Mein Therapeut hat mich in Stich gelassen!

Site Admin 1270 Wien M

Liebe Rose,

ich finde die Thematik berührend (offenbar geht's da vielen ForumsbesucherInnen ähnlich), aber im Moment können Sie zwecks persönlicher Klärung nicht mehr tun, als auf die Rückkehr Ihres Therapeuten zu warten.

Damit Sie nun mal emotional ein wenig zur Ruhe kommen und die extrem hohe Anzahl von Beiträgen bezüglich Ihres Problems wenigstens ansatzweise "verdauen" können, gebe ich diesem Thread ein Timeout von 1-2 Wochen. Danach wird er aber (keine Sorge Wink

) wieder geöffnet - damit weiterdiskutiert werden kann, sofern dann (vor allem von Ihrer Seite her) noch Fragen offen sein sollten.

Freundlichen Gruß und bitte um Verständnis - aber ich halte die Thematik einfach für zu sensibel und heikel, um sie hier zu "zerreden", bevor Sie diesbezüglich auch nur ein einziges Wort mit Ihrem Therapeuten gewechselt haben.

Fellner

Helferlein 99 Deutschland W, 29

Hi Rose,
ich hoffe, Dir geht´s wieder etwas besser!!! Hattest Du inzwischen die Gelegenheit mit Deinem Therapeuten zu sprechen?
Liebe Grüße, Panther

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Nein, Panther, noch nicht.
Das heisst, ich habe ihn gestern versetzt, ungewollt, weil ich nicht genau wusste wann er wieder kommt. Dann hat er angerufen, um zu sehen was los ist. In 5 Jahren Therapie habe ich mich nicht mal verspätet, so war in seiner Stimme deutlich zu spüren wie besorgt und verunsichert er war. Ich gehe davon aus das er dachte, ich bin zu wütend und komme nie wieder.
Er stotterte etwas über "ein Missverständnis" und "wie konnte so was passieren". Ich wollte an Telefon nicht darüber sprechen, so war ich ziemlich verschlossen und kalt.
Am Freitag habe ich mein Termin wieder.

Aber, ich habe wirklich sehr viel nachgedacht, da ich echt nicht verstehen konnte warum ich so reagiert habe.
Inzwischen habe ich auch dafür eine Erklärung:
Die Psychotherapeutin die da war, als ich vor 2-3 Wochen im Wartezimmer vergeblich auf ihm gewartet habe, hat durchbohrende Augen und einen sehr tragischen Gesichtsausdruck. Man denkt einfach immer, entweder hat sie ein Todesfall in der Familie oder sie leidet seit Wochen an Verstöpfung. Sie sieht immer so aus, deshalb mag ich sie nicht.

Also, sie ist damals gekommen und anstatt mir gleich zu sagen: "Aber, Dr Soundso macht Skiferien, wussten Sie das nicht?", sie sagte: "Sind Sie die Patientin von Dr Soundso"? (obwohl sie das genau wusste). Dann eine dramatische Pause. "Er ist nicht da. Wussten Sie nicht?" Dann wieder eine Pause. Ich habe da schon angefangen zu heulen. Dann sagte sie das er Skiferien macht.

Ich dachte eigentlich, er wäre tot.
Wie gesagt, ihr Gesichtausdruch war so tragisch. Ausserdem, ist meine Frauenärztin, die ich sehr gern hatte, vor genau einem Jahr ums Leben gekommen. Eine junge, sehr warmherzige Frau. Und ich habe es zufällig erfahren, aus Todesanzeigen. Das hat mich sehr, sehr hart getroffen. Ich habe ohne Ende geweint.

Das, das mein Thera Skiferien macht, kam dann zu spät. Ich war unbewusst schon bei nachtrauen und konnte nichts mehr aufnehmen. Und dann war ich natürlich auch zornig.

Verstehst Du was ich meine?

Liebe Grüsse, Rose

Helferlein 99 Deutschland W, 29

Ich glaub, ich versteh schon, was Du meinst, aber dann hättest Du doch wütend auf die Therapeutin sein müssen und nicht auf Deinen Therapeuten.
Ich mein, kann es nicht einfach sein, dass Du "einfach nur" wütend warst über die Tatsache, dass er Dich im Stich gelassen hat? Das reicht doch schon als "Begründung". Das ist doch eine Art Vertrauensbruch.
Es ist unfair und nicht sehr einfühlsam gewesen, Dich nicht über den Urlaub zu informieren.
Aber es scheint, er ist sich des Fehlers bewusst und Du wirst ihm verzeihen können, auch wenn das mit dem vergessen wohl nicht so einfach sein wird. Wenn Du das überhaupt willst.

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Nein, ich war nicht auf sie wütend. Ich denke trotzdem das meine Reaktion sehr viel damit zu tun hatte. Weiss Du, wie bei Kinder: Mutter oder Vater stirbt, für sie ist das dann gleich mit "weg gehen" zu setzten und sie werden wütend anstatt traurig. Sie fühlen sich im Stich gelassen.
Natürlich, werde ich diese Möglichkeit mit meinem Thera besprechen, vielleicht irre ich mich.
Ich berichte dann weiter.

Dir ein lieben Gruss love2

Rose

Forums-InsiderIn 312 NÖ W, 33

Hallo Rose!

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ein konkretes Ereignis, das für mich traumatisch war, Mitte Januar, um den Jahrestag, wieder sehr präsent wurde. Und das mehrere Jahre hintereinander. Den ganzen Rest vom Jahr dachte ich so gut wie nicht daran. "Zufällig" genau Mitte Januar passierten Ereignisse, die in die selbe Kerbe schlugen und alles wieder hochholten.
Mir scheint deine Erklärung also nicht so weit hergeholt, zumindest als EIN Faktor.

Sag, macht dein Therapeut eigentlich Supervision?

LG
H.

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Hallo,

Ich habe ganz bestimmt Verlustängste.
Ich fürchte mich immer um Menschen die ich liebe und bin auch sonst sehr sensibel. Wenn ich merke das auch anderen Menschen schlecht geht oder ein Verlust erlitten haben, leide ich mit.

Das kann manchmal sehr übertrieben ausfallen, wirklich. Stell Dir vor, ich bin von Beruf Krankenschwester, also habe mit Leid und Tod fast täglich zu tun. Kann mich aber seit 20 Jahren nicht daran gewöhnen und traue praktisch jedem Patient nach.

Mein Thera ist mir sehr wichtig, aus Gründen die leicht zu nachvollziehen sind. Seine Anerkennung ist mir wichtig, sein Wohlbefinden aber auch. Das ist eben meine mütterliche Seite.
Also, je öffters ich daran denke, was damals in der Praxis vorgefallen ist, desto mehr glaube ich Recht zu haben.
Denn, zuerst war ich unbeschreiblich traurig und aufgelöst, erst danach enttäuscht und zornig...

Weisst Du, er ist kein Gott für mich. Er hat ja schlechte Eigenschaften und das ist mir vollkommen bewusst. Irgendwie auch egal. Ich habe ihn einfach lieb und er ist mir sehr vertraut. Wenn er nicht mein Thera wäre, wären wir warscheinlich eng befreundet. Das sagt er auch immer.

Der Rest verstehe ich noch nicht ganz...Mal sehen.

Liebe Grüsse
Rose

Helferlein 55 Wien W

"Ich dachte eigentlich, er wäre tot."

Kann es gut nachvollziehen, dass Dir diese Vorstellung zu Deinem unkontrollierbaren totalen emotionalen Zusammenbruch "verholfen" hat . Wieviele Stunden als Krankenschwester arbeitest Du? Welche Form der emotionalen Unterstützung /Supervision wird für das Pflegepersonal angeboten. Wohl nicht ausreichend.

Was den nicht stattgefundenen Termin bei Deinem Thera betrifft, hast Du Dich von meinem Gefühl her ein wenig revanchiert. Bei sehr großem Willen Deinerseits wäre es sicherlich ausforschbar gewesen, wann er wieder retour. Dass Du das nicht getan hast, finde ich total okay!!!!

Ich denke die Vorstellung, er könnte wegen dieser Terminschlamperei ebenfalls umsonst warten und seine Entschuldigungen/seine Verunsicherung haben Dir..zumindest nachträglich.. gar nicht so schlecht getan.

Vielleicht bringt dieses Ereignis manches sogar zutage, woran Du noch nicht genügend gearbeitet hast und Dich sogar in Deiner Therapie weiter.
(Was nicht im geringsten heissen soll, dass Du nicht das Recht hast, absolut wütend zu sein und dementsprechend sein Verhalten zu kritisieren).

Ich glaube aber, es wird ihm so rasch nicht mehr passieren!!

Wünsche Dir ein gutes Gespräch am Freitag.

Lämmchen

Helferlein 99 Deutschland W, 29

Hi Rose,
ich wollte die Ergebnisse, die Du durch das Nachdenken erzielt hast keineswegs schmälern oder für unwichtig erklären. Was da alles noch hochgekommen ist, ist bestimmt wichtig für Deine Therapie.
Ich weiß, dass Verlustangst etwas ist, das einen ständig begleitet...bin auch grad dabei das zu "bearbeiten". Mich hätte eine solche "Abfuhr" sicherlich genauso tief getroffen wie Dich, und ich glaub, ich hätte wahrscheinlich sogar die Therapie bei meinem Thera. abgebrochen, find es also echt stark von Dir, dass Du das so bewältigst!
Ich wollte eigentlich nur ausdrücken, dass auch jemanden ohne Verlustangst diese Situation geärgert und vielleicht auch traurig gemacht hätte.
Ich wünsch Dir ein gutes Gespräch am Freitag!

Forums-InsiderIn 312 NÖ W, 33

Hallo rose!

Ich habe so ein dumpfes Gefühl, daß du und dein Therapeut in einer Neuinszenierung von etwas drin stecken, was besser von außen betrachtet und therapeutisch bearbeitet gehörte. Das wäre seine Sache, das zu tun, aber er scheint mir zu sehr darin verstrickt, um das tun zu können. Damit meine ich jetzt nicht die Urlaubs-Sache, sondern eure Beziehung zueinander allgemein.
Deswegen meine Frage nach der Supervision.

Freunde kann man viele haben im Leben, aber wenn darüber die Qualität einer Therapie leidet, finde ich das schade.

LG
H.

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Liebes Lämmchen,

Alles was Du schreibst ist sehr zutreffend. Ich mache eine ganz schlimme Lebensphase durch: hab Kontakt mit meiner Mutter abgebrochen, hab das Rauchen aufgegeben, eine schwere Operation steht mir bevor, habe Angst ohne Ende. Dazu vereist mein Thera einfach weg, ohne mir Bescheid zu geben und lässt mich damit allein.

Natürlich habe ich seine Verunsicherheit und Verlegenheit sehr genossen. Ich kenne ihn gut; er vergisst etwas und behauptet später es wäre nicht so. Das treibt mich manchmal zu Weissglut.
In diesem Fall konnte ich auch erwarten das er wieder versucht mir klar zu machen, er hat mir von seiner Ferienreise erzählt. Dann hätte ich sehr warscheinlich aufgelegt und nie wieder hingegangen.
Unabhängig davon, wissen wir beide das er sehr vergesslich ist und ich dagegen meistens ganz genau wiederholen kann etwas was er vor Jahren erzählt hat. Ausserdem, führe ich so was wie ein Therapie-Tagesbuch.
Also, ich kann gern einen Fehler verzeihen. Man muss ihn aber zuerst zugeben.
Davon hatte ich echt Angst, denn dann wäre ich nicht bereit die Angelegenheit zu vergessen. Wirklich nicht.

Also, ich war froh als ich merkte wie verunsichert er war. Seine Selbstsicherheit ist manchmal schwer zu ertragen.

Ich arbeite nur Teilzeit und ich arbeite gern. Viele Kolleginen von mir machen es sehr routinemässig und kommen besser klar. Wir bekommen gar keine emotionale Unterstützung.

Ich hoffe, es geht Dir gut.
Alles liebe, Rose

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Liebe Harmattan,
Was meinst Du mit "eure Beziehung zu einander", ich verstehe das wirklich nicht ganz. Ich gehe davon aus das Du unsere Beziehung nicht für richtig hältst. Dabei sehe ich nicht ein was darin nicht in Ordnung sein sollte. Sei bitte lieb und erklär mir was Du genau meinst.

Ich habe keine Ahnung ob er eine Supervision bekommt. Woher soll ich das wissen?

ohwell

Alles Liebe,
Rose (etwas verwirrt)

Forums-InsiderIn 312 NÖ W, 33

Hallo rose!

Nun ja, ist schwierig zu erklären - ist eben auch nur so ein dumpfes Gefühl.
Mit "eure Beziehung zueinander" meine ich, daß ich den Eindruck habe, daß bei euch beiden eine Übertragung stattfindet (im Freudschen Sinne), aber statt die therapeutisch zu bearbeiten, ihr mit dem ein bißchen kokettiert. Daß ihr im Ernstfall das therapeutische Ziel hintanstellen würdet, um diesen speziellen Zauber nicht zu gefährden - was dir nicht vorzuwerfen wäre, ihm aber schon.

Vor allem die Szenen, wo er eine halbe Liebeserklärung in den Raum stellt, fühlen sich für mich ungut an. Oder daß er dich anscheinend um seine Anerkennung buhlen läßt und sich deine Sorge um sein Wohlbefinden gefallen läßt, statt das Thema aufzugreifen (wenn ich das richtig so verstanden habe). Mir scheint, er nimmt sich da selbst etwas, stillt seine eigenen Bedürfnisse, profitiert etwas aus eurer Beziehung, was auf Kosten des therapeutischen Ergebnisses geht.
Das ist der Eindruck, den ich aus deinen Erzählungen bekommen habe.

Quote:

Ich habe keine Ahnung ob er eine Supervision bekommt. Woher soll ich das wissen?

Hätte ja sein können, daß er es mal erwähnt hat. Oder du ihn gefragt hast.
Die dient ja u.a. für solche Sachen, daß ein Therapeut von einem anderen Therapeuten einen Blick von außen auf eventuelle Verstrickungen und dgl. bekommt.

Liebe Grüße
H.

sporadischer Gast 22 Schweiz W, 37

Hallo,

So viele von euch haben mich sehr nett unterstützt, als es mir vor ein paar Wochen ganz schlecht gegangen ist. Euch bin ich nicht nur meine Dankbarkeit schuldig, sondern auch ein weiteres Bericht.

Nachdem mein Thera zurückgekommen ist, habe ich noch zwei Wochen vergehen lassen, bevor ich genügend Kraft und Mut hatte um zu Therapie zu gehen. Ein Tag davor bekam ich ganz heftige Bauchschmerzen, fühlte mich nicht stark genug und habe meine Stunde abgesagt. Ich wusste das meine Schmerzen nicht mit eine körperliche Krankheit zu tun haben. Auch früher, als Kind, habe ich mit Bauchschmerzen reagiert wenn mein Vater verreisen musste.
Ich habe meinem Thera am Telefon ganz offen gesagt worum es geht. Ich war noch sehr enttäuscht und traurig und zu einen Gespräch noch nicht bereit. Er reagierte betroffen und besorgt, konnte meine Gefühle nicht verstehen - war aber bereit sie zu akzeptieren. Dann 15 Minuten später hat er nochmals angerufen, nur um zu wiederholen das er meine Gefühle akzeptieren kann. Ich fand das schön.

Dann, eine Woche später, fuhr ich dorthin. Er entschuldigte sich für das was pasiert ist und hatte wirklich eine plausible Erklärung dafür. Nämlich, zwei Wochen vor dem Ferien, als er alle seine Patienten über baldige Abwesenheit informiert hat, war ich nicht da. Das hat er vergessen und dachte, er hätte mich auch informiert. Dann war unsere letzte Stunde sehr spannend und er dachte nicht mehr daran.

Gut. Es kann pasieren. Es ist auch leicht zu verzeihen, wenn wir die Person gern haben. Aber die Erfahrung hat mir irgendwie die Augen geöffnet und mir gezeigt wie sehr ich von ihn abhängig bin. Und das Gefühl macht mir Angst... Ausserdem, dank euch, wusste ich jetzt das man das ansprechen sollte und nahm ihm nur übel es nie richtig getan zu haben. Also, ich wollte darüber reden und war sehr entschlossen.

Mein Thera wirkte irgendwie verunsichert. Auf meine Frage: "Warum habe ich solche Gefühle und was das zu bedeuten hat", sagte er bloss das es verschiedene Theorien gibt - und wollte das nicht weiter erläuten. Er erwarete die Initiative von mir und ich dachte es wäre eigentlich seine Aufgabe mich aufzuklären. Auch das habe ich gesagt, als Vorwurf. Da ich mich weiterhin geweigert habe meine Theorien zu "verraten", fragte er schliesslich ob meine Gefühle zu ihm von erotischer Natur wären. Ich habe es verneint.
Die Stunde hat mir keine Lösung gebracht, aber Erleichterung. Wir haben abgemacht das Problem weiter zu verfolgen und ich bleibe dran, obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, er würde das lieber liegen lassen.

Mal sehen wie es weiter geht...

@Harmattan: Danke. Deine Mails haben mir sehr geholfen um mich leichter orientieren zu können. Ich bin Dir diese Antwort schuldig geblieben aber ich wollte alle, die so nett zu mir waren, gleichzeitig informieren.

Liebe Grüsse an alle,
Rose

Forums-InsiderIn 312 NÖ W, 33

Hallo Rose!

Kein Problem, is schon ok so. grinsend

Ich find´s gut, daß dir dein Thera nicht einfach Theorien über deine Gefühle aufgezählt hat. Was sollte das bringen? Es geht doch ganz konkret um deine Gründe, und da die Ursachen zu finden ist ja wohl eure gemeinsame Aufgabe, das zu erarbeiten.

Ich vermute (hoffe), dein Therapeut wird sich jetzt auch einiges an Gedanken machen und bei sich selbst nachspüren über die anscheinend auch für ihn neue Situation, auf die du ihn jetzt gestoßen hast.

Alles Gute weiterhin
H.

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