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liv1
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Post Thu, 11.Aug.05, 19:31      Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Vor vielleicht etwa zehn Jahren hatten ein Soz.-Arbeiter und ein "Film-Mensch" mich dazu überredet, mit mir eine Doku über mein Leben zu drehen. Damals war ich noch voll drauf (Heroin, Koks, Methi, Pillen, Alk, ....) und obdachlos. Und wir gingen an meine persönlichen Lieblingsorte (z.B. an einen Waldsee) und drehten dort Momente, in denen ich mich öffnete. Ich gab Interwievs und erzählte von meinem (damaligen Scheis*-) Leben.

Vor etwa einem Jahr rief dieser Sozial-Arbeiter (der unterdessen etwa der einflussreichste Sozi im Kanton ist) mich an und fragte, ob ich kein Interesse daran hätte, diesen Doku-Film über mich fertig zu stellen. Der würde sich gut "verkaufen" ..... würde die Leute mitreissen. Doch nach längeren Gesprächen mit meinem Freund, entschieden wir uns dagegen - den Kindern zuliebe (ich möchte nicht, dass sie als Junkie-Kinder im Dorf vorverurteilt/bekannt werden).

Doch ich frage mich noch heute: War das ein Fehler? Hätte ich diese Doku fertigstellen müssen - um Verständnis Süchtigen gegenüber zu erkämpfen und zu beweisen, dass Süchitge auch Menschen sind?

War es ein Fehler, es nicht zu tun? Oder wäre es ein Fehler gewesen es zu tun? Ich weiss nicht! Ich schäme mich ja nicht für meine Vergangenheit mit den Drogen. Aber wie denken andere Eltern darüber, wenn es darum geht, ihre Kinder mit den unseren spielen zu lassen? Ist die Gesellschaft schon soweit, dass da keine Vorurteile bestünden?

gruss liv
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thorn
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Post Thu, 11.Aug.05, 21:28      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hm, schwierig ...

Eigentlich war es eine Entscheidung zwischen zwei völlig verschiedenen, beide auf ihre Art wichtigen Verantwortungen, insofern finde ich, konntest du da keinen Fehler machen. Sondern es nur "richtig" oder "richtig" machen.

Ich finde solche ("Vorher-nachher") Dokus wirklich klasse, weil sie Betroffenen unheimlich viel Mut und Hoffnung geben, weil sie zeigen, dass man es immer schaffen kann, weil sie, nicht zuletzt, ein Stück Menschlichkeit in die Welt tragen. Das sind alles Dinge, die wir heutzutage besonders nötig haben. Ich glaube, sich für die Doku zu entscheiden hätte eine gehörige Portion Idealismus verlangt. Und der kann gut .. oder nicht so gut sein. Man könnte fragen: Bist du zuerst Mutter oder Mensch in dieser Welt? Ich schätze, das wird für diesen Fall niemand jemals entscheiden können.

Wenn du aber meine persönliche Meinung wissen willst: Ich finde, du hast eine gute Entscheidung getroffen. Eure Befürchtungen bezüglich eurer Kinder kommen ja nicht von ungefähr; sie zu beschützen, war und ist auf jeden Fall wichtig. Es mag viele Gründe geben, so ein Angebot abzulehnen, und ich finde, du hast es aus dem bestmöglichen getan.


Liebe Grüße,

thorn



P.S.: Ich weiß ja nicht, wie alt deine Kinder sind, aber vielleicht gäbe es eine Möglichkeit, diese Doku irgendwann später zu beenden? Wenn deine Kinder mitentscheiden können z.B.?
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Wolflein
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Post Thu, 11.Aug.05, 21:38      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

hallo liv

ich denke nicht das es ein fehler war "nein" zu sagen.
ich glaube nicht das man jemanden "wachrüttelt" , aus den Drogen-Sumpf ziehen kann der nicht möchte.
jeder weiß was passieren kann , und ich finde es sehr verwantwortungsvoll deinen kindern gegenüber.

sie sind die schwächsten, und es ist sicher schwer genung mit-zu-erleben, zu sehen das es der "falsche" weg ist...

auf der anderen seite kann ich mir vorstellen das du "aufklärung" in das leben eines drogenabhänigen bringen möchtest...
verständnis für süchtige wird wohl eher der haben , der selbst damit zu tun hatte, jemanden kennt......

ich denke , seinen körper auf raten zu "töten", mit drogen, Medikamente, u.s.w.. das begreift ein "normaler" mensch nicht leicht.
man verstehts ja selber nicht und tut es trotzdem.

ich glaube hier in diesem forum bewirkst du eher etwas, da es hier auch leute gibt die ihre sucht erkennen und wegkommen wollen.
....klar gibts die "draussen" auch, aber "draussen" gibt es sooo viele....

leider erkennt man erst die abhänigkeit als angehöriger und nicht-süchtiger zu spät oder gar net.
ich denke es wäre ein fehler gewesen es zu machen......
aber das is mei meinung
lg
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NeuAnfang
Helferlein
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Post Thu, 11.Aug.05, 22:35      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hi liv1,

meiner Ansicht nach hast du dir die Antwort schon selbst gegeben. Nämlich durch eure Entscheidung, es nicht zu machen.

Quote:

Doch ich frage mich noch heute: War das ein Fehler? Hätte ich diese Doku fertigstellen müssen - um Verständnis Süchtigen gegenüber zu erkämpfen und zu beweisen, dass Süchitge auch Menschen sind?


Du schreibst nicht, ob diese Doku damals gesendet wurde, und wo, und auch nicht, ob denn vorgesehen ist, eine Fortsetzung ggf, auch zu senden.

Wenn das auf Fernsehen abhebt, so bin ich der Meinung, dass es genügend Sendungen zu Sucht-Themen gibt.
In welcher Qualität auch immer.
Ich bin zu Haus Nicht-Fernseher, aber mitkriegen tu ich sowas doch schon mal.
Und wie viel Prozent der Leute, die sich das ansehen, auch wirklich was daraus mitnehmen, anstatt sich berieseln zu lassen, das weiß ich nicht.
Also –
deine Familie geht vor, und das ist völlig legitim.

Lieben Gruß dir
NeuAnfang

_________________
Ich breche gerade auf in ein Neues Leben. Also nenn ich mich so.
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Stöpsel2
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Post Thu, 11.Aug.05, 23:15      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hallo liv,

na ja, ich glaube schon, daß so eine Doku was bewirken kann, auch bei Drogensüchtigen, jedenfalls am Anfang oder bei Jugendlichen (wenn sie das halt sehen). Es gibt seit ein paar Jahren eine Doku des WDR über die Drogenkarriere einer Frau. Sie fängt an, wo sie 15 ist, kurz nachdem sie angefangen hat, wo sie alles noch ganz harmlos sieht und geht über viele Jahre (10?), zeigt, wie sich alles zuspitzt, endet schließlich damit, daß sie stirbt. Ich hab die Doku mehrmals gesehen und fand es sehr ergreifend. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das nichts bewirkt.

Aber eigentlich war Deine Frage ja, was andere Menschen darüber denken und wie sie dann über Deine Kinder denken. Das ist so pauschal ja nicht zu sagen. Zum einen hängts sicher davon ab, wie die Menschen in Deinem Wohnort so drauf sind (bei "Dorf" bin ich ja eher skeptisch). Wie tolerant sind die Menschen denn sonst so? Zum anderen ist es die Frage, was genau in der Doku gezeigt wird. Wenn da auch darauf eingegangen wird, wie Du aus allem rausgekommen bist, werden vermutlich die LEute, die sich den Film ansehen, eher positiv über Dich denken (könnt ich mir vorstellen). Und ich kann mir nicht vorstellen, daß Leute, die vorverurteilen, sich so einen Film ansehen (höchstens beim Hereinzappen Dich zufällig sehen, da ist die Frage, wieviele das sind)

Vielleicht gibts die Möglichkeit, den Film jetzt zu drehen, aber zu vereinbaren, mit dem Ausstrahlen zu warten, bis die Kinder groß genug sind. Oder eben überhaupt die Entscheidung zu vertagen, ob Du es drehen willst.

Hm, schwer zu sagen, was besser ist. Aber ich finds gut, daß Du Dir darüber Gedanken machst.

Und sehr passend finde ich, was thorn geschrieben hat: Egal wie, Deine Entscheidung kann nur richtig sein.

Viele Grüße
Stöpsel
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thorn
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Post Thu, 11.Aug.05, 23:28      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hallo NeuAnfang,

Quote:
Und wie viel Prozent der Leute, die sich das ansehen, auch wirklich was daraus mitnehmen, anstatt sich berieseln zu lassen, das weiß ich nicht.


Da schwingt aber schon ein bisschen Zynismus mit. Das Beste hoffen darf man doch trotzdem, oder nicht? Und was, wenn nicht das Fernsehen, wäre ein geeignetes Medium, um solche Aussagen in die Welt zu tragen?

Und wie Stöpsel sagt: "Ich kann mir nicht vorstellen, daß das nichts bewirkt", so glaube ich auch nicht, dass man sich von solch einer Doku überhaupt nur "berieseln" lassen könnte.

Quote:
(...) so bin ich der Meinung, dass es genügend Sendungen zu Sucht-Themen gibt.


Was du damit meinst, ist mir schleierhaft. Worauf bezieht sich das "genügend"? Ich war bei meiner Antwort an Liv vorhin versucht, auf ihre Frage "Ist die Gesellschaft schon soweit, dass da keine Vorurteile bestünden?" zu antworten, dass es dafür noch nicht genug Dokus gegeben hat. Will sagen: Die Vorurteile und alles Drumherum bestehen nach wie vor, wie kann das, was es bisher gibt, also "genügend" sein?


Ich jedenfalls kann Livs nachträgliche Überlegung sehr gut verstehen. Und auch wenn da jetzt natürlich kein Stress oder gar Schuldgefühle draus entstehen sollten, finde ich es grundsätzlich gut, dass sie sich diese Gedanken macht. Wie schon gesagt, ist das einfach eine andere Art des Verantwortungsbewusstseins. Die Ansicht, dass ihre Familie vorgeht, teile ich, aber sich nicht für die Doku zu entscheiden mit dem Gedanken "das bringt ja eh nichts" hielte ich für eine schlechte Lösung. ("Schlecht" deshalb, weil sich hier die Frage nach der Legitimität meines Erachtens überhaupt nicht stellt.)


Grüße, thorn
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thorn
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Post Thu, 11.Aug.05, 23:29      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hi Stöpsel,

Quote:
Aber eigentlich war Deine Frage ja, was andere Menschen darüber denken und wie sie dann über Deine Kinder denken. Das ist so pauschal ja nicht zu sagen. Zum einen hängts sicher davon ab, wie die Menschen in Deinem Wohnort so drauf sind (bei "Dorf" bin ich ja eher skeptisch). Wie tolerant sind die Menschen denn sonst so? Zum anderen ist es die Frage, was genau in der Doku gezeigt wird. Wenn da auch darauf eingegangen wird, wie Du aus allem rausgekommen bist, werden vermutlich die LEute, die sich den Film ansehen, eher positiv über Dich denken (könnt ich mir vorstellen). Und ich kann mir nicht vorstellen, daß Leute, die vorverurteilen, sich so einen Film ansehen (höchstens beim Hereinzappen Dich zufällig sehen, da ist die Frage, wieviele das sind)


Da bin ich jetzt mal zynisch: Ich glaube, die Leute sind schlechter, als du es annimmst. Auch ich hatte beim Wort "Dorf" sofort ein ungutes Gefühl, bin aber auch sonst äußerst skeptisch. Ich glaube, die Menschen (ver)urteilen viel, viel schneller, und sind vor allem auch bei einmaligen oder lange zurück liegenden Fehlern gnadenlos. Wer vertraut sein Baby einem seit 10 Jahren trockenen Alkoholiker an, wenn er das freundliche Schulmädchen von nebenan haben kann? Nach dem Muster urteilen die meisten Leute (oder sollte ich besser sagen "wir"?), und das kann man ihnen zum Teil nicht mal vorwerfen. Ich finde, da sind Livs Bedenken absolut gerechtfertigt. Da wäre mir an ihrer Stelle das Risiko wohl auch zu groß gewesen. Aber wie gesagt, da erwarte ich von den Menschen nur sehr wenig. Mag sein, dass auch hier ein bisschen mehr "Hoffnung auf das Beste" angesagt wäre.


Grüße, thorn
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Post Thu, 11.Aug.05, 23:58      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hi thorn,

kann schon sein, daß ich manchmal zu sehr vom Guten im Menschen ausgehe Wink (Du bist jedenfalls nicht die erste, die das sagt), von daher ist es ja gut, wenn andere Leute auch noch antworten.

Also, Du meinst, es kann Leute geben, die eine solche Doku interessiert und voll Anteilnahme verfolgen und trotzdem den Menschen vorverurteilen, wenn er vor ihnen steht? Also so krass, von der Mutter auf die Kinder zu schließen? Hmm... (muß mir wohl mal Gedanken machen, inwiefern mein eigenes "gutes" Umfeld da mein Denken prägt)

Ich teile auf jeden Fall Deine Meinung im Posting an NeuAnfang!

Viele Grüße
Stöpsel
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thorn
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Post Fri, 12.Aug.05, 1:30      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hi Stöpsel,

Quote:
muß mir wohl mal Gedanken machen, inwiefern mein eigenes "gutes" Umfeld da mein Denken prägt


Bloß nicht! Ich meinte ja gar nicht, dass du zu sehr vom Guten im Menschen ausgehst, sondern eher das Gegenteil auf mich bezogen. Je mehr Menschen es von deiner Sorte gibt, umso weniger gibt es welche von der Sorte, von der ich spreche, also bleib du mal bitte bei deinem Denken *smile*

Ich musste jetzt aber noch mal nachdenken. Eigentlich kann ich mir tatsächlich doch nicht vorstellen, dass es solche Leute gibt. Um ein Haar würde ich dir Recht geben. Allerdings kommt mir da meine Mutter in den Sinn, die haargenau dem Typ Mensch entspricht, den ich meine. Sitzt sogar mit ausgesprochener Vorliebe vor solchen Fernsehberichten, durchaus ernsthaft interessiert (zumindest solange der Bericht dauert) und heult sich auch gerne mal die Augen aus. Es gibt ein tolles Zitat von Arthur Schnitzler, das zumindest auf meine Mutter sehr gut passt: "Sentimentalität ist das Alibi der Hartherzigen". Wenn es nämlich mal ans Eingemachte (um etwas, das sie direkt betrifft) geht, ist meine Mutter der unmitleidigste und vorurteilsbehaftetste Mensch der Welt.
Und ansonsten ist es vermutlich sogar wahrscheinlicher, dass diese Doku über neunzig Ecken bekannt werden würde. Es würde also reichen, wenn ein, zwei Leute sie sehen - die müssen nicht mal besonders tratschfreudig sein, aber wenn es um jemanden geht, dem man ab und an auf der Straße begegnet, ist das ein Weitererzählen schon Wert. Bis es dann einer hört, der das gar nicht so toll findet. Was gerade im Dorf wohl nicht allzu lange dauern würde (Vorurteil?).

Generell, denke ich, hat dieses (Vor)Verurteilen einfach mit sehr viel Angst zu tun. Wenn du weißt, deine Nachbarin ist ein Ex-Junkie, dann bekommst du Angst. Du merkst es wahrscheinlich gar nicht, aber im Unterbewussten rührt sich da etwas, das dir plötzlich klar macht: Wenn es ihr passiert ist, hätte es mir auch passieren können. Und das willst du weder wahrhaben noch überhaupt darüber nachdenken, also verdrängst du es. Aber Gefühle finden ihr Ventil - das wissen wir ja sicher alle - so oder so. Und das passiert dann eben durch Vermeidung, Abwertung, Verurteilung, weil wir uns nicht damit auseinandersetzen wollen, unserem Gefühl aber Luft machen müssen. Naja, und wenn du dich selbst davor schützen möchtest, dann natürlich auch die dir Nahestehenden, und so wird den Kindern also klargemacht: die da ist gefährlich, doof, sonstwas, gebt euch nicht mit ihr ab. Und mit ihren Kindern auch nicht.


Ich glaub, davor ist keiner wirklich gefeiht. Gerade wenn es um die eigenen Kinder (oder überhaupt Angehörige, geliebte Menschen) geht, wird man umso vorsichtiger. Klar wird für mich dabei einmal mehr, dass, wie ich es in einem anderen Thread schon mal sagte, einem manche Fehler ein Leben lang nachhängen. Da hilft dann oftmals halt auch kein Bitten um Verständnis - ich zumindest könnte der Mutter, die ihr Kind keinem Ex-Alkoholiker anvertrauen will, wohl kaum einen Vorwurf machen. Ich kann nicht mal sagen, dass ich es anders machen würde, auch wenn ich es - jetzt und hier - gerne wollen würde ...


Liebe Grüße,

thorn
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Post Sat, 13.Aug.05, 10:30      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Hallo thorn,

thorn wrote:
Stöpsel wrote:
muß mir wohl mal Gedanken machen, inwiefern mein eigenes "gutes" Umfeld da mein Denken prägt


Bloß nicht!


wie gesagt, Du bist ja nicht die erste, die das sagt.

Quote:
Je mehr Menschen es von deiner Sorte gibt, umso weniger gibt es welche von der Sorte, von der ich spreche, also bleib du mal bitte bei deinem Denken *smile*


Danke Wink Na ja, das hab ich mir zwar auch gedacht, deswegen will ich es ja auch beibehalten, aber trotzdem finde ich es wichtig, das andere wahrzunehmen, ins Kalkül zu ziehen. Also, nicht das ich das nicht tue, aber ich muß es wohl noch stärker berücksichtigen.

Quote:
Allerdings kommt mir da meine Mutter in den Sinn, die haargenau dem Typ Mensch entspricht, den ich meine. Sitzt sogar mit ausgesprochener Vorliebe vor solchen Fernsehberichten, durchaus ernsthaft interessiert (zumindest solange der Bericht dauert) und heult sich auch gerne mal die Augen aus. Es gibt ein tolles Zitat von Arthur Schnitzler, das zumindest auf meine Mutter sehr gut passt: "Sentimentalität ist das Alibi der Hartherzigen". Wenn es nämlich mal ans Eingemachte (um etwas, das sie direkt betrifft) geht, ist meine Mutter der unmitleidigste und vorurteilsbehaftetste Mensch der Welt.


Stimmt, Du hast recht, solche Leute gibts. Wahrscheinlich solche Leute, die früher "Schreinemakers" gesehen haben.
Und daß solche Leute die eigenen Vorurteile nicht angehen, beim Sehen der Doku nicht ihr eigenes Zutun dazu entdecken, liegt wohl daran, daß sie entweder nicht intelligent genug sind oder nicht viel reflektieren.
Schnitzler, war das nicht der vom "Schwarzen Kanal"?

Quote:
Klar wird für mich dabei einmal mehr, dass, wie ich es in einem anderen Thread schon mal sagte, einem manche Fehler ein Leben lang nachhängen. Da hilft dann oftmals halt auch kein Bitten um Verständnis


Es ist auch nicht so einfach, denn wenn man denjenigen nicht wirklich kennt, weiß man nicht, wo derjenige steht. Daß da eine gewisse Skepsis am Anfang steht, finde ich recht verständlich. Ich hab mal in einer WG mit einem Ex-Alki zusammengewohnt. Am Anfang war es schon schwierig, weil man nicht recht wußte, was daran jetzt anders ist. Wir haben uns irgendwie arrangiert und das hat ihm wohl schon geholfen. Für mich und die anderen war es trotzdem komisch, denn er hat sehr zurückgezogen gelebt. Das macht es dann nochmal schwieriger, jemanden einzuschätzen. Und wenn jemand trocken ist, heißt das ja nicht, daß er keine Probleme mehr hat. Aber es macht da einen Unterschied, ob man von den Kindern eines ehemals Abhängigen redet oder von ihm selbst.

Viele Grüße
Stöpsel
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liv1
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Post Sat, 13.Aug.05, 14:45      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Zuerst mal wirklich DANKE(!!!) an alle, die auf meine Fragen geantwortet haben. Ich kann jedes einzelne Posting, jede Aussage von Euch nachvollziehen und verstehen.

Nochmals vielen Dank, Euere Worte helfen mir, das ganze für mich selber klarer zu sehen.

ganz liebe grüsse, liv

PS: Ich antworte auf einige Postings gleich noch!
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Post Sat, 13.Aug.05, 15:16      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Danke thorn,

Quote:
Ich finde solche ("Vorher-nachher") Dokus wirklich klasse, weil sie Betroffenen unheimlich viel Mut und Hoffnung geben, weil sie zeigen, dass man es immer schaffen kann, weil sie, nicht zuletzt, ein Stück Menschlichkeit in die Welt tragen.


Ich denke, dass ich genau damit, was diese strikte "Vorher-Nachher-Doku" betrifft etwas Mühe hatte. Ich hätte, wenn schon, lieber eine durchgehende Doku gemacht - nicht vor zehn Jahren und dann erst heute wieder filmen. Aber das war total MEIN Fehler, denn dieser Sozi und der Filmemacher hatten mich schon vor einigen (so sechs) Jahren in einer fremden Stadt ausfindig gemacht, als sie mich zur Fortführung des "Projekts" überreden wollten. Aber damals fand ich, dass ich so "halbsüchtig" nichts schlaues zu sagen hätte und liess das ganze auf später zu verschieben.

Aber ich kenne wirklich unzählige Süchtige und würde ihnen (und andern) gerne Mut machen und zeigen, dass der Ausstieg aus den Drogen MÖGLICH ist; dass man nur die Zuversicht und Hoffnung nicht verlieren darf. Dass sich das kämpfen lohnen kann.

Quote:
. Man könnte fragen: Bist du zuerst Mutter oder Mensch in dieser Welt?


Aber natürlich Mutter! Kinder kommen immer an der ersten Stelle .... .

Quote:
Wenn du aber meine persönliche Meinung wissen willst: Ich finde, du hast eine gute Entscheidung getroffen. Eure Befürchtungen bezüglich eurer Kinder kommen ja nicht von ungefähr; sie zu beschützen, war und ist auf jeden Fall wichtig. Es mag viele Gründe geben, so ein Angebot abzulehnen, und ich finde, du hast es aus dem bestmöglichen getan.


Danke, das tut gut zu hören. Weisst Du, mein Traumberuf ging schon als Kind in Richtung Drogen-Beraterin. Smile Und jetzt frage ich mich manchmal, hätte ich nicht, auch wenn nur ein klitzeklitzekleinbisschen, jemandem helfen können (seiens selber Süchtige, Angehörige, Freunde .... ) mit meiner (sozusagen) hoffnungsvollen Doku? Ich weiss es wirklich nicht.
Quote:

Ich weiß ja nicht, wie alt deine Kinder sind, aber vielleicht gäbe es eine Möglichkeit, diese Doku irgendwan später zu beenden? Wenn deine Kinder mitentscheiden können z.B.?


In etwa SO haben wir uns entschieden - ich schloss es nicht aus, das ganze mal noch zu beenden. Nur nicht jetzt! Meine Kinder sind sieben und fünf (kommen jetzt also in Schule und Kindergarten). Die Mutter der besten Freundin meiner Kleinen weiss auch, dass ich mal drauf war. Wenn ich jemandem etwas vertraue, dann erzähle ich das auch. Ich würde es auch niemals abstreiten, wenn es draufankäme. Ich sage mir seit vielen Jahren "wer meine Vergangenheit nicht akzeptieren kann, der kann mir als Freund eh gestohlen bleiben". Auch trage ich seit einigen Jahren im Sommer wieder kurze Ärmel und wer etwas aufmerksam ist, sieht meine Narben vom fixen. Ich bin es einfach leid, mich und meine Vergangenheit verstecken zu müssen!

Wer eine Ahnung hat, weiss sofort, woher die Narben kommen. ABer ich binde es einfach nicht jedem auf die Nase.

Nochmals Danke für Dein Posting, gruss liv
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Post Sat, 13.Aug.05, 15:39      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

hi NeuAnfang,

es freut mich, bei meinem Thema Deinen Namen und Deine Einschätzung zu lesen!
Quote:

Du schreibst nicht, ob diese Doku damals gesendet wurde, und wo, und auch nicht, ob denn vorgesehen ist, eine Fortsetzung ggf, auch zu senden.


Nein, diese Doku wurde - aufgrund meines plötzlichen, unangemeldeten Wegzugs in eine andere Stadt - nie fertiggestellt. Diese Doku wäre für das Schweizer Fernsehen vorgesehen gewesen. (ich komme jetzt auch nur auf dieses Thema, weil ich kürzlich den Sozi, der das ganze angezettelt hatte, im Fernsehen sah) Aber weisst Du, ich fragte mich oft, WAS ich denn im Fernsehen sollte - nur schon für`s Radio diskutierte ich mal mit dem Stadtrat, und andern .... - warum sollte gerade ICH immer die Vorzeigesüchtige sein? Die, die noch den Durchblick hat und normal ist?

Quote:
Wenn das auf Fernsehen abhebt, so bin ich der Meinung, dass es genügend Sendungen zu Sucht-Themen gibt.
In welcher Qualität auch immer.


Genau DAS finde ich nicht! Es gibt unzählige Drogen- und Alk-Süchtige, aber ernsthafte, realitätsnahe Dokus/Sendungen zu diesen Problemen sieht man nur höchst selten.

Ich grüss Dich von Herzen, liv
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Post Sat, 13.Aug.05, 16:23      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Liebe Stöpsel (finde übrigens Deinen Nick absolut süss)

Quote:
na ja, ich glaube schon, daß so eine Doku was bewirken kann, auch bei Drogensüchtigen, jedenfalls am Anfang oder bei Jugendlichen (wenn sie das halt sehen)
.

Schon? Hätt ich es also druchziehen sollen? *hirnhirn* War ich einfach zu feige? Wenn ich wüsste, dass es nur dreien helfen würde und etwas Hoffnung in ihr Leben bringen täte, muss ich sagen, dass ich es hätte tun sollen.

Quote:
Es gibt seit ein paar Jahren eine Doku des WDR über die Drogenkarriere einer Frau. Sie fängt an, wo sie 15 ist, kurz nachdem sie angefangen hat, wo sie alles noch ganz harmlos sieht und geht über viele Jahre (10?), zeigt, wie sich alles zuspitzt, endet schließlich damit, daß sie stirbt. Ich hab die Doku mehrmals gesehen und fand es sehr ergreifend. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das nichts bewirkt.


Diese Doku würde ich ja auch gerne mal sehen. Ist sicher ergreifend!

Quote:
Zum einen hängts sicher davon ab, wie die Menschen in Deinem Wohnort so drauf sind (bei "Dorf" bin ich ja eher skeptisch). Wie tolerant sind die Menschen denn sonst so?


Das ist genau DAS, was ich nicht abschätzen kann. Eingerseits ist`s klar ein Dorf, wo auch gerne geklatscht wird. Handkehrum sind die meisten Mütter jung und nicht von vorgestern.

Quote:
Wenn da auch darauf eingegangen wird, wie Du aus allem rausgekommen bist, werden vermutlich die LEute, die sich den Film ansehen, eher positiv über Dich denken (könnt ich mir vorstellen)
.

Ja, es ginge im Grunde darum, mich früher und heute zu zeigen; was ich erreicht habe, wie ich die Drogensucht in den Griff bekommen habe - wieviel besser es mir heute geht.

Quote:
Vielleicht gibts die Möglichkeit, den Film jetzt zu drehen, aber zu vereinbaren, mit dem Ausstrahlen zu warten, bis die Kinder groß genug sind. Oder eben überhaupt die Entscheidung zu vertagen, ob Du es drehen willst.


Das ist eine klasse Idee (den zweiten Teil des Films heute - oder von mir aus in einem Jahr - zu drehen; aber abzumachen, dass es noch nicht gesendet wird)

Quote:
Für den Moment war die Absage/Vertagung wohl die richtige Entscheidung


Danke für Deine Einschätzung!

liebe grüsse, liv
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Post Sat, 13.Aug.05, 17:16      Re: Doku-Film über meine Suchtkarriere? Reply with quoteBack to top

Und nun mein fünftes Posting in Folge. Wink

Wenn es nur um mich ginge, hätte ich heute keine Probleme mehr zu meiner Vergangenheit zu stehen. Ich habe gelernt, mich nicht mehr dafür zu schämen. Was bleibt mir anderes übrig, wenn ich mich nicht durch den Alltag lügen/mogeln mag?!?

Und doch muss ich selber zugeben, dass ich etwas Mühe hätte, meine Kinder einer anderen Mutter zu überlassen, die drauf ist/war. Voll daneben, in meiner Lage, oder?!? Manchmal denke ich, dass ich weniger tolerant bin, wie viele andere, was Sucht betrifft. Da komme ich, was den Film betrifft in einen Konflikt.

Als ich noch sehr jung und auf Heroin und Koks war, hütete ich oft das Kind einer anderen Drogensüchtigen, welche dann meist nach Zürich fuhr, um neuen Stoff zu kaufen. Diese Frau war HIV positiv - ihr Kind nicht. Aber wenn diese Frau nachhause kam spritzte sie sich unzählige male Koks und da ihre Venen schon schlecht waren, lagen dann überall blutige Spritzen rum und die Kleine kroch dazwischen rum - bis ich mit ihr raus ging. Und diese Bilder haben sich in meinem Kopf festgesetzt.

(ich brachte diese Frau und ihren Partner- nachdem mich dieser sexuell missbrauchte - vor Gericht und ihnen wurde, nach zusätzlichen Aussagen von anderen, das Kind entzogen. Daraufhin hat der Mann unheimliche Drohungen gegen mich ausgesprochen. Aber mit der Zeit haben auch beide eingesehen, dass es sonst gar nicht gut gehen konnte .... bin jetzt etwas abgeschweift, sorry!! Smile)

Aber solche Bilder prägen sich ein. Wenn ich mir vorstelle, meine Kinder bei einer Fixerin zu lassen, dann würde ich abblocken, weil mir dann immer diese Bilder hochkommen (auch wenn ich selber total steril konsumierte). Daher verstehe ich auch andere Eltern, die ihre Kinder dann nicht mehr zu mir lassen würden (auch wenn ich unterdessen schon lange clean bin - aber WER gibt diesen Eltern dann die Garantie, dass ich ihre Kinder in keine solche Gefahr bringe?) . Gut, die, die mich kennen, haben diese Zweifel wohl nicht mehr ... aber ich verstünde es.

Ich verstehe, wenn andere Eltern sich mein Zuhause ähnlich versieft vorstellen. Ob es denn nun recht oder unrecht ist. "Man" stellt sich ein(Ex-)Junkie-Zuhause doch genau so vor, oder?

Ich grüss Euch lieb, liv
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