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Naraguan
sporadischer Gast
5
Deutschland W, 25
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Fri, 05.Nov.04, 20:07 Ich kann meine Bedürfnisse nicht äußern ohne |
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sofort ein schlechtes Gewissen zu haben
Ich kann sowohl im Kollegen-,und im Freundeskreis schlecht eine Bitte, einen Gefallen oder meine Hilfe ausschlagen.
Wenn es darum geht, was zu erledigen, was auszuleihen, irgendwo einzuspringen oder zu helfen, sage ich zu schnell Ja, obwohl ich es hinterher bereue, da mein eigener Terminplan durcheinander kommt und ich regelrecht Stress bekomme.
Ich ärgere mich jedesmal über mich und meine Feigheit und natürlich über denjenigen, dem ich diesen Gefallen nun tun muss...
Meine ständigen Beteuerungen "Das nächste mal sachste einfach Nein!-verlaufen im Sande
Ständig ist da diese Angst, nicht mehr gemocht, gemieden oder gemobbt zu werden, wenn ich Nein sagen würde:
Wenn ich jetzt Nein sage, werden sie mir auch keinen Gefallen tun,denn eine Hand wäscht ja bekanntlich die andere...
Oder: Wie reagieren die anderen, kann ich dem Druck, der Enttäuschung, die mir entgegenschlägt standhalten ohne doch weich zu werden und nach zu geben?
Auch das eigene Gefühl für ein wirklich berechtigtes Nein oder eine übertriebene Reation meinerseits fehlt mir völlig.
Ich habe ebenso Schwierigkeiten damit, Kritik an anderen zu äußern, was mir nicht passt, worüber ich mich geärgert habe ...
Auch hier die Panik, den Ton nicht zu treffen und die Person zu verletzen, ihr Unrecht zu tun und dadurch selbst negative Konsequenzen zu erleben.
In einem Streitgespräch (ich habe selten eins, denn ich bin überdies sehr harmoniebedürftig, wer hätt`s gedacht ) fällt es mir schwer, den eigenen Standpunkt zu vertreten und ihn zu verteidigen. Mir fehlen die richtigen Worte zur Gegenargumentation, meine Stimme überschlägt sich und ich bleibe nicht objektiv.
Vielleicht liegt es darin begründet, dass ich als Erstgeborene oft nachgeben musste, gegen meinen Willen, meine kindlichen Bedürfnisse übersehen oder nicht ernst genommen wurden und mein Vater eine zu hohe Erwartungshaltung an mich geknüpft hat, der ich bis heute nicht standgehalten habe, da er seine Erwartungen an mich zwar nie geäußert aber es mich spüren ließ, wenn ich nicht so wollte wie er
Zu allem Überfluß bin ich wohl aufgrund meiner kindlichen Prägung auch in einem Berufsfeld gelandet, dass die Bedürfnissbefriedigung von Bedürftigen zur Aufgabe hat, ich arbeite im Gesundheitswesen...
Der Kreis schließt sich - schönen Abend noch
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Nessa
Forums-Gruftie
609
Germany W, 54
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Sun, 07.Nov.04, 16:42 Re: Ich kann meine Bedürfnisse nicht äußern ohne |
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Hallo Naraguan,
du hast es selbst schon angesprochen - dein heutiges Verhalten hat sehr viel damit zu tun, was du in der Kindheit eingeübt hast, was dich geprägt hat.
Dein Gewissen (Über-Ich) ist ja etwas, was dir sagt, was gut und böse, richtig oder falsch ist, es spiegelt deine Moral- oder Idealvorstellungen wider. Das Gewissen ist jedoch etwas sehr Subjektives, denn es richtet sich danach, was dir in deiner Kinder vorgelebt/vermittelt wurde, was sich wiederum an den Maßstäben deiner Eltern und anderer Bezugspersonen orientiert hat.
Wenn du als Kind die Erfahrung gemacht hast, dass du durch Nachgeben, Liebsein, Jasagen und Anpassung am weitesten kommst, d. h. dass deine Eltern dich dann akzeptieren und dir Liebe schenken, dann wirst du dieses Muster auch als Erwachsener noch weiterführen. Du hast auch heute noch Angst, dass andere dich nicht nicht mögen könnten, wenn du mal nein sagst. Daraus resultiert auch dein großes Harmoniebedürfnis (wie kommt mir das bekannt vor!). Die Gefahr dabei ist, dass du sehr leicht ausgenutzt werden kannst. Betrachte es doch mal realistisch: Kein Mensch kann es allen recht machen; im Zusammenleben mit anderen wird es immer Leute geben, die dein Verhalten nicht gut heißen. Wichtig ist, dass es für dich selbst stimmt.
Der erste Schritt, dein Verhalten zu ändern, ist, dass du erkennst, dass du es ändern möchtest, was du ja schon getan hast. Es ist aber ziemlich schwierig, solche lang als richtig erlebten Verhaltensmuster wieder abzulegen. Vielleicht hilft es, wenn du dir die Situationen, in denen du es nicht geschafft hast, nein zu sagen, hinterher nochmal vergegenwärtigst, alles im Geiste nochmal durchspielst und solange mental "übst", bis es für dich passt. Dann wird es dir im Laufe der Zeit leichter fallen, mit diesen Situationen anders umzugehen.
Liebe Grüße
Nessa
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Naraguan
sporadischer Gast
5
Deutschland W, 25
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Tue, 09.Nov.04, 17:29 Re: Ich kann meine Bedürfnisse nicht äußern ohne |
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Hi Nessa,
Danke für Deinen Beitrag.
Ja, ich muss lernen, an mir selbst zu arbeiten.
Vor allem, dass ich das Recht darauf habe, auch mal Nein sagen zu dürfen. Ich habe irgendwie Schwierigkeiten damit, mein Bedürfnis als solches wahrzuhaben und spiele es oft herunter:
Wenn ich jetzt Nein sage, bin ich egoistisch, kein Teamplayer, eine Zicke...
Und auch finde ich es schwierig, der Enttäuschung, dem Unverständnis der dann einem entgegenschlägt, standzuhalten. Ich fange dann immer an, mich für mein Nein rechtfertigen zu müssen, was fast schon einer Offenbarung gleichkommt. Dabei bin ich doch niemand Rechenschaft schuldig - aber sowas realisiere ich dann erst hinterher...
Man ist so festgefahren in seinen Verhaltensmustern, dass es sehr schwer ist, da wieder herauszukommen.
Und auch für die anderen wird es eine Umstellung sein, aber damit werden sie wohl leben müssen, wie ich auch
Liebe Grüße Naraguan
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rosarot
sporadischer Gast
26
NRW W, 42
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Sat, 13.Nov.04, 20:11 Re: Ich kann meine Bedürfnisse nicht äußern ohne |
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hallo nessa,
ein toller beitrag von dir. ich habe in etwa auch das problem
eigentlich sollte man es auch nicht jedem recht machen, ist schon klar, es ist nur so schwer das umzusetzen:(
gruß
rosarot
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