassen, Stück für Stück gehen und manches auch wieder ruhen lassen, wenn es zuviel wird.
Ein Problem für mich war noch, dass ich diese Gefühle als etwas Schlechtes, Negatives auffasste. Dein Thread-Titel zeigt mir, dass es Dir ebenso geht. Aber: Wut und Trauer sind genauso Gefühle wie Freude. Diese Gefühle sind weder gut noch schlecht - sie sind einfach. Und sie sind wichtig. Sie sind konstruktiv, weil sie bei der Selbstdefinition und bei der Festlegung von Grenzen helfen. Was Dich heute traurig oder wütend macht, ist ein Hinweis darauf, was Du in Zukunft nicht mehr erleben möchtest.
Den Zugang zu meinen Gefühlen bekam ich ganz gut, indem ich bspw. ein Kinderfoto von mir rauskramte, es mir ansah und mir vorstellte, das Kind auf dem Foto sei jemand anderes als ich und es würde mir seine (meine) Geschichte erzählen. Über diesen Umweg bin ich zu meinen Gefühlen vorgedrungen.
Oder ich habe geschrieben... meistens Tagebuch, wo ich nur meine Erinnerungen aufschrieb. Und auf diese Weise bin ich immer tiefer in mich selbst bzw. in meine Gefühlswelt vorgedrungen.
Und ich hab mir erlaubt, das alles rauszulassen: aufs Sofa einschlagen, im Wald schreien, Geschirr zerschlagen (das Fegen hinterher hat mich immer wieder gut beruhigt und runterkommen lassen) usw. Anfangs hab ich's umgekehrt gemacht und noch bevor ich meine Wut spürte mit einem Kissen um mich geschlagen. Das war, als würde ich einen Kanal öffnen und müsse nicht darauf warten, dass alles unkontrolliert aus mir herausbricht. Gut, das hat nicht sofort funktioniert, aber es wurde...
Ich denke, im Moment haben Dich Deine Gefühle mehr im Griff als Du sie. Sie umklammern Dich; Du bist erstarrt, geknebelt, gefesselt. Wäre schön, wenn Du sie "loslassen", d.h. ausagieren könntest. Dann verlieren sie an Macht. Sie sind wirklich sehr unangenehm (Ich will's nicht beschönigen), aber nicht so bedrohlich, wie Deine Angst Dir ins Ohr flüstert.
,
Toughy
|
_________________ Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will. |
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Tue, 25.Oct.05, 13:43 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Caroline,
ich glaube, ich habe Dich schon richtig verstanden, dieses umgekehrt habe ich darauf bezogen, dass Du meintest, dass es vielleicht mit dem Vertrauen zur Thera zusammenhänge, diesen Gefühlen freien Lauf lassen zu können und das sie Dich schon vorher überflutet haben, bevor Du es in der Therapie rauslassen konntest.
Quote: | wann der zeitpunkt da ist, dann entscheidet sich nicht danach, wann es passt. |
Das habe ich so interpretiert, dass Du der Meinung bist, irgendwann passiert es. Ich stimme Dir zu, bis jetzt war es auch so, dass nichts dahingehend passiert ist. Ich konnte in der Therapie meine Kindheitserlebnisse formulieren, erinnerte mich auch an Dinge, die ich vorher wohl weggedrückt habe, Gefühle kamen aber nicht auf und ich hatte damit auch kein Problem. Eine Reihe von Ereignissen brachten mich vor kurzem näher zu diesen Gefühlen, ich spürte, da will etwas aufbrechen aber ich lasse es nicht zu.
Diese Ängste formulierte ich auch in der Stunde und kam so immer näher dran. Wie gesagt, das letzte Mal war ich richtig verzweifelt, als ich an meine Weihnachten innerhalb unserer Familie dachte und fand es auch so unfair, dass ich es so erleben musste, doch sofort springt der Gedanke in mein Gehirn, dass meine Mutter immer erzählte, dass sie so schlimme Weihnachten erleben musste und wie sehr sie sich gewünscht hätte, in ihrer Familie schöne Weihnachten zu gestalten und trotzdem nicht fähig dazu ist/war. Ich sehe sie als Opfer und genau das wollte ich nie sein
Schon länger bin ich in der Lage, Grenzen auch meiner Mutter gegenüber zu ziehen, ich sage ihr mittlerweile, dass ich ihr lamentieren nicht länger anhöre, wenn sie nicht bereit ist, selbst Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen. Mittlerweile zeigt sie dieses Verhalten mir gegenüber auch durchaus selten.
Ich weiss nicht, ob es nur mein Empfinden ist, aber meine Mutter ist sehr zweischneidig, auf der einen Seite ein Genie im Manipulieren, ein ständiges Opfer und auf der anderen Seite sehr selbstkritisch und auch offen genug, Zusammenhänge erkennen zu wollen. Ich sehe sie als Gefangene, die einfach nicht rauskommt aus dem Muster und würde es ihr doch so sehr wünschen und darum fällt es mir schwer, wütend auf sie zu sein
Hier dann natürlich gleichzeitig das Gefühl oder auch die Angst, in meinem Leben nicht voranzukommen und deshalb auch der Hilfeschrei, vielleicht ist es auch ein bisschen Bestätigung suchen, dass ich durchaus das Recht habe, wütend sein zu dürfen.
LG Erika
|
Last edited by Erika on Tue, 25.Oct.05, 14:31; edited 1 time in total |
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Tue, 25.Oct.05, 14:19 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Toughy,
wie konnte ich nur erahnen, dass Du meine Gefühle sehr gut nachvollziehen kannst
Deine Schilderungen helfen mir natürlich sehr.
Doch ich muss auch nachfragen:
Quote: | Es ist ein Selbstschutz, und es ist nicht verwerflich, sich zu schützen |
Vor was will man sich schützen, wenn man seine Eltern entschuldigt?
Bei mir ist es ja nun so, dass ich nie körperlich misshandelt wurde. Meine Mutter hat mich jedoch mit Dingen konfrontiert, für die ich zu jung war, diese nachzuvollziehen. Ihre traumatischen Kindheitserlebnisse zum Beispiel, die sie eben unter Alkoholeinfluss absolut emotional rausgelassen hat, sich wie ein Kind verhalten hat. Ebenfalls hat sie sich nahezu an mich geklammert. Und dann ihre Projektionen, alles was sie nicht gehabt hat oder nicht geworden ist, wollte sie, dass ich erreiche.
Ich habe nun immer das Gegenteil von dem gemacht, was sie erwartete, und habe mir dadurch auch immer wieder selbst ein Bein gestellt.
Quote: | Oder ich habe geschrieben... meistens Tagebuch, wo ich nur meine Erinnerungen aufschrieb. Und auf diese Weise bin ich immer tiefer in mich selbst bzw. in meine Gefühlswelt vorgedrungen |
Das ist eine gute Idee, sie hat mich allerdings daran erinnert, dass ich als Kind schon Tagebuch geschrieben habe, ich fand es so erstaunlich, dass ich schon damals keine negativen Gedanke, Ängste etc aufschreiben wollte um daran nicht erinnert zu werden, wenn ich später wieder darin lese. Daran merke ich nun auch, wie sehr dieses Verdrängen und Entschuldigen wollen in meinem Verhalten verankert ist, ist ganz klar, dass dies nur Schritt für Schritt geht.
Quote: | Wäre schön, wenn Du sie "loslassen", d.h. ausagieren könntest. Dann verlieren sie an Macht. |
Du merkst ja, wie sehr ich das will, und wie gesagt, auch das Gefühl habe, nur eine sehr kurze Distanz davon entfernt zu sein, doch die zu überwinden ist wohl erstmal das schwierige.
Ach toughy, manchmal ist es zum Mäuse melken Und zurück:
LG Erika
|
|
|
|
|
Werbung |
|
carö
Forums-InsiderIn
456
Deutschland W, 38
|
Tue, 25.Oct.05, 14:30 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
zitat toughy:
Quote: | Meine Antwort war nein, und die Begründung lautete, dass ich Angst habe, ihn damit zu verletzen |
ha, das könnten mal wieder meine worte sein… wenn es um meine gefühle meinem vater gegenüber geht… mit meiner mutter hat es ja schon öfters mächtig gekracht. mit meinem vater ist es so schwierig… hrmpf… ich spüre sosehr seine empfindlichkeiten, dass ich es einfach nicht über mich bringe, ihn zu konfrontieren mit mir… meistens spalte ich ihm gegenüber auch meine gefühle auf… guter vater … böser vater. habe ihm gegenüber immer noch diese totstell-taktik. kann einfach nicht anders. bisher. er ist alkoholiker und in betrunkenem zustand sehr aggressiv, kontrollverlust pur. (zumindest war das in meiner kindheit und jugend so, jetzt bin ich zum glück schon lange nicht mehr dicht dran...) habe sehr darunter gelitten als ich noch bei meinen eltern wohnte.ansonsten ist er ein symptischer und sensibler mensch mit dem mich emotional mehr verbindet als mit meiner mutter. ich habe permanent das gefühl ihn schützen zu müssen… kann kaum über meinen schatten springen… und das nach soooo langer thera-zeit
hm, frag mich mal wieder, wo meine geduld mir selbst gegenüber ist
hänge gerade auch mächtig drin bei diesem thema…
lieben gruß von caroline
|
_________________ Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung ändern können. |
|
|
|
Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
1312
Dtld W, 29
|
Tue, 25.Oct.05, 15:27 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Erika
Erika wrote: | Wie gesagt, das letzte Mal war ich richtig verzweifelt, als ich an meine Weihnachten innerhalb unserer Familie dachte und fand es auch so unfair, dass ich es so erleben musste, doch sofort springt der Gedanke in mein Gehirn, dass meine Mutter immer erzählte, dass sie so schlimme Weihnachten erleben musste und wie sehr sie sich gewünscht hätte, in ihrer Familie schöne Weihnachten zu gestalten und trotzdem nicht fähig dazu ist/war. |
Denkt Deine Mutter auch so verständnisvoll über Dich? Hast sie's je getan? Oder warst Du emotional unsichtbar für sie? Bist Du es noch? Und wieviel Verständnis bringst Du für Dich selbst auf?
Erika wrote: | Hier dann natürlich gleichzeitig das Gefühl oder auch die Angst, in meinem Leben nicht voranzukommen und deshalb auch der Hilfeschrei, vielleicht ist es auch ein bisschen Bestätigung suchen, dass ich durchaus das Recht habe, wütend sein zu dürfen. |
Du hast das Recht, wütend zu sein! Und das ist m.E. auch ein wichtiger Schritt zum Vorankommen in Deinem Leben.
Erika wrote: | Vor was will man sich schützen, wenn man seine Eltern entschuldigt? |
Vor der eigenen Wut, vor der man Angst hat. Das war zumindest mein Gedanke, als ich das schrieb. Blöderweise verschwindet die Wut nicht einfach, wenn man nur genug rationalisiert, wieso die Eltern waren wie sie es nun einmal gewesen sind. Statt dessen glaubt man vielleicht noch, ungerecht zu sein, wenn man trotz aller scheinbar guten Gründe für ihr Verhalten noch immer wütend ist. Ein Grund mehr für Schuldgefühle
Erika wrote: | Bei mir ist es ja nun so, dass ich nie körperlich misshandelt wurde. Meine Mutter hat mich jedoch mit Dingen konfrontiert, für die ich zu jung war, diese nachzuvollziehen. Ihre traumatischen Kindheitserlebnisse zum Beispiel, die sie eben unter Alkoholeinfluss absolut emotional rausgelassen hat, sich wie ein Kind verhalten hat. |
Ganz ehrlich: Ich glaube, dass das, was meine Mutter getan hat, mich genauso geprägt hat, wie die Schläge meines Vaters. Die Folgen sind nicht minder schlimm. Es ist wahrlich nicht harmloser, was sie tat.
Du hast die Erwachsenenrolle übernehmen müssen; warst für Deine Mutter emotionale Stütze, Mülleimer. Das ist eine Last, die ein Kind nicht tragen kann und auch niemals tragen können sollte. Gerade auch das "Scheitern" daran ist für Kinder super-schlimm. Dir wurde entschieden zuviel zugemutet. Man will der Mutti ja helfen - aber es geht nicht. Und als Kind glaubt man dann, etwas falsch gemacht zu haben, Schuld zu haben, wenn es der Mutti nicht besser geht, obwohl man sich so bemüht.
Wie ist das mit dem Alkoholkonsum Deiner Mutter gewesen? Regelmäßig?
Erika wrote: | Ebenfalls hat sie sich nahezu an mich geklammert. Und dann ihre Projektionen, alles was sie nicht gehabt hat oder nicht geworden ist, wollte sie, dass ich erreiche.
Ich habe nun immer das Gegenteil von dem gemacht, was sie erwartete, und habe mir dadurch auch immer wieder selbst ein Bein gestellt. |
Ja, Du solltest Dein Leben für sie leben. Stellvertretend sozusagen. Ach, und wie enttäuschend das doch ist, wenn Kinder ihre eigenen Wege gehen! Dagegen hast Du Dich offenbar gewehrt, aber bist scheinbar in der Anti-Haltung gewesen: Hauptsache anders, als sie will. Mein Bruder macht das auch aus Prinzip, weil er unbedingt unabhängig sein will. Das ist er natürlich nicht, wenn er entgegen seiner eigenen Wünsche handelt, nur um die meiner Mutter nicht zu erfüllen.
Hey caroline,
Alkohol hat bei meinem Vater auch eine große Rolle gespielt. Da gab's aber immer noch so ein Zwischenstadium, in dem er ganz handzahm wurde, wenn er etwas, aber nicht zuviel getrunken hat. Boah, ich hab ihm früher, wenn ich etwas erlaubt haben wollte, Bier gebracht, weil ich wusste, dass er dann großzügiger war
caroline wrote: | meistens spalte ich ihm gegenüber auch meine gefühle auf… guter vater … böser vater. |
Er wird ja wahrscheinlich auch beides sein... Ich glaub, es fällt wirklich schwer, beides in einer Person zu sehen, weil man damit emotional ins Chaos stürzt. Diese Ambivalenzen eben, die ich auch bei meiner Mutter so stark habe und bei meinem Vater ebenfalls hatte.
Viele liebe Grüße & an Euch,
Toughy
|
_________________ Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will. |
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Wed, 26.Oct.05, 10:48 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Toughy,
erstmal, es tut sehr gut, auf Verständnis zu stossen, wie gesagt, wahrscheinlich der Grund, warum ich hier zu diesem Thema poste, danke dafür
Quote: | Denkt Deine Mutter auch so verständnisvoll über Dich? Hast sie's je getan? Oder warst Du emotional unsichtbar für sie? Bist Du es noch? |
Tja, ich weiss gar nicht recht, was ich antworten soll, zeigt mir aber wieder in welcher emotionalen Zwickmühle ich bin. Sie ist wie gesagt sehr zweischneidig. Sie war zum Beispiel voll dafür, dass ich die Therapie mache, obwohl sie als Grund dafür, dass sie keine macht, ihre Eltern angegeben hat, dass sie die nicht verraten möchte
Für viele Dinge, die ich im Leben gemacht habe, hatte sie natürlich kein Verständnis, das ist aber auch nachvollziehbar, da ich ja extra das gemacht habe, was sie nicht wollte oder umgekehrt.
Heute sagt sie, dass sie auf mich ihre Ängste übertragen hätte, sie glaubt aber, mir viel Liebe gegeben zu haben. Ich sehe es so, dass sie nicht in der Lage ist, Liebe zu geben, zumindest nicht so, wie es ein Kind benötigt.
Ich war sicher emotional unsichtbar für sie, wenn ich mir angucke, was sie so alles getan hat, einfach weil sie nur sich selbst im Fokus hatte, ständig erwartete, dass ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Sie kam mir oft so vor, als ob sie nicht erwachsen geworden ist und das fatale ist ja, dass das meine Therapeutin von mir auch vermutet, dass ich in meiner Entwicklung irgendwann mal stehen geblieben bin.
Heute geht es mir oft so, dass ich sehe, dass ich genau die gleichen Verhaltensweisen angenommen habe wie meine Mutter, vermutlich aus dem gleichen Grund, nämlich überhaupt kein Selbstvertrauen zu besitzen. Das ist ein Schock, denn vor der Therapie hätte ich mich nie so eingeschätzt . Dann bin ich so froh, keine Kinder zu haben, fürchterlicher Gedanke
Was ich allerdings nie getan habe, ist mich gehen lassen, tagelang im Bett liegen weil man das Leben nicht ertragen will, sich in Selbstmitleid wiegen und alle anderen für mein Leid verantwortllich machen und deswegen glaubt sie, dass ich viel stärker als sie bin
Quote: | Wie ist das mit dem Alkoholkonsum Deiner Mutter gewesen? Regelmäßig? |
Das war das schrecklichste, sie trinkt, um an ihre Gefühle ranzukommen, und die kommen dann so unkontrolliert heraus, dass dies jedesmal einem Rundumschlag gleichkommt. Sie erzählte an einem Geburtstag, zu dem sie auch jede Menge Freunde eingeladen hat, dass sie zwei Abtreibungen hinter sich hat, und wie sie sich gesehen hat, das Baby im Arm haltend, etc, ich weiss nicht, wie alt ich damals war, vielleicht so 7 oder 8, aber das war natürlich ganz furchtbar. Am nächsten Tag liegt sie dann flach und quält sich, dass sie wieder so viel Scheiss losgelassen hat. Damals hat sie sich auch entschuldigt und gesagt, dass sie mir das nicht so sagen wollte, naja, da war es eben zu spät.
Regelmäßig zu Weihnachten hat sie sich besoffen, weil sie die Situation mit meinem behinderten Halbbruder ( Sohn meines Vaters aus erster Ehe, seine 1. Frau verstarb ) nicht aushielt und hat immer und immer wieder ihren ganzen emotionalen Schwulst rausgelassen und zum Rudnumschlag gegen meinen Vater und den Rest der Welt ausgeholt.
Sie trinkt immer mal wieder und als Kind war das meine größte Angst, sie könnte trinken, ich hatte ständig Angst, sie könnte etwas trinken, weil sie dann einfach furchtbar wurde, ich betete zu Gott, bitte, bitte lass sie nichts trinken
Sie identifiziert sich mit Romy Schneider, sie sieht sehr gut aus, aber ich verabscheue ihre Hingabe an ihre Schönheit, sie glaubt, nichts anderes zu haben, dabei ist sie auch sehr intelligent.
Naja, sie zu beschreiben würde ein ganzes Buch füllen, aber ein bisschen Einblick konntet ihr vielleicht gewinnen?
LG Erika
|
|
|
|
|
Werbung |
|
Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
1312
Dtld W, 29
|
Thu, 27.Oct.05, 8:31 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Erika,
Deine Mutter hat teilweise die Kontrolle über sich und ihre Gefühle verloren, Dich damit belastet und ins emotionale Chaos und in Angst gestürzt. Daher vielleicht auch die Angst, selbst die Kontrolle zu verlieren über Deine Gefühle? Deswegen vielleicht der Wille, zu funktionieren? Wieder anders sein als sie?
Kam mir gerade so in den Sinn...
Erika wrote: | Tja, ich weiss gar nicht recht, was ich antworten soll, zeigt mir aber wieder in welcher emotionalen Zwickmühle ich bin. Sie ist wie gesagt sehr zweischneidig. |
Kannst Du Deine Mutter vielleicht einfach mal gedanklich zweiteilen, die "gute" Mutter mal eben in einen anderen imaginären Raum schicken und mit der anderen, "bösen" Hälfte mal Tacheles sprechen?
Quote: | Sie war zum Beispiel voll dafür, dass ich die Therapie mache, obwohl sie als Grund dafür, dass sie keine macht, ihre Eltern angegeben hat, dass sie die nicht verraten möchte |
Was ist daran zweischneidig? Ist das nicht ein Spiel mit Zuckerbrot und Peitsche? "Ja, mach nur, aber ich hätte das nie getan, weil..." Hallo? Sie teilt doch dadurch mit, dass sie sich verraten fühlt... Aber ganz liebende Mutter, ganz Märtyrerin nimmt sie das natürlich in Kauf.
Oder steh ich auf dem Schlauch? Übertrage ich jetzt?
Vielleicht meint sie es ja wirklich ernst, dass sie es gut findet, wenn Du Therapie machst. Aber ist das dann wieder so eine Stellvertreter-Geschichte? Alles, was sie selber nicht hat(te), macht(e), erreicht(e), solltest Du doch schon immer haben, machen und erreichen? Geht es ihr dabei um Dich oder um sich selbst?
Wo ist eigentlich ihre Selbstverantwortung?
Und hatten wir das Thema "Übernahme von Verantwortung" nicht auch schon in Deinem anderen Thread? Siehst Du da eine Parallele?
Quote: | Ich war sicher emotional unsichtbar für sie, wenn ich mir angucke, was sie so alles getan hat, einfach weil sie nur sich selbst im Fokus hatte, ständig erwartete, dass ihre Bedürfnisse befriedigt werden. |
*pieks* Und das löst in Dir keine Wut aus? Oder fühlst Du Deine Wut, willst/kannst sie aber "nur" nicht rauslassen?
Quote: | Sie kam mir oft so vor, als ob sie nicht erwachsen geworden ist und das fatale ist ja, dass das meine Therapeutin von mir auch vermutet, dass ich in meiner Entwicklung irgendwann mal stehen geblieben bin. |
Muss ja eigentlich auch so sein, denn es gab ja offenbar nicht den Raum, damit Du Dich entwickelst. Dafür braucht ein Kind doch Platz. Aber den kannst Du nicht gehabt haben, wenn Du unsichtbar warst.
Übrigens: Hast Du deswegen rebelliert und das Gegenteil von dem gemacht, was Deine Mutter wollte bzw. sich wünschte? Damit fällt man ja schließlich auf...
Quote: | Heute geht es mir oft so, dass ich sehe, dass ich genau die gleichen Verhaltensweisen angenommen habe wie meine Mutter, vermutlich aus dem gleichen Grund, nämlich überhaupt kein Selbstvertrauen zu besitzen. |
Was macht diese "Erkenntnis" mit Dir? Regt sich da Verständnis in Dir? Ich hoffe, Dir ist der Unterschied bewusst.
Quote: | Was ich allerdings nie getan habe, ist mich gehen lassen, tagelang im Bett liegen weil man das Leben nicht ertragen will, sich in Selbstmitleid wiegen und alle anderen für mein Leid verantwortllich machen und deswegen glaubt sie, dass ich viel stärker als sie bin |
Ist das der Schlüssel? So wie ich am Anfang schrieb: Bloß nicht so sein wie sie, und deswegen um Gottes Willen nicht diese heftigen Gefühle zulassen?
Du bist auch sicher stärker als sie, und Du willst es doch auch sein...? Steht nicht gerade das Dir im Weg?
Quote: | Das war das schrecklichste, sie trinkt, um an ihre Gefühle ranzukommen, und die kommen dann so unkontrolliert heraus, dass dies jedesmal einem Rundumschlag gleichkommt. |
... und das macht einem Kind Angst, schnürt es ab und ein. Und vielleicht schwört es sich, sich immer im Griff zu haben.
Quote: | Am nächsten Tag liegt sie dann flach und quält sich, dass sie wieder so viel sch*** losgelassen hat. Damals hat sie sich auch entschuldigt und gesagt, dass sie mir das nicht so sagen wollte (...). |
Na klasse
Da jammert sie, entschuldigt sich (obwohl es keine Entschuldigung gibt), aber ändert nichts...
Quote: | Regelmäßig zu Weihnachten hat sie sich besoffen (...) und zum Rudnumschlag gegen meinen Vater und den Rest der Welt ausgeholt. |
Und Dein Vater? Was hat der dann getan?
Hab einen schönen, sonnigen und warmen Tag, Du Liebe &
|
_________________ Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will. |
|
|
|
Erika
Helferlein
57
Hamburg W, 35
|
Thu, 27.Oct.05, 11:50 Re: Negative Gefühle zulassen - aber wie? |
|
Liebe Toughy,
vielen Dank für die Sonne, die Du mir geschickt hast . Lenkt mich ein bisschen ab, von dem schwarzen Abgrund, in den ich momentan ständig gucke.
Quote: | Daher vielleicht auch die Angst, selbst die Kontrolle zu verlieren über Deine Gefühle? |
Klar, das ist der Schlüssel und deshalb benötige ich wahrscheinlich so zu den Zuspruch, dass es jetzt doch mal zu dürfen.
Quote: | Kannst Du Deine Mutter vielleicht einfach mal gedanklich zweiteilen, die "gute" Mutter mal eben in einen anderen imaginären Raum schicken und mit der anderen, "bösen" Hälfte mal Tacheles sprechen? |
Das ist eine gute Idee, das werde ich mal ausprobieren. Hast Du da noch Formulierungshilfen für mich, in welcher Form ich das machen könnte?
Quote: | "Ja, mach nur, aber ich hätte das nie getan, weil..." |
So hat sie es nicht getan, aber irgendwie unterstelle ich ihr schon, dass sie da etwas pflanzen wollte, so nach dem Motto, "mach das, aber verrate mich nicht" Irgendwie schon erstaunlich, dass mich das jetzt so beeinflusst. Und das mit der Stellvertretergeschichte trifft auf jeden Fall zu, "wenn ich schon nicht mein Leben auf die Reihe bekomme, dann sollst wenigstens du die Möglichkeit dazu haben"
Quote: | Und hatten wir das Thema "Übernahme von Verantwortung" nicht auch schon in Deinem anderen Thread? Siehst Du da eine Parallele? |
Zu wem jetzt eine Parallele? Ich sehe da mehr Parallelen, erstens mein Verhalten, ich übernehme anfangs viel zu viel Verantwortung, kann es irgendwann dann nicht mehr tragen und zweitens sehe ich enorme Parallelen zwischen meinem Partner und meiner Mutter, wahrscheinlich auch ein Grund, warum ich ihn momentan wieder extrem von mir wegstosse, aber immer auf sehr sanfte Art. Während ich das so schreibe, fällt mir gerade auf, dass ich gerade wieder eine wahnsinnige Wut auf ihn habe, bei der viel mehr die Gefahr besteht, dass sie ungefiltert rausbricht. Macht mir aber auch extreme Angst. Puh, ich fahre gerade heftig die Achterbahn rauf und runter, merkst Du das?
Quote: | Oder fühlst Du Deine Wut, willst/kannst sie aber "nur" nicht rauslassen? |
Ich fühle Wut, letzte Woche ging es mir so, dass ich vor lauter Wut auf andere Straßenverkehrsteilnehmer hätte losheulen können, ich richte also meine Wut gegen die, zu denen ich keinen Kontakt habe, es fühlt sich aber so enorm frustig an, nicht wohltuend.
Quote: | Was macht diese "Erkenntnis" mit Dir? Regt sich da Verständnis in Dir? Ich hoffe, Dir ist der Unterschied bewusst. |
Ich bin traurig darüber, dass ich so gefangen in mir selbst bin, so verkrampft, ich seh mich dann und dann sie und schüttele den Kopf, dass ich nun auch so wenig von mir halte. Den Unterschied sehe ich darin, dass ich es erkannt habe und versuche, zu verändern. Meinst Du das?
Quote: | Und vielleicht schwört es sich, sich immer im Griff zu haben. |
Ich habe mir damals geschworen, mich auf nichts mehr zu freuen, weil immer, wenn ich mich auf etwas freute, wurde ich enttäuscht. Keine Gefühle mehr zulassen, obwohl ich mich immer als hochemotional gesehen habe, spüre ich nun, dass ich gar nicht mehr weiss, wie empfinden geht.
Habe momentan das Gefühl, ich schwafele bloss. Ich möchte noch auf meinen Vater kommen, aber da lass ich mir noch ein bisschen Zeit.
Danke Toughy, dass Du da bist
|
|
|
|
|
|
|