Psychotherapie-Forum

Hallo alle zusammen und einen schönen Sonntag
Eine Frage beschäftigt mich seit einiger Zeit.

Ich mache seit 2 Jahren eine modifizierte Psychoanalyse und mir ist jetzt aufgefallen, das ich im Alltag oft meine Thera erwähne.
Zum Kontext: ich arbeite ehrenamtlich und auch manchmal als normale Besucherin in einen Verein für psychisch in Not geratenden Menschen.
Ich habe durch meine Therapie viel über mich und meine Muster, allgemein über die Psyche gelernt.
In Gesprächen sage ich sehr oft: Meine Thera sagt dies, meine Thera sagt das....!
Ich glaube ich nerve manchmal mein Umfeld damit. Mir ist nicht ganz klar, warum ich es so ausdrücke, da ich ja auch einfach diese Erkenntnisse oder so, als meine ausgeben könnte. Ich weiß nicht ob jemand aus mein geschreibe schlau wird.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
LG nanciwarmuth

Hallo nanciwarmuth,
von mir kenne ich das nicht. Wenn ich mich in die Situation hineinversetze, die du da schilderst, und mir vorstelle, ich würde mit an deinem Tisch sitzen, würde ich denken „Warum versteckt sich nanciwermuth nur immer hinter der Therapeutin und redet nicht von sich selbst?“. Weiter würde ich so vor mich hindenken, „Man, diese Therapeutin scheint aber echt viel geredet zu haben“

Ich würde dir wünschen, dass du immer dann, wenn dir so ein Gedanke kommt „Meine Thera würde sagen…“, du einen Moment innehältst und überlegst „und was würde ich jetzt sagen?“. Dann sprichst du eher von dir selbst - und das tut den meisten Gesprächen einfach besser. Es ist authentischer

Ansonsten kann es natürlich sein, dass du deine Therapeutin vermisst und du auf diese Weise versuchst, eine Art von Verbindung herzustellen. Aber das hätte dann natürlich eher wenig mit den Anwesenden zu tun. Wenn du das offen kommunizieren würdest, bist du wieder auf Augenhöhe mit den anderen.

Ansonsten ist natürlich auch möglich, dass es einfach nur eine Angewohnheit geworden ist. Frag doch einfach mal eine Nette unter den Anwesenden „privat“, wie sie das empfindet

Ich kenne das auch nicht.

Das ich einen Therapeuten hatte, habe ich nicht groß rumerzählt, schon gar nicht bei der Arbeit.

Hm, ein guter Therapeut sollte einem nicht seine Lebensweisheiten reindrücken sondern einen dazu anleiten, seine genuin eigenen zu finden.

Hast du generell ein Problem in einem Gespräch eine eigene Meinung zu haben und diese zu vertreten? Hast du in dir selbst das Gefühl dass du das Denken, Hinterfragen und Wissen lieber an eine andere, deiner Meinung nach kompetentere Person deligieren zu müssen weil du dich weniger intelligent oder fähig fühlst?

Ich bin in einem buddhistischen Verein wo auch einige Leute durch so Phasen gegangen sind wo jeder dritte Satz war "der Lehrer hat x gesagt, der Lehrer hat y gesagt" und die waren nicht mehr in der Lage zu dem Sachverhalt eine eigene Meinung zum Ausdruck zu bringen. Lästig, ist aber bei den Meisten eine Phase gewesen.

Ich würde das mit der Therapeutin besprechen, evtl kann sie dir mal eine Weile die vorgefertigte Ideologien entziehen an denen du dich da festhältst.

nanciwarmuth: Meine Thera sagt dies, meine Thera sagt das....!

Ich kenne sowas von Freunden / Bekannten, denen ich ein Problem schildere und die Antwort "Kenne ich auch, mein Arzt hat das und das gesagt".
Mich nervt das, eben weil der andere nur von sich ausgeht, es aber bei mir anders ist und mir das, was der Arzt zu dieser Person gesagt hat, nicht hilft. Zuweilen reagieren Menschen dann auch noch beleidgt, wenn mir deren Arztbehandlungen nicht hilft.

Du kannst das Problem somit aus zwei Perspektiven sehen.
Zum einen, wie es dem anderen damit geht, wenn er zu hören bekommt, was die Psychotherapeuten anderer Leute zu eben diesen anderen Leuten sagen, wenn sie das Gefühl haben, in ihrem individuellen Leid nicht gesehen und ernst genommen zu werden. Hilfreicher wäre z.B. zu sagen "Du hast das und das Problem, wäre dies und jenes eine Lösung für Dich?" anstatt zu sagen "Mein Therapeut hat zu meinem Problem gesagt, ...
Zum anderen natürlich aus deiner eigenen Perspektive und der Frage, warum Du das wieder gibst, was Dir andere sagen. Versuch mal mehr in Ich-Form von Dir zu sprechen, weil nur dann kannst du herauskriegen, was wirklich Deins ist.

nanciwarmuth hat geschrieben: ↑So., 03.03.2024, 12:43

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?
LG nanciwarmuth

Es weiß eigentlich keiner, dass ich Therapien gemacht habe, würde das auch nie erwähnen..

nanciwarmuth hat geschrieben: ↑So., 03.03.2024, 12:43 Mir ist nicht ganz klar, warum ich es so ausdrücke, da ich ja auch einfach diese Erkenntnisse oder so, als meine ausgeben könnte.

Wahrscheinlich, weil du deinen Worten mehr Bedeutung beimessen willst und wenn es eine Therapeutin gesagt hat, ist es vielleicht irgendwie aus deiner Perspektive bedeutungvoller, als wenn es "nur" du sagst. Das ist natürlich Quatsch... dann würde es an deinem niedrigen Selbstwertgefühl liegen.

Vielen Dank für eure lieben Antworten,
Also es sind schon meine Erkenntnisse und Meinungen welche ich in der Therapie gewonnen habe.
Vielleicht habe ich den Eindruck, das es mir zählt , wenn ich sage: meine Thera usw.
Evtl denke ich das meine eigene Ansicht nicht soviel bewirkt.
Das mit den immer noch nicht so großen Selbstwert stimmt leider.
Darüber muss ich einmal in Ruhe Nachdenken.
Vielen Dank für eure Impulse

Hmmm ich kenn das auch von mir, dass ich schon mal Meinungen anderer vorschiebe. Ist ja im Grunde auch sicherer. Wenn Contra kommt, gilt dies ja nicht direkt dir. In gewisser Weise eine Art Schutz vor Angriffen.

Nein, ich kenne das auch nicht so wie Du es beschreibst.
Wenn ich rede und es entspringt der Therapie, dann rede ich aber von mir, was ich innerlich denke, ist etwas Anderes.
Im Außen rede ich so gar nicht dass ich in Therapie bin, das mag ich nicht und geht niemanden etwas an.
Meine Therapeutin sagt auch selten etwas was ich nach außen sagen würde.

Hmm, das klingt gerade so, als würde es kaum jemand machen. Aber alle, die ich so kenne, die in Therapie sind/waren und das sind ein paar, die reden schon mal so "Meine Therapeutin sagt...".
Die Frage ist, ob bei dir da noch mehr hintersteckt und du sie vorschiebst, aber so grundsätzlich hab ich das schon so oft gehört und auch selber gesagt.

Also es gab und gibt schon Zeiten in denen mir die Therapie sehr wichtig ist und meine Therapeutin sehr präsent ist für mich.
Aber da nur ganz wenige Menschen überhaupt von meiner Therapie wissen besteht da auch keine Gefahr und kein Anlass dauernd darüber zu sprechen. Es beschäftigt dann eher mich.

Aber bei der TE sehe ich da eher ein wenig eine Vermischung. Sie arbeitet ehrenamtlich mit psychisch in Not geratenen Menschen und macht selber eine Therapie. Und von der erzählt sie dann. Das finde ich ein wenig zu weitgehend, denn sie ist nunmal ebenfalls nur Laie und nicht Fachperson die da was raten könnte. Das ist dünnes Eis und gehört da eigentlich nicht hin.
Von daher würde ich an der Stelle mal ausprobieren wie es ist genau diese Dinge NICHT zu sagen, gerade wenn wieder der Impuls kommt "meine Therapeutin sagt..."

Also ich erwähne meine Therapeutin schon auch häufig gegenüber den wenigen Menschen die wissen, dass ich in Therapie bin.
Aber dann eher die witzigen Dinge die so von ihr kommen und da gibt's tatsächlich beinahe in jeder Stunde was .
Sie hat einfach eine sehr spezielle Art