mazuros
neu an Bord!
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Nähe Wien M, 30
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Thu, 30.Sep.04, 21:10 Es dreht sich. |
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Es war ein Lokal im Zeitgeschmack mit bequemen Stühlen und gutem Kaffee.
An diesem Abend war mir nach nichts, und so betrat ich es mit einer eher gedämpften, fast missmutigen Stimmung, jedoch ohne der geringsten Vorstellung. Vorstellungen sind, so habe ich immer gedacht, bei Menschen, die man nicht kennt, fehl am Platze. Man entwickelt von Anfang an zu viele Vorurteile.
Ich musste mich nach allem möglichen umtun; sah diesen und jenen, im Gegensatz zu mir alle in neutraler bis beschwingter Stimmung.
Bald erkannte ich sie irgendwo auf Schulterhöhe und war innerlich warm. Als ich vor ihr stand fragte ich mich spontan: mein Ehrgeiz, die plötzliche Sucht, mein regloses Leben ins Gegenteil zu verkehren- es alleine zu schaffen, mir selbst zu genügen- kam das alles nicht von ihr? Oder glaubte ich, dass es so sein müsse?
Mit einer auch ihr eigenen Unverschämtheit lachte ich ihr ins Gesicht; ein Blick, und wir hatten einander bis zu einem gewissen Grad an Möglichkeiten ausgelotet.
Sie war stolz, klug und trug rotes, langes Haar. Aus ihren Augen feuerte jene Art Arroganz, von der man nicht genug bekommen kann. Weiche Gesichtszüge und eine spürbare Wärme entschärften meine verlegene Situation; sie war einer dieser Menschen, von denen man weiß, dass sie immer um einen herumschwirren, gleich ob aufgrund eines unverstandenen Schmerzes oder aus Freude, und das irritierte mich- hatte ich mir doch vor kurzem zurechtgelegt, mir solche Menschen nicht mehr zurechtzulegen.
Ich bemerkte: Prada trägt sie nicht, und vermutlich kann man mit ihr auch mehr unternehmen, als an einem verregneten Herbsttag Gardinen aussuchen. Ihr Mundwerk transfundiert dann und wann treffende Hiebe in die Welt, über die der eine lacht und der andere weint.
Wir aber lachten.
Im Innern des Cafés war es leicht und luftig; sie blickte mich an, und meine Blicke trugen Befangenheit und Begeisterung abwechselnd durchs Fenster auf die Straße, dann wieder auf ihre (wie mir auffiel: ringlosen) Hände, in ihre Augen, während Sätze sprudelten, an deren eigentlichen Inhalt ich mich fünf Minuten später meist schon nicht mehr zu erinnern vermochte. Meine Hände waren Zeugnis einer um sich greifenden Verwirrung und rissen eine Serviette langsam in tausend Einzelteile.
Das einzig Unsympathische war, dass um uns herum alle zuviel waren.
Die Welt hat plötzlich so einen frischen Odeur, dachte ich.
Und während sie noch an ihrem Kaffee nippte, hatte ich mir schon längst eingebildet, dass sie richtig für mich sei.
Darum aber dreht es sich bekanntlich nicht.
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