schizoide Züge beim Partner

neu an Bord! 1 Mainz W, 26

Hallo!

Bin zum ersten mal im Forum und wünsche allen eine schöne Woche...
So viel zum Smalltalk.

Ich befürchte, dass mein Freund schizoide und depressive Züge hat und wollte fragen, ob mir jemand helfen kann, der selbst Erfahrungen damit gesammelt hat.

Ich habe ihn vor einem dreiviertel Jahr kennengelernt. Er wirkte durch seine Zurückhaltung unsicher, arrogant, aber sehr interessant.
Er erzählte mir, dass er seit seiner Kindheit ein Außenseiter war und nie Freunde, höchstens ein oder zwei Kumpels hatte, er käme auch besser alleine zurecht und habe keine Lust auf Gesellschaft.
Mit 16 wurde ihm von seinen Eltern und Lehrern eingeredet, er brauche keine Freundin, Erfolg in der Schule und im Beruf ergäben eine viel bessere Befriedigung.
Vor zwei Jahren hatte er trotzdem eine unverbindliche Freundin, die aber noch anderweitig gebunden war und von der er nur Negatives berichtet.
Er beschäftigte sich vorwiegend mit Philosophie und depressiver Musik, ging nie aus und schlief viel.

Als er mich kennenlernte meinte er, er wolle sein Leben ändern, da er sich so nicht wohl fühle, und ich könne ihm dabei helfen.

Ich war zu dem Zeitpunkt in einer anderen Beziehung, verliebte mich aber in ihn, was er zunächst nicht glauben konnte, da er sich selbst für unattraktiv, uninteressant und langweilig hielt. Wir begannen dann ein Verhältnis währenddessen ich merkte, dass er sehr große Sorgen hatte, etwas falsch zu machen (was nicht vorkam) oder nicht gut genug für mich zu sein.
Ich hatte in der Zeit trotzdem das Gefühl, ihn weit aus seiner Reserve locken zu können, er unternahm auch viel mit mir.

Als ich die andere Beziehung seinetwegen aufgab, kamen erste Zweifel bei ihm auf, die ich damit erklärte, dass er sich für das Scheitern meiner vorigen Beziehung verantwortlich sah. Er schien sich dadurch sehr unter Druck gesetzt zu fühlen und veränderte sein Verhalten:
Er telefoniert lieber mit mir, als mich zu sehen,
Er ist ungern mit mir alleine, was er mit der Angst, etwas falsch zu machen, erklärt,
Er geht ungern aus, weil er dann am nächsten Tag so müde sei (er ist sowieso ständig müde),
Er verbringt fast jede Nacht alleine mit wechselnden Begründungen (zwei bis drei Nächte im Monat verbringt er durchschnittlich mit mir...)
Er verspürt kaum Lust auf sexuelle Erlebnisse, einzig Alkohol ändert daran etwas.

Wenn wir einander nahe sind, ob körperlich oder geistig, habe ich immer das Gefühl, dass er sich in dem Moment sehr wohlfühlt, sich danach aber sofort von mir abwendet, er geht dann meist nach Hause, was er mit wechselnden Schmerzen begründet.
Wenn ich ihm ein Kompliment mache, reagiert er darauf meist gar nicht, oder versucht, mit einem Scherz die Atmosphäre aufzulockern.

Was seine Gefühle zu mir angeht, so verwickelt er sich immer in Widersprüche. Sicher ist er sich aber, dass ihm noch nie eine Person so nah gekommen sei wie ich, dass er sich noch nie so wohl gefühlt habe und dass er mich deshalb nicht verletzen wolle.

Wenn ich ihn darauf anspreche (was ich sehr selten tue), dass ich sein Verhalten nicht verstehe sagt er, dann sollen wir es besser lassen, er sei eben beziehungsunfähig. Er müsse erst mit sich selbst klarkommen. Beziehung sei gleichbedeutend mit Anstrengung, und außerdem wolle er nicht, dass mein Empfinden von seinem Verhalten abhinge.
Einige Zeit später möchte er es dann doch wieder probieren, er bekomme das schon in den Griff, es sei auch schon viel besser geworden.
Ich weiß nicht, ob ich ihn einfach in Ruhe lassen soll, ob eine Möglichkeit besteht, ihm zu helfen, ob er überhaupt Hilfe braucht...

Ich jedenfalls brauche Hilfe. Und zwar Eure...
Nachdem ich mir jetzt all mein Leid von der Seele geschrieben habe, hoffe ich, dass Euch noch kein Blut aus den Ohren (oder Augen) läuft.

Danke,
Minnie

Forums-InsiderIn 387 Wien M, 33

Hi Minnie!

Nun ja. Ob das depressive oder schizoide Züge sind möchte ich nicht wo wirklich bewerten. Als depressiv wird (leider) teilweise fast alles bezeichnet was auch nur minimal pessimistisch ist. Schizoid im engen Sinn ist schon ein recht starkes Attribut. Darum bin ich auch da vorsichtig.

Wichtig ist, dass du das Verhalten deines Freundes offensichtlich bemerkenswert und ungewöhnlich findest. Das du es auch interessant findest ist gut. Für mich macht dich das sympathisch. Das hilft dir und ihm aber nat. wenig.

Ist es ein Problem oder eine (vielleicht leicht problematische) Facette? Ich denke das musst du beantworten. Facetten kommen vor und sind mit der Zeit veränderbar (wenn das beide wollen). Wenn es ein Problem ist solltest du darüber nachdenken wie man es lösen kann. Da sehe ich keine andere Möglichkeit als professionelle Hilfe. Kurze Tipps an dich werden kaum helfen. Glaube nicht, dass das was bringt.

lg,
v.

neu an Bord! 3 Wien M, 49

Meine Ehe geht in Bach runter. Ich verstehe es nicht wirklich warum. Nach meinem Urteilsvermögen, habe ich alles getan um sie zu erhalten und zu schützen. Nachdem ich mich jedoch mit der Vorwürfen meiner Frau und mich selbst auseinander gesetzt habe, sind mir gewisse Regelmässigkeiten aufgefallen, die ich als schizoide Störungen einstufen würde.
Hat jemand Erfahrung wo ich in Wien einen Therapeut finden kann, der meine Vermutungen bestätigen oder widerrufen kann? In Falle einer (leider) positive Diagnose, wie stehen die Chancen einer erfolgreichen Therapie?
Question

Helferlein 56 wien M, 53

Lieber Morbius!

Wie sehen diese Regelmässigkeiten aus?

Wenn wirklich was dran sein sollte, glaube ich, ist in Deinem Fall die Prognose eher günstig. Du selbst siehst Dein Problem. Die meisten Menschen, die ähnliche Probleme haben sind schwer bis nicht therapierbar, weil sie die eigene Störung nicht wahrnehmen können.

Ich persönlich habe mit dem Kriseninterventionszentrum Wien 9, Spitalg.1, Tel. 4069595-0 als erster Anlaufstelle (meist) gute Erfahrungen gemacht

liebe Grüsse

Marlene

neu an Bord! 3 Wien M, 49

"Wie sehen diese Regelmässigkeiten aus?"

Haupvorwurf von Seite meiner Frau ist Kälte, Gefühllosigkeit und fehlenden Verständnis für die Ambiente. Gerade hier fangt meinen Problem an. Sie und mein Sohn sind meines zweiten Leben. Meine zweite ich. Alles was ich derzeit gemacht habe, war und ist auf sie angerichtet.
Tatsache aber auch ist, dass ich immer Probleme gehabt habe, die Leute zu verstehen, ihre Emotionen zu bemerken und richtig zu interpretieren. Nach mehreren negativen Erfahrungen mit Äußerungen meiner Emotionen, die bis Elternhaus reichen, habe ich eine Lebensart entwickelt "wenn du nicht MUSS, dann vermeide enge Zusammenarbeit mit anderen Leuten". Seit meinen Studienzeiten war ich Einzelgänger mit eigenen Gedanken, der immer versucht hat auf alles eine logische Erklärung zu finden.
Meine erste 5-jährige Beziehung, die schon 20 Jahre zurückliegt war eher glücklich. Ich habe mich damals als akzeptiert gefühlt und war es auch. Sie wurde durch das Schicksal beendet.
Seit 17 Jahren bin ich mit eine Frau zusammen, die sehr starke Persönlichkeit hat. Wenn ich jetzt zurückblicke, meine erste echte Probleme mit sich selbst, haben von ca. 10 Jahren angefangen. Der Impuls ist von Außen gekommen. Seit dieser Zeit habe ich immer mehr in sich selbst mit meinen Empfindungen verschlossen. Ich habe versucht alles logisch zu steuern und auf alles Antwort zu finden. Mein Welt war jedoch für mich in Ordnung.
Das hier etwas nicht stimmt, wurde mir erst von kurzen bewußt. Ich habe begonnen, wieder "logisch", eine Antwort zu suchen und bin auf die "schizoide Störung" gestoßen. 90% allen beschrieben Symptomen passen -> ich kann Standpunkt meiner Frau verstehen. Logisch nicht war Wink

Aber auch hier fangt mein Problem an. Ich will mein ZUHAUSE, ich liebe meine Familie. Ich muss mit mir selbst klarkommen um das später meiner Familie zurückzugeben. Allein schaffe ich nicht. Ich brauche jemanden der mir ein Weg zeigt.

Helferlein 56 wien M, 53

Lieber Morbius (fürchterlicher Nick, aber Du wirst Dir schon was gedacht haben)

Ob schizoid oder nicht trau ich mir nicht zu sagen. Diagnosen sind eigentlich nicht mehr als Richtungsangaben auf einer Landkarte. Sie können zeigen wo man, oder besser der Therapeut, hin muss.

Ich sehe zwei Problemkreise

- Die Angst, die Familie zu verlieren
- Die Sorge, selbst psychisch nicht "in Ordnung" zu sein

Die Angst um die Familie kann ich verstehen. Wenns Dich interessiert ich habe da ein ähnliches Problem in diesem Forum, bisher ohne mögliche Antwort: http://www.psychotherapiepraxis.at/forum/viewtopic.php?t=14525&highlig ht=

Also Einzelgänger war ich auch immer, obwohl vielleicht aus anderen Gründen als Du, aber ich hab auch immer versucht alles logisch zu bewältigen.

Du schreibst, dass Dein Problem mit Dir selbst vor 10 Jahren akut geworden ist. Was ist damals vorgefallen, und warum reagiert Deine Frau erst jetzt darauf?

Deine Sorge um die Familie wirkt auf mich allerdings nicht als ob Du kalt und Gefühllos wärst. Dass Deine Frau sich seinerzeit für Dich entschieden hat, muss doch auch mit Deiner Persönlichkeit zu tun haben. Vielleicht kannst Du ihr vorschlagen GEMEINSAM in eine Therapie zu gehen.

Alles Liebe und viel Glück

Marlene

neu an Bord! 3 Wien M, 49

Hallo,

Mißverständnis. Vor 10 Jahren ist der Problem nicht akut geworden. Vor 10 Jahren, wenn ich es richtig beobachtet habe, begann Umwandlungsprozeß. Es waren immer Kleinigkeiten, aber immer und immer mehr Kleinigkeiten. Meine Frau reagiert erst jetzt "akut = es ist ihr zu viel" aber kleinere oder größere Probleme sind schon früher aufgetaucht. Nur wie ich schon geschrieben habe, ich habe versucht alles logisch zu interpretieren und logische Ursache zu finden. Natürlich, auf diese Weise habe ich Symptomen isoliert und interpretiert, NICHT die tatsächliche Ursachen.

Selbstverständlich habe ich Angst um die Familie, natürlich kenne ich meine Gefühle (die sind da) aber bei schizoiden Störung ist das Problem mit der Weitergabe der Emotionen vorhanden. Auch Feedback wird schlecht interpretiert oder gar nicht Wahr genommen.

Meine Frau geht mit mir, obwohl widerwillig, jetzt zu erstem Besuch bei einem Psychotherapeut. Leider findet dieses unter dem Titel "Partnerschaft - Ehe - Krise" statt und nicht "Persönlichkeitsstörungen". Ich befürchte total falsche Diagnose. Zum Zweiten, ich will auch andere Meinung hören.

Helferlein 56 wien M, 53

Ich glaube, ich verstehe jetzt.

Die Angst vor einer falschen Diagnose lässt sich ja auch in der Partner-Therapie thematisieren und dann vielleicht anderweitig weiterbehandeln.

Nochmals Viel Glück

Marlene

sporadischer Gast 5 THUM M, 26

Ich denke er hat Angst, dich zu verlieren und verhält sich so, dass er dann wieder sagen kann, habe ich gleich gewußt, dass es nicht funktionieren kann.
Er hat Angst in die Öffentlichkeit zu gehen und denkt, dass du das auf Dauer niemals akzeptieren kannst, weil er es ja selbst nicht mit innerer Ruhe akzeptieren kann.
Überlege Dir gut ob du mit ihm zusammen sein möchtest und wenn ja setzte ihn niemals unter Druck, das ergibt die beschriebenen Verhaltensweisen, zeige ihm das du viel an Ihn denkst und ihn so akzeptierst wie er ist. Mache ihm Mut, wenn er etwas verändern will und sei aber da wenn er Rückschläge hat.
Die arogante Art ist nur Fassade, mache ihm klar das dir das bewußt ist und du auch gern mit dem schüchternen/schizioden Menschen ohne Fassade zusammen bist.
Bedenke aber auch das schizoide Menschen in der Lage sind deine Fassade zu durchsschauen, auch wenn es die kleinen Lügen der Frauen sind. Erkläre Ihm über welche Dinge du nicht sprechen möchtest und ob er das akzeptieren kann.
Mich würde sehr interessieren ob Dein Freund arbeitet und wie er das auf die Reihe bekommt, ich bekomme es zur Zeit nicht hin.

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