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Hiob
Forums-Gruftie
607
Berge M, 32
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Mon, 14.Jun.04, 22:52 Krankheit als Strategie |
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Hallo zusammen,
es ist eine etwas heikle Angelegenheit, aber ich möchte jede Chance nutzen, jemandem Liebes, zu helfen. Da nun die „Fachleute aber nicht den Mund aufmachen, bzw. nur mit den Schultern zucken, will ich mal fragen, ob es Betroffene oder Theras gibt, die mir weiterhelfen können.
Die liebe Person, die ich meine, hat meiner Meinung nach festgestellt, dass sich andere rührend um sie kümmern, wenn sie krank und hilflos ist. Sie „sucht“ sich meiner Meinung nach eine Krankheit nach der anderen, um immer wieder in diese Rolle des „Bemuttertwerdens“ zu kommen. Diesmal ist es eine Krankheit, die nach aktuellem medizinischen Kenntnisstand keine eindeutigen Ursachen hat...die sog. „frozen shoulder“.
Sie ist meiner Meinung nach ein Mensch, der nie genügend Aufmerksamkeit bekam, es brauchte, aber glaubte das nicht zu verdienen (hier könnte der Schlüssel liegen). Allerdings hat sie schon immer raffiniert indirekt mitgeteilt, wie sehr sie unter Schmerzen leidet und sie heldenhaft erträgt, es hat gut funktioniert, alle haben Männchen gemacht und sie getröstet und bedauert. Von Herzschmerzen, Gallenkoliken, Krämpfen über Knieschmerzen bis hin zu wirklich „tapsigen“ unabsichtlichen Selbstverletzungen.
Da ich darüber grad einiges erforsche, bin ich drauf gestoßen, dass sie diese Krankheiten, vor allem aber immer wieder die SCHMERZEN eventuell selbst „erzeugt“. Ich glaube ihr die Schmerzen, aber sie ist in meinen Augen eine Art Märtyrer in Sachen Schmerz geworden. Ich komme mir dreckig vor, jemandem so was zu unterstellen (ihr ahnt spätestens jetzt wen ich meine), aber ich möchte verstehen, um weitersuchen zu können. Gibt es sowas wirklich?
Würde mich freuen, wenn mir jemand seine Meinung sagen könnte...wenn man´s mal weiß, kann man anders damit umgehen. Therapie käme ohnehin nicht in Frage, solche (völlig normalen) Themen sind bei ihr tabu...ihr wisst schon, man ist „natürlich nicht verrückt“.
Viele Grüße
Hiob
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Tue, 15.Jun.04, 6:40 Re: Krankheit als Strategie |
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Hallo Hiob,
Quote: | Würde mich freuen, wenn mir jemand seine Meinung sagen könnte...wenn man´s mal weiß, kann man anders damit umgehen. Therapie käme ohnehin nicht in Frage, solche (völlig normalen) Themen sind bei ihr tabu...ihr wisst schon, man ist „natürlich nicht verrückt“. |
das was Du von Deine Freundin beschreibst, kann man auch sekundären Krankheitsgewinn nennen. Und den Mechanismus hast Du dabei gut erfasst - nat. hat sie die Krankheiten und Schmerzen wirklich, - aber es ist gut möglich, dass sie diese hat, weil sie eben auf anderer Ebene ein "Kümmern" oder "Verantwortungsabnahme" (oä) braucht.
Ich glaube nicht, dass DIR das jetzt irgendwas bringt, weil wie solltest Du anders mit ihr umgehen? Ihr sagen, "hey Deine Schmerzen sind psychisch bedingt und wenn ich Dir Zuneigung geb gehts Dir besser"? Nee...
Da hilft wohl doch nur ein Profi, also Therapie. Sie müsste für sich lernen, ihre Bedürfnisse anders zu erfüllen, evtl wird sie dann nicht mehr (psychosmatisch) krank.
- wenn sie aber doch wegen diverser körperl. Symptome immer wieder zum Arzt muss - meinst Du ihr ist der Gedanke nach einer "Seelen-Behandlung" sooo abwegig?
Grüße,
Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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Hiob
Forums-Gruftie
607
Berge M, 32
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Tue, 15.Jun.04, 7:46 Re: Krankheit als Strategie |
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Danke dir erst mal Irrlicht,
Quote: | Ich glaube nicht, dass DIR das jetzt irgendwas bringt, weil wie solltest Du anders mit ihr umgehen? Ihr sagen, "hey Deine Schmerzen sind psychisch bedingt und wenn ich Dir Zuneigung geb gehts Dir besser"? Nee... |
Hmmm...ja, so würde ich das nie machen, das zerstört sie doch.
Ich würde schon gern was tun. Selbst wenn sie irgendwann Thera machen möchte, möchte ich sie unterstützen...in ihrem Umfeld gilt man selbst mit Depressionen schon als verrückt, sie würde sich ausgegrenzt und schlecht vorkommen...wenigstens das möchte ich ändern. Dazu möchte ich aber erst mal verstehen. Die ganze Thematik ist deshalb so wichtig, weil inzwischen innerhalb der Krankheiten“ konkurrierende Behandlungsmethoden von den Ärzten verordnet werden und ich mir ernsthafte Sorgen mache, wo das noch hin führt.
Ja, da hast du wohl Recht, ich dachte, bevor ich deine Antwort las, ob mein Text nicht falsch verstanden werden könnte, indem es eigentlich nur um MICH geht, nicht um sie...dem ist aber nicht so. In sofern, dass ich einiges über mich dadurch in anderem Licht sehe, stimmt es allerdings doch wieder. *grummel* So aber jetzt wieder zurück.
Die ganze Sache wird mir jetzt erst richtig deutlich...denn sie unternimmt praktisch nichts, um selbst wieder gesund zu werden, sie erträgt und spielt Opfer des Schicksaals. Du hast sicher Recht, um Thera wird sie, wenn sie ihre Schmerzen nicht mehr ertragen kann nicht rumkommen. Nur...für sie würde eine Welt zusammenbrechen, sie glaubt alles aushalten zu MÜSSEN, habe Angst, dass sie durch sone Thera völlig in sich zerfällt. Sie geht zwar zu vielen Ärzten, aber sie ist dort Kind und vor dem bösen „Onkel Irrenarzt“ hat sie furchtbare Angst und „braucht ihn ja nicht“. *ratlos kuck*
Vielleicht kann ich sie darauf dann irgendwann mal langsam vorbereiten?
Wie verhält man sich denn bis dahin am besten? Geben, geben, geben?
Gibt es vielleicht zu diesem „sekundären Krankheitsgewinn“ irgendein von nem Thera geschriebenes, fachliches aber noch verständliches Buch?
Viele Grüße
Hiob
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tanzendes_irrlicht
Moderatorin
2129
NRW W, 30
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Tue, 15.Jun.04, 10:10 Re: Krankheit als Strategie |
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Hey Hiob,
Quote: | ob mein Text nicht falsch verstanden werden könnte, indem es eigentlich nur um MICH geht, nicht um sie...dem ist aber nicht so. In sofern, dass ich einiges über mich dadurch in anderem Licht sehe, stimmt es allerdings doch wieder. *grummel* |
*grins... aber es MUSS doch um Dich gehen
Der schönste Altruismus bringt rein gar nix, wenn mensch nicht weiß, wie er denn selbst mit Situationen zurecht kommt.
Und mir ist es sehr viel lieber, wenn Du über Dich reflektierst, als Dir ihren Kopf versuchst zu zerbrechen! (das ist in der Regel nämlich nur mit Magie möglich ).
Also, *stubs*, schön bei Dir bleiben, ohne zu gummeln
Quote: | Selbst wenn sie irgendwann Thera machen möchte, möchte ich sie unterstützen |
Ich glaub, das ist der hilfreicheste und beste Ansatz, ihr tatsächlich zu helfen!
Therapie ist nix schlimmes und mensch ist auch nicht direkt "irre", weil er unter den ganzen vielen Problemlösestrategien nicht die günstigsten ausgewählt hat. Wenn Du also ihr und ihrem Umfeld die Angst=Ablehnung vor unbekanntem (hier Psyche und Therapie) etwas nehmen kannst, hast Du viel erreicht!
Quote: | Die ganze Sache wird mir jetzt erst richtig deutlich...denn sie unternimmt praktisch nichts, um selbst wieder gesund zu werden, sie erträgt und spielt Opfer des Schicksaals |
Hier ist der andere Punkt, wo Du ansetzen kannst. Aber andersrum als Du vermutest, werd ich Dir jetzt anworten:
Quote: | Wie verhält man sich denn bis dahin am besten? Geben, geben, geben? |
NEIN.
Nix geben. Nicht das System unterstützen. Nicht ihre Strategien weiterhin wirksam sein lassen, indem ihr Umfeld (Du) wie erwartet (rücksichtsvoll, kümmernd, verständnisvoll, entlastend, bemitleidend usw) reagiert.
Klingt hart und egoistisch und gar nicht in Deinem Sinne, hm?
Nun, ich mein damit ja nicht, dass Du nicht ein guter Freund sein sollst, wie bisher. Aber Du bist ein besserer Freund, wenn Du sie langfristig dazu bringst, an sich so zu arbeiten, dass sie fühlen und ausdrücken kann, was sie braucht oder nicht braucht.
Dann muss sie diese Bedüfnisse nicht mehr über die Krankheiten kompensieren.
Der Weg dahin führt über sie selbst, da kommt sie nicht drum rum. Natürlich kann sie auch noch 30 Jahre warten - da stellt sich irgendwann die Frage, wies mit Deinen Ressourcen und Grenzen aussieht...
Quote: | Gibt es vielleicht zu diesem „sekundären Krankheitsgewinn“ irgendein von nem Thera geschriebenes, fachliches aber noch verständliches Buch? |
Mit Sicherheit, obwohl ich mir jetzt nicht die Mühe gemacht hab, zu suchen. Schau mal auf der Homepage hier von Herrn Fellner, versuchs hier im Forum über die Suchfunktion oder google!
Liebe Grüße!
Tanzendes_Irrlicht
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_________________ Toleranz ist, wenn sich die Menschheit in die Menschlichkeit verliebt. C.M. |
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vilareal
Forums-InsiderIn
387
Wien M, 33
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Tue, 15.Jun.04, 10:31 Re: Krankheit als Strategie |
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Hallo Hiob,
Quote: |
Wie verhält man sich denn bis dahin am besten? Geben, geben, geben?
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Ich schliesse mich tanzendes_irrlicht absolut an: Nein. Auf keinen Fall!
In mancher Situtation kann das ein Balanceakt werden weil man natürlich niemandem im Stich lassen will. Und das ist genau das grosse Problem:
Die Strategie funktioniert so teuflisch gut! Wenn es einem schlecht geht bekommt man Zuneigung. Wenn man das gelernt hat, und grosse Angst hat die Zuneigung zu verlieren, dann hat man auch Angst davor, dass es einem besser geht.
Diesen Mechanismus muss man akzeptieren und verstehen. Dass geht am besten mit professioneller Hilfe.
Ich habe mit manchen Menschen die Abmachung getroffen, dass sie mich "belohnen" fürs gut gehen und übermässigem "Gejammere" (in Anführungszeichen weils so negativ klingt) nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken. Das ist sehr hart am Anfang. Aber es wirkt mittlerweile einigermassen.
Mich erinnert das ein bischen an Alkohol: Der funktioniert auch so teuflisch gut. Trink was und deine Probleme sind einfach weg. Und wenn sie dann wieder da sind trink weiter und sie werden gleich wieder verschwinden.
lg,
v.
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Hiob
Forums-Gruftie
607
Berge M, 32
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Tue, 15.Jun.04, 13:00 Re: Krankheit als Strategie |
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Hallo ihr Zwei,
ich verstehe, was ihr meint und sehe es ein.
Es halten einen diese elenden Schuldgefühle halt automatisch zurück und lassen einen nachgeben...aber grad der Vergleich mit dem Alkoholabhängigen passt gut.
Blöd ist, dass man in diesem furchtbaren „ich lass dich im Stich-Gefühl“ schmoren darf, TROTZ dass man es versteht...aber ich weiß worum´s geht und werde das auch noch angehen und auflösen. Werde das Thema mal weiter durchleuchten, das hilft.
Quote: | Natürlich kann sie auch noch 30 Jahre warten, da stellt sich irgendwann die Frage, wies mit Deinen Ressourcen und Grenzen aussieht... |
Vollkommen richtig. Was das bedeutet ist mir (leider) klar.
...nun...sind wir am Ende doch bei mir gelandet und nicht bei ihr, obwohl ich´s nicht wollte...vielleicht ist das das eigentlich interessante.
Werde sie, wenn es sich dann durch das "Durchbrechen" nicht von selbst mildert, langsam in Richtung Thera schieben und ihr die Angst bisschen abnehmen.
Ich danke euch für eure Hilfe. Es nutzt mir sehr, mal zu hören, nicht vollkommen falsch zu liegen und meiner Vermutung eine Richtung zu geben.
Ich glaube bei sonem unpopulären Thema braucht man immer mal jemanden, der einem den Rücken stärkt...sonst läuft man Gefahr, als „Helfer“ noch für verrückt gehalten zu werden (oder gar selber), son Unsinn. *brumml*
Viele Grüße
Hiob
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woman2108
Forums-InsiderIn
152
Tirol W, 37
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Tue, 15.Jun.04, 18:56 Re: Krankheit als Strategie |
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Salut Hiob!
Vielleicht findest du unter "Münchhausen-Syndrom" etwas ...... scheint doch in diese Richtung zu gehen!!!
LG
Brigitte
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Hiob
Forums-Gruftie
607
Berge M, 32
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Tue, 15.Jun.04, 21:09 Re: Krankheit als Strategie |
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Dankeschön Brigitte,
was ich dazu gefunden habe, scheint mir sehr interessant, kann sein, du hast mich auf ne weitere interressante Spur gebracht...
Liebe Grüße
Hiob
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