Apollon
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Wed, 16.Apr.03, 12:01 Das Leben |
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Das Leben
Ein alter Mann erzählte mir von seinem Leben. Vor dem Krieg ist er von Wien nach Polen deportiert worden. Er mußte dort ein Lager für sich und die anderen Gefangenen in Zwangsarbeit errichten. Seine Eltern und jüngeren Geschwister wurden in Wien verhaftet und erschossen. Der alte Mann ist ein Jude.
Er schaffte es von Polen nach Rußland zu flüchten. Von den Behörden wurde er als nicht vertrauenswürdig eingestuft, und deshalb in Kasachstan angesiedelt, wo er in einer Kohlenmine arbeitete. Durch einen Arbeitsunfall verlor er ein Bein. Trotz dieser Behinderung verliebte sich eine junge Frau in ihn, und sie schenkte ihm zwei Töchter. In dieser schweren Zeit schaffte er es nur selten, seine Familie satt zu bekommen. Später fand er eine Stelle in einem Musikkonservatorium, und konnte so seinen Töchtern ein Studium ermöglichen.
Die Töchter heirateten in Rußland, und jede brachte fünf Kinder zur Welt.
Nach Ende des kalten Krieges sind sie gemeinsam nach Israel ausgewandert, wo sie neun Jahre lebten. Als Franz Vranitzky während seiner Israelreise allen österreichstämmigen Juden die unbürokratische Wiedererlangung der Staatsbürgerschaft versprach, entschied sich der alte Mann in seiner Heimat zurückzukehren.
Vor einem halben Jahr zog er nach Wien, zusammen mit seiner Frau, einer seiner Töchter, seinem Schwiegersohn, und deren Kindern.
Seine Frau litt aufgrund ihres Alters an Parkinson, und starb in Wien. Er begrub sie am jüdischen Zentralfriedhof. Er hat sie sehr geliebt und liebt sie immer noch.
Trotz der Schmerzen die er wegen verschiedener Gebrechen erträgt, und der Schwierigkeiten und Mühsale die zu meistern hatte, strahlt er eine innere Ruhe, Zufriedenheit und Lebensenergie aus. Er hat das Leben weitergegeben. Seine Eltern freuen sich sicher für ihn.
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