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Daisy
neu an Bord!
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Post Tue, 14.Dec.04, 9:24      Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

Hallo !

Mein 77 jähriger Vater war immer sehr dominant, stur und fordernd und ich immer die "ordentlich funktionierende" Tochter. Er hat lange meine pflegebedürftige Mutter betreut (die jetzt in einer Pflegestation untergebracht ist) und jede Hilfe von außen(z.B. Putzfrau, Essenslieferungen) verweigert. Er sieht dies als meine Aufgabe an bzw. macht es so gut er es kann selber, da ich mich weigere, neben meiner eigenen Familie und einem stressingen Vollzeitjob dies zu übernehmen zumal ich ihm es so und so nicht recht machen kann. Er ist sehr verbittert und zieht sich aus dem öffentlichen Leben komplett zurück.
Ich leide sehr unter dieser seit 5 Jahren existenten Situation. Wenn wir einander sehen/hören, macht er mir ständig Vorwürfe und appeliert an mein Gewissen (mit Sprüchen wie: wir waren jahrelang für dich da. Jetzt hast du gefälligst auch Zeit für uns zu haben). Er weist mir alle Schuld zu und wenn ich mich wehre, setzt er mich psychisch stark unter Druck. Er weiß genau, was er machen muss, dass ich Nächte nicht schlafen kann.

Ich bin an einem Punkt, wo ich nicht mehr weiter weiß. Ich sehe keine Lösungsmöglichkeiten, da er bei jedem Gespräch wie ein Jugendlicher abblockt und sehr aggressiv wird oder zu weinen beginnt. Mein Körper reagiert mit psychosomatischen Erscheinungen in verschiedenen Formen die bis zu nachweisbaren Problemen wie mehrfache Bandscheibenvorfälle gehen. Wenn das Telefon läutet, zucke ich zusammen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich 1 Stunde meiner Freizeit für mich verwende. Ich kann mich nur mehr erholen, wenn wir die Stadt verlassen. Dann dauert es ca. 2 Tage bis ich das Gefühl habe, der Körper lässt los. 2 Tage vor der Rückfahrt kommen die Verkrampfungen und Schmerzen wieder.

Hat irgend jemand ähnliche Erfahrungen mit den Eltern gemacht ?
Wie seid ihr mit der Situation umgegangen?
Was würdet ihr an meiner Stelle machen?

Danke für eure Hilfe

Daisy
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katmanu
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Post Tue, 14.Dec.04, 10:13      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

hallo liebe daisy,

beim lesen deines beitrags glaubte ich gleich zu wissen, in welcher lage du bist. es ergriff mich sofort eine unheimliche wut auf diesen selbstsüchtigen, arroganten, rücksichtslosen, launischen und unbarmherzigen mann - bis ich merkte, wie viel ich da reininterpretierte und dass in wirklichkeit mein eigener vater vor meinem geistigen auge stand Rolling Eyes

in wirklichkeit weiß ich viel zu wenig von deiner (eurer, denn es gehören ja immer zwei dazu Wink ) situation, um sie mit meiner (unserer) zu vergleichen. es drängen sich fragen auf wie: wie lange lebt ihr getrennt, wie weit entfernt voneinander wohnt ihr, wie war das mit deiner berufs/schulausbildung, wer hatte da das sagen, lebst du heute nach deinen vorstellungen oder versuchst du, seinen weg zu gehen?
diese fragen müssen nicht alle beantwortet werden, ich denke nur laut nach wenn man das so nennen kann.

in einem bin ich mir aber sicher: du darfst deine gesundheit nicht aufs spiel setzen um die forderungen deines vaters zu erfüllen. die symptome, die du nennst, klingen sehr ernst. du musst dich da rauslösen - wenn nötig mit therapeutischer hilfe.

ich meine damit nicht ihm oder deiner mutter den kontakt oder hilfe zu versagen. es muss aber ein für dich verträgliches maß sein und du musst selbst darüber bestimmen. dich abgrenzen eben.

tu es. es lohnt sich, ich weiß das genau - mein depressiver, herrschsüchtiger vater kann mich heute nicht mehr tyrannisieren, und erst jetzt ist mein leben richtig schön und frei. und unser verhältnis hat dadurch nicht gelitten, es ist eigentlich viel besser geworden zwinkernd..
aber ich weiß noch genau wie es voher war Sad

tu etwas dagegen. die vorwürfe weise zurück: was deine eltern an dir leisteten, das leistest du jetzt an deinen kindern. wenn du jetzt etwas für deine eltern tust, bestimmst du was und wieviel es ist. so wie sie damals bei dir bestimmten. das ist der deal.

ich wünsch dir viel kraft, verwende sie aber für dich, ok?
flower grüße von der sonnigen höhe
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Daisy
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Post Tue, 14.Dec.04, 11:16      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

Hallo Katmandu ! freude

Es tut gut zu hören, dass es auch andere in dieser Situation gibt bzw. gab. Ich habe eben noch meine Schwierigkeiten mich abzugrenzen. Ich weiß nicht , wie ich das machen soll. Wie hast du das geschafft? Wie hast du die heutige Situation herbeigeführt ?

Nun zu deinen Fragen. Wir leben seit über 15 Jahren getrennt in der gleichen Stadt, 10 Minuten mit dem Auto voneinander entfernt. Ich durfte meine Ausbildung zwar selbst bestimmen, wurde aber immer geführt und bei meinem Studium war ich mitten drinnen am Zweifeln ob es das richtige ist und dann hieß es , jetzt machst du das mal fetig, dann werden wir sehen und ich tat es, angepasst wie immer. Mit meinem Job bin ich so weit zufrieden. Es gibt ja immer überall Höhen und Tiefen.
Im Großen und Ganzen leben ich jetzt nach meinen Vorstellungen. Ich wollte zwar immer Kinder, doch nach mehreren Fehlgeburten wäre ich bei einer Todgeburt fast verblutet und kann nun keine Kinder mehr bekommen. Dies entsprach nicht so ganz meinen Vorstellungen, aber ich glaube, das habe ich verarbeitet.

Dass etwas geschehen muss ist mir klar und deswegen bin ich hier in diesem Forum und hoffe einig Tipps zu bekommen.

Herzlichen Dank für deine Mühe Very Happy
Daisy
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Nina82
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Post Tue, 14.Dec.04, 17:52      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

Hallo!

Vielleicht bin ich zu Jung um da mit zu reden aber was ihr da erzählt kommt mir mehr oder weniger sehr bekannt vor. Ich habe immer, eigendlich tu ich das heute teilweise noch, nach den wünschen meiner Eltern gelebt. Mir ist das eigendlich erst vor kurzen bewusst geworden. Ich traue mich zu sagen das ich heute nicht mal wer weiß wer ich eigendlich wirklich bin und vorallem was in mir steckt. Den so lange ich denken kann haben meine Eltern immer mitgesprochen bei dem was ich tat bzw heute noch tu. Egal was ich meinen Eltern sage sie geben ihren senf dazu. Manchmal versteh ich das ja auch und bin ihnen für Sichtweisen dankbar aber manchmal kann das ganz schön nerven. Ich versuche trotz ihrer Meinung, meine eigende durchzusetzten mein eigenes Leben zu leben.
Worauf ich eigendlich hinaus will ist das meine Eltern sehr genau wissen das ich immer für sie da sein werde, sofern es für MICH ok is. Ich habe bestimmt einen Vorteil gegenüber euch denn 1. grenze ich mich jetzt schon ab, in dem das ich ihnen klipp und klar sagen wie ich es für richtig halte egal was sie dazu sagen und 2. kann ich meinen Eltern auch sagen das sie sich nicht überall einmischen sollen ohne das sie sauer sind.

Villeicht rede ich leicht mit meinem alter, und da ich ein ziemlich direkter Mensch bin und eigendlich sage wenn was nicht stimmt, würde ich dir raten DAISY das du deinem Vater sagen solltest das es dir zu viel ist und das er das nicht von dir verlangen kann. Immerhin hast du eine eingene Familie und einen eigenen Job und bist mit den Sachen schon ausgelastet. Klar soltest du deinem Vater helfen aber in einem Mas in dem es dir passt. Sag ihm das es dir SO wie es ist zu viel ist.

Aber wie gesagt vielleicht habe ich leicht reden. Da ich mit meinen Eltern über alles eigendlich reden kann. Und ich kann ihnen sagen wann es reicht. Razz
Aber ich in deiner Situtation würde es mit Direktheit versuchen. Cool
Lg nina
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katmanu
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Post Wed, 15.Dec.04, 11:33      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

hallo daisy, da bin ich wieder.

hm, du hast ja schon einiges durchgemacht pale . es war bestimmt nicht leicht, mit den fehlgeburten fertig zu werden, und bei all der bevormundung, die man da raushört, doch noch deinen eigenen weg zu gehen. trügt mich mein gefühl oder bist du in allen dingen ziemlich stark, nur nicht deinem vater gegenüber? bei mir war es so, nur hat sich das dann auch allgemein auf meine beziehung zu männern ausgewirkt. in meinem leben passierten immer wieder katastrophen.

ich bin zwar als jugendliche nicht die anpassungsschiene gefahren sondern eher das gegenteil argue - aber das ist im grunde genommen dasselbe, in beiden fällen schafft man es nicht, seinen eigenen weg zu gehen.

für mich war der entscheidende wendepunkt der tag, an dem ich zum ersten mal mit einem psychotherapeuten über all das sprach. ich hatte zum ersten mal jemanden, mit dem ich wirklich reflektieren konnte was da abging. in meiner familie und in meinem freundeskreis gab es nur "er-oder-ich", die einen verurteilten meinen vater und seine art, mit mir umzugehen, die anderen mich als undankbare tochter. der einzige ausweg für mich war, mich der ganzen realen situation zu stellen indem ich einfach alles so hinnahm wie es war - nicht wie es sein sollte oder ich es gerne hätte, auch nicht wie ich es mir in meiner angst ausmalte. ich hab mich auch ein paar monate von meiner familie abgeschottet, es war bequemer so - hätte allerdings rückwirkend betrachtet nicht unbedingt sein müssen.

ich fand im laufe von ca. 1 jahr therapie mit sitzungen im zweiwochen-rhythmus viele interessante dinge raus. unter anderem dass mein vater und ich beide unter der fuchtel meiner mutter gestanden hatten. aber das war gar nicht so wichtig. viel wichtiger war, dass ich lernte, die verantwortung für mein leben anzunehmen. ich sah plötzlich ganz klar, dass mir keiner sagen konnte, wie ich zu leben hatte. nicht mein vater, nicht mein mann, nicht der lehrer, der staat oder die kirche, auch kein revolutions- oder sektenführer. wer sich davon gängeln lässt - belohnung und strafe, liebe und liebesentzug, anerkennung oder ächtung, lebt sein leben nicht. andere leben sein leben.
und plötzlich ging alles ganz leicht: ich traf entscheidungen, die mich früher lange zeit gequält hatten, viel lockerer, ich konnte 'nein' sagen zu vätern, männern und vorgesetzten aller art, hatte keine angst mehr davor und musste deswegen auch keine revolution daraus machen und nicht gleich sämtliche türen zuschlagen.

mein vater ist heute immer noch krank, frustriert und depressiv, aber es ist SEINE krankheit. ich besuche ihn wenn ich lust habe und helfe ihm auch, aber so wie es MIR sinnvoll erscheint. er schätzt meine besuche inzwischen auch viel mehr Laughing
die katastrophen haben aufgehört, mich heimzusuchen - alles ist so viel besser seit ich "nicht mehr seine tochter " bin zwinkernd.. (das hat er mal meiner schwester gesagt als ich mich längere zeit nicht meldete - ich hab nur gelacht und gemeint, der DNA test würde bestimmt was anderes ergeben).

so, jetz habe ich ganz schön viel gelabert aber du wolltest ja wissen wie ich es gemacht habe grinsend

@Nina82:
niemand ist zu jung irgendwo mitzureden. eigentlich ist es doch normal und von der natur vorgesehen, dass wir alle eine weile das leben unserer eltern mitleben. nur irgendwann muss das aufhören, wir müssen auf eigenen beinen stehen. ich finde es toll wie du mit der notwendigen loslösung von deinen eltern umgehst. und ich bin ganz deiner meinung, offenheit und direktes ansprechen von problemen ist der königsweg. allerdings ist es oft fast eine kunst, die probleme klar genug zu sehen um sie auch ansprechen zu können.

hallo wünsche allen einen schönen tag
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Incah
[nicht mehr wegzudenken]
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Post Wed, 15.Dec.04, 11:56      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

Liebe Daisy,
hier hilft nur Abgrenzen. Er sieht es offenbar nicht ein dass du als seine Tochter nicht zur Dankbarkeit verpflichtet bist bzw. sich diese Dankbarkeit nicht darin zu äußern hat dass du immer und überall für ihn Zeit hast.
Dass er seine Frau gepflegt hat ohne sich helfen zu lassen, ist seine Entscheidung. Wie du damit umgehst ist deine und die hat er zu respektieren.

Grenze dich ab. Es spricht nichts dagegen ihm ab und zu zu helfen, gib ihm Information wo er Hilfe bekommen kann wenn er welche braucht, aber dann lass es sein. Du hast nichts zurückzugeben an ihn, du bist ihm nichts schuldig.
Wenn er mit Vorwürfen kommt, blocke ab, wenn er weint dann geh. Er ist ein erwachsener Mann, hat schon bewiesen dass er durchaus in der Lage ist, selber was zu tun - also soll er es.
Wenn er darauf angewiesen ist, mit emotionaler Erpressung zu arbeiten, weil andere Argumente verständlicherweise nicht greifen, dann ist er ein Schwächling.

Wehre dich bei Schuldzuweisungen gar nicht erst, du hast ja gesehen das es nichts bringt, sondern zucke die schultern und gehe. Sag "wir können weiterreden wenn du die Vorwürfe sein lässt" und geh weg. Gib ihm gar nicht erst die Gelegenheit, bei dir auf die "richtigen" Schuldknöpfe zu drücken.
Kein Elternteil der Welt hat es (sich) verdient dass das Kind sich kaputt macht ihretwegen, psychisch und körperlich, und dass es das eigene Leben, die eigene Familie vernachlässigt. Dein Vater auch nicht.
Quote:
Ich sehe keine Lösungsmöglichkeiten

er WILL sie offenbar nicht sehen, also gibt es für ihn auch keine. Wie gesagt, hör auf es zu versuchen. Er wird für deine Argumente nicht zugänglich sein. Es wird Zeit dass du das als Tatsache akzeptierst, so traurig das auch ist, und andere Wege gehst.
Du kannst es ihm eh nicht recht machen - also mach es dir recht! Damit ist zumindest einem von euch geholfen
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Daisy
neu an Bord!
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Post Wed, 15.Dec.04, 13:08      Re: Generationsprobleme Reply with quoteBack to top

Hallöchen ! Very Happy

@Nina82: du bist keinesfalls zu jung, jeder hat seine Geschichte und die ist altersunabhängig. Ich habe schon öfter versucht mit ihm zu reden, hatte aber nicht wirklich Erfolg, denn da höre ich nur: Ich habe/hätte das früher auch gemacht und du wirst das wohl auch können. Dass die Arbeitszeiten länger und die Jobs härter sind lässt er nicht gelten. Hausarbeit hat er so und so früher nie gemacht. Ich werde es mal wieder versuchen, aber ob ich da Erfolg habe, das weiß nur Gott Smile


@Katmanu: ich würde mich schon als stark bezeichnen, fühle mich aber jetzt teilweise burned out. Ich habe Gott sei Dank einen sehr lieben Mann, der versucht mich zu stützen, wo er kann. Ich merke aber auch bei ihm, dass er seine Reserven mobilisieren muss. Das möchte ich nicht überstrapazieren.

Es wird mir so und so nichts über bleiben als die Situation hinzunehmen wie sie ist und mich selbst irgendwie aufzubauen.
Ich lese gerade das Buch: Zwischen Liebe, Wut und Pflichtgefühl (Frieden schließen mit älter werdenden Eltern) von Cornelia Nack. Dies wurde mir von meinem Gyn empfohlen, der ebenfalls die Problematik kennt. Bin zwar erst auf Seite 40, aber bis jetzt ist es die gleiche Aussage, die auch von dir stammt.
An Therapie habe ich auch schon gedacht. Leider kenne ich keine guten Therapeuten und aus dem Telefonbuch möchte ich keinen suchen.



@Incah: Den Satz
Quote:
"wir können weiterreden wenn du die Vorwürfe sein lässt"
finde ich sehr gut. Den muss ich bei der nächsten Gelegenheit verwenden, danke. Ich werde versuchen seine verbalen Attacken zu ignorieren. Ich habe gestern festgestellt, dass er wesentlich umgänglicher ist, wenn wir noch mit anderen Menschen beisammen sind. Da kann er seine alten Witze machen, die ich schon über 100 Mal gehört habe und über die ich nicht mehr lachen kann, da geht es ihm besser. Wenn ich dann aber vorschlage, er soll doch mal zu einem Seniorenverein schauen und Gleichgesinnte kennen lernen, behandelt er mich, als hätte ich etwas fürchterliches empfohlen.


Danke für eure Anteilnahme und liebe Grüße hug
Daisy
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