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Deminor
sporadischer Gast
5
NRW M, 31
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Thu, 16.Dec.04, 5:48 Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Hallo,
Sorry, ist eine Kurzbiographie:
Ich bin im 2. Bildungsweg, hab bis letztes Jahr das Abi nachgemacht und dann angefangen zu studieren. Letztes Jahr an Weihnachten kam meine Ma mit Lungenentzündung wg. Nierenversagen ins Krankenhaus, war dort über ein halbes Jahr. Seitdem ist sie Dialysepatientin, leider haben sich die Nieren nicht mehr erholt. Ich war ab Weihnachten 3 Monate fast permanent da und versuchte dann, das Studium wieder aufzunehmen. Dann kam ihr Selbstmordversuch im April, muss dazusagen, das sie schon sehr lange (fast 20 jahre) wg. Depressionen in Behandlung ist. Da mein Studienort fast 500km weit weg war, und wir keinen engeren Familienkreis haben, der in der Krankenhauszeit hilfreich gewesen wäre, habe ich das Studium schliesslich abgebrochen.
Was mich auch sehr belastet, ist, das mein Vater seit 4 Jahren nicht mehr krankenversichert ist, er ist selbstständig und konnte damals eine Zeitlang die Beiträge nicht mehr aufbringen- und wenn man mal aus der gesetzlichen Kasse raus ist, kommt man nur sehr schwer wieder rein, mit 61 findet er keine Anstellung mehr, das wäre der einzige Weg.
Meine Eltern sind fast 20 Jahre geschieden. Ich hatte und habe außer ihnen keine Bindung an meinen jetzigen und ursprünglichen Wohnort, bin mit 13, kurz nach der Scheidung auf betreiben des Jugendamts ins Internat gekommen, auch wg. der Erkrankung meiner Mutter.
Seitdem bin ich ziemlich "wurzellos", hatte im vorletzten Jahr meiner Internats/Schulzeit meine erste (und bis dato letzte) feste Freundin kennengelernt und zog in die Nähe ihres Wohnorts, wo ich auch meine Berufsausbildung machte. Die Beziehung ging nach 6 Jahren in die Brüche, ich fand nach der Ausbildung keinen Arbeitsplatz, und als ich nach 5 Monaten dann einen Vertrag bei einem Unternehmer aus Bayern unterschrieb, gab sie mir den Laufpass. Ich hab schon sehr früh Depressionen kennengelernt, nicht nur bei meiner Mutter, auch bei damaligen Freunden und vor allem bei mir selbst, erste Selbstmordgedanken mit 14. Die Zeit nach der Trennung war eine einzige Depression. Ich arbeitete 18 Monate bei diesem Unternehmer, fatalerweise im selbstständigen Einsatz nur alleine unterwegs, war eine üble Zeit. Kaum zwischenmenschliche Kontakte, zwar viele Menschen, aber nur oberflächlich. Ich war bis da noch nie so einsam. Als ich wieder woanders hinsollte, vorher ein paar Tage Urlaub hatte, war es dann soweit, das nichts mehr ging. Ich lag die gesamte Zeit nur noch im Bett, meldete mich nicht krank, nichts. Schliesslich kam die fristlose Kündigung per Post, aber mir war zu dem Zeitpunkt alles egal.
Dann 1 Jahr depressive Arbeitslosigkeit und weglaufen vor mir selbst, bis mich schliesslich-mit fast 26- die Bundeswehr zum Zivildienst zog. Die Zivizeit war zwar nicht übel, aber schlecht für Bewerbungen- fast 2 Jahre aus dem Beruf raus. Da ich unmittelbar danach keinen Job fand, und eigentlich immer den Plan hatte, noch zu studieren, meldete ich mich, um das Fachabi nachzumachen, in meiner ursprünglichen Heimatstadt an einer Schule an- auch, um dort wieder Leute kennen zu lernen. Depressivität taugt dabei nicht, der Versuch scheiterte. Im folgenden Jahr meldete ich mich an einer Internatsartigen Kollegschule an, wieder weit weg, in der Nähe meines ursprünglichen Internats. Das erste Jahr wurde mir angerechnet, sodas ich das normale Abi innerhalb von 2 Jahren machen konnte. Danach Studienanfang, an einer Uni nahe bei dem Schulort. Ich hatte mir wieder einen Freundeskreis aufgebaut, ausserdem wohnten dort noch alte Schulfreunde. Alles passé.
Dieses Jahr hab ich nochmal ein Studium begonnen, an meinem Geburtsort, hab nach 2 Monaten noch niemand kennengelernt(nur oberflächlich) und scheitere gerade. Jetzt, mit 31, fast 5 Jahre aus meinem Beruf raus und weiss nicht mehr, was ich machen soll. Permanent Angst, das meine Eltern bald sterben. Würde am liebsten wegrennen- wenns einen einfachen Knopf zum ausmachen gäbe. Wie soll ich bloß weitermachen...
Danke fürs lesen.
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Morgaine
Forums-InsiderIn
376
Deutschland W, 22
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Thu, 16.Dec.04, 22:21 Re: Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Hallo Deminor!
Deine Biographie hat mich sehr bewegt...Du hast wirklich keine leichte Zeit gehabt und es ist sicherlich völlig normal, dass du zur Zeit überfordert bist. Wie kam es dazu, dass du keinen Kontakt mehr zu deinem neu aufgebauten Freundeskreis oder deinen alten Schulfreunden hast?
Fällt es dir generell eher schwer, Kontakte zu knüpfen? Kommst du gut mit deinen Komilitonen zurecht?
Diese Auswegslosigkeit, die du beschreibst, kenne ich selbst auch. Es ist leider wirklich ein Teufelskreis, aus dem man sich allein eigentlich kaum befreien kann. Hast du schonmal über eine Therapie nachgedacht? Oder hast du vielleicht schon Erfahrung mit Therapien?
Mir hat die Therapie während der akuten Krise schon geholfen...und auch jetzt hat es doch eine stabilisierende Wirkung.
Ich wünsche dir alles Gute!
Liebe Grüße
Morgaine
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Deminor
sporadischer Gast
5
NRW M, 31
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Fri, 07.Jan.05, 5:41 Re: Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Hallo,
danke für deine Antwort- nach dem ersten Posting ging bei mir einige Zeit gar nichts mehr, war absolut am Boden. Ich war noch vor Weihnachten bei meinem Hausarzt und habe ihm die Problematik wie hier geschildert. Er wollte mir Antidepressiva verschreiben, aber die Nebenwirkungen, die ich bei meiner Mutter in allen Facetten live erlebt habe, schrecken mich zu sehr ab.
Ich weiss nicht, was schlimmer ist... aussitzen oder die Nebenwirkungen. Er hat mich an einen Psychiater/Psychologen überwiesen, muss ihn wohl auch etwas erschreckt haben, kam mir vor, als wenn er über eine Einweisung nachdachte. Weihnachten war eine ziemlich trübe Veranstaltung.
Ich konnte mich vorher zu nichts aufraffen, noch nichtmal kleine Geschenke besorgen, was mich auch sehr bedrückt. An Weihnachten nachmittags kurz zu meiner Ma, abends mit meinem Vater seine Wohnung aufgeräumt und aus den vorhandenen Lebensmitteln versucht, irgend was zu kochen... dolles Weihnachtsessen, naja- hätte schlimmer sein können.
Die Weihnachtsfeiertage waren ziemlich daneben. Vor Silvester gings dann bergauf, und an Silvester bin ich dann auf den letzten Drücker 500km gefahren, um mit Freunden zu feiern, blieb bis zum 3. dort, und es ging mir richtig gut.
Jetzt bin ich wieder "Zuhause", und alles ist wieder wie vor Weihnachten - Ich will alles wegschmeissen, scheiss aufs Studium, andererseits auch wieder nicht - ich weiss einfach nicht weiter.
Mir fehlt der Plan, wie ich weitermachen soll... wenn ich das Studium jetzt abbreche, war es das, und ich hasse meinen erlernten Beruf, mal ganz davon abgesehen, das ich seit fast 6 Jahren raus bin und massenhaft jüngere um die Jobs Schlange stehen.
Ich hasse den Gedanken an Selbstmord, allein wegen den Menschen, die zurückbleiben und sich fragen, was sie falsch gemacht haben. In meinem weiteren Bekanntenkreis gab es 3 Selbstmorde, und ich weiss, wie die Angehörigen und Freunde darunter leiden, ausserdem noch einige Selbstmordversuche, ein Mensch liegt seit Jahren im Koma.
Trotzdem überfällt mich der Gedanke immer wieder, schon seit Jahren. Ich sitze im Auto und fahre einen steilen Berg runter, gebe gas und fahre in der Kurve einfach geradeaus vor den nächsten Baum. Oder irgendwo runterspringen... aber ich will das nicht wirklich.
Es würde wohl helfen, wenn ich jemand hätte, mit dem ich über meine Probleme reden kann. Bis vor einigen Jahren hatte ich eine Art Ersatzfamilie, einen Freund und eine Freundin aus der Internatszeit, mit denen ich über alles reden konnte. Leider ist das in den letzten Jahren immer oberflächlicher geworden, wir haben uns auch zuletzt wegen der Entfernungen nur noch selten gesehen, und ich habe nicht mehr das Gefühl, mit ihnen noch wie früher reden zu können. Es fällt mir selbst hier - in der relativen Anonymität des Internets - schwer, meine Situation zu schildern... die Angst vor Ablehnung und eine Art Soziophobie vor Fremden kommt da mit dazu, das verstärkt sich im Reallife manchmal beängstigend, daher fällt es mir auch nicht leicht, mich mit neuen Leuten anzufreunden.
Ich weiss auch nicht, ob es an mir liegt, oder ob die Menschen so teilnahmslos sind- meine Ma hatte neulich eine Thrombose und war daher einige Tage im Krankenhaus. Da ich in dieser Zeit einige Vorlesungen ausfallen lasssen musste, fragte ich Kommilitonen, um Skripte für die Vorlesungen zu bekommen, und erwähnte dabei auch, das ich zu meiner Ma ins Krankenhaus muss- irgendwie hätte ich zumindest erwartet, das wenigstens einer mal nachfragt, was sie denn hat, zumindest eine Art Interesse zeigt, aber da kam - garnichts.
Während meiner Ausbildungszeit kamen einige Kollegen aus Dörfern, und ich beneide sie immer noch darum, das sie dort so in eine Gemeinschaft eingebettet sind. Vielleicht würde das in meinem Fall diese wiederholten Abstürze, wenn schon nicht ganz verhindern, aber doch wenigstens mildern, oder auch nicht. Alles Träumerei.
Das wars, ich weiss nicht weiter-
gruss Deminor
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Birgit Meyer
neu an Bord!
3
Bocholt W, 40
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Fri, 07.Jan.05, 11:33 Re: Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Hallo,
ich habe deinen Beitrag gelesen und weiß nicht welche Form von Hilfe du möchtest. Aus deiner Biographie konnte ich erkennen, dass du einen nicht einfacheren Lebensweg hinter dich gebracht hast, doch was wünschst du dir heute?
Was muss beispielsweise passieren, damit du dein Studium fortsetzt?
Was muss sich für dich verändern, damit du motiviert bist und Freude am leben hast?
Ich habe Schwierigkeiten dir zu folgen, schade ich würde es gerne verstehen?
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_________________ lieben Gruß Birgit |
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Deminor
sporadischer Gast
5
NRW M, 31
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Fri, 07.Jan.05, 12:25 Re: Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Birgit Meyer wrote: | Hallo,
ich habe deinen Beitrag gelesen und weiß nicht welche Form von Hilfe du möchtest. |
Das weiss ich ja leider selbst nicht, ich weiss nur, das es so, wie es jetzt ist, nicht in Ordnung ist. Ich weiss nicht mehr wirklich, was ich möchte- mein leben ist ziemlich daneben. Was ich mir wünsche- keine Ahnung. Ruhe. Am liebsten möchte ich mich verkriechen. Leider bringt einen das Bad im Selbstmitleid nicht weiter....
Quote: | Was muss beispielsweise passieren, damit du dein Studium fortsetzt? |
Das tue ich z.Zt ja noch. Ich kann mich weder eindeutig dafür noch dagegen entscheiden. Dafür spricht, das ich es eigentlich will, aber mir fehlt momentan jeglicher Antrieb, mich mit dem gebotenen Aufwand damit zu befassen, dazu kommt eine art Lernblockade, alles dauert so unendlich lang.
Dagegen... meine Zweifel. Ich fühle mich oft zu alt, denke, das ich es sowieso nicht mehr schaffe, nur noch mehr Zeit mit etwas vergeude, an dem ich letztendlich doch scheitern werde.
Quote: | Was muss sich für dich verändern, damit du motiviert bist und Freude am leben hast? |
Wenn ich das wüsste... Freude am Leben hat sich bei mir mittlerweile auf sehr kleine, alltägliche Dinge reduziert. Vor meinem Fenster steht ein Baum, alle paar Tage sehe ich dort ein Eichhörnchen... darüber freue ich mich. Mag sich für die meisten wohl recht schwachsinnig anhören.
Motivation- nach Silvester war ich topmotiviert, es ging mir einfach gut. Hat leider nicht lange angehalten. Ich kam nach hause, und das ganze Elend war wieder da.
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Morgaine
Forums-InsiderIn
376
Deutschland W, 22
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Sat, 15.Jan.05, 20:58 Re: Bin gerade vom Leben völlig überfordert |
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Hallo Deminor!
Wie geht es dir mittlerweile?
Quote: | Er wollte mir Antidepressiva verschreiben, aber die Nebenwirkungen, die ich bei meiner Mutter in allen Facetten live erlebt habe, schrecken mich zu sehr ab. |
Kann verstehen, dass du Angst hast, es könnte bei dir auch so sein...Muss es aber nicht...keineswegs...
Heutzutage werden die Nebenwirkungen immer geringer bei Antidepressiva und an deiner Stelle würde ich einfach mal mit dem Arzt über deine Ängste reden. Er kann dir sicher ein schwaches Medikament für den Anfang verschreiben. Einen Versuch wär es sicher Wert.
Was für Nebenwirkungen hatte deine Mutter denn, dass du solche Angst davor hast (wenn ich fragen darf)?
Ich kann dir wirklich nur nahelegen: Versuch es doch mal mit einer Therapie! Gerade in solchen Phasen ist es wichtig, dass man jemanden zum Reden hat und ich höre bei dir heraus, dass du im Moment niemanden hast, dem du deine Probleme anvertrauen kannst.
Ich kann verstehen, dass du dich am liebsten verkriechen möchtest...Das ist auch oft mein Wunsch...aber es löst keineswegs das Problem...durch die Isolation macht es im Endeffekt alles nur noch schlimmer und irgendwann kommt man überhaupt nicht mehr aus dem Loch heraus.
Liebe Grüße
Morgaine
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