'saubere Gewalt' - Trauma durch medizinische Massnahmen

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Kaonashi
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Beitrag Mi., 30.08.2017, 18:46

mio hat geschrieben: Di., 29.08.2017, 19:06Besser ist es dann zu sagen: Ok, das pickst jetzt kurz. Das tut jetzt kurz weh, geht aber wieder vorbei. Also auch nix "verharmlosen" was gar nicht "harmlos" ist.
Sehe ich auch so. Das ist sogar bei Erwachsenen noch wichtig, und bei Kindern noch mehr.
Bei meinem alten Zahnarzt hat mich das zum Beispiel sehr genervt, dass er immer sagte "jetzt dauert es nicht mehr lange" und ähnliche Sprüche, und dann dauerte es noch eeeewig. Ich hatte dann auch irgendwann kein Vertrauen mehr zu ihm und konnte dann auch nicht mehr hingehen.
Bei einem einmaligen Aufenthalt von 5 Tagen haben sich Deine Eltern vermutlich richtig
verhalten, in dem sie kein Drama daraus machten und Dir die Sicherheit gaben, dass es
okay ist.
Ich denke, dass das immer richtig ist, auch wenn es um etwas Ernsteres geht. Es hilft ja nichts, wenn die Eltern Panik verbreiten. Dadurch wird es für das Kind ja noch schlimmer als es eh schon ist.

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Samantha777
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Beitrag Do., 31.08.2017, 06:26

Das stimmt schon, aber bei einem Säugling oder einem Kleinkind, dass Wochen und Monate im KRH
verbringen muss, da helfen tröstende Sprüche nur wenig. Rein Rational weiß ich heute auch, dass
das notwendig war. Es hat mich jedoch nachhaltig traumatisiert.

Wie überwindet Ihr heute Eure Angst vor dem Arzt? Und wie fasst Ihr Vertrauen, dass es dem Arzt
nicht nur darum geht möglichst viel Geld zu verdienen, sondern Euch wirklich zu helfen?

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Blume1973
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Beitrag Do., 31.08.2017, 08:59

Hallo Samantha!

Obwohl ich auch diese Erfahrungen hinter mir habe und ein Trauma aus der Zeit habe, wirkt es sich bei mir nicht mit Angst vor dem Arzt aus, sondern ich habe Angst vor der Behandlung. Vor dem KH, Op usw. Aber nicht vor dem Arzt. Ärzten kann ich vertrauen. Aber ich weiß halt, dass Ärzte auch Menschen sind und deshalb bin ich auch vorsichtig, denn Fehler können passieren.

Liebe Grüße
Blume
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein


mio
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Beitrag Do., 31.08.2017, 09:20

Samantha777 hat geschrieben: Do., 31.08.2017, 06:26 Wie überwindet Ihr heute Eure Angst vor dem Arzt? Und wie fasst Ihr Vertrauen, dass es dem Arzt
nicht nur darum geht möglichst viel Geld zu verdienen, sondern Euch wirklich zu helfen?

Ich gehe (leider) nur dann zum Arzt, wenn ich wirklich muss. Und achte dann sehr darauf, dass ich da vertrauen kann. Da ich in einer Großstadt wohne geht das auch ganz gut. Früher bin ich bei sowas dann wohl auch ziemlich dissoziiert bzw. "überraschende" Krankenhausbesuche (auch nur in der Ambulanz) können mich sogar komplett raushauen. Wenn ich mich drauf einstellen kann geht es.

Einmal (in einer Phase extremer Angst, die auch sehr sichtbar war) habe ich einem Frauenarzt auch mal klar gesagt, dass ich eine Angststörung bzw. PTBS habe und der ist glücklicherweise sehr gut damit umgegangen. Das tat gut. Mache ich aber normalerweise nicht sondern hab es da halt gemacht, weil ich mir dachte: Besser ich erkläre es vorher, falls ich panisch reagieren sollte...

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Regenwolke
Helferlein
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Beitrag Do., 31.08.2017, 09:44

Hallo Samantha,

ich habe für mich inzwischen gelernt, dass es der beste Weg ist, meine Angst (und manchmal auch die Hintergründe der Angst) offen zu kommunizieren.
Bis auf ein einziges Mal habe ich damit gute Erfahrungen gemacht. Zu diesem einen Arzt bin ich dann auch nie wieder hin.

Bei den Ärzten, die sich wirklich viel Zeit für mich genommen haben, mir die Zeit gegeben haben, die ich brauche und auch mehrere Termine (den erste nur zum Kennenlernen und dann die Untersuchungen auf verschiedene Termine aufgeteilt) gemacht haben, war ich mir sicher, dass es um mich geht und eben nicht ums Geld.

Liebe Grüße
Regenwolke
Nicht das Beginnen wird belohnt, sondern einzig und allein das Durchhalten.
Katharina von Siena

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alatan
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Beitrag Do., 31.08.2017, 20:57

mio hat geschrieben: Do., 31.08.2017, 09:20


Ich gehe (leider) nur dann zum Arzt, wenn ich wirklich muss.
Aus welchen Gründen sollte man denn sonst zum Arzt gehen?

(Dass die Deutschen mit 18 Konsultationen im Jahr Weltspitze sind, ist kein Ruhmesblatt und auch kein Zeichen von Gesundheitsorientierung).


mio
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Beitrag Do., 31.08.2017, 21:04

alatan hat geschrieben: Do., 31.08.2017, 20:57 Aus welchen Gründen sollte man denn sonst zum Arzt gehen?
Beispielsweise zu Vorsorgeuntersuchungen und das mache ich so gut wie gar nicht. Oder halt nicht immer erst dann, wenn es gar nicht anders geht sondern schon ein bisschen zeitiger...ist manchmal auch nicht das verkehrteste. :)

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BluePoint
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Beitrag Fr., 01.09.2017, 06:45

Puh! Das ist hart! Ich frage mich auch wo da die Eltern sind? Wieso sie das zulassen?

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Prinzessin27
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Beitrag Fr., 01.09.2017, 15:58

Das ist wirklich schlimm, was hier einige in so frühen Jahren schon erleben mussten. Nicht nur die körperlichen Beschwerden, sondern auch noch das "alleingelassen werden" oder "schlecht behandelt" werden.

Ich war mit 6 Jahren für eine OP im Krankenhaus und meine Mutter durfte die ganze Zeit bei mir sein und in meinem Zimmer schlafen. Da bin ich unendlich dankbar (das waren die 80er Jahre). Trotzdem erinnere ich mich an die Zeit zurück und dass ich da ganz viel Angst hatte, vor den Ärzten, dem Fieber messen usw. Undenkbar, wenn ich da noch alleine gewesen wäre.

Regenwolke, ich finde es schön, dass du deine Angst kommunizierst! Das finde ich sehr, sehr wichtig. Ich denke schon, dass sich viel getan hat und Ärzte heute für so was in der Regel aufmerksamer sind. Ich habe zwar kein Trauma durch Ärzte, aber Probleme mit Unsicherheit und "sich ausgeliefert fühlen" und wenn ich vor einer Untersuchung Angst habe (Frauenarzt, Zahnarzt, Magenspiegelung) sage ich es auch. Selbst ohne Trauma kann man sich hier ja unsicher und vollkommen hilflos fühlen. Das habe ich mich früher auch nie getraut. Aber es hilft. Die waren bisher auch immer verständnisvoll.

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Pianolullaby
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Beitrag Fr., 01.09.2017, 22:21

Ich hatte gerade eine OP hinter mir, und ich kann nachvollziehen wie es einigen von Euch geht dabei.
Ich habe zwar Mb erlebt aber nicht von Ärzten o.ä. Ich bin jedoch als 5 jährige im Krankenhaus gewesen, auch alleine,
zumindest Nachts. Damals wurde ich ebenfalls operiert. Ich bin jedoch während der Operation aus der Narkose aufgewacht und habe dabei ein Trauma erlitten.

Bei dieser Operation jetzt, welche eine grössere war, habe ich sehr offen mit Ärzten, Pflege, Narkose gesprochen.
Ich habe meinen se....uellen Mb erklärt, aber auch das Trauma der 1. OP.
Ich bin froh habe ich dies so klar getan. So konnte ich mit den Behandlern einige Dinge besprechen welche mir wichtig waren.

Bsp. keine Fi...ation bevor ich in Narkose lag. Unterhose anbelassen bis ich in Narkose lag, ich durfte meine Skills dabei haben bis ........, und ähnliche Dinge.
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Blume1973
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Beitrag Sa., 02.09.2017, 11:48

Ich bin jedoch während der Operation aus der Narkose aufgewacht und habe dabei ein Trauma erlitten.
Hallo,

das ist mir auch passiert, aber zum Glück erst gegen Ende. Glaube ich jedenfalls, weil ich gehört habe, wie sie über mich geredet haben. "Was machen wir jetzt mit ihr? Wir legen sie da hinüber." Dann bin ich wieder eingeschlafen.

Ich habe als kleines Kind natürlich nicht realisiert, was da passiert ist und dass es nicht passieren hätte dürfen. Diese Worte haben mich dann immer wieder in meinen Träumen verfolgt. Ich habe erst viel später gewusst, was da passiert ist. Seit her habe ich große Angst, dass das irgendwann wieder passieren könnte. Ich hoffe NIE wieder operiert werden zu müssen.

Liebe Grüße
Blume
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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 02.09.2017, 21:28

früher waren die Narkosen noch nicht so toll, das ist öfters passiert als man so meint.
Klar dürfte es nicht passieren, aber wie gesagt da war man noch nicht so weit

Heute ist man da vieeel weiter
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mio
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Beitrag Sa., 02.09.2017, 21:43

Na ja, ich bin 1990 oder 1991 (ok, war auch früher... ;-) ...aber eben nicht mehr 70er) auch mal während einer OP "wachgeworden" weil die für die (vorher absehbare) OP Dauer falsche "Narkose" (spinale Anästhesie + Beruhigungsmittel) gewählt wurde. Das war so eine klassische "Aus dem Körper heraustreten" Erfahrung, wie Leute sie bei Nahtoderlebnissen oft beschreiben. Total spooky.

Ich hab Jahrelang gedacht, dass ich mir das eingebildet haben muss (also das "den Schmerz spüren", "die Situation von oben wahrnehmen" etc.), obwohl eigentlich alles auf eine "Nachnarkotisierung" (Vollnarkose) hingedeutet hat. Aber da mir niemand was davon gesagt hat, habe ich gedacht: Hast Du Dir bestimmt eingebildet, sonst hätte man Dich doch informieren müssen... Pustekuchen!

Einen ersten Verdacht, dass das vielleicht doch nicht so ist, dass ich mir das "nur einbilde" hatte ich ein paar Jahre später, als ich mal mit einer ehemaligen OP Schwester darüber sprach, die meinte: Du, dass kann gut sein, dass das so war. Wäre zumindest nicht ungewöhnlich... Da kam mir dann schon ein erster Verdacht, dass es halt einfach nicht für "nötig" befunden wurde, mir mal mitzuteilen, was da während der OP schief gelaufen war.

Hundertprozentige Sicherheit habe ich erst seit ein paar Jahren. Als ich angefangen habe, alles was ich überprüfen konnte zu überprüfen habe ich den OP Bericht angefordert und in dem steht es schwarz auf weiss: "Anaesthesie: s. P. PA, später ITN."

Zitat aus dem "Klarheitsmoment":

"Dieser Schmerz, mein Schrei. Und dann bin ich über mir. Schwebe unter der Decke und „sehe“ die Situation von oben. Es ist kein wirkliches „Sehen“. Aber es ist ein räumlich nicht mehr im eigenen Körper sein. Den eigenen Körper, sich selbst, von außen wahrnehmen. Dissoziation erster Güte.

Um mich herum Trubel, Aufregung, Hektik. Dann nichts mehr.
Nach der OP eine Übelkeit, die Bände spricht. Das war bei der ersten anders… Und doch sagt mir niemand ein Wort. Und selbst im OP Bericht findet es keine Erwähnung. So, als wäre es das Normalste von der Welt, dass die Betäubung ‚mal eben während der OP aufhört. Dann: Obendrüber, ganz klein: „später ITN“. Aha!"

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Blume1973
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Beitrag So., 03.09.2017, 05:06

Das gibt mir wieder so das Gefühl, dass Menschen im KH zur Sache werden.
Wie es dem Patienten damit geht und wie er es erlebt hat, ist irrelevant. :kopfschuettel:
Die einzigen wirklichen Feinde des Menschen, sind seine negativen Gedanken.

Albert Einstein

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mianonna1
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag So., 03.09.2017, 19:07

Und dagegen kann man nichts tun? Oder eher FÜR etwas einsetzen? Sensibilisierung?

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