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Natascha
Helferlein
30
Hannover W, 38
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Mon, 18.Apr.05, 15:49 Destruktiver Streit |
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Hallo,
schön, dass es Euch gibt. Also: Ich (3 lebe mit meinem Freund (36) seit 2 Jahren zusammen.
An sich verstehen wir uns ausgezeichnet - viele Gemeinsamkeiten, er ist sehr aktiv, bemüht, zugewandt, verlässlich, liebevoll.
Allerdings gibt es auch Probleme, und die belasten mich enorm:
Wenn wir einen Dissens haben, wären diese Dinge an sich kein ernsthaftes Problem, wenn ich mit ihm mein Bedürfnis stillen könnte, mich angemessen darüber mit ihm auszutauschen.
Aber genau das geht nicht. Mein Freund ist mir kommunikativ unterlegen -ich hoffe, das klingt jetzt nicht überheblich, aber so ist es. Beruflich habe ich mich immer mit Kommunikation beschäftigt und viel daran gearbeitet.
Mein Freund redet grundsätzlich nicht gern (höhö) - naja, ist aber in gewisser Weise bereit, an sich zu arbeiten: Wir haben sogar ein Kommunikationstraining für Paare gemacht. Das hat ein wenig geholfen, aber nicht durchgängig: Ist er genervt, ist es aussichtlos, die erlernten Regeln anzuwenden. Leider entgleisen unsere Streitgespräche enorm, und ich kann das absolut nicht ertragen. Ich versuche, alles richtig zu machen, aber er gibt mir keine Chance dazu.
Er macht ALLES, um zu verhindern, dass ein Gespräch konstruktiv läuft, ist wirklich EXTREM destruktiv: Unterbricht mich – führt mein Ungesagtes zu einem total falschen Ende und regt sich höllisch darüber auf, ist ironisch/sarkastisch/unaufrichtig, schreit rum, unterstellt mir Dinge, schaut endlos genervt usw. Stelle ich ihm eine aufrichtig gemeinte Frage, öffne mich u. bleibe konstruktiv, antwortet er bewusst ironisch, widersprüchlich, wütend, genervt - ich bin verunsichert. Oder er verhöhnt mich ganz einfach.
Egal, wie ich versuche, ihn zu erreichen – es geht nicht und er zeigt mir seine Wut so sehr, dass ich, obgleich ich selbstbewusst u. mutig bin, innerlich total gelähmt werde und so sehr Schmerzen leide, irgendwann völlig verzweifle und denke, ich bin in einem Alptraum.
Ich habe hier schon manches von verbaler Gewalt gelesen und meine, dass auch mein Freund mit seinem aggressiven Verhalten Gewalt gegen mich ausübt. Auf die Frage nach dem Warum meint er nur, "vermutlich, um mich zu verteidigen". Ich solle das nicht so ernst nehmen, man schreie sich doch halt mal an und dann vertrage man sich wieder. So will ich das aber nicht!
Vermutlich dominiere ich ihn, er gerät unter Druck, fühlt sich unterlegen und weiss sich irgendwann nicht mehr zu helfen, außer durch Um-sich-schlagen.
Er meint, streiten sei überflüssig, und man könne Beziehungen kaputtreden. Aber es ist bei uns so, dass die Streitgespräche sich nur deshalb in die Länge ziehen, weil ich bisher immer versuchte, ihn IRGENDWIE doch noch zu erreichen. Sprache/Verstand sind nun mal meine einzigen Mittel, mich auszudrücken und belastende Dinge zu lösen. Im Streit bohre ich immer weiter und werbe um Verständnis, aber er wird immer ungehaltener. Das kann ich ja auch verstehen – Bohren ist sicher nicht gut.
Bei seiner Exfrau ist ihm schon mal die Hand „ausgerutscht“ – davor habe zwar ich keine Angst, aber die Verhaltensmuster sind ähnlich: Er sagt, ich bräuchte mir doch die Dinge nicht so reinzuziehen, dann würde er auch nicht so ausrasten.
Mich verletzt schon sein genervter Ton, die ablehnende Körperhaltung, und die Wortwahl. Ich kann mich so nicht aufgehoben fühlen. Erwarte ich zuviel?
Ich bin klar in meiner Kommunikation: Bitte um Dinge, sage, wie ich mich fühle, versuche, ihm positives Feedback zu geben usw. – es wird mir in diesen Momenten aber ALLES negativ ausgelegt. Ich verzweifle dann irgendwann SO SEHR, dass ich zusammenklappe. Und selbst dann hört er nicht auf, setzt nach und tut mir weiter unglaublich weh.
Für mich ist es so qualvoll, dass der Mann, der mich liebt, mich in manchen Situationen so behandelt, dass ich sogar an Suizid denke. Ihn mit diesem Makel zu akzeptieren, fällt mir extrem schwer. Habt Ihr eine Idee, wie ich loslassen und mich selbst schützen kann?
Danke!
Natascha
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_________________ Machs nicht kompliziert! |
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Toughy
[nicht mehr wegzudenken]
1312
Dtld W, 29
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Wed, 20.Apr.05, 20:00 Re: Destruktiver Streit |
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Hallo Natascha,
spontan fällt mir nicht so viel dazu ein, außer dass Du an der Stelle, wo die Kommunikation entgleist, selbige ab- bzw. unterbrichst. Wenn eine/r erst einmal anfängt, aggressiv zu werden, ist keine konstruktive Auseinandersetzung mehr möglich; nicht in dem Augenblick. Du könntest dann also bewusst einen Schritt zurücktreten und ihm mitteilen, dass Du nicht bereit bist, die Unterhaltung auf diese Weise fortzuführen, sie aber zu gegebenem Zeitpunkt fortsetzen möchtest.
Was mir aber zuvor einfiel, ist etwas anderes: Reagiert er grundsätzlich so, oder nur bei bestimmten Themen?
Das war - wie gesagt - mein erster Gedanke bzw. meine erste Frage als ich las, er würde sich "wehren". Aber das kann durchaus daran liegen, dass ich aus eigener Betroffenheit Parallelen sehe, die es evtl. gar nicht gibt.
LG Toughy
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_________________ Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will. |
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Teufelchen2407
Helferlein
89
Wien W, 31
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Tue, 07.Jun.05, 14:55 Re: Destruktiver Streit |
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hi!
meiner wird so wenn ihm die argumente ausgehen oder er merkt, dass er im unrecht ist. das würde er aber niemals zugeben, da schaltet er dann auf stur, wird verletzend und muss mich abwerten um sich selbst nicht so unterlegen zu fühlen.
es ist extrem nervig und tut mir auch jedesmal irre weh, das sieht er einfach nicht ein, ich versteh ihn in dem punkt nicht, manchmal glaub ich sogar dass es ihm dann spass macht mir weh zu tun, damit er sich wieder überlegen fühlen kann.
scheint ein männerproblem zu sein, bei den beiträgen die ich hier im forum schon gelesen habe. so viele frauen schreiben über dieses phänomen.
ich weiss leider auch nicht wie ich damit umgehen soll, leider kann man negative gefühle nicht so einfach ausschalten, mir ist dann zum heulen, was ihn noch mehr anstachelt.
hauptsache ich bin gut drauf und reagiere mit gelassenheit, dann haben wir derartige probleme komischerweise nicht.
lg
teufelchen
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_________________ Greets
Teufelchen |
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Natascha
Helferlein
30
Hannover W, 38
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Wed, 08.Jun.05, 12:14 Re: Destruktiver Streit |
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Hi,
bei uns ist es so, dass ich das gefuehl habe, dass mein mann sich gegen mich irgendwie wehren muss. vermutlich, weil ich zu dominant mit meiner kommunikativen "ueberlegenheit" bin.
ich komme mit argumenten, die analytisch und vernunftsbezogen sind, einfach nicht an ihn heran, er setzt sich quasi eine brille auf, durch die er alles genau so sieht, wie er es sehen will. und das ist eben in erster linie vollkommen auf die "schuldfrage" bezogen, wobei er sich stets in der opferrolle sieht und seinen aktionsradius und einfluss einfach vollkommen in abrede stellt, und weiterhin sehe ich seine gesamte handlungsweise in solchen konflikten leider extrem destruktiv. ich erkenne nicht, wie er mit seiner verhaltensweise ueberhaupt loesungen erzielen will und kann, seine verhaltensweise fuehrt aus meiner sicht letztlich zu maximaler eskalation - was ich rein rational gesehen ueberhaupt nicht verstehe. auch beruflich hat er momentan einen vergleichbaren konflikt, wo er sich genauso verhaelt wie mir gegenueber und wo er - genau wegen dieses verhaltens - sogar schon formal abgemahnt wurde. aber dennoch sieht er sich eben nur in der opferrolle und nur die anderen sind "schuld". er ist so engstirnig, unvernuenftig und unbelehrbar, und selbst von mir als seiner ihn liebenden partnerin, die an seinem wohl interessiert ist, laesst er keine reflektion aus einer anderen perspektive zu.
ich ziehe mich innerlich mittlerweile soweit es geht zurueck, wenn er dermassen "mutiert" und bin erschuettert ueber seine verwandlung.
denn meistens ist er im zusammenleben eben sehr liebevoll und zugewandt. wie gesagt, ich verstehe es nicht und sehe nicht, wie ich mich anders verhalten kann (ausser eben rueckzug), um damit klarzukommen.
danke fuer die antworten.
liebe gruesse
natascha
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_________________ Machs nicht kompliziert! |
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Nessa
Forums-Gruftie
609
Germany W, 54
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Wed, 08.Jun.05, 14:22 Re: Destruktiver Streit |
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Hallo Natascha,
ich glaube nicht, dass eure Diskussionen in erster Linie daran scheitern, dass dein Partner dir kommunikativ unterlegen ist. Ich habe den Eindruck, dass er einfach nie gelernt hat, Konflikte zu lösen. Seine Reaktionen und die damit verbundenen Verletzungen des Gesprächspartners sind wahrscheinlich der Ausdruck seiner Hilflosigkeit. Daher kommt sicher auch dein Gefühl, dass er sich wehren will. Er manövriert sich in die Opferrolle, um die Verantwortung von sich abzuschieben. Wenn er das Opfer ist, also nicht "schuld", ist es für ihn erträglicher, sonst fühlt er sich als Verlierer.
Die Konsequenzen, die du aus diesem Verhalten ziehst, sind Rückzug... wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, auf Dauer nicht daran kaputt zu gehen. Eine Lösung eurer Probleme könnte möglich sein, wenn sich dein Partner dem Problem stellt und bereit ist, daran zu arbeiten. In diesem Fall würde das bedeuten, dass er Strategien erlernt, um Konflikte zu lösen... dass er einsieht, dass es bei einer Auseinandersetzung nicht um Sieger und Verlierer geht...
Liebe Grüße
Nessa
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Teufelchen2407
Helferlein
89
Wien W, 31
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Fri, 10.Jun.05, 16:39 Re: Destruktiver Streit |
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hi nessa
genau damit fängts ja schon mal an, dass er eben nicht einsieht, dass er ein problem damit hat, konflikte auf angemessene art zu bereinigen. er weist die schuld von sich und ist somit automatisch in der machterhabeneren position. das läuft nahezu jedesmal nach schema f ab. wie willst du jemandem beibringen, dass er an seiner art zu kommunizieren arbeiten soll, wenn derjenige absolut uneinsichtig ist?
wenn nach hundert mal reden und erklären noch immer nichts beim gegenüber ankommt, weil ers einfach nicht hören will?
weil er sich damit nicht auseinandersetzen will?
der person die ein heilmittel dagegen findet, zahl ich einen horrenden preis *gg*
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_________________ Greets
Teufelchen |
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AnnaD
Helferlein
55
Hamburg W, 46
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Sat, 11.Jun.05, 21:28 Re: Destruktiver Streit |
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Hallo Natascha,
es liest sich so, als fühle sich dein Freund in die Enge getrieben und hätte Angst, ihm könne etwas genommen werden. Eine Freundin von mir ist auch sehr stark kommunikativ gebildet. Es gibt Momente, in denen wehre ich mich innerlich dagegen. Es kommt mir dann manchmal so lehrbuchhaft vor. Und es gibt Momente, da will ich ihre Gefühle mitbekommen und kein geregeltes Gespräch führen. Ich kann mir vorstellen, je mehr du dich bemühst. umso mehr festigt sich sein Verhalten. Ich glaube, in solchen Momenten ist eben keine Kommunikation möglich.
Andererseits ist sein Verhalten ja eine ziemliche Verweigerung und das kann ja wirklich gewalttätig sein, weil du dann gar keine Chance hast. Du hungerst aus. Sind eure Verhaltensweisen festgefahren? Wäre es möglich aus der Aktion - Reaktion auszusteigen, ihn im Gespräch zu überraschen, also anders zu reagieren, als er es erwartet?
Gruß
Anna
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Natascha
Helferlein
30
Hannover W, 38
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Mon, 13.Jun.05, 13:50 Re: Destruktiver Streit |
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Hallo,
erstmal vielen lieben Dank fuer Eure Antworten!
@Anna,
Das kenne ich auch. Ich selbst habe auch eine Freundin, die haeufiger mal "dominant und obrlehrerhaft" daherkommt und bei mir dann innerlich Ablehnung erzeugt. Sowas wird es bei meinem Mann sicher auch sein.
Ich bin momentan erstmal an der Stelle, wo ich die schlimmsten Folgen - naemlich, dass ich in eine tiefe Verzweiflung falle - vermeide, indem ich mich zurueckziehe, mir innerlich Affirmationen zuspreche und meine Spiritualitaet versuche zu foerdern. Das hilft schon mal, mich davor zu bewahren, gaenzlich abzustuerzen.
Aber es ist gleichwohl noch weit davon entfernt, einen Konflikt in sicherem Umfeld, konstruktiv und auf Loesungen konzentriert zu klaeren. Wir haben im vergangenen Jahr ein Kommunikationstraining mitgemacht - die Bereitschaft hatte er immerhin, aber er ist in den fraglichen Momenten wenig bis gar nicht bereit, die Regeln auch anzuwenden.
Ich habe auch schon ueberleget, ob ich mal auf seiner Ebene einsteigen sollte - also genauso destruktiv sein sollte, haemisch, verweigernd, polemisch, beleidigend... - wohin soll das fuehren? Ich kann das nicht, weil ich mir wuensche, dass wir fair und konstruktiv miteinander umgehen. Ich werde dann so unendlich traurig, wenn ich mir klarmache - da sitzt der Mann, der behauptet, mich zu lieben, und behandelt mich in diesem Moment so gemein - das ist fuer mich unvorstellbar schmerzhaft. Ich bin dann richtig verwundet innerlich.
Ich versuche jetzt, abzubrechen, sobald es eskaliert. Also meine Meinung sagen und dann loslassen, aber er springt so schnell auf jegliche Form der Kritik von mir an, das ist sehr schwer fuer mich! Ich habe auch versucht, ihn so anzunehmen, wie er ist - in dem Wissen, dass dies seine Schwaeche ist und dass ich ihn mit dieser Schwaeche akzeptieren muss - vielleicht aendert er sich ja nie!
Mir ist auch klargeworden, dass ich ihn mit meiner Beratung, Belehrung,... - im Prinzip versuche zu manipulieren, ueber ihn zu bestimmen. Das muss ich lassen. Ich muss mich schuetzen, das ist meine Aufgabe - ihn aendern zu wollen hat keinen Zweck!
Gottlob haben wir nur relativ selten Konflikte, aber ein Leben ganz ohne Konflikte kann ich mir nicht vorstellen. Daher verliere ich momentan meinen Optimismus, wie es mit uns auf Dauer weitergehen soll.
Natascha
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_________________ Machs nicht kompliziert! |
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Noraa
Forums-InsiderIn
214
Deutschland W, 25
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Mon, 13.Jun.05, 16:24 Re: Destruktiver Streit |
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hallo natascha,
hast du ihm einmal in einer solchen situation offen gezeigt, wie sehr es dich verletzt? was wäre, wenn du anfangen würdest zu weinen?
ich kenne dieses verhalten im streit von meinem vater sehr genau. mit dem ergebnis, dass ich lange sämtliche konflikte gemieden habe. jetzt in meiner beziehung versuche ich wenn möglich einem konflikt nicht mehr aus dem weg zu gehen. aber mit meinem freund kann ich auch vernünftig diskutieren...
ich weiß auch nicht, wie man sich einem menschen gegenüber verhält, der in streitgesprächen so entgleist. bei meinem vater sehe ich es inzwischen als einen ausdruck von schwäche. wie schon weiter oben geschrieben wurde, kann mein vater das gefühl nicht zulassen, dass jemand die besseren argumente hat. er empfindet es als angriff (unbewußt) und wehrt sich mit allen mitteln. soviel zum verständnis.
manchmal stelle ich fest, dass ich meinem vater in der hinsicht wohl etwas ähnlich bin. ich kann auch unfair werden, wenn ich z.b. einen fehler nicht zugeben will. als ob das ein weltuntergang wäre sich einzugestehen, dass der andere recht hat.
ich bemüh mich dann meine ungerechtigkeiten wenigstens nur im kopf austoben zu lassen. ich weiß schließlich wie weh sie tun können und wie viel sie kaputt machen können...
noraa
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