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augenmerk
neu an Bord!
2
köln W, 34
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Wed, 16.Jun.04, 11:21 Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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Hallo!
Ich habe mittlerweile eine ganze Reihe von seriösen Büchern über Serienmörder gelesen - Literatur-Tipps unter www.der-serienmoerder.de -, bin aber dennoch ziemlich unsicher. Ist es tatsächlich so, dass diese Täter in erster Linie durch ihr soziales Umfeld geprägt und ihre späteren Taten hierdurch begünstigt oder gar hervorgerufen werden? Sind also Mütter, Väter, Geschwister, Pädagogen etc. mitschuldig, zumindest moralisch, erzieherisch. Kann man alles hierauf schieben und die Täter somit quasi entschuldigen? Ist das alles so einfach? Sind die Täter nicht vielleicht doch selbstverantwortlich für das, was sie anderen Menschen antun? Mich würde mal interessieren, welche Meinungen hier vorherrschen. Bin mal gespannt!
Gruß,
Bärbel
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Lachesis
sporadischer Gast
8
Bern W, 22
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Wed, 16.Jun.04, 11:59 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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elaz
ich hatte mal eine sva über serienmörder geschrieben.
die gesellschaft spielt natürlich eine sehr grosse rolle. doch was die meisten vergessen: irgendwo muss ich mich auch dafür entscheiden.
ich meine, ich hatte auch ein sehr "ereignisreiches" leben und deshalb
bin ich noch lange kein serienmörder. denn ich hab mich eben dagegen entschieden (ich nicht, sie war so blöd. ich kämpf noch).
also, man kann nicht sagen, das und das ist schuld. es kommen immer sehr viele verschiedene faktoren zusammen. und jeder mensch ist ein individum. ist vielleicht genau das dass problem?
die menschliche psyche ist ein weitgehenst unbekanntes teritorium. wir können nur spekulieren.
greez
lachesis
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_________________ same shit, diffrend day |
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Helene T.
Forums-Gruftie
897
Wien W, 47
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Wed, 16.Jun.04, 12:00 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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Hallo augenmerk!
Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die Ursachen. Ein Mensch kann nur dann für sich Verantwortung übernehmen, wenn er das irgendwann einmal gelernt hat wie das geht. Das heißt, er muss zwischen Gut und Böse unterscheiden können und lernen, dass sein Handeln nicht nur Folgen hat für andere sondern auch Konsequenzen.
Das lernen eben viele Menschen nicht im ausreichenden Ausmaß.
Im Falle eines Serientäters kommt ja auch noch das Erfolgserlebnis des "nicht erwischt Werdens" dazu das seine falschen Verhaltensweisen auch noch gründlich bestätigt.
Es muss ja nicht gleich ein Serienmörder sein. Schau dir nur mal an was bei den Kids abgegangen ist, die kürzlich verurteilt wurden weil sie einen Schulkollegen schwer misshandelt haben. Es ist klar, dass das Signal - unbedingte Gefängnisstrafe ein Signal war für "die Anderen" dass solches Handeln Konsequenzen hat, aber den Jungs bringt es genau nichts. Die lernen im Gefängnis nur noch dazu was sie für eine gepflegte Verbrecherkarriere benötigen. Die Wahrscheinlichkeit dass sie im Gefängnis zum nötigen Bewusstsein kommen, das ihnen fehlt ist sehr unwahrscheinlich.
Wenn ein hochintelligentes Kind pausenlos hört: du bist dumm, du kannst das nicht! Wird es irgendwann einmal erwartungskonform reagieren.
Wenn ein Kind zu Hause sehr viel Gewalt erfährt wird es einmal Gewalt als akzeptable Strategie zur Problemlösung und Gewinnerhöhung erkennen und erfolgreich einsetzen.
Wenn ein kleines Kind lernt: wenn ich weine bekomme ich alles was ich möchte! dann wird es lernen bei bedarf die Tränendrüse zu drücken um zum Ziel zu kommen.
Wenn bei einem Kind die Mutter grundsätzlich jedes Verhalten entschuldigt und goutiert und auch noch andere "Schuldige" findet, dann wird das Kind keine Grenzen kennen lernen und mit der Information ins Leben gehen: ich darf absolut alles tun, die anderen sind Schuld.
Wenn ein Mädchen regelmäßig zusieht wie ihr Vater mit schweren Stiefeln auf die Mutter eintritt, dann kann es passieren, dass sie die Mutter bei "nicht funktionieren" ebenso tritt und peinigt, der Vater macht ja das gleiche. Und funktioniert es da, dann klappt das ja auch bei Schulkolleginnen.
Ich kenne einen heute über 75jährigen Mann der bis zu seinem 70en mit seiner Mutter zusammen gelebt hat. Man glaubt einen erwachsenen Mann vor sich zu haben bis jemand nicht seinen Vorstellungen entspricht, nicht tut was er möchte. Der 70jährige schafft es in sein Zimmer zu gehen um zu trutzen wie ein 4jähriger. Es fehlt nur noch, dass er sich kreischen und tobend auf den Boden wirft mit. Ich will, ich will....
Das was du da bei "Serienmördern" siehst findest du überall, nur eben nicht mit diesen drastischen Auswirkungen.
D.h. es ist nicht nur wichtig dem Heranwachsenden ein funktionierendes Wertesystem mitzugeben und eine gesunde Gewissensbildung, sondern auch die Fähigkeit das laufend zu überprüfen und anzupassen.
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_________________ Liebe Grüße aus Wien,
Helene |
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Oi
Forums-InsiderIn
339
Die emotionale Hölle M, 22
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Wed, 16.Jun.04, 12:05 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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> Bärbel
Quote: | Ist es tatsächlich so, dass diese Täter in erster Linie durch ihr soziales Umfeld geprägt und ihre späteren Taten hierdurch begünstigt oder gar hervorgerufen werden? |
Aus persönlichen Gründen habe ich mich auch mit diesem Thema auseinander gesetzt und ich glaube auch an traumatische Ereignisse in der Kindheit eines Serienmörders. Viele Serienmörder wurden z.B. als Kind selbst physisch, psychisch oder sexuell missbraucht. Grundsätzlich gibt es mehrere Typen von Serienmördern und auch die Motive sind unterschiedlich. Um hier aber keinen Aufsatz zu schreiben,sondern auf deine Frage einzugehen: ich glaube,daß Serienmörder diese Ritualhandlung aus einem bestimmten Grund durchführen und der ist oft eine Befriedigung (krankhafter) sexueller Bedürfnisse in denen die Machtposition eine erhebliche Rolle spielt. Sicherlich können Serienmörder durch aktuelle Ereignisse (soziale Umstände oder soziales
Umfeld) dazu gebracht werden,daß sie Fantasie in Realität umsetzen,aber hier ist auch der Kern versteckt. Die Fantasie ist immer vorher da.
Quote: | Kann man alles hierauf schieben und die Täter somit quasi entschuldigen? |
Könnte man schon,aber es gibt Gesetze und wie du dir vielleicht denken wirst,werden manche Fakten als strafmindernd beurteilt. Trotzdem wäre es verantwortungslos einen geschnappten Serienmörder wieder auf freien Fuß zu setzen nur weil er einen persönlichen Grund hatte ,der in seiner eigenen Realität liegt. Diese Realität ist durch eine schwere Kindheit oder wenige andere Faktoren (z.B. physisches Gebrechen wie im Falle des Massenmörder Charles Whitman) gestört. "Strafe" wird durch Ausgrenzung von der Öffentlichkeit,die sich berechtigterweise bedroht fühlen darf,gewährleistet.
Strafe in diesem Sinne haben Serienmörder schon bekommen,weil ihnen viel früher Ungerechtes wiederfahren ist,nur was können die Menschen,die er umbringt dafür?
Quote: | Sind die Täter nicht vielleicht doch selbstverantwortlich für das, was sie anderen Menschen antun? |
Mich interessiert in diesem Falle immer die Zurechnungsfähigkeit einer Person. Weiß sie,daß sie Unrechtes getan hat oder denkt sie sich gar,daß sie nichts Unrechtes getan hat?
Es gibt Serienmörder,die quasi affektiv und planlos vorgehen. Denen würde ich noch verminderte Schuldfähigkeit zu sprechen und den im Schnitt intelligenteren Serienmördern,die geplant vorgehen nicht.
Ich glaube trotzdem,daß sich viele Serienmörder ihrer Taten bewusst sind,aber nicht im moralischen Sinne,der sie davon abbringen hätte können,sondern im Sinne der Strafbarkeit. In ihrem Sinne handeln sie trotzdem "gerecht",weil ihnen etwas angetan wurde,was sie gerne "ausgleichen" wollen.
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1234
Helferlein
83
Deutschland W, 42
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Wed, 16.Jun.04, 12:37 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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ich denke, dass es wie ein zwnaghaftes, suchtmäßiges verhalten sein könnte. hinterher könnten schon schuldgefühle auftreten, aber es ist für die person alleine nicht unter kontrolle zu bringen. es gibt doch genug täter, die wollen irgendwie "geschnappt" werden, damit sie diese taten nicht mehr ausführen können, alleine schaffen sie es nicht.
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TauCeti
Forums-InsiderIn
196
Tau Ceti Center (TC²) M
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Thu, 17.Jun.04, 22:35 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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Wie auch immer, jedenfalls hat ein Mörder das Anrecht auf Zugehörigkeit verspielt.
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_________________ make your own reality |
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Helene T.
Forums-Gruftie
897
Wien W, 47
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Fri, 18.Jun.04, 9:18 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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TauCeti wrote: | Wie auch immer, jedenfalls hat ein Mörder das Anrecht auf Zugehörigkeit verspielt. |
Irrtum. Hat er nicht. Auch im Gefängnis gehört er irgendwo zu.
Zugehörigkeit kann man nur freiwillig aufgeben, als Eremit. Ansonsten wird man im Normalfall auch immer vereinnahmt. Man kann nur den Grad der Vereinnahmung steuern. Aber das ist eine ganz andere Geschichte
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_________________ Liebe Grüße aus Wien,
Helene |
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augenmerk
neu an Bord!
2
köln W, 34
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Fri, 18.Jun.04, 10:11 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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Hallo!
Ich persönlich glaube nicht an eine kollektive Schuld der Gesellschaft, vielmehr an individuelle Fehlentwicklungen, die aber samt und sonders vermeidbar sind. Denn viele Menschen werden unter denselben Bedingungen sozalisiert wie die meisten späteren Serienmörder, aber größtenteils werden aus diesen Individuen rechtschaffene Leute. Ich fürchte, die Sache ist wesentlich komplizierter, und wir wissen noch viel zu wenig! Oder?
LB
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Helene T.
Forums-Gruftie
897
Wien W, 47
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Fri, 18.Jun.04, 10:23 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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augenmerk wrote: | Ich persönlich glaube nicht an eine kollektive Schuld der Gesellschaft, vielmehr an individuelle Fehlentwicklungen, die aber samt und sonders vermeidbar sind. |
Hat hier irgendjemand was anderes geschrieben? Ich gehe überhaupt nicht von "Schuld" aus, weil schuldhaftes Verhalten die Absicht Schaden zu verursachen voraussetzt und das in der Erziehung von Kindern in den seltensten Fällen gegeben.
Darum, noch mal, es gibt einen gravierend Unterscheid zwischen Ursache und Schuld, und der macht es aus.
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_________________ Liebe Grüße aus Wien,
Helene |
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HappyCrashkid
Helferlein
116
Wien M, 28
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Fri, 18.Jun.04, 10:52 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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naja, manche männer sind einfach so zu kinderschändern/mördern geworden, weil sie von erwachsenen frauen immer nur unsanfte ablehnungen bekommen haben. oder manchmal besitzen einige eine überduchschnittliche hohe intelligenz, fühlen sich im leben nicht angemessen gefordert und werden so halt serienmörder.
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_________________ Life is a bitch, and then you marry one |
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vilareal
Forums-InsiderIn
387
Wien M, 33
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Fri, 18.Jun.04, 10:55 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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Hallo HappyCrashkid!
Halte ich aber schon für reichlich zynisch.
Ausserdem gibts in Analogie sicher auch Mörderinen die nur welche sind weil sie von ihrem Vater verprügelt ..... usw.
lg,
v.
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HappyCrashkid
Helferlein
116
Wien M, 28
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Fri, 18.Jun.04, 10:59 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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naja, es gibt schon diesen "schwarze witwe" frauentyp oder so, die nicht wirklich lieben können und sich nur reiche männer angeln um an's erbe zu kommen. und ob die morde, die frauen begehen auch wirklich alle aufgedeckt werden... vergiftungen kann man z.b. nicht immer nachweisen.
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_________________ Life is a bitch, and then you marry one |
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vilareal
Forums-InsiderIn
387
Wien M, 33
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Fri, 18.Jun.04, 11:08 Re: Serienmörder: "Menschen" oder Monster? |
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@augenmerk
Quote: |
Kann man alles hierauf schieben und die Täter somit quasi entschuldigen? ... Sind die Täter nicht vielleicht doch selbstverantwortlich für das, was sie anderen Menschen antun?
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Die Suche nach den Ursachen von inakzeptablem Verhalten (um es mal möglichst neutral zu formulieren) darf niemals die Suche nach Schuldigen sein. Es ist auch niemals eine Entschuldigung. Es ist lediglich der Versuch es zu verstehen und in Zukunft soweit möglich zu verhindern (bei dem Betreffenden aber auch für andere). Verantwortlich für sein Tun bleibt immer der einzelne Mensch.
lg
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