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boober
sporadischer Gast
15
AUT W, 20
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Fri, 03.Dec.04, 22:37 Ihr Vater ist tot - und sie gibt sich die Schuld! |
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Hi!
Es gibt soviel, was ich jetzt hier niederschreiben will und es versuchen werde, und auch hoffe, dass ihr euch ein Herz fasst und meine "Story" durchlest und mir ev. helft.
Also:
Eins vorne weg: Ich bin 20, weiblich, lesbisch und hab eine Freundin.
Wir kennen uns schon seit über einem Jahr, sind vor etwa 5 Monaten ein Paar geworden - sie ist 22 und bi. UND wir lieben uns!
Letztes Jahr, mitte Jänner, verstarb ihr Vater. Zu der damaligen Zeit war sie ein totaler Egoist (Anm.: zu der Zeit kannte ich sie noch nicht!) und in gewisser Hinsicht vielleicht auch ein bisschen arrogant. In ihrer Familie war sie schon immer die Stärkere, wenn man ihre um 10 Jahre ältere Schwester und sie miteinander verglich. Ihr Vater und alle anderen meinten immer -egal worums ging- "Du haltest das aus". Im Dezember 2002 wurde er aber krank und alles ging recht schnell. Keine Thearpien schlugen an, und da er nicht im Krankenhaus sterben wollte, brachten sie ihn heim. Sie nahm damals nicht sehr viel Rücksicht auf andere und schätzte gewisse Sachen einfach nicht, weil es ihr quasi zu gut ging. An einem Freitag abend stritt sie allerdings heftig mit ihrem Vater, meinte, er würde nur auf die Tränendrüse drücken wollen, weil er immer so theatralisch auf der Couch liegen würde (Er schaffte es nicht mehr in den 1. Stock, wo das Schlafzimmer war). Jeder von uns war mal jung und Streitigkeiten und dergleichen mit den Eltern usw. sind da an der Tagesordnung. Nach dem Streit ging sie wütend ausser Haus, traf sich mit ihrer besten Freundin und redete mit ihr darüber: alles wär sch... , niemand würd sie verstehen,...
Als sie spät abends heimkam ignorierte sie in vollkommen. Sie ging in ihr Zimmer und legte sich schlafen -ihr Zimmer befand sich direkt ober dem Wohnzimmer, wo ihr Vater auf der Couch lag. Früh morgens am nächsten Tag hörte sie einen dumpfen Aufprall... sie lief sofort ins Wohnzimmer und sah ihren Vater wie er am Boden lag - kein Puls! Sofort begann sie mit 1. Hilfe usw. , alles ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Ihre Mutter stand daneben und tat nichts... am Telefon versuchte sie auch noch ihre hysterische Schwester zu beruhigen... alles blieb erfolglos: er lag tot in ihren Armen.
Die darauffolgenden Tage waren die Hölle für sie. Sobald jemand anrief, musste sie abheben, sie musste allen sagen, dass er gestorben war. Sie sagt mir immer, dass in dem Moment, in dem er tot in ihren Armen lag, sich für sie ihr Leben um 180° gedreht hatte. Von da an war sie weder egoistisch, noch sonst irgendwie gemein. Sie versuchte nur ihre Familie zusammen zu halten. Ein paar Monate danach verlor ihre Mutter auch noch ihren Job und sie musste alles mitfinanzieren. Mit der Zeit wurde auch das Verhältnis zwischen ihrer Mutter und ihrer Schwester immer schlechter. Sie stritten nur mehr, ihre Schwester warf ihrer Mutter vor, sie würde sich nicht um die beiden kümmern (was auch stimmt!),... Aus eigener Erfahrung muss cih sagen, dass sich ihre Mutter wirklich gehen lässt... sie hat einfach eine total primitive Art, und es scheint,a ls wär bei dem Tod ihres Mannes auch ein Teil von ihr mitgestorben - der Teil, der sie eigenltich aufrecht erhalten hätte sollen, der Teil, der die Courage aufgebracht hätte, um für ihre Töchter zu sorgen - denn die haben auch immerhin ihren Vater verloren! Ihre Mutter verwahrlost komplett...
Noch heute leidet meine Freundin sehr darunter, dass er in ihren Armen starb -normal! Allerdings gibt sie sich die Schuld: Sie hätte mehr tun sollen, er würde sie jetzt hassen,...
Seit dem Tod versucht sie es JEDEM recht zu machen, was ja nicht immer gut geht. Sie steigert sich überall dermaßen rein, dass sie immer total deprimiert ist, sobald etwas nicht klappt...
Meine Fragen:
WAS sollte ich tun, damit sie sich nicht mehr die Schuld daran gibt?
WAS sollte ich ihr bzgl. ihrer Mutter raten?
Reicht es überhaupt, wenn ich ihr einfach nur zuhöre ?(ich tröste sie auch)
Bitte helft mir! Mir is das wirklich wichtig!
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Mory
Helferlein
51
München W, 38
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Fri, 03.Dec.04, 22:54 Re: Ihr Vater ist tot - und sie gibt sich die Schuld! |
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boober wrote: |
Reicht es überhaupt, wenn ich ihr einfach nur zuhöre ?(ich tröste sie auch)
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Grüß Dich!
Ich glaube, das ist sogar das Einzige, das Du tun kannst! ...
Daß Deine Freundin sich die Schuld am Tod des Vaters gibt... das ist möglicherweise weitreichender, als ihr beide, Du und sie, ahnt. Das ist aber zuerst und vor allen Dingen ihr Problem.
Damit will ich sagen: Du kannst ihr diese Gefühle weder abnehmen noch ausreden. Du kannst, wenn Du willst, sie darin unterstützen, sich mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen, aber überlege Dir das gut, sehr, sehr gut! Es könnte da sehr viel mehr dahinter stehen, als Du in der Lage bist, zu unterstützen. Wie sieht es mit da Freundeskreis aus? Manchmal braucht es mehrere Schultern...
Auch, was die Mutter betrifft, die offenbar den Tod des Ehemannes überhaupt nicht verkraftet. Aus der Ferne besehen, würde ich sagen, daß hier seelsorgerische Unterstützung dringend Not tut - ist die Mutter religiös? Würde sie mit jemand sprechen wollen - regelmäßig, jemand, der geschult ist, genau diese Situation zu verarbeiten? Pfarrer, Psychologe...
Ich denke, Du machst das schon gut so, wie Du das machst! Manchmal ist es nicht das Tun, sondern das (Da-)Sein, das den Unterschied macht!
Lieber Gruß, gute Nacht,
Mory
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_________________ Die wahrhaft Starken sind voller Zärtlichkeit.
Jiddu Krishnamurti |
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boober
sporadischer Gast
15
AUT W, 20
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Sat, 04.Dec.04, 0:22 Re: Ihr Vater ist tot - und sie gibt sich die Schuld! |
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Erstmal vielen Dank für deine Antwort!
Ich verstehe schon, was du mir sagen willst... Aber hast du schonmal das Gefühl gehabt, etwas Tröstendes sagen zu müssen, aber du hast nicht gewusst was? So gehts mir immer! Weil ich einfach gewisse Dinge noch nicht erlebt habe - sie hat ja auch mehr Lebenserfahrung. Sie selbst sagt zwar, es würde reichen, wenn ich einfach nur da wäre und mir alles anhören würde, ich selbst aber finde, dass ich mehr Reife zeigen sollte!
Was den Freundeskreis betrifft: Besteht, aber sie hat nur zu mir das Vertrauen, dass sie mich mitten in der Nacht anruft, weil sie über irgendwas reden will usw,.... Den "Titel" "Freund" haben bei ihr nicht viele...2-3 max.! Mit mir! Sie redet auch nur mit mir über ALLES..die anderen kennen sie zwar auch sehr gut, teils sehr lang, aber sie vertraut ihnen nicht soviel an wie mir.
Was ihre Mutter betrifft: Sie scheint schon soweit "abgedriftet" zu sein, dass sie ihr da nicht mehr helfen kann.... Sobald es zu einem Streit zwischen ihrer Schwester (oder ihr) und ihrer Mutter kommt schaltet ihre Mutter auf stur und geht weg oder sperrt sich ein!
Auch über eine Therapie wurde geredet. Aber ihre Mutter findet ja, sie hätte kein Problem....
Ich glaub, sie ist mittlerweile in so tiefe Trauer verfallen, dass sie nicht mehr fähig ist, die alleine aufzuarbeiten...aber ich kann mich da nicht einmischen!
Ich will ihr (meiner Freundin) einfach nur helfen...
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