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Carnaval
sporadischer Gast
7
Berlin M, 28
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Fri, 23.Jul.04, 10:30 Wie werde ich ich selbst? |
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Hallo Forum!
Angefangen hat alles wohl schon in meiner Kindheit, dass ich sehr schüchtern war, leise sprach, mich wenig traute etwas in der Gegenwart von Unbekannten zu sagen etc.
Leider habe ich damals dann so darauf reagiert, dass ich mich immer mehr verstellte, d.h. versuchte laut zu reden, selbstbewusst zu klingen, Dinge sagte, die eigentlich nicht meine Meinung waren, den Glücklichen und Zufriedenen zu spielen nur um ja nicht zu zeigen, wie ich wirklich war.
Dieses hat dann zu einem Kreislauf geführt, dass ich immer mehr meine Masken aufsetzte und selber dachte, ich wäre so, bzw. dass das, was ich sagte, doch auch meine Meinung sei.
Ich verwendete immer mehr Energie darauf der zu sein, der ich sein wollte und Meinungen zu entwickeln und zu vertreten, die nicht meine eigenen waren. Es wurde zunehmend unangenehm mit anderen Menschen zu kommunizieren und ich bekam immer mehr Angst, da alles sehr anstrengend wurde und ich alles aktiv machen musste. Lachen, Reden, Atmen, Mimik, einfach alles.
Wenn ich dann mal an bestimmten Abenden mal wirklich glücklich war und entspannt, also die Masken sein lassen konnte und authentisch war, fühlte ich mich gleich unglaublich wohl und war auch extrem selbstbewusst. Sofort haben mich alle geliebt und ich fühlte mich grossartig. Leider ging das nur, wenn ich per Zufall mal so war. Wenn es mir nicht so gut ging, wurde ich sofort rückfällig und musste meine Masken aufsetzen. Dies führte natürlich dazu, dass ich immer mehr Angst entwickelte, immer seltener ich selbst war, eine soziale Phobie entwickelte, also richtig in einem Kreislauf war. Ich wusste irgendwann auch nicht mehr, wer ich wirklich war, was ich wirklich wollte und was wirklich meine eigene Meinung war. Und ich entwickelte Verhaltensweisen, die mich unglaublich störten, z.B. dass ich nicht mehr richtig reden konnte, aggressiv redete, die Gedanken verlor, schneller dachte als ich redete, anderen nicht zuhören konnte weil ich nur damit beschäftigt war, mir meine eigenen Sätze zusammenzubauen etc. Ich dachte, verrückt zu sein.
Aufgrund der Redeprobleme, denen ich alle Schuld gab, bin ich dann zu Ärzten und auch in Therapie gegangen und erzählte allen, es läge nur an meinen Redeproblemen. Wenn ich die nicht hätte, dann wäre alles Paletti.
Die Therapeutin verstand mich (verständlicherweise) aber nicht und meinte, das könne es nicht sein, und es gäbe tiefere Gründe etc. Dieses ist sicher richtig, aber ich war in meinem Kreislauf und spürte, dass wenn ich die psychischen Ursachen verarbeite, dann wird sich mein Verhalten nicht ändern, da ich über Jahre diese Verhaltensmuster entwickelt habe und auch jetzt glaube ich nicht, dass wenn ich die Ursachen für meine ursprüngliche Schüchternheit aufarbeite, dass dann die Verhaltensmuster sich auflösen. Die sind viel zu fest und verstärken noch ständig meine Ängste. Ich habe denke ich überwiegend Angst vor den Symptomen, dass heisst, Angst davor, nichts zu sagen zu haben, schüchtern zu wirken, traurig zu wirken etc.
Ein kuzer Überblick noch über meine familiäre Situation, meine Eltern sind auch ständig bemüht, es anderen Recht zu machen. Mein Vater wird auch schnell aggressiv und vertritt oft Meinungen, die gegensätzlich sind zu der Meinung anderer. Wenn der andere dann seine Meinung wechselt, wechselt mein Vater diese auch. Meine Mutter dagegen ist schon eher authentisch, aber auch sehr schüchtern.
Nun, es würde mich riesig freuen, wenn Ihr mir ein paar Tipps geben könntet, wie ich die Angst lösen kann, ich selbst zu sein. Ein paar praktische Tipps, denn professionelle Hilfe ist sicher wichitg, aber ich würde gerne erstmal versuchen, den Kreislauf selbst zu durchbrechen. Denn meine Erfahrungen damals mit meiner Therapeutin lassen mich nicht sehr hoffen, dass diese mir gross weiterhelfen kann.
Kennt jemand meine Probleme? Was meint Ihr dazu?
Liebe Grüße
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Sidney
sporadischer Gast
27
Schweiz (Kt. Bern) W, 20
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Fri, 23.Jul.04, 11:19 Re: Wie werde ich ich selbst? |
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Hallo,
Man, als ich das durchlas, hätte ich denken können, du schreibst all dass nieder, welches auch zu meinen Problemen gehört Ich kenne dein Problem sehr gut. Mir gehts genau so. Und auch das mit den Eltern ist fast gleich.
Ich habe auch oft eine 'Maske' auf, und bin nicht mich selbst. Jedenfalls, wenn ich mit fremden zusammen bin. Da verstelle ich mich automatisch, und fühle mich nicht wohl. Zuhause hingegen, bin ich so wie ich bin, und fühl mich super wohl.
Ich weiss leider auch nicht genau, wie man dein Problem lösen kann. Ich mache das immer so, das ich versuche, zu meiner Persönlichkeit zu stehen. Und mich auch versuche so zu geben wie ich bin. Klappt zwar nicht immer. Aber versuchen sollte man es trotzdem. Aber jeder ist so wie er ist. Und wem das nicht passt, der hat halt pech.
Die Maske überall abzulegen ist schwierig. Aber du sagst, die Leute mögen dein echtes ich. Dann ist dass doch ein zeichen, dass du eine super Persönlichkeit hast.. Und deswegen doch auch kein Grund hast, eine Maske aufzusetzen.
Ich hab mal einen guten Spruch gelesen. Der passt hier ziemlich gut rein:
Die Menschen, bei denen du dich wohl fühlst, sind die echten Freunde. (Sowas ähnliches )
Ich finde, jeder sollte so sein, wie er ist. Naja, leider gibt es immer wieder leute, die dass nicht akteptieren. Wodurch sich Menschen dann an alles 'anpassen' und schlussendlich nicht mehr sich selbst sind.
LG, Sidney
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Stöpsel2
Forums-Gruftie
917
Deutschland W, 35
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Fri, 23.Jul.04, 16:06 Re: Wie werde ich ich selbst? |
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Hallo Carnaval,
erstmal: was fuer eine Therapie hast Du denn gemacht? Wie lange hast Du es denn ausprobiert?
Ein bisschen habe ich aehnliche Probleme wie Du, aber mein Hauptproblem ist, dass ich viel um die Ecke denke, manchmal sehr abgehobene-abstrakte Gedanken habe und dann das Gefuehl habe, es versteht mich keiner, auch der Therapeut nicht. Ich mache offiziell VT, aber irgendwie ist es im Moment ein Mischmasch an Sachen und eher Reden ueber Vergangenheit. Jedenfalls denk ich schon, dass es besser ist, weiterzumachen, auch ueber die Vergangenheit zu reden, auch wenn ich mir z.T. denke, was anderes waere vielleicht passender. Nur das eine schliesst das andere ja nicht aus. Na ja, ob mir die Therapie dabei hilft, kann ich aus eigener Erfahrung ja noch gar nicht sagen.
Aber trotzdem, ich denke, es muss beides sein. Wissen, woher es kommt (denn zumindest teilweise werden sich die Ursachen von damals auch heute wiederfinden) und Wege finden, heute damit umzugehen, andere Verhaltensmuster zu lernen. So, wie Du Dich anhoerst, habt ihr ueberhaupt nicht ueber die Gegenwart geredet?! Vielleicht solltest Du es dann mal mit einer Therapieform versuchen, die staerker an der Gegenwart ausgerichtet ist... In VT uebst Du z.B. neue Verhaltensweisen ein, schaust, womit Du aktuell Probleme hast...
Und dass das damals mit der Therapeutin nicht geklappt hat, liegt vielleicht auch in ihrer Person begruendet. Ich wuerde an Deiner Stelle eben schauen, welche Therapieart fuer Dich am geeignetsten waere und dann mehrere Therapeuten ausprobieren, und zwar solange, bis Du jemanden findest, der Dir sympathisch ist und dem Du zutraust, damit umzugehen. Und dann dort sich drauf einlassen, erstmal einfach weitermachen, zaeh bleiben und nicht so schnell aufgeben, auch wenn Du selbst das Gefuehl hast, der Weg bringt nichts.
Ich halte das fuer besser, als wenn Du es alleine machst.
Viele Gruesse
Stoepsel
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