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Maggi
Helferlein


62
W, 32
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Wed, 23.Jun.04, 17:01 Re: Augenkommunikation |
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hallo philip...
ich muss dir widersprechen. borderline-züge sind ganz sicher kein grund auf eine analyse zu verzichten. vielmehr arbeiten analytiker gerade in diesem bereich sehr viel. zu leichteren psychotischen episoden kann es auch im rahmen einer analyse kommen. es sollte halt eine gewisse belastbarkeit vorhanden sein.
auch der "hohe Leidensdruck" ist meines erachtens eine problematische aussage, v.a weil sich das nicht einheitlich definieren lässt. ganz sicher soll man eben nicht so lange zuwarten, bis man aus dem letzten loch pfeift.
und was soll die chronizität bzw nicht chronizität der symptomatik sein? welche symptomatik? und natürlich kann man eine analyse auch machen, wenn man schon seit 10 oder 20 jahren mit dem leben nicht klarkommt. wieso auch nicht?
menschen die hilfe in einer therapie suchen, haben ja gewisse defizite in der "ich-funktion". es wäre widersprüchlich ein intaktes "ich" für eine therapie vorauszusetzen. genauso gut kannst du bei einem grippemittel verlangen,dass es nur gesunde menschen einnehmen dürfen.
eine gewisse introspektionsfähigkeit wird allerdings verlangt. da gehen wir wohl d´accord.
lg, m.
@diskutant
es fällt auf dass du dich sehr mit dem therapeuten beschäftigst. dabei sind das doch DEINE stunden, in denen es um DICH gehen sollte.
good luck&lg,
M.
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philipp
Helferlein


98
M, 36
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Thu, 24.Jun.04, 11:08 Re: Augenkommunikation |
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@ diskutant: ich bin im 4. Jahr meiner Analyse mit 5 und nun 4 Wochenstunden.
@ Maggi: ich schrieb auch "relative Abwesenheit von psychotischen und Borderlien-Zügen" und sprach auch von einer "klassischen Analyse". Damit meinte ich hohe Stundenfrequenz (4-5 mal pro Woche), liegen auf der Couch, hohe Abstinenz des Analytikers. Diese benötigt aufgrund der erforderlichen Regression eine elastische und flexible Ichfunktion, was genau bei einer Psychose oer einer Borderlinestörung nicht gegeben ist. Es gibt Abwandlungen der Analyse (siehe z.B. O. Kernberg) die speziell für Borderlinepatienten entwickelt wurden.
o.k. Chronizität der Symptomatik war ein missverständlicher Ausdruck meinerseits, da stimme ich Harmattan und dir zu.
Die einschlägige Literatur (z.B. R. Greenson) definiert die Kriterien folgendermaßen: eine Pyschoanalyse ist indiziert bei Angsthysterie, Konversionshysterie, Obessions- und Zwangsneurose, psychoneurotischen Depressionen, bei den sogenannten "Charakterneurosen", psychosomatischen Erkrankungen. Sie ist kontraindiziert bei Schizophrenie und der manisch-depressiven Psychose. Bei Triebneurosen, Perversionen, Suchterkrankheiten, Delinquenz und Borderline-Fällen hängt dies vom Einzelfall ab, ist jedoch eher fraglich. Ich denke, eine eingehendere Diskussion der Symptome übersteigt den Rahmen des Forums hier.
Der hohe Leidensdruck ist ein Kriterium. In folgendem Sinne: eine klassische Pyschoanalyse bedeutet einen erheblichen Zeitaufwand (und oft auch Geldaufwand) über mehrere Jahre für den Patienten. Die Art der Behandlung ist "hart", da sie erfordert Frustration, schmerzliche Affekte, Warten, Schweigen, wenig bis kaum Bedürfnisbefriedigung in den Stunden zu ertragen. Auch eine gewisse "Impulskontrolle" ist erforderlich, da die Analyse nicht durch heftiges Agieren innerhalb oder außerhalb der Stunden verhindert wird. Man könnte dies sicherlich auch hohe Motivation nennen. Motivation sich gegen sein Leiden dieser Art von Kur zu unterziehen.
Philipp
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Harmattan
Forums-InsiderIn


312
NÖ W, 33
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Thu, 24.Jun.04, 11:55 Re: Augenkommunikation |
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Hallo philipp!
Danke für die Erklärung! Darf ich fragen, was deine Gründe waren, warum du diese Form der Therapie gewählt hast und keine andere? - eben wegen höherem Geld- und Zeitaufwand muß da ja ein starker Grund da sein, denk ich mir. Oder hast du da gar nicht Vergleiche gezogen damals?
LG
H.
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Maggi
Helferlein


62
W, 32
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Thu, 24.Jun.04, 13:44 Re: Augenkommunikation |
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philipp wrote: | ich schrieb auch "relative Abwesenheit von psychotischen und Borderlien-Zügen" und sprach auch von einer "klassischen Analyse". |
oh, das habe ich schon richtig verstanden.und selbstverständlich habe ich mich auf die klassische Analyse bezogen. aber was soll eine "relative abwesenheit" von borderline-zügen überhaupt sein? ein "bisschen psychotisch oder ein bisschen borderline" gehört sicher nicht in den glossar eines analytikers(oder jedes anderen psychotherapeuten)
Quote: | Die einschlägige Literatur (z.B. R. Greenson) definiert die Kriterien folgendermaßen: eine Pychoanalyse ist indiziert bei .... |
es gibt derzeit nicht einen einzigen anerkannten katalog, der diagnosen einer therapie zuordnet. manche Methoden sind in diesen oder jenen fällen gebräuchlicher als andere- was aber eher mit der Verbreitung einer bestimmten Methode als mit der Frage der Indikation zusammenhängt. Ansonsten wird immer zielorientiert entschieden. Derzeit sind Familienaufstellungen nach Hellinger "in"- und trotzdem gibt es keinen Konsens über die Indikation. mit solchen Aussagen sollte man wirklich vorsichtig umgehen. Ausserdem arbeiten sehr viele Psychoanalytiker gerade mit Borderline-Patienten- also nicht ausnahmesweise und von Fall zu Fall, sondern routinemäßig. (alternativ dazu: verhaltenstherapie)
Quote: | Der hohe Leidensdruck ist ein Kriterium. |
Diese Aussage macht aus 3 Gründen keinen Sinn:
a) wie definierst du das Ausmaß des Leidens?
b) Das würde bedeuten, dass bei geringerem Leidensdruck eine andere Therapie "ausreicht", bei schwererem eine Analyse her muss. Das enspricht ganz sicher nicht den Tatsachen.
c)Damit stellst Du die Wirksamkeit anderer Therapien bei höherem Leidensdruck einfach in Abrede.
Übrigens gibt es den Begriff der Hysterie schon lange nicht mehr in der (noch so klassischen) Psychoanalyse. Und auch die "neurotische Depression" wurde schon vor ein paar Jahren aus den Diagnosesystemen entfernt.
Ob jemand eine Analyse machen kann, wird vor allem von seinen emotionalen (aber auch zeitlichen und finanziellen) Möglichkeiten abhängen-und von der Frage, was man eprsönlich erreichen will.
abschließend: "Die Arbeit, durch welche wir dem Kranken das verdrängte Seelische in ihm zum Bewußtsein bringen, haben wir Psychoanalyse genannt" (Sigmund Freud, 1918)"
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Last edited by Maggi on Thu, 24.Jun.04, 13:46; edited 1 time in total |
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Schnuppe
Forums-InsiderIn


272
Deutschland W, 26
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Thu, 24.Jun.04, 13:45 Re: Augenkommunikation |
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bei Analyse hab ich immer das Vorurteil das sie sich super für die Menschen eignet die einen unbändigen Redefluss haben und ihre Probleme gar nicht auf den Punkt bringen können.
Sie reden einfach so lange und tiefgründig drum herum bis es sie irgendwann mal anspringt
aber, wohl nur ein vorurteil.
warum sollte man eine Therapieform wählen die so zeitaufwendig und so wenig lösungsorientiert ist oder struckturaufbrechend wenn dies nicht in der Person begründet liegt und da fällt mir nur ein das die Menschen die ich kenne die analyse machen, reden reden reden und vom 100ten ins tausendstel kommen ohne bei einem Thema zu verbleiben.
Eine Person die ich als aAnalysand kenne, redet sogar noch wenn man schon aus der Tür geht und mit dem Rücken zu ihr steht, sehr merkwürdig.
Nicht mal auf verbales abblocken wird eingegangen
Bei sowas denke ich dann, ja, solche Leute müssen sich wohl erst einmal leer reden bis sie an ihre Probs kommen und was diese für sie bedeuten, wie sie von ihnen beeinflusst werden.
Da hilft dann wohl nix anderes als 5 mal zu sagen: Sie reden schon wieder über dieses und dieses Thema und diesen roten Faden anstelle des Klienten zu spinnen
Schnuppe
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Maggi
Helferlein


62
W, 32
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Thu, 24.Jun.04, 14:17 Re: Augenkommunikation |
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Schnuppe wrote: |
warum sollte man eine Therapieform wählen die so zeitaufwendig und so wenig lösungsorientiert ist oder struckturaufbrechend |
die Analyse ist ja lösungsorientiert und strukturaufbrechend .
zeitaufwendig ist sie, weil es dabei um die grundlagen der eigenen persönlichkeit (und nicht nur um das verhalten) geht.
ansonsten denke ich nicht, dass analysanden gesprächiger sind als andere menschen. exzessiver redefluß kann übrigens das zeichen einer depression sein- hat also nichts mit der analyse zu tun.
lg, m.
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diskutant
Helferlein


65
M, 20
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Thu, 24.Jun.04, 14:25 Re: Augenkommunikation |
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Huhu!
@Phil:
4 Jahre sind sehr lange und 4/5h pro Woche sind sehr viel.
a) Wie empfindest und beschreibst du den Nutzen deiner bisherigen Analyse? (auch hinsichtlich deiner Beweggründe zur Analyse)
b) Empfindest du sie als "unendliche Analyse" oder ist "ein Ende in Sicht"?
Gruß!
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_________________ Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit. |
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Harmattan
Forums-InsiderIn


312
NÖ W, 33
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Thu, 24.Jun.04, 17:27 Re: Augenkommunikation |
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Hallo Maggi!
Quote: | zeitaufwendig ist sie, weil es dabei um die grundlagen der eigenen persönlichkeit (und nicht nur um das verhalten) geht. |
Darum geht´s z.B. in tiefenpsychologischer Therapie auch, trotzdem ist die weniger zeitaufwendig. Also kann die Begründung m.E. so nicht stimmen. Eher scheint mir die Analyse ein sehr indirektes Verfahren und deswegen mit (sagen wir mal) relativ ungünstigem Nutzen-Aufwand-Verhältnis.
LG
H.
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Schnuppe
Forums-InsiderIn


272
Deutschland W, 26
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Thu, 24.Jun.04, 18:53 Re: Augenkommunikation |
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Maggi wrote: | die Analyse ist ja lösungsorientiert und strukturaufbrechend .
zeitaufwendig ist sie, weil es dabei um die grundlagen der eigenen persönlichkeit (und nicht nur um das verhalten) geht.
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Aber die Verhaltenstherapie oder die systhematische Therape ist auch lösungsorientiert und struckturaufbrechend, nur viel direkter und die arbeit müssen auch die Klienten selber machen.
Mhm und wenn ich mit ner Persönlichkeitsstörung zu nem VT -Therapeuten gehe und"geheilt" aus der Therapie raus kann man ebenfalls davon sprechen das es um die Grundlagen der Persönlichkeit geht.
Somit bleibt die Ursprungsfrage, warum wählen einige Menschen , für sie die bessere, aber objektiv doch langwierigere und kostenintensiver Methode, die Analyse, bei der sich zudem Erfolge nur sehr langsam einstellen.
Das grenzt ja schon fast an Selbstverletzung.
Welch anderen Nutzen als die freie Assoziation hat die Analyse? man macht nichts anderes als reden, es gibt keine Hausaufgaben oder direkte Bemühungen, alles was verändert wird schleicht sich nur langsam ein.
Es gibt kein Ziel und somit auch kein definiertes Ende des Arbeitsbündnisses zwischen Klient und Therapeut. Für mich ebenfalls ein Minuspunkt beim direktem Vergleich.
Schnuppe
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Maggi
Helferlein


62
W, 32
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Thu, 24.Jun.04, 18:55 Re: Augenkommunikation |
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Hallo Harmattan!
Harmattan wrote: |
Darum geht´s z.B. in tiefenpsychologischer Therapie auch, trotzdem ist die weniger zeitaufwendig. Also kann die Begründung m.E. so nicht stimmen. |
Also das war jetzt sehr, sehr kurz gefasstes Charakteristikum, nur ein Aspekt und nicht die Begründung für eine Analyse.
"Tiefenpsychologisch Therapie" ist lediglich ein adverb um eine Therapie zu beschreiben und keine eigene Therapieform. So ist zb. die Psychoanalyse das Paradebeispiel für eine tiefenpsychologische Therapie!
Quote: | Eher scheint mir die Analyse ein sehr indirektes Verfahren | .
indirekt- wie meinst du das? zum kosten/nutzen: das hängt wohl davon ab, was man haben wollte.
H[/quote]
lg, M.
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Harmattan
Forums-InsiderIn


312
NÖ W, 33
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Thu, 24.Jun.04, 19:42 Re: Augenkommunikation |
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@Maggi:
Okay, ich korrigiere: "Darum geht´s z.B. in anderen tiefenpsychologischen Therapien auch, trotzdem sind die weniger zeitaufwendig."
Quote: | Eher scheint mir die Analyse ein sehr indirektes Verfahren
.
indirekt- wie meinst du das? |
Dieses freie Assoziieren hat für mich etwas breitgestreutes: man grast alles ab, nach dem Motto: Irgendwann finden wir schon irgendwas. Und das unter Bedingungen, die mir eher hinderlich als fördernd erscheinen. (Z.B. in einem gefühlsarmen/-neutralen Setting an Gefühle herankommen.)
Andere Therapien scheinen mir fokussierter.
Quote: | zum kosten/nutzen: das hängt wohl davon ab, was man haben wollte. |
Ich seh vor allem zwei Ziele von Therapie: Lebensverbesserung und Selbsterfahrung.
Gibt es denn etwas, was Psychoanalyse kann, was andere nicht können?
LG
H.
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r.l.fellner
Psychotherapeut


1589
Wien M
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Thu, 24.Jun.04, 23:07 Re: Augenkommunikation |
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Maggi wrote: | die Analyse ist ja lösungsorientiert und strukturaufbrechend . |
eine Psychoanalyse ist eine Therapiemethode, in der eine frühzeitige Problemlösung mit Sicherheit nicht vorrangiges Ziel ist. Insofern ist Psychoanalyse auch keineswegs eine lösungsorientierte Methode!
Und: was verstehen Sie unter "strukturaufbrechend"?
Schnuppe wrote: | Aber die Verhaltenstherapie oder die systhematische Therape ist auch lösungsorientiert und struckturaufbrechend, nur viel direkter und die arbeit müssen auch die Klienten selber machen. |
das würde ich von jeder Therapiemethode behaupten.
Ich kenne jedenfalls keine, in der der Therapeut das den KlientInnen abnehmen kann.
Eine kleine Korrektur auch hier: die Methode, die Sie vermutlich meinen, ist die Systemische Therapie.
Es geht dabei nämlich um (zB. soziale) Systeme (nicht um Systematik).
Schnuppe wrote: | Somit bleibt die Ursprungsfrage, warum wählen einige Menschen , für sie die bessere, aber objektiv doch langwierigere und kostenintensiver Methode, die Analyse, bei der sich zudem Erfolge nur sehr langsam einstellen. Das grenzt ja schon fast an Selbstverletzung. |
zB., wenn sie keinen allzu akuten Problemdruck haben - und das ist nur eine von mehreren denkbaren Möglichkeiten
Harmattan wrote: | Gibt es denn etwas, was Psychoanalyse kann, was andere nicht können? |
etwa eine Veränderung der Persönlichkeit. Andere Therapiemethoden haben dazu teils nicht die methodischen Voraussetzungen, teils fehlt einfach die Zeit, weil sie (bzw. PsychotherapeutInnen und/oder KlientInnen) sich vorrangig auf Problemlösungen konzentrieren, und nach deren Erreichen die Therapie dann als beendet erklärt wird.
Wohlgemerkt, ich bin selbst kein Analytiker und stehe Teilen der Psychoanalytischen Theorien und Ansätze mit Skepsis gegenüber (siehe etwa meine Methodenvorstellung der Psychoanalyse im Publikations-Archiv meiner Website, in dem ich sie teils mit der Systemischen Therapie vergleiche). Ihre Wirkung ist jedoch heute allgemein anerkannt, und ich halte nicht besonders viel davon, eine bestimmte Methode nur aufgrund persönlicher, andersartiger Vorlieben oder gerüchteweiser Informationen generell zu verurteilen. Da würde ich um ein bißchen mehr Achtsamkeit in der Wortwahl ersuchen, ok?
Freundlichen Gruß
Fellner
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_________________ Website | Kontakt | Artikel-Archiv |
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Stöpsel2
Forums-Gruftie


917
Deutschland W, 35
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Thu, 24.Jun.04, 23:19 Re: Augenkommunikation |
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Hallo,
Schnuppe wrote: | Somit bleibt die Ursprungsfrage, warum wählen einige Menschen , für sie die bessere, aber objektiv doch langwierigere und kostenintensiver Methode, die Analyse, bei der sich zudem Erfolge nur sehr langsam einstellen. Das grenzt ja schon fast an Selbstverletzung. |
In einem Buch ("Das Drama der Hochbegabten") wird Psychoanalyse empfohlen, um das Beste aus sich rauszuholen.
r.l.fellner wrote: | Harmattan wrote: |
Gibt es denn etwas, was Psychoanalyse kann, was andere nicht können?
|
etwa eine Veränderung der Persönlichkeit. |
Was heißt denn Veränderung der Persönlichkeit konkret? Können Sie ein Beispiel nennen?
Viele Grüße
Stöpsel
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doubt
Helferlein


82
NRW W, 28
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Fri, 25.Jun.04, 9:42 Re: Augenkommunikation |
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Hallo zusamen!
Wollte nun doch zu einem Punkt was sagen, wenn er auch nur kurz erwähnt wurde:
Es ist bestimmt falsch zu glauben, dass die Analyse nur etwas für Menschen ist die einen "totquatschen".
Natürlich wäre es dann einfacher, doch ich z.B. "schweige mich bald tot" und versuche nun auch mal damit klarzukommen, dass es nicht schlimm ist auch mal nichts zu sagen und nicht 50 min am Stück zu reden.
Schon allein das kann mir persönlich schon etwas bei meinen Problemen helfen.
Dass Probleme in der Analyse nur sehr langsam verschwinden, dem möchte ich nicht widersprechen und dessen sollte man sich vorher bewusst sein. Ich war es mir nicht, habe manchmal so meine Probleme damit, lerne aber auch damit umzugehen.
Und dass das Setting "kalt" oder "unpersönlich" ist kann ich nicht sagen. Denn wenn einem etwas in der Therapie nicht gefällt, und sei es nur, dass man lieber sitzten als liegen möchte, dann sollte man es ansprechen können, auch in einer Analyse!
(Ich habe z.B. einen riesen "Bammel" davor mich dort hinzulegen und muss es auch nicht tun).
LiGru
doubt
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_________________ Sei gut zu dem Gesicht im Spiegel. Immer. |
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philipp
Helferlein


98
M, 36
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Fri, 25.Jun.04, 10:17 Re: Augenkommunikation |
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Das Ziel einer Psychoanalyse ist es, unbewußte Prozesse bewußt zu machen. Wie es bei Freud heißt "Wo ES war, soll ICH werden". Alle unsere Handlungen, Gedanken, Gefühle sind auch durch unbewußte Motive (="ES") determiniert. Wenn es nun gelingt diese Motive zu durchschauen, gelange ich zu einer größeren inneren Freiheit. Die Heilung der Symptome auf diesem Weg ist ein "positiver Nebeneffekt" und nicht das direkte Ziel. Daher ist die Psychoanalyse eben nicht fokussiert wie beispielsweise eine Verhaltenstherapie. Sie hat den Anspruch die gesamte Persönlichkeit zu reifen, innere (vor allem auch unbewußte) Konflikte bewußt zu machen und damit zu mehr innerem Handlungsspielraum zu verhelfen. Dies braucht seine Zeit. Sie konzentriert sich nicht wie manche anderen Therapien auf Lösungen oder Symptombehebung. Ich finde es gut, dass es so viele verschiedenen Ansätze gibt, die unterschiedliches Setting verwenden und auf unterschiedliche Bereiche und Tiefe eingehen. Für jeden ist etwas dabei. Ich kann daher auch die feindliche Haltung einer Analyse gegenüber nicht nachvollziehen, außer als Angst vor Unbekanntem. Analyse ist eine Erfahrung, die man machen muß, vorher sieht sie, wie so vieles, höchst "seltsam" und unbegreiflich aus.
Das freie Assoziieren ist ziellos, zumindest auf der bewußten Ebene. Nur ist eben das Assoziieren unbewußt nicht frei und es geht genau darum, diese Zusammenhänge aufzudecken und zu verstehen. Frei zu Assoziieren hat weder mit viel Reden noch mit Intellektualität oder Gefühlsarmut zu tun. Ich spreche aus, was mir gerade in den Sinn kommt. Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen, Phantasien, Bilder, die aufsteigen, Einfälle... Das ist nicht einfach, da man dabei immer wieder an Punkte kommt, wo man stockt, wo man nicht weitersprechen will, die unagenehm sind, die man verdrängt.... Genau dort geht man dann langsam in dieTiefe.
Da Analytiker und Analysand sich nicht ansehen, fällt der Kommunikationskanal des Sehens weg. Damit auch die Gestik und die Veränderungen im Gesicht des anderen. Beide, Analytiker und Analysand, sind daher in starkem Ausmaß darauf angewiesen zu hören und auf die inneren Prozesse und die Bilder zu achten, die durch Übertragung und Gegenübertragung entstehen. Man kann dies nicht durch Beschreibung vermitteln. Mein Analytiker spricht manchmal Dinge aus, die ich mir kurz vor der Stunde gedacht habe, weil ich mit diesem inneren Bild beschäftigt war.
Die Deutungen erfolgen nicht, wie so oft angenommen, auf einer intellektuellen oder rationalen Ebene. Dort würde sie nichts bewirken. Es geht im Gegenteil um ein emotionales Begreifen. Ich erfasse manchmal den Sinn vom Kopf her nicht, aber im Bauch. Wenn ich darüber auf der rationalen Ebene diskutieren möchte, sagt mein Analytiker, dass er mit meinem Umbewußten kommuniziert, ich solle doch dort hinfühlen.
Ja, man grast ganz viel ab, weil hinter allem, was wir tun, unbewußte Elemente zu finden sind. Erst dieses immer wieder abgrasen, erkennen und erfassen, bewirkt die Persönlichkeitsveränderung. Denn es dauert nun mal, alte Muster abzulegen. Üblicherweise wiederholt man seine Muster immer wieder und wieder.
@ diskutant
Meine Analyse hat mir sehr, sehr viel gebracht. Ich war vorher ein chronischer Schmerzpatient und habe meinen jahrelangen Dauerschmerz auf Null reduziert. Dies hat sich nebenbei als Effekt eingestellt. Mein Verhalten mir selbst gegenüber und anderen Menschen gegenüber ist ganz anders als vor Beginn. Ich wollte schon immer eine Psychoanalyse machen und habe mir irgendwann diesen Wunsch erfüllt. Mich hat der Gedanke fasziniert, dass es unbewußte Motive gibt, die ich willentlich nicht beeinflussen kann, die jedoch mein Leben in vielerlei Hinsicht bestimmen.
Nein, es wird ganz sicher keine unendliche Analyse, aber ich bin dabei eine Lehranalyse daraus zu machen.
Philipp
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