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Stöpsel2
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Post Fri, 26.Nov.04, 22:27      Nicht glücklich sein wollen Reply with quoteBack to top

Hallo,

ich wollte mal fragen, weil ich ein etwas seltsames Problem habe. Im Moment stecke ich in ziemlich jeder Hinsicht in einer schwierigen Lebenssituation: nach Doppelstudium auf Arbeitssuche, möchte eine Arbeit, mit der ich mich identifizieren kann und die einigermaßen meinen idealistischen Ansprüchen genügt, habe keinen richtigen Freundeskreis mehr, keine Beziehung mehr. Zudem hat sich vor etwa drei Jahren ziemlich viel in meinem Leben geändert, habe seitdem öfters das Gefühl von Wurzellosigkeit. Also kurz, ich stehe an einem Punkt im Leben, wo sich viel entscheidet, aber ich weiß überhaupt nicht, wie ich leben will, welche Prioritäten ich setzen soll und bin halt (in dem Fall leider) ein Mensch, der viel über sich und das Leben nachdenkt und auch schon vor dieser Zuspitzung im Leben latent problembehaftet war.

Manchmal habe ich so Phasen, wo ich denke, ist doch alles kein prinzipielles Problem, es braucht halt alles seine Zeit. Aber manchmal mischt sich da ein ganz blödes Gefühl drunter, so als ob ich meine Probleme nicht loslassen möchte, als ob ich nicht glücklich werden MÖCHTE. Aber das ist doch total bescheuert????

Manchmal hab ich das Gefühl, es liegt daran, daß ich ein Problem erst ganz gründlich durchleuchtet haben muß und wissen muß, daß das jeweilige die richtige Lösung für mein Leben ist, bevor ich mich drauf einlasse. Ich habe Angst, mich subtil zu verändern ohne zu wissen, warum ich mich verändere und wodurch ich mir das erkaufe. Aber so in voller Gänze kann ich Veränderungen und Lösungen doch eh nicht erfassen?!

Vielleicht kann man es so umschreiben, daß ich erst auf einer abstrakten Ebene glücklich werden oder dort einen Weg erkennen muß, bevor ich mich traue, auf einer konkreten Ebene etwas umzusetzen. Wahrscheinlich, weil ich sonst nicht glaube, daß es "echt" ist.

Dann frage ich mich, ob das nicht auch mit diesem Gefühl von Wurzellosigkeit, meinen insgesamt unbeständigen Lebensumständen zusammenhängt. Ob es mir deshalb schwerfällt, meine Überzeugungen, die ja quasi z.Zt. das wenige Beständige in meinem Leben darstellen, sozusagen meine Identität darstellen, aufzugeben.

Bin mir über meine Hypothesen selbst nicht so sicher (deswegen frage ich ja hier), vielleicht ist es auch was ganz anderes. Kann jemand etwas damit anfangen?

Viele Grüße
Stöpsel
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marsil
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Post Sat, 27.Nov.04, 2:30      Re: Nicht glücklich sein wollen Reply with quoteBack to top

Hi Stöpsel,

Quote:

[Leben im Umbruch]
Manchmal habe ich so Phasen, wo ich denke, ist doch alles kein prinzipielles Problem, es braucht halt alles seine Zeit. Aber manchmal mischt sich da ein ganz blödes Gefühl drunter, so als ob ich meine Probleme nicht loslassen möchte, als ob ich nicht glücklich werden MÖCHTE. Aber das ist doch total bescheuert????


Nein, so bescheuert ist der Gedanke garnicht. - Wenn -wie Du so schön
sagst- Dein Leben schon immer "latent problembehaftet war", dann kann
es durchaus sein, daß Deine Grübelei über ein richtiges/glückliches Leben
Teil einer insgeheimen Strategie ist, die verhindern soll, daß Du tatsächlich
glücklich wirst... Dann bastelst Du halt ewig (und noch länger) am "per-
fekten" Fünfjahresplan herum, anstatt konkrete Schritte zu unternehmen,
die Dein Leben tatsächlich ein wenig verbessern würden... Das ist zwar
perfide, funktioniert aber, wenn man nicht ab und zu darauf aufmerksam
gemacht wird, wunderbar... zwinkernd..

Andererseits ist es glaub ich vollkommen normal, daß man sich in einer
Umbruchphase manchmal unsicher ist, ob der eingeschlagene Weg der
richtige ist. Aber es ist ja nicht so, daß Du einmal getroffene Entscheid-
ungen nie wieder revidieren könntest, wenn sie sich im Nachhinein als
Fehler herausstellen.


Quote:

Manchmal hab ich das Gefühl, es liegt daran, daß ich ein Problem erst ganz gründlich durchleuchtet haben muß und wissen muß, daß das jeweilige die richtige Lösung für mein Leben ist, bevor ich mich drauf einlasse. Ich habe Angst, mich subtil zu verändern ohne zu wissen, warum ich mich verändere und wodurch ich mir das erkaufe. Aber so in voller Gänze kann ich Veränderungen und Lösungen doch eh nicht erfassen?!


Eben. Die meisten Entschlüsse im Leben gären eh erstmal ne Weile vor
sich hin... Kannst Dich also hinsetzen, Dir beim Gären zusehen und zu
ergründen versuchen, wie und warum Du Dich langsam veränderst -
oder gleich das Endergebnis abwarten und in der Zwischenzeit tun, was
Dir gut tut. Cool - Im Nachhinein ist es eh einfacher zu überschauen, wie
man nun zu diesem oder jenem Entschluß gekommen ist... zwinkernd..


Quote:

Vielleicht kann man es so umschreiben, daß ich erst auf einer abstrakten Ebene glücklich werden oder dort einen Weg erkennen muß, bevor ich mich traue, auf einer konkreten Ebene etwas umzusetzen.


Irgendwo gibts halt ne Grenze zwischen Selbstbetrachtung, kluger Voraus-
schau und ewigem Grübeln und törichter Zauderei... Wo liegt sie bei Dir?


Quote:

Wahrscheinlich, weil ich sonst nicht glaube, daß es "echt" ist.


"Echt" bist Du doch dann, wenn Du Dich von Deinem Herzen und Deinem
Verstand leiten läßt. Hör halt hin...

Mir reicht es glücklicherweise auch, wenn ich nur die ein, zwei Schritte
tue, von denen ich weiß, das sie "echt" sind. Dafür brauche ich keinen
"Großen Plan". Meist öffnen sich dahinter ein paar neue Türen, gibt es
ein paar neue Entscheidungen zu treffen, und so komme ich Schritt(chen)
für Schritt(chen) weiter.

Hm... gruebel
Kannst Du damit etwas anfangen?

Liebe Grüße, Marsil

_________________
VIRTVTIS RADIX AMOR
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Stöpsel2
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Post Sat, 27.Nov.04, 11:18      Re: Nicht glücklich sein wollen Reply with quoteBack to top

Lieber Marsil,

danke für Deine Antwort. Einiges von dem, was Du sagtest, hat mir auch mein bisheriger Therapeut gesagt.

Quote:
dann kann
es durchaus sein, daß Deine Grübelei über ein richtiges/glückliches Leben
Teil einer insgeheimen Strategie ist, die verhindern soll, daß Du tatsächlich
glücklich wirst...


Was soll der Sinn einer solchen Strategie sein?

Quote:
Aber es ist ja nicht so, daß Du einmal getroffene Entscheid-
ungen nie wieder revidieren könntest, wenn sie sich im Nachhinein als
Fehler herausstellen.


Das sagte der Th. auch und in gewisser Weise stimmt es ja auch.
So, jetzt kommt mir dieses Medium echt entgegen, denn ich kann jetzt auseinanderdröseln, worauf ich diese Aussage beziehen will.
Aber ein langes Hin und Her ist ziemlich frustrierend. Insofern kann ich Entscheidungen zwar revidieren, aber es kostet Kraft, nimmt Illusionen. Und als ich heute morgen drüber nachgedacht habe, habe ich festgestellt, daß mir im Moment genau diese Illusionen fehlen. Bis ich mit meinem Studium fertig war, hatte ich die Illusion, daß ich da schon irgendwie eine Arbeit finde, die mir gefällt. Und war deshalb irgendwie freier, auf Leute zuzugehen, einen Freundeskreis aufzubauen. Ich hatte im Hinterkopf einen erfüllenden Job als "Seelentröster", was mir half, da ich das mit dem Freundeskreis schon als langwieriges Unterfangen ansehe. Aber nun habe ich in allen Lebensbereichen gleichermaßen wenig Hoffnung (bin halt auch recht anspruchsvoll) und bin deshalb unmotiviert, überhaupt etwas anzugehen. Hm, ich stelle grade fest, daß das im Widerspruch steht zu meinem Thema, nämlich, daß ich nicht glücklich werden möchte. Hm, verstehe ich jetzt selbst grad nicht... Vielleicht, weil ich nur schwer erkämpftes Glück haben will, als Rechtfertigung dafür, daß es mir die letzten Jahre so schlecht ging? Oder bin ich grade irgendwie in einer anderen Laune? Hm, muß ich nochmal drüber nachdenken...

Ansonsten kann man das mit dem Revidieren von Entscheidungen bei mir nicht immer sagen. Würde z.B. einerseits gerne wegziehen, um zu promovieren. Aber sowas macht man nicht so einfach rückgängig und ein Umzug kostet auch Kraft, in vielerlei Hinsicht. Ich schätze, es würde mir leichter fallen, hier eine Beziehung zu finden als wenn ich wegziehe. Und hätte gerne bald wieder eine Beziehung, da ich vielleicht doch gerne Kinder hätte. Und da habe ich altersbedingt leider nicht mehr viel Zeit. So gesehen sehe ich mich jetzt schon, bei aller dürftiger Information und Ausgangsbasis, vor die Entscheidung gestellt, Kinder oder Karriere.

Ja, mit den ein, zwei (kleinen) echten Schritten hast Du schon irgendwie recht. Wahrscheinlich tue ich mich deswegen so schwer, weil 1. der Berg so hoch erscheint 2. ich nicht weiß, ob meine Vorstellungen vielleicht doch utopisch sind.

Na ja, nun habe ich wieder viel zum Grübeln zwinkernd.. Aber Grübeln ist ja nicht per se schlecht.

Viele Grüße
Stöpsel
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kleiner wast
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Post Sat, 27.Nov.04, 11:42      Re: Nicht glücklich sein wollen Reply with quoteBack to top

Ich sehe da viele Parallelen zu mir;
man hat eben hohe Ansprüche an sich, sein Leben, seine Lebensziele und damit auch an seine Umwelt und die Bedingungen, die einen umgeben.

Es soll alles ideal und optimal sein; Arbeit, Partner, Kinder...aber oft reicht die Realität an dieses nicht heran.

Der Text könnte wirklich von mir sein und ich studiere auch neben der Arbeit, die mich nicht (ganz) ausfüllt im Fernstudium und versuche auch andauernd, meine Horizonte und Möglichkeiten in jeder Hinsicht zu erweitern.

Einzelne hier meinten, ich könnte ein Narziß sein, aber ich zweifle; stöpsel2, wir sind beide nicht mehr so GANZ jung.

Haben wir vielleicht ganz einfach in jungen Jahren unser Leben verschlafen und aus Apathie falsch aufgezogen ?

Wäre schön, mehr von dir zu lesen.

kleiner wast Arrow

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Naomi
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Post Sat, 27.Nov.04, 17:20      Re: Nicht glücklich sein wollen Reply with quoteBack to top

liebe stöpsel,

ich bin ein eher praktisch orientierter mensch. und so ähnlich, wie ich es dir schon einmal geraten habe, würde ich auch jetzt wieder sagen, nimm einfach mal einen job an, mit dem du dich in irgendeiner form halbwegs identifizieren kannst. die gründe dafür: du kannst mal berufserfahrung sammeln und du erhältst dort mal eine bestätigung, es würde dein selbstbewusstsein sicher stärken. auch ich habe nicht mit meinem idealjob begonnen, und doch hat es mich einige schritte weiter gebracht. jetzt habe ich sozusagen den vierten job, und der liegt mir sehr, und auch das betriebsklima passt.

wenn du immer nur überlegst, was jetzt am idealsten wäre, und keinen schritt in die umsetzung machst, behinderst du dich auf diese weise tatsächlich selbst, dein glück aufzubauen.

dein ganz reales dilemma liegt vielleicht darin, so paradox es klingen mag, dass du mit zwei studien zuviel studiert hast, und dich nun nicht entscheíden kannst, welche richtung du einschlagen sollst/möchtest. aber trotzdem, fang einfach irgendwo an, die perfekte lösung fällt bei den meisten menschen leider nicht auf einmal vom himmel.

alles gute

lg, naomi

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