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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Sun, 15.May.05, 22:55 Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Hallo,
seit einiger Zeit leide ich unter unserer Erfolglosigkeit. Mein Mann ist schon seit längerer Zeit arbeitslos. Ich mache seit Jahren einen Job, der mich im Grunde unterfordert. Wenn ich unser Leben mit anderen in unserem Alter vergleiche, finde ich es so arm. Also weniger nun materiell als inhaltlich. Die meisten unserer Freunde haben mittlerweile ihre Häuser, Wohnungen abbezahlt, haben ihre Kinder halbwegs groß, ernten berufliche Erfolge, während es bei uns irgendwie stagniert. Es kommt mir so vor, niemals etwas gepflanzt zu haben.
Ich habe einige Fortbildungen absolviert, das hat mir ganz gut getan. Meinem Mann dagegen fehlt im Grunde jeder Ehrgeiz. Es fällt mir so schwer, die Achtung vor ihm zu bewahren. Er verändert sich, sein Denken wird so langsam, es gibt immer weniger Themen, über die ich mit ihm reden kann, Herausforderungen sind ihm frend. Er ist gerade mal 47 Jahre und definitiv zu jung, um sich in ein Rentnerleben zu begeben. Ich möchte ihn so gerne wieder als Partner und als Mann wahrnehmen können. Gespräche führen immer nur in eine Sackgasse. Ich habe mir überlegt, professionelle Hilfe zu holen. Gibt es jemanden, dem es ähnlich mit seinem Partner ergeht? Wie geht ihr damit um?
Danke schon mal für Antworten
Gruß
Anna
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sudek
Helferlein
31
nrw M, 57
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Mon, 15.Aug.05, 14:59 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo anna,
ich bin heute erstmals auf diese website geraten und habe
Deinen beitrag gefunden.Frage: ist das, was Du da beschreibst noch aktuell, d.h. ist es noch sinnvoll, Dir eine antwort zu geben?
ich würde Dir gerne antworten.
herzlicher gruß
sudek[/u]
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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Mon, 15.Aug.05, 15:46 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Hallo Sudek,
vielen Dank für deine Antwort. Habe schon gar keine Antwort mehr erwartet. Das Grundproblem besteht weiter. Wobei ich mich mittlerweile in eine Beratung begeben habe, so dass ein wenig Entspannung eingetreten ist. Mein Mann macht für drei Wochen einen Minijob. ab nächsten Montag hat er wieder gar keine Arbeit.
Eine Antwort von dir würde mich schon sehr interessieren, weil ich das Problem noch nicht wirklich gelöst habe.
Vielen Dank vorab.
Gruß
Anna
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milka05
sporadischer Gast
11
Deutschland W, 29
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Tue, 23.Aug.05, 22:18 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo anna,
ich bin an deinem Beitrag hängen geblieben, weil es mir momentan mit meinem Partner irgendwie ganz ähnlich wie dir geht.
Ich bin selber auch jobmäßig nicht wirklich zufrieden, hab aber wenigstens einen job.
Mein Partner (etwas älter als ich) ist mittlerweile geraume Zeit arbeitssuchend.
Die Arbeitslosigkeit ist ein Selbstläufer: das selbstvertrauen wird schlechter, soziale kontakte flauen ab, unternehmungen werden weniger und man hat keine energie mehr für zukunftspläne oder dergleichen.
Ich habe selber auch langsam nicht mehr die kraft, meinen freund zu motivieren, weiter zu suchen, nicht aufzugeben, irgendwie aktiv zu bleiben usw. Außerdem fühlt er sich dann immer schnell kritisiert von mir. Manchmal macht mich das alles nur noch müde. Eigentlich hänge ich sehr an ihm, aber zufrieden bin ich mit der Situation eigentlich gar nicht. Ich hatte mir unser leben auch mal anders vorgestellt.
Was für eine art beratung hast du denn in Anspruch genommen? Ich würde auch gerne mal eine fremde Meinung dazu einholen, aber mit Bekannten oder Familie mag ich irgendwie nicht so gern über so was reden. Weiß auch nicht, wie und von wem man sich in so einem Fall Rat holen könnte. Wäre jedenfalls für jede inspiration dankbar.
gruß
milka
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sudek
Helferlein
31
nrw M, 57
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Wed, 24.Aug.05, 4:16 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo Anna,
Du bemerkst, wie schwierig mir es ist zu antworten. Ich verstehe jetzt, nachdem auch Milka Dir geantwortet hat, wie wichtig es ist, die Antwort hier im öffentlichen Forum zu geben und nicht als private mail. Ich habe also mein Profil etwas bearbeitet und glaube nun, auch hier meine Meinung schreiben zu können.
Wie ja Milka auch schreibt, ist auch bei mir die sich schon am Horizont abzeichnende Arbeitslosigkeit ein Schritt in die soziale Isolierung. Warum? Ich glaube, es hat bei vielen auch sehr viel mit Geld zu tun. Es wird heute einfach dramatisch weniger, was man zu zweit dann zum Leben zur Verfügung hat und der Alltag wird dann oft zur täglichen Abrechnung über die Ausgaben des einen und der anderen. Das ätzt ungeheuer. Zum anderen lähmt mich die Arbeitslosigkeit dann auch innerlich, es staut sich Aggression auf, die nach Abfuhr sucht, die sich dann meist im Streit auflöst, je mehr man sich dann isoliert.
Aber um wieder Arbeit zu finden, muss man immer wieder diese Isolation durchbrechen, man muss allen, die man nur irgend kennt, mitteilen, dass man Arbeit sucht, man muss sie zu eigenen Werbeträgern machen. Wenn man diese Hürde bei jedem einmal überwunden hat, bekommt man oft auch Hilfe und - wie bei mir - auch eine Stelle. Der Kontakt nach außen mit aller Kraft ist das Wichtigste.
Zum andern hilft mir und meiner Partnerin die persönliche Weiterbildung. Man kann mit Förderung des Arbeitsamtes Fernlehrkurse beginnen, die - da heute internet - auch zum Austausch der dortigen Teilnehmer untereinander führen. Für Euch - Anna und Milka, wäreeine solche Weiterbildung vielleicht
auch stark motivationsfördernd.
Hinsichtlich der Beziehung kann man bei den Beratungsstellen der Kirchen Hilfe bekommen - Caritas und Diakonie. Eine Paartherapie ist sicher sinnvoll. Als Buch kann ich empfehlen: "Die Kunst als Paar zu leben" von Hans Jellouschek/Kreuz Verlag.
Liebe Grüße
sudek
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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Mon, 29.Aug.05, 10:43 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Hallo Milka, hallo Sudek,
vielen Dank für eure sehr treffenden Antworten. Ich kann dem nur zustimmen. Vor allem dem Punkt mit der Isolation und dem ständigen Hin-und Herrechnen. Wir haben nun verdammt wenig Geld. In zwei Wochen habe ich zwei Paare zum Essen zu uns eingeladen. Beide Paare sind sehr gut situiert. Bei einem Paar sind beide Lehrer, bei dem anderen Paar sind beide selbstständig und das sehr erfolgreich. Wir kennen uns aus dem Studium und treffen uns einmal im Jahr reihum. Das Essen müssen wir uns wirklich absparen und am liebsten würde ich es absagen. Es wird wohl wieder um die tollen Urlaube gehen, um die Häuser, um ich weiß nicht was. Schon der Gedanke daran stimmt mich ein wenig missmutig. Nur, mit welchem Grund soll ich absagen. Sorry, wir haben kein Geld, wir können nicht mitreden????
Ich sehe es wie du, Sudek, man sollte es möglichst breit streuen, dass man Arbeit sucht. Mein Mann sieht das leider nicht ein. Er gibt seinen verdammten Stolz nicht auf. Ich kann ihm die Bestätigung, die er braucht, nicht mehr geben, auch dieses Gefühl der Müdigkeit kenne ich nur zu gut.
Der Literaturtipp ist gut. Ich werde mal sehen, ob die Bücherei das Buch hat.
Seit einiger Zeit nehme ich eine Beratung in Anspruch. Ich finanziere sie selbst. Der Berater ist Supervisor und hat eine Therapieausbildung. Das war der Tipp einer Freundin. Fühle mich dadurch gestärkt.
Liebe Grüße
Anna
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milka05
sporadischer Gast
11
Deutschland W, 29
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Tue, 06.Sep.05, 10:29 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Liebe Anna, lieber Sudek
Mir hat es ganz gut getan, mich hier auszutauschen und auch einige Tipps von Euch zu hören.
Ich habe jedenfalls wieder etwas mehr Motivation, es weiter zu versuchen. Mein Freund hat nun zumindest beschlossen, eine befristete, kleine Stelle anzunehmen. Diese entspricht zwar nicht wirklich seinen Qualifikationen, aber ich sehe es trotzdem positiv. Einerseits finde ich es schon gut, wenn man einfach mal wieder raus kommt, nicht nur rumhängt, wieder einen Tagesrhythmus bekommt usw. Außerdem ist es vielleicht eine Möglichkeit, auch neue Kontakte zu knüpfen und so vielleicht weiter zu kommen. Ich denke, dass ich dann auch wieder mehr Kraft finde, mich um mein eigenes Weiterkommen zu kümmern.
@Anna:
Ist denn dein Essen schon gelaufen? Ich finde es von einigen Leuten sehr taktlos, wenn sie auf die Situation anderer keine Rücksicht nehmen und mit ihren Erfolgen dann noch herumprahlen. Ich kann verstehen, dass Du Dich dabei unwohl fühlst. Andererseits denke ich, dass Arbeitslosigkeit heutzutage in unserem Land nun mal ein sehr weit verbreitetes Problem ist, dass längst nicht mehr nur bestimmte Bildungsschichten, vermeintliche „Arbeitsunwillige“ oder Außenseiter betrifft. Leider erscheint es mir aber auch so, als ob man sich in unserer Gesellschaft mehr denn je über seinen Erfolg im Job definiert. Unter diesem Druck stehen - denke ich - besonders die Männer. Daher kann ich den „Stolz“ Deines Mannes schon auch verstehen, denn sich dazu vor anderen zu bekennen, kommt gerade bei Männern wohl einem Versagenseingeständnis gleich.
@ Sudek:
Aus dem gleichen Grund lassen sich viele Männer nur ungern zu einer Paartherapie überreden, weil sie sich dabei irgendwie an den Pranger gestellt fühlen. Trotzdem danke für den Tipp. Ich finde es gut, dass Du bereit warst, bei so etwas mitzumachen. Dem Buchtipp kann ich ja trotzdem mal nachgehen
Gruß
Milka
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sudek
Helferlein
31
nrw M, 57
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Wed, 07.Sep.05, 7:37 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo, anna und milka!!! jetzt erlebt ihr einen Menschen, der unfähig ist, seine augenblickliche Situation auf angemessene Weise zu kommunizieren. Weiterhin seht ihr, wohin einen die existentielle Verzweiflung treiben kann.
Wie ich vielleicht noch nicht geschrieben habe,ging mein Schuljahr am 31.August zuende. Kurz bevor ich in der letzten Woche zum Arbeitsamt ging, habe ich mir nach fast genau einem Jahr meinen Arbeitsvertrag hervorgeholt. Und hier konnte ich es einfach nicht fassen. Vor einem Jahr - am 31.8.2004 - hatte ich mit dem Geschäftsführer verhandelt, dass ein Schuljahr 365 tage dauert. Ich habe den Vetragsvorschlag erhalten, ihn geprüft und akzeptiert.Das Original habe ich dann nicht mehr auf das Datum geprüft - was ich beruflich nie gemacht habe!! Und jetzt stelle ich fest, dass der Vetrag am 31.Juli endete. Also habe ich mich zu spät beim Arbeitsamt gemeldet.
Durch ein Riesenglück haben die Damen dort meine Meldung rückdatiert, so dass ich dann doch für den August Geld erhalte, aber
noch nicht habe. Juristisch ist ein Lehrervetrag für 11 Monate illegal. Es gibt also mal wieder einen Prozess. Sonst könnten ja alle Privatschulen die Lehrer bis zu den Ferien einstellen, für die Ferien entlassen und dann wieder einstellen. Das hatder Staat untersagt. Aber man sieht mal
wieder, es wird getrickst. Zum andern habe ich auf meine bis jetzt 52 Bewerbungen noch nicht einmal eine Antwort erhalten, geschweige denn ein Vorstellungsgespräch.
So grabe ich mich von Tag zu Tag immer mehr ein. Es ist so unendlich hoffnungslos.
In dieser Situation fällt es mir schwer, euch etwas vorzujammern - insbesondere, da es ja auch meine ganz eigene Verantwortung ist, dass mir das so passiert ist.
Tut mir leid, dass ich zur Zeit nichts Aufmunterndes bieten kann.
Liebe Grüße friedrich
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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Wed, 07.Sep.05, 14:47 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Hallo Milka,
gut, dass dein Partner wenigstens eine neue Herausforderung hat. Daraus kann sich ja wieder mehr ergeben. Es ist wirklich so, wie du beschreibst, je rarer Arbeitsstellen werden, desto höher wird die Arbeit an sich bewertet, was die Leute ohne Arbeit noch weiter ausgrenzt.
Das Essen ist am Samstag. Ich werde mich behaupten, habe ich mir fest vorgenommen. Leistung kann nicht alles im Leben sein.
Hallo Sudek - Friedrich,
es tut mir Leid, dass es so mies bei dir gelaufen ist. Vertrauen ist in der Arbeitswelt wohl nicht mehr angesagt. Es ist sicher dann auch unangenehm, auf das "Wohlwollen" des Amtes angewiesen zu sein. Immerhin ist es nicht mit Absicht passiert und schon gar nicht rechtens, wie der Vertrag gestaltet war.
Was kannst du tun, damit der Frust nicht zu groß wird? Was ist das heutzutage für ein Umgang, dass nicht mal mehr eine Antwort auf eine Bewerbung kommt. Diese Unverbindlichkeit finde ich so missachtend.
Hast du Möglichkeiten, dir wieder mehr Freude zu verschaffen? Ich weiß, es mag höhnisch klingen, aber ich weiß ja von meinem Mann, wie es so abläuft.
Alles Gute
Anna
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sudek
Helferlein
31
nrw M, 57
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Thu, 08.Sep.05, 4:38 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo Anna,
danke erst einmal für Deine Antwort und Dein Mitgefühl, das allein tut schon gut.
Freude macht mir zur Zeit die politische Diskussion, obwohl sie mich auch unendlich aufregt, aber es schießen Lebenskräfte ins Blut.
Ansonsten verstärke ich meine Arbeit an meinen Fotografien, um eine Ausstellung im November zu organisieren.
Erst einmal herzlichen Dank und Dir Anna, einenschönen Tag,
friedrich
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milka05
sporadischer Gast
11
Deutschland W, 29
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Thu, 08.Sep.05, 10:39 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo Anna,
ich drück Dir jedenfalls die Daumen für Samstag und denke, dass Du mit dieser Einstellung bestimmt entspannter sein wirst. Vielleicht wird es ja sogar richtig nett. Außerdem muss man sich auch einfach mal bewusst machen, dass im Grunde alle Menschen- auch die nach außen hin so erfolgreich wirkenden- ihre Probleme haben, aber es nicht unbedingt zeigen.
hallo Sudek,
schau doch mal in Deine PMs.
Gruß
Milka
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sudek
Helferlein
31
nrw M, 57
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Mon, 12.Sep.05, 6:42 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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hallo Anna,
wie war Dein Wochenende, hast Du es überlebt?
Dir und Milka eine schöne Woche!!
Herzlicher Gruß
Sudek
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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Mon, 12.Sep.05, 15:38 Re: Beziehungskiller Arbeitslosigkeit |
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Hallo Milka, hallo Sudek,
vielen Dank für die guten Wünsche und für die Nachfrage. Das Essen war deutlich besser als erwartet. Habe Rezepte gewählt, die gut, aber nicht zu teuer waren. Da ich eh nicht gerne Fleisch esse, habe ich eben vegetarisch gekocht. Somit war die finanzielle Seite schon mal gerettet.
Ein weiterer und viel wesentlicher Grund war, dass wir in der letzten Woche von dem Tod eines gemeinsamen früheren Freundes erfahren haben. Wir hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr, aber dennoch hat es uns alle aufgewühlt. Und damit standen die anderen Themen nicht im Vordergrund, es ging um Sachen, die jeden Menschen bewegen, unabhängig von Erfolgen. In diesem Zusammenhang habe ich auch wieder spüren können, warum ich mit meinem Mann zusammen bin, eben nicht, weil er ein toller Karrierist ist, sondern weil er ein toller Mensch ist und gerade mit den wichtigen Dingen des Lebens gut klar kommt. Die Wertschätzung wurde wieder stärker.
Das Gefühl, versagt zu haben, bearbeite ich weiter in der Beratung. Ich glaube, das ist der einzige Weg, daraus zu kommen.
Sudek, wie geht es dir?
Gruß
Anna
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