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Nessa
Forums-Gruftie
609
Germany W, 54
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Wed, 01.Jun.05, 20:27 Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Hallo liebe Leser,
ich finde hier immer wieder Beiträge, in denen beschrieben wird, dass ein Elternteil psychisch krank ist, und dass die (bereits erwachsenen) Kinder darunter leiden bzw. selbst psychische Probleme haben.
Nun zu meiner Geschichte... Meine Probleme begannen, als ich etwa 40 war. Meine Kinder waren damals 12, 9 und 7 Jahre alt. Anfangs waren es "nur" Schlafstörungen bis hin zur totalen Schlaflosigkeit, bald entwickelte sich daraus eine Depression. Auch wenn nicht direkt darüber gesprochen wurde, ist mir klar, dass die Kinder viel mitbekommen haben. Sie haben bemerkt, dass ich sehr niedergeschlagen war, nicht mehr lachen konnte, mich oft zurückgezogen und viele Tränen vergossen habe. Sie haben sicher auch mehr oder weniger beobachtet, dass mein Mann mit der Situation völlig überfordert und mir in keinster Weise eine Stütze war, was alles nur noch schlimmer gemacht hat.
Heute frage mich, ob durch diese für meine Kinder belastende Situation bei ihnen irgendwann psychische Probleme vorprogrammiert sind. Ich habe Angst, dass sie später selbst vielleicht nicht mehr mit ihrem Leben klar kommen könnten, auch wenn heute nicht unbedingt etwas darauf hindeutet. Gibt es auch so etwas wie eine Veranlagung zu psychischen Erkrankungen?
Liebe Grüße
Nessa
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Jane02
sporadischer Gast
17
Österreich W, 22
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Thu, 02.Jun.05, 9:02 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Hallo Nessa,
Es kann schon möglich sein, dass deine Kinder psychische Probleme bekommen. Nur muss ich sagen, wenn deine Kinder bis jetzt kein Problem hatten, ist die Wahrscheinlichkeit gering. Meine Mutter bekam Panikattacken als ich 2 Jahre alt war. Das ging so bis zu meinem 8. Lebensjahr. Ich hatte damals dann mit ungefähr 9 Jahren das erste Mal psychische Probleme. Und die haben mich seither nicht mehr losgelassen. Ich bin deshalb in Behandlung. Ich will nur damit sagen, dass dies ziemlich bald auftritt, wenn man daheim sowas mitbekommt, deshalb glaub ich nicht, dass deine Kinder gefährdet wären, falls noch kein ernsthaftes Problem bestanden hat.
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Nessa
Forums-Gruftie
609
Germany W, 54
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Fri, 03.Jun.05, 13:36 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Danke für deine Antwort, Jane. Ein ernsthaftes Problem gab es bei meinen Kindern zwar noch nicht, aber ich mache mir trotzdem Sorgen, da meine Probleme ja auch erst später auftraten. Besonders meine Tochter scheint gefährdet zu sein, da sie mir in vielen Dingen sehr ähnlich ist und schon einmal auf eine psychische Belastung mit Schlafstörungen reagiert hat.
Liebe Grüße
Nessa
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josch
Forums-InsiderIn
376
wien M, 57
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Sun, 05.Jun.05, 20:31 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Guten Abend Nessa,
Meiner Meinung nach ja, eine "gute Mutter" sorgt besonders in den ersten Lebensjahren der Kinder,so etwa bis zur Schulpflicht ,die sind ganz ganz wichtig für später ,auch ein "warmes Nest" bringt viel,aber wer von uns kann sich schon sein Elternhaus aussuchen..
lG josch
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0505
sporadischer Gast
8
Tirol W, 19
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Mon, 06.Jun.05, 6:25 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Hallo Nessa,
Vielleicht sollte ich dir mal meine Geschichte erzählen. Meine Mutter hatte schon während meiner Schwangerschaft psychische Probleme. (Der Grund war scheinbar ich, weil sie mich ganz und gar nicht wollte). Ich wurde eigentlich immer benachteiligt, da meine Mutter zu sehr mit ihren Problemen zu kämpfen hatte. Die letzten Energien wendete sie dann für ihre geliebten Pflegekinder auf.
Noch im Volksschulalter trampelte sie (ohne aktuellen Grund) mit Stöckelschuhen auf mich ein, weil sie mich umbringen wollte. Das war in der Zeit, in der sie ihre Antidepressiva wieder mal selbst absetzte. Ich musste mich andauernd um kleine Pflege- und Tageskinder kümmern, damit ihnen nichts passiert. (Einmal war ich nachlässig und ein 15 Monate alte Bub wurde von ihr durch die ganze Küche, also etwa 6 Meter, an die Wand geschmissen).
Trotzdem ging es mir immer gut. Bis zu einem Tag. Irgendwann als ich acht war, zwang sie mich zu einem Psychiater zu gehen. Seitdem hasse ich Psychiater und finde sie doof, inkompetent, ... . Im Nachhinein war das ihr einziger Fehler, der mich heute noch belastet.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich schwer psychisch krank bin. Glaube nicht einmal, dass ich psychisch krank bin. Es gibt einfach immer wieder Phasen, in denen es mir schwerer fällt mit der Vergangenheit zu leben, da ich diese relativ alleine lösen muss. Denn zu einem Psychiater zu gehen wäre für mich wie eine Strafe und mit der Einstellung nützt eine Therapie auch nichts. Jede Sitzung mit Psychologen hat alles nur noch schlimmer gemacht.
Heute ist es für mich besonders in Situationen, in denen ich extrem ungerecht behandelt werde sehr schwer meine Nerven nicht wegzuwerfen. Und das passiert leider sehr oft. Andererseits zum Glück, denn hin und wieder kann ich mir dann beweisen, dass ich mich beherrschen kann.
Aber warum erzähle ich dir das alles? Meine Mutter war in den wichtigsten Entwicklungsjahren schwer psychisch krank. Trotzdem bin ich groß geworden, habe mir eine eigene Existenz aufgebaut und bin größtenteils glücklich. Habe sogar ein relativ normales Verhältnis zu meiner Mutter.
Du sagtest, deine Tochter reagiert auf Belastung mit Stress?? Ich war jetzt 13 Jahre lang Schüler, und kenne keinen anderen Schüler der vor schweren Tests und Schularbeiten oder Referaten oder anderem keine Schlafprobleme hatte.
Alles gute noch.
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Nessa
Forums-Gruftie
609
Germany W, 54
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Mon, 06.Jun.05, 11:43 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Hallo josch, hallo 0505,
danke für eure Antworten.
@ josch: Aus deinem Beitrag werde ich nicht ganz schlau...
@ 0505: Es freut mich für dich, dass du deine ziemlich schwierige Kindheit so gut überstanden hast. Ich meine aber, eine gewisse "Härte" aus deinem Beitrag zu lesen, als ob du deine Geschichte (zumindest) als eine große Ungerechtigkeit empfinden würdest. Du schreibst, du hast ein relativ normales Verhältnis zu deiner Mutter... Hast du ihr das alles verziehen?
Quote: | Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich schwer psychisch krank bin. Glaube nicht einmal, dass ich psychisch krank bin. Es gibt einfach immer wieder Phasen, in denen es mir schwerer fällt mit der Vergangenheit zu leben, da ich diese relativ alleine lösen muss. |
Hast du keine Angst, dass du im späteren Leben Probleme bekommen könntest? Manchmal braucht es dazu einen Auslöser, wo dann alles Erlebte massiv wieder hochkommt und eben erst dann aufgearbeitet werden kann...
Quote: | Du sagtest, deine Tochter reagiert auf Belastung mit Stress?? Ich war jetzt 13 Jahre lang Schüler, und kenne keinen anderen Schüler der vor schweren Tests und Schularbeiten oder Referaten oder anderem keine Schlafprobleme hatte. |
Ich meinte keine Prüfungen oder ähnliches, sondern Alltagssituationen, in denen Konflikte auftreten.
Liebe Grüße
Nessa
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0505
sporadischer Gast
8
Tirol W, 19
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Mon, 06.Jun.05, 12:52 Re: Mutter psychisch krank - Auswirkungen auf die Kinder |
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Hallo Nessa!
Natürlich finde ich meine Kindheit oft als große Ungerechtigkeit, aber was ist heute schon noch gerecht. Du kannst recht haben, dass ich manchmal sehr hart, besonders mit mir selbst bin. Doch eigentlich bin ich total weichherzig, und verletzlich, aber das ist das Geheimnis meines Glücks: wenn die anderen die eigenen Schwächen nicht wissen, können sie sie nicht ausnützen. Was aber nicht heißt, dass ich allen anderen eine heile Welt vorspiele. Ich lasse nur hin und wieder die Gefühle etwas im Schatten stehen.
Aber ich denke mir auch oft, dass ich nicht so wäre wie ich bin, wenn ich das Erlebte nicht erlebt hätte. Und eigentlich kann ich mit mir recht zufrieden sein.
Du fragst ob ich meiner Mutter alles verziehen habe. Das ist wirklich eine sehr gute Frage. Ich glaube nicht. Ich kann es zeitweise zwar vergessen, aber verzeihen... . Vielleicht kann ich es irgendwann, aber derzeit noch nicht.
Angst vor Problemen im späteren Leben? Nein, das auf jeden Fall nicht. Ich sehe das so: Im Leben geht es sowieso immer auf und ab. Mal gehts besser, mal schlechter, und das unabhängig davon, ob man etwas Schlimmes erlebt hat, psychische Probleme hat, oder nicht. Sicher gibt es immer wieder mal Auslöser, die Vergangenes wieder hochkommen lassen, aber ich habe gelernt damit umzugehen. Es ist vorbei und ich muss es nicht immer wieder runterwürgen. Zumindest versuche ich es.
Das Beispiel mit der Schule sollte eigentlich nur zeigen, dass jeder, auch wenn er in einem wunderbaren, perfekten Umfeld aufwächst mal an Schlafstörungen leidet.
Natürlich könnte sich das Ganze zu dauerhaften Schlafstörungen auswachsen, aber die Angst vor dem was passieren könnte ändert nichts an der Zukunft. Es verdrießt nur die Gegenwart. Und die ist das wichtigste. Vergangenheit kann man nicht mehr beeinflussen und man weiß nie was in Zukunft passiert. Doch im hier und jetzt kannst du zumindest teilweise bestimmen was passiert und wie du die Kindheit deiner Kinder gestaltest. Und das ist das wichtige. Nicht was passieren könnte oder was passiert ist, sondern was gerade passiert.
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