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Meni
Helferlein
81
irgendwo her W, 20
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Wed, 19.Oct.05, 22:01 Wie geht man mit einem Suizid eines fernen Bekannte um? |
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Hallo alle zusammen,
ich beschreibe erst einmal kurz meine Situation: Ich habe vor einigen Jahren mal mit einem Mädel in meinem Alter zusammen in einem Haus gelebt, wir haben uns gelegentlich gesehen, auch kommuniziert, aber eigentlich habe ich nie besonders viel Sympathie für sie aufbringen können. Zuletzt habe ich sie vor ca. 1 Jahr am Bahnhof gesehen, wir haben kurz über die jeweilige derzeitige Lebenssituation geplaudert und dann sind wir wieder aus unseren Leben verschwunden...
Nun habe ich heute erfahren, daß sie sich wohl vor kruzem das Leben genommen hat.
Es ist nciht so, daß ich mcih ncoh nie mit dem Thema Suizid beschäftigt habe, allerdings habe ich mich bisher 'nur' mit dem Selbsttöter beschäftigt seinen Emotionen, Hintergründen etc... waszwar interessant war, mich aber hier nicht weiterbringt....
Um ehrlich zu sien, ist mir als ich das erfahren habe in den ersten Minuten erst einmal die Luft weggeblieben... Ich wusste ncoh nciht einmal wie ich reagieren soll, geschweige denn was ich tun soll... Nach einiger Zeit ist mir ein kurzes 'warum' entwichen...
Ich habe danach lange darüber nachgedacht und das hat mcih total traurig gemacht, weil ich zum einen nicht weiß, ob ich das Recht dazu habe, da ich sie ja nciht wirklich geschätzt habe; auf der anderen Seite muß ich mir immer wieder die Schmerzen und Qualen vorstellen, die sie erlitten haben muß, um soweit zu gehen, ich versuche krampfhaft nachzuvollziehen wie sie sich gefühlt hat, als sie das letzte Mal ihre Wohnungstür geschlossen hat- welche Qualen sie in den Wochen, Monaten zuvor ausgestanden haben muß und wie lange sie wohl mit sich gerungen hat, um diesen Entschluß zu fassen... Vor allem frage ich mcih, ob sie diese Gedanken schon stellenweise hatte als wir noch zusammen unter einem Dach gelebt haben....
Aber nicht zu letzt frage ich mich, ob ich dazu überhaupt das Recht habe, weil ich sie nciht wirklich kannte, weil cih ncihts mit ihr zu tun hatte- weil sie mir praktisch so fremd ist wie ein Mensch, den man jeden Morgen beim Brötchen holen trifft.... Darf ich denn dann überhaupt traurig sein, draf ich mich fragen warum sie das getan hat - oder sollte ich damit umgehen wie mit einer der täglichen Zeitungsmeldungen im Lokalteil, die besagen, daß sich jemand umgebracht hat?
Wäre es heuchlerisch auf den Friedhof zu gehen, um nach ihr zu schauen? Ist es überhaupt heuchlerisch solche Gedanken zu haben und sich seltsam zu fühlen, wenn doch irgendwo, die total bestürzte Mutter mit deren Schwester sitzt, und sich dieselben Fragen stellt und vielleicht noch Vorwürfe macht?
Ich hoffe, ihr haltet mmich nicht für komplett bescheuert, aber ich hatte bisher - Gott sei Dank- fast nie irgendeinen Todesfall in meinem näheren Umfeld und weiß daher nciht wie man an soetwas rangeht.
Liebe Grüße
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Jelka
Forums-Gruftie
885
Köln W, 35
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Wed, 19.Oct.05, 23:17 Re: Wie geht man mit einem Suizid eines fernen Bekannte |
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Meni wrote: |
Wäre es heuchlerisch auf den Friedhof zu gehen, um nach ihr zu schauen? Ist es überhaupt heuchlerisch solche Gedanken zu haben und sich seltsam zu fühlen, wenn doch irgendwo, die total bestürzte Mutter mit deren Schwester sitzt, und sich dieselben Fragen stellt und vielleicht noch Vorwürfe macht?
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Es wäre vielleicht nicht so angebracht, die Mutter und die Schwester aufzusuchen, um mit ihnen gemeinsam darüber nachzudenken, aber natürlich hast du das Recht, dir diese Fragen zu stellen. Ich fände es auch völlig ok, wenn du auf den Friedhof gehst, um nach ihr zu schauen.
Ein Arbeitskollege von mir hat sich mal das Leben genommen. Ein paar andere Kollegen sind dann auf die Beerdigung gegangen, das habe ich aber nicht gemacht, weil mir das dann doch nicht angebracht erschien.
(Zur Beerdigung zu gehen ist aber auch nochmal etwas anderes als auf den Friedhof zu gehen.)
Aber die Gedanken sind frei.
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baerin
Forums-InsiderIn
313
NRW/Dtl. W, 27
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Thu, 20.Oct.05, 9:45 Re: Wie geht man mit einem Suizid eines fernen Bekannte um? |
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...wussten denn andere, wie du über sie dachtest? dann wäre es natürlich durchaus nicht fair zu ihrer familie zu gehen... aber wenn du sowieso nicht soviel mit ihr zu tun hattest, wirst du das ja eh nicht tun.
auf den friedhof zu gehen, finde ich überhaupt nicht schlimm. das ist ein ort der für jeden zugänglich ist und wieso solltest du da nicht hingehen? dich beschäftigt das thema ja und abgesehen von deiner fehlenden zuneigung zu ihr, war sie trotz allem ein mensch der seine probleme hatte, seine werte, seinen charakter und der ist es würdig, daß man ihn nicht vergisst. geh doch ruhig hin... vielleicht kommen deine gedanken dann ein wenig zur ruhe...
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karen
Forums-InsiderIn
368
Österreich W, 27
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Thu, 20.Oct.05, 15:04 Re: Wie geht man mit einem Suizid eines fernen Bekannte |
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Hallo Meni,
mir ist vor kurzem genau dasselbe passiert. Ich habe die nun Verstorbene auch mehr oder weniger nur vom Sehen gekannt und war und bin dennoch extrem bestürzt über ihren Selbstmord.
Ich habe auch lange überlegt, ob ich zur Beerdigung gehen soll. Ich musste mir aber eingestehen (so schlimm und peinlich das auch ist), dass ich das nicht in erster Linie "für sie" gemacht hätte sondern nur um in dem Schock und dem nicht-Verstehen ein paar mehr Eindrücke sammeln und es vielleicht besser verstehen oder begreifen zu können. Ich war dann nicht dort aus Rücksicht auf die Intimsphäre und Gefühle der wirklich Nahestehenden. Ich hab dennoch viel an sie gedacht und werde mit Sicherheit auch mal zu ihrem Grab fahren.
Auch ich frage mich, was hätte passieren müssen, damit sie einen anderen Weg gefunden hätte. Ich finde es furchtbar, dass das ihre letzte Möglichkeit war um etwas Ausdruck zu verleihen, was sie nicht sagen konnte oder niemand hören wollte.
Diese junge Frau kannte ich nicht gut, wie gesagt, aber ich habe mir fest vorgenommen und es bereits auch begonnen, nicht nur mehr auf die Aussagen zwischen den Zeilen der Menschen um mich zu hören, sondern auch selbst mehr zu zeigen, dass niemand so stark ist wie es scheint und dass es keine Schande ist das zu zeigen und dass es nichts gibt, was man nicht sagen kann.
Da muss ich als allererstes bei mir selbst anfangen. Das habe ich mir fest vorgenommen.
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