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Batziko
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Post Thu, 15.Sep.05, 16:23      Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Jetzt ist es wohl auch mal an der Zeit mein Problem mit Gewalt darzustellen.

Regelmäßig komme ich in schwierige Situationen, oder treffe auf schwierige Situationen im Alltag. Meist abends..

Mal werde ich selber angegriffen, mal andere..

Vor Weihnachten letzten Jahres bin ich spät abends mit der Straßenbahn nach Hause gefahren. An einer Haltestelle, die Anschluß zu einem "Ghettowohngebiet" bietet, steigen zwei junge Männer zu spät, indem sie den Nothebel nehmen.
Der Fahrer geht Ihnen hinterher, holt sie aus dem Bus und es kommt zu einer Anzeige. Er läßt die Polizei rufen um die Personalien aufzunehmen.
Soweit war ich nur unmotivierter Beobachter.
Die 2 jungen Männer werden immer lauter, ungeduldiger und gehen gelegentlich mit Drohgebärden auf den Fahrer zu.
Nachdem ein ansteigen der Drohgebärden für mich zu bemerken war und der Fahrer weder vom Busfahrerkollegen noch anderen Leuten Unterstützung bekam, habe ich mir ein Herz gefaßt, in Gedanken über den sturen Straßenbahnfahrer geflucht, und bin zu ihm rausgegeangen.
Schnell habe ich versucht die juristische Seite so gut es geht in Gedanken durchlaufen zu lassen, während ich mich in Reichweite aufstelle und versuche die Lage zu entspannen.
Aber es scheint mir als gab es daraufhin zwei Testdurchläufe um zu prüfen, wie sehr ich bereit bin, dem Fahrer zu helfen.
Einer der beiden, sprintet plötzlich weg. Der zweite, kräftigere verpaßt das Timing und ist auch zu träge für die Flucht.
Der Fahrer schnappt sich den Zweiten und hält ihn mit einer Hand am Gürtel fest.
Erstaunlicherweise kommt es nicht zu einer Auseinandersetzung.
Der junge Mann versucht es nur Verbal, indem er mehrfach lautstark auffordert den Gürtel loszulassen.
Erneut überlegte ich die juristische Seite. Bin mir bis heute nicht sicher, ob der Fahrer ihn festhalten durfte, denn die Polizei hätte eigentlich längst dasein sollen und es war kein Wohngebiet, so daß die Polizei den flüchtigen vermutlich schnell gefunden hätte.
Da auch diesmal ein ansteigen der Drohung bemerkbar war, ich mir aber juristisch unklar war, habe ich mich mehr als Rückendeckung des Fahrers verstanden und mich schräg seitlich hinter den jungen Mann gestellt und meine linke Hand auf seine rechte Schulter gelegt, beruhigend und auch um zu spüren, wann er nach vorne stürmt.
Als ich spüre, daß er den Arm senkt, greife ich sofort mit beiden Händen um sein Handgelenk, denn wie befürchtet greift er in die Tasche um etwas herauszunehmen. Aus meiner Position kann ich nicht sehen, was er in der Hand hält und frage schnell den Fahrer, was er in der Hand hat.
Der Fahrer sagt zum jungen Mann "möchtest Du mir die Hände aufschlitzen, willst Du Weihnachten im Gefägnis verbringen?"
Was mir aber nicht genug Informationen gibt zu handeln, denn ich sehe einen Griff, aber keine Klinge.
Hätte ich eine Klinge gesehen, hätte ich, so damals mein Plan, sofort einen Genickhebel durchgeführt, um ihn sofort auf den Boden zu bringen (allerdings kann der Hebel sehr gefährlich werden, wenn man im Genick gesundheitlich vorbelastet ist).
Zum Glück steckte er das Messer schnell wieder ein und etwa 30 Sekunden später kam auch die Polizei.

..hoffe es war nicht zu lange.
Mein Problem ist, daß ich einerseits bereit bin Zivilcourage zu übernehmen, aber andererseits man schnell was rechtlich falsch machen kann und die eigene Gesundheit gefährdet wird.
Es nervt mich, daß Menschen die ich nicht kenne mit ner umgedrehten Weinflasche auf mich zugehen und sie mir über den Kopf hauen wollen.
..jemand kommt, meine Trinkflasche einfach so festhält, damit ich nicht absetzen kann. Wenn ich doch absetzen kann, zufällig etwas auf seine Kleidung geht und ich mich wieder schützen darf..
Es belastet mich, weil es sehr anstrengend ist auf alles zu achten um sich gegen Gewalt richtig zu schützen..
Warum können mich die Leute nicht in Ruhe lassen?

Puh.. schön mal drüber gesprochen zu haben Wink

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Batziko
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Post Fri, 16.Sep.05, 12:28      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Ich sollte vielleicht mehr auf das Problem hinweisen.
Mit dem ersten Text, habe ich mehr geschildert, wie so etwas verläuft.
Das wesentliche Problem besteht in der Sysyphusarbeit.
es erfordert sehr viel Mühe und Wissen, um sich gegen einen oder mehren potentiellen Angreifern abzusichern, ohne sich überraschen zu lassen, oder gegen das Gesetz, die eigene Moral zu verstoßen.
In vielen Fällen hat man zu wenig Informationen und nur wenige Sekunden Zeit die Situtaion abzuschätzen.
Wenn man noch hinzunimmt, daß man nicht weiß, wieweit ein Angreifer gehen würde. Genügt es ihm einmal zu Schubsen, oder endet es in geistiger und körperlicher Behinderung?
Während all dem versucht man noch Deeskalation zu bewirken.
Ist man zahlenmässig unterlegen kann es auch juristisch schwierig werden Zeugen zu finden, die mehr an der Wahrheit interessiert sind.
Auch wenn der Angreifer nur einen Schubs machen möchte, wenn man dabei stolpert und mit dem Hinterkopf an einem Heizkörper falsch aufschlägt ist man bereits tot.
Eine Bewußtlosigkeit einer Person kann immer ohne medizinische Gegenchancen in den Tod übergehen.
Ist ein potetnieller Angreifer auf Armlänge an einen herangekommen, hat man kaum noch Chancen sich schützen zu können und wenn einmal die Initiative aus der Hand ist, ist es sehr schwer Oberwasser zu kriegen.
Einige jugendliche haben die Strategie zwei lenken ab, der dritte läuft langsam in den Rücken und startet den Angriff. Wieder andere haben andere Strategien.
Ein Freund von mir wurde mit einem bekannten von 8 Menschen angegriffen und wurde dafür verurteilt, weil er sich zu hart verteidigt hat.
Ein anderer Bekannter wurde verurteilt, weil er mit einem Baseballschläger angegriffen wurde und er den auf den Boden geworfenen das Handgelenk mit dem Fuß brach, weil dieser bereits wieder nach seinem Schläger greifen wollte.

Zum Glück habe ich bisher auf massive Gewalt verzichtet und es unbeschadet überstanden, obwohl ich dadurch ein höheres Risiko für meine Gesundheit eingehe. Deswegen bin ich auch noch nie mit dem Gesetz in Schwierigkeiten gekommen.

Mein Problem ist also wie gesagt, daß ich auf gesundheitlicher Ebene, auf moralischer Ebene, auf gesetzlicher Ebene gegen meinen Willen extremst bedrängt werde, unter Zeitdruck gestellt werde und die konstruktive Lösung des Konfliktes meist in meinem Händen liegt.
Egal ob Spaziergang gegen Kopfschmerzen, oder als Verdauungsspaziergang, nicht selten ist der Augenblick nicht der beste (wie in einem anderen Text erwähnt, war es eine Gute Lösung für mich, nach Konflikten mit der Freundin an die frische Kuft zu gehen).

Vermutlich betrifft mich diese Problem mehr als andere, weil ich viel in der Natur bin, also auch die Grenzen zwichen Stadt und Natur häufig betrete, auch abends unterwegs bin und vor allem weil ich durch das Training genauer weiß, was alles schief gehen kann.

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Post Fri, 16.Sep.05, 13:37      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Ich vermute ein wesentlicher Teil meines Problems liegt darin, daß ich nie ein positives feedback nach all den Anstrengungen bekomme.
Den ganzen Müll immerwieder durchstehen zu müssen.. habe es bis jetzt immer ziemlichgut die Situationen gelöst, aber es gab nie ein dankeschön, dafür.
Auch nicht bei den möglichen Vergewaltigungen, die ich verhindert habe, weil die Opfer zu verstört waren.
Der Straßenbahnfahrer hat auch nie danke gesagt, daß ich zu ihm raus bin, oder ihm Rückendeckung gegeben habe.
Wofür mach ich das alles?
Warum rotz ich den Angreifer nicht einfach sofort rum wenn er kommt?

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Post Fri, 16.Sep.05, 15:24      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Hi Batziko,

interessante Signatur... Wink
Klingt fast so, als würdest Du die Herausforderung geradezu suchen...?

Batziko wrote:
es gab nie ein dankeschön, dafür. (...)
Wofür mach ich das alles?

In der Frage selbst steckt vielleicht schon die Antwort?

Warum ist es Dir so wichtig, positives Feedback zu bekommen? Du weißt doch selbst, dass Du Gutes getan hast, wenn Du eine Vergewaltigung verhindert hast, oder nicht?
Warum ist Dir der Dank so wichtig?

Viele Grüße,
Toughy

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Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.
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Post Fri, 16.Sep.05, 16:50      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Ja meine Signatur ist in vieldeutig.. spontan fallen mir mindestens 5 verschiedene Sichtweisen ein.

Ich suche die Herausforderung nicht, aber ich erkenne schneller und effektiver solche schwierigen Situationen als andere.
Ein Helfersyndrom würde ich nicht zusagen, denn ich will ehrlich gesagt oft gar nicht helfen. Speziell jetzt bei dem Straßenbahnfahrer hatte ich von Anfang an das Gefühl, daß da noch ne Waffe dazukommt. Ne große Klappe und nichts dahinter, damit kommt man in der Gegend wo die herkamen nicht weit. Der nicht fliehen konnte schien mir auch geistig bzw. motorisch etwas zurückgeblieben zu sein. Es ist wichtig im Vorfeld ein gutes Gespür zu haben woran sich die Person klammert, wenn es für die Person eng wird.
Durch jahrelanges Schachspielen kann ich recht gut aus dem Gesicht herauslesen, in welche Richtung gerade geplant, gedacht wird.
(Und ist gleichzeitig der Grund, warum ich nur noch im Internet spiele, weil es mir weh tut zu sehen wie gierig die Spieler auf den Gewinn sind.)
Weil man beim Schach geanu sieht wo die Problempunkte liegen und erkennen kann, wann der andere den giftigen Stachel auf dem Brett entdeckt.

Quote:
Du weißt doch selbst, dass Du Gutes getan hast, wenn Du eine Vergewaltigung verhindert hast, oder nicht?


ja.. aber es gibt da ein höheres Konzept.. ..Liebe und Momente teilen mit anderen Menschen
Natürlich kann ich mich abstumpfen oder es ins leere leiten, daß es kein feedback gibt, aber auf einer so hohen Ebene möchte ich nicht so ohne weiteres konfigurieren.
Warum Leben wir? Ich denke um so zu Leben wie wir es möchten, unter verschiedenen kleinen Nebenbedingungen.
Und aufrichtgie Leibe und Lebensmomente mit anderen verbringen gehören zu wichtigen Punkten.
Ich habe versucht mit dem Fahrer eine Einheit zu bilden, ähnlich wie in anderen Fällen vorher. Aber in seinen Augen scheint sich alles um ihn zu drehen und ich bin vielleicht wenn es gut läuft, die passende Verstärkung zu seinem Leben.
Ich denke schon gelegentlich, daß wir alle zusammen auf diesem Planeten sind und wir das Leben auf diesem Planeten irgendwie gemeinsam schon hinkriegen werden. Aber die Leute sind so verwirrt im Kopf, so vertieft in Überlebensstrategien, daß sie den Überblick verlieren und vergessen die Hand auszustrecken.

Vielleicht war ich auch in BDSM aktiv, weil ich nicht nur meine dunkle Seite ausloten und prüfen wollte, sondern um auch mit jemanden zu einer Einheit zu verschmelzen.

Und es geht nicht um den Dank konkret, sondern abgeschwächt um ein offizielles " Du gehst in die richtige Richtung, mach weiter so".
Ich prüfe und experimentiere viel in meinem Leben. Schaffe mir eigene Lebenswege, versuche sie deswegen viel an anderen zu prüfen, damit ich nicht in die verkehrte Richtung laufe.
Es reibt sich mit der Zeit Wund, wenn man zu 100% schweigen hört oder ein selber Schuld, oder ein kümmer Dich um Deine eigenen Angelegenheiten.

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Post Sat, 29.Oct.05, 20:02      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Dein Beitrag hat mich an einen sehr guten Freund erinnert ... und auch ein wenig an mich. Auch wenn ich nur ein kleines Mädchen bin komme ich öfters in solche Situationen ... und habe bis jetzt fast alle meistern können. Mit der Bestätigung von außen sieht es wirklich schlecht aus. Aber eigentlich muss die Bestätigung doch gar nicht von anderen sondern von dir kommen. Es geht darum, wie du dich fühlst wegen dem was du getan hast. Das ist das worauf man sich am besten verlassen kann, denn es ist DEIN Weg und nicht der, der vielleicht von der Masse der Menschen bevorzugt wird.

Quote:
Ich prüfe und experimentiere viel in meinem Leben. Schaffe mir eigene Lebenswege, versuche sie deswegen viel an anderen zu prüfen, damit ich nicht in die verkehrte Richtung laufe
deswegen sage ich das. Orientiere dich mal nach dir, das hilft wirklich. Denn nur du kannst dir sagen was richtig ist

Wie hättest du dich gefühlt, wenn du sitzengeblieben wärst und der Busfahrer angestochen worden wäre? Hättest du dir keine Vorwürfe gemacht, dass du es evtl. doch hättest verhindern können? Hättest du dich dann nicht schlecht gefühlt? ... und wenn ja, dann überleg mal warum Wink
Ich weiß, dass man immer auf alles eine Antwort haben will, aber das muss nicht eine wissenschaftliche rein logisch durchstrukturierte sein. Diese ist meistens weniger wert als das was etwas tief in dir sagt.

Und weil es sonst niemand sagt, spreche ich es einmal aus: Bleib so wie du bist, denn das ist richtig so. Ich finde es sehr stark von dir, dass du andere schützt und ihnen hilfst. Es sollte mehr solche Menschen geben, weiter so Smile

glg

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Post Tue, 01.Nov.05, 14:47      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Ich danke Dir, für Deine Antwort Min..

..es ist alles nicht so einfach.. ebenso könnte man es wie Heisenberg sehen.. derzeit sind die Menschen in meiner Umgebung und vermute auch im restlichen Deutschland respektloser denn je.. vielleicht ist mein Plat hier, dagegen anzukämpfen..
..vielleicht sollte ich an der Zerstörung teilnehmen, damit es schneller wieder gesellschaftlich in die Gegenrichtung kippt..
..vielleicht sollte ich mich raushalten und wie Heisenberg, mich und meine Kräfte für den Wiederaufbau bereithalten.

es gibt Millionen Dinge, die man helfen kann.. bei Obdachlosen, Kindern aus schwierigen Familien, Hunger im Ausland, Pflanzen und Tiere, usw...

da schaue ich auch zu.. warum sollte ich das nicht auch können, wenn es in meiner unittelbaren Nähe passiert?

Alles nicht so einfach..

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Post Tue, 01.Nov.05, 15:20      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Hey Batziko,

was du beschreibst, kommt mir so vor wie ich, vor Jahren vor meinem verhassten Umsatzsteuerrecht-Schinken. „...Fang ich da an, oder da oder morgen oder gar nich...ach Mist aber die Prüfung muss ich irgendwie schaffen....“ und wie ich da nun tief gebeugt mit schlaff herunterhängenden Ärmchen da saß, mir die Äuglein rieb und den Stoff, das Studium und mich immer mehr zu hassen begann, hab ich aus lauter Verzweiflung VORN angefangen. Und es hat irgendwie geklappt. Vielleicht fängst du da an, wo es am einfachsten ist...bei deinen Freunden, Kollegen, Familie und den Menschen, denen du täglich begegnest...das ist schwer genug...ich merke da viel zu oft, dass ich nicht besser bin, als andere...du musst ihnen auch nicht als barmherziger Ritter erscheinen, es genügt, wenn du sie erst mal als Mensch wahrnimmst und sie respektvoll behandelst ...und erst irgendwann, wenn dir ein zündender Gedanke kommt, setzt du hier und da Schwerpunkte...hmm?

Ich hab immer noch nicht verstanden, warum in so vielen Erzählungen der „alte weise Mann“ mit seiner sanftmütigen und eigentlich schwachen, aber nicht defensiven Art, so manche Eskalation auflösen konnte, indem er als einziger den Aggressor wirklich erreichen konnte, völlig ohne Gewalt...aber vielleicht finden wir es noch heraus. Rolling Eyes

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Post Tue, 01.Nov.05, 15:45      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Hallo Batziko,

ich musste deinen Text grad zwei mal lesen, als ich über deine Aussage, dass du Schach spielst, gestolpert bin.
Ich spiel auch - und ich seh ganz klar die Parallelität zwischen dem Erkennen von Aggressivität und dem Überdenken einer Aktion oder Reaktion im (Straßenbahn-)Leben und auf dem Brett. Du gehst analytisch sowohl an das eine als auch an das andere Problem. Du schreibst zB nicht von deinen Empfindungen in der Bahn. Doch -was hast du da gefühlt?
Beim Schach empfinde ich eine (günstigstenfalls) hochkonzentrierte Anspannung, Adrenalin, Beherrschung meiner Aggressivität (beim schachern eher die Gier).
Ähnlich geh ich in Problemsituationen im Leben vor - ich denke nach über mein und das handeln des gegenübers (Züge vorher zu wissen stärkt schließlich die eigene Strategie). Aber. Im Leben fühle ich doch anders, ich bin da schließlich körperlich beteiligt? DU warst physisch beteiligt, da gings nicht "einfach" um die optimalsten Züge für den weiteren Verlauf, da gings ums Leben und ums Umgehen mit der Aggressivität anderer... Was war also emotional dabei - wichtiger aber - danach, los bei dir?

Das emotional was aus den Fugen diesbezüglich ist, zeigt ja, dass du hier schreibst.
Aber ich kannst nicht fassen.
Ist es dein Nichtfassenkönnen der Aggressivität von Menschen?
Ist es die Frage, wie du damit "besser" umgehen kannst?
Was ist es?

Noch ne Verständnisfrage. Heisenberg? meinst du die Unschärferelation? Ich versteh den Bezug nicht?

Lg,

Irrlicht ++

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Post Tue, 01.Nov.05, 18:27      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

@ Hiob

Quote:
Mist aber die Prüfung muss ich irgendwie schaffen....“

Hier ist ein wesentlicher Unterschied, denke ich.. es gibt kein Ziel auf das man hinarbeitet. Ist eine schwierige Situation überwunden, kommt die nächste nach.
Es ist auch nicht so, daß ich meine Hilfeleistungen aufbauen müßte. Ich weiß wie man hilft und bin auch recht erfahren darin.
Das Problem steckt eher bei meiner Hilfe bei Aggressionen.
es besteht für mich jedes Mal auch Gefahr. Vielleicht ist der Straßenbahnfahrer, der Angreifer von morgen.
Ich helfe derzeit (seit etwa 2 Jahren) einer tickenden Zeitbombe und einer Freundin, die einen Stalker am Hals hat.
Wenn ich in einer Straßensituation ums Leben komme, kann in den beiden Privatfällen einpacken.. und weitere Hilfe ist dort nicht möglich.. habe versucht Kriminalpolizei und andere Hilfestellen miteinzubeziehen.

es ist nicht so, daß meine Hilfestellung mich überfordert.. ich sehe nur auch nicht wo meine Mühe den Vorteil bringt..

das mit dem sanftmütigem alten Mann hört sich gut an, aber wenn Du jemanden unter Drogen oder im Blutrausch vor Dir hast..
ich wurde wie ich vielleicht erzählt habe von einem Typen mit ner Weinflasche Lebensgefährlich angegriffen.. ..die verbale Phase war gleich null..
..es hat sich in meinen Erfahrungen der neue Trend bei Angreifern abgezeichent, kein Gespräch mehr vor dem Angriff zu führen..
ich bin sehr für gewaltlose Wege, aber ich denke Sinn machen derzeit nur die gewaltarmen..
Wenn Du richtig gut in gewaltlos bist.. und zufällig lebensgefährlich verletzt wirst, dann sind die langen Jahre des Übens weg und es gibt nicht sehr viele Menschen die das können..


@ tanzendes Irrwicht



Quote:
Du gehst analytisch sowohl an das eine als auch an das andere Problem.

auch.. analytisch kann man auch im Internet besser weitergeben, als Gefühle.. da ist die Körpersprache wichtig.. deswegen beschränke ich mich hier auf den analytischen Teil.. Kampfkunst bedeutet das analytische Wissen mit den Gefühlen Reizen zu verbinden.
Man plant nur um einen Plan zu haben. Man darf sich nicht auf Pläne verlassen.
Menschen sind schlechte Analytiker und Planer..

in solchen Straßensituationen fühlt man nicht viel.. das Adrenalin verrutscht alles.. wenn was durchdringt, dann mehr sowas wie "Das wird er jetzt nicht machen, oder?".. viel Energie geht darauf verloren die rechtliche, moralische und Sicherheitsebene zu erfühlen.
In einem Kopf ist immer nur Platz für einen Gedanken zur gleichen Zeit Smile


was bei mir aus den Fugen ist?
Es wäre gelogen wenn ich sagen würde ich wüßte sicher was es ist..

Ein Großteil ist, daß ich die Welt , die mich umgibt als minderwertiger empfinde als jemals zuvor.
Ich komme mit meinem Leben, meinem Tod und meinem Lebenssinn klar.
Wäre fein, wenn der Rest der Welt einfach ok wäre.. aber ist halt nicht so..

Beim Schach schaue ich mir die Stellung an überlege, ob ich ohne mich wesentlich zu schwächen eine schwäche anbieten kann, die man falsch angreifen kann.
Also biete ich praktisch Nährboden für Überkombination an.
Wichtig ist, daß der Schachgegenspieler immer einen Plan hat. Sonst muß er wirklich nachdenken und sich einen suchen.. Ich biete also gerne dem Gegenüber die Schablone an.

Wenn man den Quellen glauben schenken kann, hat Heisenberg Deutschland nicht verlassen, weil er den Wiederaufbau nur angehen konnte, wenn er die schwierige Zeit im Land mitdurchgestanden hätte.
Er hat die deutsche Atombombe sabotiert.. während Bohr fehlinformiert die Amerikanische vorangetrieben hat.

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Post Tue, 01.Nov.05, 19:16      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

@Batziko

Quote:
Es ist auch nicht so, daß ich meine Hilfeleistungen aufbauen müßte. Ich weiß wie man hilft und bin auch recht erfahren darin.
Das Problem steckt eher bei meiner Hilfe bei Aggressionen.
ich wurde ... angegriffen.. ..die verbale Phase war gleich null..


Ich bin darin nicht erfahren, aber ich hab das Gefühl, dir geht es hier um etwas ganz anderes. Ich kann nicht sagen um was, evtl. liegt Irrlicht am dichtesten dran. Eins mag ich dazu nur noch loswerden, die beiden Male, wo ich von Betrunkenen angegriffen wurde (ich stand jeweils im Weg herum), hab ich wohl so komisch gekuckt, alsob ich sagen will „was wird das hier (du Zwerg)“, dass in beiden Situationen der andere jeweils von einen, bzw. mehreren Freunden „entfernt“ wurde, kurz bevor ich ordentlich eine auf die Mütze bekommen hätte *lächel*.

Ich hab den Eindruck, das dein Helfen System haben muss, evtl. sogar Nutzen bringen muss. Es wirkt alles sehr statisch und unspontan...ein anderer an deiner Stelle hätte es vermutlich längst aufgegeben andere vor Gewalt zu schützen. (Klingt etwas derb, sorry.) Neutral

Quote:
ich bin sehr für gewaltlose Wege, aber ich denke Sinn machen derzeit nur die gewaltarmen..

Es könnte sein, dass du dich auf Gewalt “einlässt“, sie also mit in dein Denken ein beziehst und darauf Schlachtstrategien gründest. Mir fällt hierzu nur das hirnrissige Beispiel der Polizei ein, indem man das „gewaltarme“ Pfefferspray einsetzt. Nachdem Motto „ein bisschen Gewalt ja, aber nur für einen guten Zweck“ und den Zweck lege ich fest.

Naja, da ich nicht wirklich begreife, was dein Problem ist, halt ich mal den Schnabel. Embarassed

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Post Wed, 02.Nov.05, 7:00      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Hi,

ich hab leider kaum zeit, aber ganz kur:


Quote:
Ein Großteil ist, daß ich die Welt , die mich umgibt als minderwertiger empfinde als jemals zuvor.
Ich komme mit meinem Leben, meinem Tod und meinem Lebenssinn klar.
Wäre fein, wenn der Rest der Welt einfach ok wäre.. aber ist halt nicht so..


Erklär das mal.
Minderwertige Welt? Ja nun - liegt da eher das Problem bei dir oder in der Welt? Wink
Wieso meinst, dass "der rest der Welt" nicht mit ihrem Lebenssinn zurecht kommt?

Quote:
Beim Schach schaue ich mir die Stellung an überlege, ob ich ohne mich wesentlich zu schwächen eine schwäche anbieten kann, die man falsch angreifen kann.

Wenn ich dich richtig versteh, meinst du Opfervariationen.
Beim Schach und manchmal auch im Leben günstig - der andere ahnt nix von der eigenen Stärke.
Was aber hat denn das mit "emotionaler Schieflage" nach Gewalteskalation zu tun?


Quote:
Ich biete also gerne dem Gegenüber die Schablone an.

hmmmmmm. In einer Straßen-Gealtsituation wird das aber kaum gehen?

Sry,muss los,

Irrlicht

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Post Wed, 02.Nov.05, 17:44      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Hi.. Danke Euch beiden, für die schnelle Antwort..

@ Hiob

Das von den Freunden zurückhalten lassen, wird gerne gespielt. Habe auch ein paar Mal beobachten können, wenn ein kleinerer droht und nicht von seinen Freunden zurückgehalten wird. Dann kommt es trotzdem nicht zu einem Kampf Wink
Ist schwierig mit dem Bluffen. Man kann den anderen sich im Kopf aufbauen lassen und warten, bis er voller Machtgefühle ist und ihn dann übel einschüchtern. Dann richtet sich sein Adrenalin gegen ihn.
Der enorme Nachteil ist, daß man jurisitsch als mit am Kampf interessierter dasteht.
Sollte es also nicht durch verbalen Druck zu lösen sein, hat man eine schlechte Basis.

Am Besten ist es zu deeskalieren, denke ich.. versuchen dem Angreifer einen Ausgang zu lassen und ihn zu hindern sich selbst in eine Sackgasse zu manövrieren.

Quote:
Es wirkt alles sehr statisch und unspontan...
..ja da kann man sicher noch dran arbeiten..

@ tanzendes_irrlicht

Das Problem liegt eher bei der Welt. Weil es für mich direkt kein Problem darstellt. Ich kann mich da sehr weit zurücklehnen und somit aus dem Problemkreis rausgehen.
Ich sehe auch das Problem in der Welt, weil die Menschen bestimmte Ziele wie etwa "Glück" erreichen wollen. Ihre Ziele werden durch einen genauen Plan, in eile und ohne Umwege anvisiert und können fast nur schief gehen. Das Bluffen durch Kleidung und Körper- und Verbalesprache zeigt, daß die Menschen für ihr Leben lügen und nicht den Punkt erreicht haben, den sie gerne hätten.
Denke das wesentliche Problem besteht darin, daß den Menschen Intuition und Können madig gemacht wird (Werbung usw.)..
Dadurch werden die Menschen minderwertiger. Sie müssen sich können einkaufen. Ohne sich selber auf verschiedenen Bereichen entfalten zu können geht Kuppelproduktkönnen verloren.
Denke es wäre einfacher, wenn sich die Leute selber den Druck nehmen würden.


Ich opfere dabei nicht wirklich. Es passiert ohne Material abzugeben, eher sich einen Doppelbauer machen lassen, usw.

zur "emotionaler Schieflage" paßt es glaube ich nicht wirklich.. es ging eher um Schach und Psychologie.


In einer Straßensituation kann ich sehr wenig anbieten. Ich komme bei anderen meist dazu, wenn die Stellung sozusagen schon breit ist.
Im körperlichen Kampf selber kann man wieder Schablonen anbieten.
Im verbalen hat sich der Angreifer meist so auf sein Ziel eingeschossen, daß es kein zurück mehr gibt..
Meine privaten Fälle habe ich, wenn es eine verbale Phase gab auch immer verbal lösen können. Allerdings mit dem Nachgeschmack, daß ich im Recht war, aber den Ort verlassen habe.. Rückzug..
Inzwischen sehe ich mehr als Fels und bleibe. Versuche zu deeskalieren, aber ich bin inzwischen auch bereit den anderen an mich klatschen zu lassen, wenn er seinen Kopf unbedingt durchsetzen will.

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Post Fri, 04.Nov.05, 20:26      Re: Gewalt auf der Straße Reply with quoteBack to top

Wollte noch sagen, daß es für mich sehr geklärt hat.

Habe zufällig eine alte Bekannte wiedergetroffen.
Sie hat unter einigen bedeutenden Yogis gelernt und ist auch dem Taoismussehr zugewandt.
Es hat nur wenige Minuten gedauert, bis ich wieder meine volle Kraft hatte.

Es ist die alte Weisheit, die ich im Hinterkopf abgelgt hatte.

Nur drei Möglichkeiten stehen bei echten Problemen zur Verfügung..

Die Umstände ändern, die eigene Einstellung ändern, oder krank werden.

Wie in den meisten Fällen bleibt nur Einstellung ändern grinsevil

Danke, nochmal, allen die geholfen haben Smile

Batziko

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