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N.N.
sporadischer Gast
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Hamburg W, 38
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Tue, 07.Sep.04, 22:59 Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo Menschen,
seit vielen Monaten leide ich unter der Aversion, mich in irgendeiner Hinsicht um einen neuen Job zu kümmern. Ich bin freiberuflich tätig, mag dies aber nicht - und tue auch hier rein gar nichts für meine Eigenwerbung. Jede Aktion hinsichtlich neuer Erwerbschancen ist mir zuwider (Bewerbungen schreiben, Stellenanzeigen durchforsten, Akquise betreiben, Kontakte knüpfen). Stattdessen verharre ich in diesem ätzenden inaktiven Zustand, jobbe in einer Firma ein paar Mal die Woche für einen Schülerlohn - jeden Monat lebe ich zu zwei Dritteln von meinem Ersparten, was dadurch natürlich immer weniger wird.
Das Unverständlichste daran: Ich wüsste theoretisch genau, was ich machen muss, habe Bewerbungsseminare, Workshops für Selbstständige und auch eine Gruppentherapie gemacht. Aber ich tue es einfach nicht. Dabei bin ich allgemein sehr optimistisch - ich sehe die Arbeitswelt trotz aller aktueller Entwicklungen nicht schwarz und kann anderen meist viele Möglichkeiten aufzeigen, wie sie beruflich vorankommen. Nur mich selbst kann ich nicht bewegen. Ich fühle mich irgendwie so "teilbereichsgestört". Das Problem sitzt ganz tief und ich finde den "Trick" nicht, mich aus dieser Misere zu ziehen. Münchhausen zog sich ja am eigenen Zopf aus dem Schlamm - kann ich das auch?
Ich freue mich über Vorschläge von euch oder Ideen, eigene Erfahrungen ... irgendwas. Ich möchte so gern wieder richtig am Leben teilnehmen und meine guten Ideen, meine viele Energie und Lebensfreude in die Gemeinschaft einbringen.
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Incah
[nicht mehr wegzudenken]
1213
@ home W
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Fri, 10.Sep.04, 14:51 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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hast du vielleicht einen guten Freund, der dich ein bisschen "antreiben" könnte? Sich mit dir hinsetzen und Bewerbungen schreiben? Dann dich zu den Bewerbungsgesprächen "treiben" oder so?
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Nachtfalke
Helferlein
138
Wien M, 40
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Thu, 16.Sep.04, 0:04 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo,
ich habe dieses Problem auch noch etwas. Bei mir war es eine Depression und Panikattacken, die mir das Interesse am Berufsleben raubten. Ich verlor buchstäblich mich in "der Rolle des Arbeitenden" zu sehen. Ich hatte so ein Ekelgefühl, dass ich mich schon fast übergab als ich die Stellenangebote überflog.
Aber es wird besser. Je mehr sich die Depressionen lichten und ich wieder Vertrauen habe in Situationen gehe, die eine Pa bei mir auslösen können, desto besser wird wieder das Gefühl arbeiten gehen zu können und einen erfüllenden Job zu suchen. Ich machte mir zwei Listen. Auf der einen trug ich alles ein, was Vorteile hatte, nicht mehr arbeiten gehen zu können, auf der anderen die Nachteile.
Bei Vorteile stand z.B. keine Pa in überfüllten U-Bahnen, keinen Stress, keine Angst vor Fehlermachen, keine Angst vor unguten Chef, keine Angst vor Niederlagen usw. Mach dir auch so eine Liste. Dann siehst Du deutlich, was Dich davon abhält. Du spürst im Moment nur das Gefühl, dann siehst Du auch was dieses Gefühl auslöst.
Die Auslöser oder Gründe kannst Du dann schrittweise ändern. Wenn Du das alleine nicht schaffst, kann Dir sicher ein Therapeut dabei helfen. Ich habe gute Erfahrung damit gemacht.
Auch kannst Du Entscheidungen korrigieren. Das heißt eine falsche Job oder Berufswahl kündigen, loslassen und sich was Neues suchen. Diese Freiheit gibt mir auch sehr viel Kraft, da ich nicht auf einem Job sitzen bleiben muss, der mich unglücklich oder krank macht.
Servus
Nachtfalke
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N.N.
sporadischer Gast
14
Hamburg W, 38
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Thu, 16.Sep.04, 0:04 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo Incah - DAS ist ein guter Vorschlag, den mir witzigerweise kurz zuvor eine Freundin ebenfalls gemacht hat. Es wäre eine Lösung, die vielleicht nicht das zugrunde liegende Problem berührt - jedoch sehr, sehr wichtige Abhilfe schaffte.
Leider führt mich der Vorschlag aber auch auf eine kleine andere Schwierigkeit: Ich tue mich schwer, um Hilfe zu bitten, sie anzunehmen. Viel lieber gebe ich, klar. Ich mache viel für andere. Und es belastet mich, dass ich denke, die Helfenden erwarten dann auch etwas von mir - z.B., dass es klappt mit dem Job, oder auch nur, dass ich wirklich in den Firmen anrufe oder etwas hinschicke. Ich habe Angst, zu enttäuschen.
Daher habe ich das Gefühl, ich muss das alles ganz ohne Hilfe durchkämpfen. Und gerade das lähmt mich zusätzlich, weil ich mich so allein fühle. ... Hm, ich überlege mal, wen ich fragen könnte ... der nicht so hohe Erwartungen hat ... der mich lieb hat ... es ist die beste Lösung.
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N.N.
sporadischer Gast
14
Hamburg W, 38
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Thu, 16.Sep.04, 0:16 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo Nachtfalke, da haben wir ja exakt zeitgleich einen Beitrag abgegeben! Das mit dem Ekel beim Lesen von Stellenanzeigen kenne ich auch ein wenig - wenn da schon steht "unser junges, dynamisches Team". Das klingt nicht nach Langfristigkeit und Qualität - so einen Arbeitsplatz hatte ich schon mehrfach. Diese Lügen, die Ungerechtigkeit dort, alberne Meetings. So viel Uneffektivität!
Solche Listen zu machen, wie du es vorschlägst, vermeide ich meistens, aber es gäbe mir vielleicht hier wirklich etwas Klarheit darüber, warum ich mich so sträube. Denn ich weiß, dass ich sehr gut und sehr gerne arbeite - das war an jedem Arbeitsplatz bislang so. Was mich dagegen nervt, ist eine allzu ungerechte Bezahlung, falsch eingesetzte Kollegen und Vorgesetzte, wenn man mich nicht ernst nimmt. Das möchte ich nie wieder erleben, denn ich bin eine sehr gute Mitarbeiterin! Upps ... ich glaube, ich habe gerade einen wunden Punkt bei mir auf den Punkt gebracht ...
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Nachtfalke
Helferlein
138
Wien M, 40
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Thu, 16.Sep.04, 22:21 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo N. N.,
was immer das bedeuten möge, so langsam kommst Du selber auf einiges drauf z. B wenn man Dich nicht ernst nimmt. Ich glaube Du weißt ganz genau was Dich motiviert und was Du tun musst um Erfolge zu haben. Aber mir geht es darum herauszufinden was Dich hemmt. Das ist genauso wichtig. Bei Incah schriebst Du "Ich habe Angst zu enttäuschen."
Du glaubst nicht die Fähigkeiten und Fertigkeiten zu bringen um erfolgreich zu sein. Diese Angst habe ich auch. Ich verringere sie, weil ich mir denke, wenn ich wirklich enttäusche, war es ein Versuch. Vielleicht klappts beim nächsten Job. Auch kann ich mich weiterbilden, Neues lernen oder Altes auffrischen, dass gibt auch wieder Selbstvertrauen.
Auch darfst Du keine Angst vor Ablehnungen und Fehlermachen haben. Erlaube Dir Fehler und Ablehnungen zu bekommen. Es wird immer jemand geben, der Dich ablehnt aus den verschiedensten Gründen, davon ist Dein Selbstwert nicht abhängig und jeder macht mal Fehler. So ist das Leben.
Servus
Nachtfalke
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Nachtfalke
Helferlein
138
Wien M, 40
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Thu, 16.Sep.04, 22:29 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo N.N.,
übrigens ist gleich nach den zeitgleichen Beiträgen mein Computer abgestürzt. Das hat er nicht ganz gepackt. ggg
Servus
Nachtfalke
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Incah
[nicht mehr wegzudenken]
1213
@ home W
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Fri, 17.Sep.04, 15:26 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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N.N., wenn dir jemand bereits den Vorschlag gemacht hat, brauchst du ihn ja nur anzunehmen. Das ist ja viel leichter als selber direkt um Hilfe zu bitten
natürlich löst es nicht das Problem selbst, aber es kann helfen, und vielleicht bist du dann auch motiviert genug, um andere Sachen anzugehen, z.B. warum so so antriebslos bist...
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Mond7
neu an Bord!
2
Köln W, 26
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Fri, 24.Sep.04, 22:14 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerbe |
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Hallo,
Stellenanzeigen finde ich auch widerlich, diese aufgeblasenen Formulierungen gehen mir so gegen den Strich! Ich finde, Sie bringen sämtliche schlechten Eigenschafte der Arbeitswelt im Konzentrat rüber:
Chef/Firma:
* kann undendlich fordern
* muß nichts bieten
* kann arrogant bis intrigant sein
* kann in Bewerbern wühlen
* kann Neurosen ausleben
Arbeitnehmer:
* muß alles können, perfekt sein
* muß alles akzeptieren, mit allem zufrieden sein
* muß sich beweisen, muß kriechen
* kann froh sein, wenn er eine Stelle hat
* muß schlucken können, selbstbewusst sein
Bewerbungen schreiben und Bewerbungsgespräche sind so, als solle man widerliche "Dreckbrühe" trinken und muß dabei ein Gesicht machen, als wenn man süssen Honig schleckt.
Wenn man das dann nicht hinbekommt, ist man direkt weg vom Fenster.
Ist man dann eingestellt, kann man auch mal´s Gesicht verziehen, wenn man sich den öfter unappetitlichen Drink genehmigen muß (sprich: Du Sklave musst immer perfekt sein, wirst schliesslich (schlecht) bezahlt dafür, wozu dann noch Lob?, aber (ungerechtfertigte) Kritik und Agressionen gibt´s gratis).
Zugegeben: Habe noch keinen Job erlebt, wo die Abteilungsleiter- bis Chefetage nicht mit egozentrischen Vollneurotikern besetzt war, die das Firmenziel genüsslich als Vorwand nehmen, Menschenquälerei offiziell als Hobby zu betreiben. Oft sind dann noch einige Kollegen auf nem ähnlichen Trip und schon hat man seinen Spass in der personell völlig unterbesetzten Abteilung.
Aber der Mensch lebt halt nicht nur von Luft und Liebe. Was will man machen?
Da man mir meine Angstpanik und Abneigung bei Vorstellungsgesprächen meist anmerkt (besonders wenn einen ein Tisch voll wichtiger Schlipsträger empfängt), hab ich oft schlechte Karten. Dabei habe ich schon einen Megakampf hinter mir, wenn ich mich überwunden habe, mich auf so ne schleimig-arrogante Anzeige anzubiedern.
Schade, daß alles nicht viel ehrlicher, menschlicher und herzlicher ist...
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Nachtfalke
Helferlein
138
Wien M, 40
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Sun, 26.Sep.04, 0:15 Re: Blockade. Warum kann ich mich nicht einfach bewerben? |
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Hallo Mond7,
das ist ein sehr pessimistisches Bild, dass Du von der Berufswelt hast. Das man die Beschreibungen der Stellenangebote nicht ernst nehmen kann ist klar. Niemand ist ewig jung, perfekt und weiß alles. Es werden wesentliche Punkte des Menschseins bei Bewerbungen ausgeklammert. Nämlich das man fehlerhaft ist, Niederlagen und Krankheiten gehabt habt.
Ich muß auch mit einem geschönten pipifeinen Lebenslauf in die Bewerbung. Wenn sie das so wollen, dann bekommen sie es auch serviert. Nämlich mit Lügen und Humor. Darüber kann man sich echt nur lustig machen.
Auch das es solche Chefs und andere gibt ist klar. Das es dazwischen auch viele Abstufungen gibt, solltest Du schon bedenken. Sollte mir ein sadistischer Chef daherkommen, bin ich weg. So etwas lass ich mir meiner Gesundheit willen und Selbstwert nicht gefallen.
Aber es gibt auch andere. Leute, mit denen man zusammenarbeiten kann, die ihre Arbeit gerne machen. Solche Chefs und Jobs gibt es auch. Du mußt von diesem Alles-oder-Nichts Denken weg. Nicht alles ist schlecht oder gut, dazwischen gibt es auch vieles. Auch wirst Du da oder dort Kompromisse machen müssen, dass muss ich auch.
Bei der Bewerbung sitzen Dir auch Chefs gegenüber die Fehler und Schwächen haben. Nimm nicht alles ernst, was sie sagen, dass sind nur Traumvorstellungen, die mit der realistischen Welt nichts zu tun haben. Lächle innerlich gelassen darüber. Nimm den Job an, wenn er Dir gefällt und laß ihm sausen, wenn Du ein schlechtes Gefühl hast.
Servus
Nachtfalke
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