Partnerin war jahrelang auf H

Dieser Bereich dient zum Austausch über Entzug, Entwöhnung und Therapie von substanzbezogenen Abhängigkeiten (wie Alkohol, Heroin, Psychedelische Drogen, Kokain, Nikotin, Cannabis, Zucker,..)
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Purzel
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Partnerin war jahrelang auf H

Beitrag Mi., 29.10.2008, 17:12

Lese nun schon seit längerer Zeit hier, und habe mich heute endlich mal entschlossen mich zu registieren.

Ich bin seit kurzer Zeit mit einer Frau zusammen, die lange Zeit drogenabhängig war (2 Jahre H, dann folgten 5 Jahre Methadon ohne Runterdosierung).
Sie erzählte mir ihre geschichte.
Nach 7 jahren auf Droge, hat sie sich letztes Jahr einweisen lassen. Entzug, Behandlung, dann der Rückfall.
Danach wieder Entzug. Entzug auf einer station, wo ihr von mit"leidenden" H angeboten wurde. kostenlos versteht sich...
Klar, dass da wieder ein rRückfall kam (der auf der intensiv station endete).
Danach ist sie in eine andere Gruppe gekommen (Tagesklinik) und ist derzeit seit 1 1/2 Monaten ohne Rückfall geblieben.
Sie ist seit 4 Wochen in der Tagesklink, incl Gesprächsthearpien usw.
Ich habe sie kennengelernt während ihrer Zeit in der Tagesklinik.
Sie ist ein wundervoller Mensch, den ich nicht missen will und mit dem ich zusammenbleiben will.
Nur mir spuken derzeit tausende Gedanken durch den Kopf. Wir reden manchmal.
Derzeit spukt in ihren Kopf herum, dass mit H vieles schöner war. (dass sie zb auf H gerne fotografiert hat und alles
toll fand). Und dass sie derzeit dabei nichts mehr empfindet. Sozusagen weniger "spass" als auf H.
Auf der anderen Seite sagt sie auch, (u.a. nach Gesprächen in der Therapie), dass der Prozess des "ich habe wieder Spaß an Sachen und Dingen"
nicht von heute auf morgen gehen kann.

Ich weiss nicht inwieweit man mir hier überhaupt "Tipps" geben kann,
aber vielleicht ein paar grundsätzliche Sachen wie man mit der Situation besser zurechtkommt,
denn verdrängen will ich nicht.
Bzw. ob ich ihr überhaupt und wenn ja wie, in irgendeiner Hinsicht "beistehen" bzw sie "unterstützen" kann
(zB Ablenkung, gemeinsame Unternehmungen usw).

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Kampfgrunz
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Beitrag Mi., 29.10.2008, 20:54

Hallo Purzel,
Mein Freund war 17 Jahre lang drauf (Tabletten, Heroin, Kokain, Alkohol...einfach alles) - die Zeit danach war äußerst schwierig - es hat ihn gar nichts interessiert, überhaupt nichts. Habe immer zu ihm gesagt, dass ich sagen könnte "ich habe eine Million Euro für Dich!" - und er hätte nur geantwortet: "Aso, ja, ok."

Da war keine Freude mehr, egal was passiert ist, zusätzlich auch noch eine gewisse Ruhelosigkeit...

Das braucht einfach seine Zeit bis das wieder besser wird. Zusätzlich habe ich sehr, sehr viel mit ihm unternommen, Dinge, die er gar nicht kannte (gut, 17 Jahre Suchtkarriere ist eine längere, da hat er von seinem Leben nicht mehr viel "mitbekommen" sicher viel weniger als Deine Freundin...mit "nur" 7 Jahren)...

ich denke, das war eine wichtige Erfahrung für ihn, dass man auch ohne Drogen Spaß haben kann - ich hab da auch viel zurückgesteckt, muss ich sagen und wirklich Dinge getan, nur, dass er seine Freude dran hat und es hat auch funktioniert - die ersten 3-5 Monate sind die allerhärtesten, danach wirds ohnehin besser, wenn der Suchtdruck nachlässt.

Wichtig ist es auch, dass man ein andere "Körpergefühl" kriegt - diverste Veränderungen sei es vom Aussehen, oder mal wieder richtig Sport machen, z.B - auch das bewirkt etwas, denn viele Süchtige "spüren" überhaupt nichts mehr..

Was ich in der Zeit auch gelernt habe - denjenigen auf keinen Fall "bedrängen" - in so einer Situation fühlt man sich nämlich oft "überfahren" und flüchtet wieder zurück in die Droge...

Sanfter Druck, z.B. etwas zu unternehmen ja, aber kein Zwang...

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Purzel
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Beitrag Mi., 29.10.2008, 22:05

hallo kampfgrunz!

im grunde sind wir gerade in den startlöchern der phase, wo ich versuche ihr zu vermitteln dass das leben definitiv auch ohne H spaß machen kann.
Und sei es derzeit "nur" kuscheln. Sie merkt, dass man sich wohlfühlen kann durch solche simplen sachen.
Dann dachte ich auch an sachen wie zb Kino...oder...Eislaufen..oder ganz einfach zusammen Kochen.
Nichts aussergewöhnliches, aber sowas bringt einen Zufriedenheit irgendwann.

Du hast geschrieben du hast zurückgesteckt. Auf welche "dinge" spieltest du an?
Bzw was hast du bzw ihr alles "unternommen" hinsichtlich "das leben macht auch ohne H spass"?

Danke aber schonmal für deinen Beitrag.
Es tut immer gut zu lesen, dass man nicht alleine in so einer situation steckt.

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anarchistin
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 30.10.2008, 08:07

tja es ist schwer. sobald man clean ist, wird man in eine ganz neue, andere welt katapultiert. man muss wirkl.ALLES neu lernen. man spricht teilweise nicht mal mehr dieselbe sprache wie die "anderen". es dauert einfach bis man sich in den neuen tagesablauf eingefunden hat und weiss wo sein platz ist. ausserdem fühlt man sich im inneren immer wie ein Junkie, ein minderwertigerer mensch als andere. wielange diese "sich wiederfinden-phase" dauert ist schwer zu sagen. teilweise ein leben lang. aber das man lernt wieder spass an dingen zu haben dauert in etwa 1-2 jahre. ausserdem weiss man ja gar nicht WIE man spass haben kann bzw (so wie du sagst) muss man auch das kuscheln wieder neu entdecken. hilf ihr dabei,alles wieder neu zu entdecken. zeig ihr verschiedene sportarten, geh mit ihr im nebel spazieren, wandert durch die stadt und spielt "touristen", macht harmlosen blödsinn miteinander (super anleitungen hierzu bei der sendung ECHT FETT ), kauf ihr ne neue fotoausrüstung...

am allerallerallerwichtigsten ist es aber, das du ihr zuhörst wenn sie etwas erzählen will und das du ihr das gefühl gibst das du sie liebst.sie- als mensch. so wie sie ist. junkie hin oder her.

liebe grüsse- anarchistin
Der Weg der Extreme führt zum Palast der Weisheit!

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10Jahre
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Beitrag Do., 30.10.2008, 09:38

Hallo Purzel! Hallo die anderen!

Ich kann meinen Vorrednerinnen nur recht geben, Ablenkung sanfter Druck.....
Deine Ideen mit Kino gehen etc finde ich auch ganz toll.

Ich wollte zu deinem Thema eigentlich nur sagen, dass mir damals am Schwersten das Selbstwertgefühl aufbauen war (eben so wie anarchistin beschrieben hat) Ich habe mich sehr klein, hässlich, unvollkommen... gefühlt und das Schönste war für mich zu merken dass es Menschen gibt die mich so nehmen wie ich bin.

Ein Geborgenheitsgefühl ohne Drogen ... wenn du ihr das irgendwie vermitteln kannst ist das sicher auch hilfreich.

Auf alle Fälle wünsche ich euch beiden alles Gute beim Neuentdecken der Welt! (Im Nachhineingesehen war das sicher eine der spannendsden Zeiten meines Lebens)

alles Liebe
10Jahre

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Purzel
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Beitrag Do., 30.10.2008, 21:07

danke für eure aufmunternden antworten. ich werde mein bestes geben.

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ChevyFlo
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Beitrag So., 02.11.2008, 06:01

ich denke ich bin in einer ähnlichen situation, meine freundin ist abhängig von Heroin. wer gerne mehr über sie und ihre situation lesen möchte kann gerne in diesem forum unter http://www.psychotherapiepraxis.at/pt-f ... =35&t=5896 nachlesen. dazu anzumerken wäre auch noch das wir beide da auch immernoch auf ratschläge und hilfe angewiesen sind.

aber um zum thema zu kommen, ich persönlich habe mich immer bemüht meine freundin für nichts was sie tut offensiv zu verurteilen, wobei mir das bei rückfällen teilweise nicht immer gelungen ist. es ist aber auch davon abhängig was für ein typ der/die suchtkranke in dem moment ist, meine freundin war eh schon immer recht verschlossen und überhaupt ihr vertrauen zu gewinnen war ein harter kampf.
das problem ist das man verdammt behutsam mit solch menschen umgehn muss, es passiert einfach sehr schnell das man mit kleinigkeiten die man macht oder sagt, soviel verwirrung, kummer oder ähnliches auslöst, das es kurzfristig wieder zu einem rückfall kommt. das von vorrednern erwähnte mangelnde selbstwertgefühl trägt seinen teil dazu bei.

was ich also immer gemacht habe um meiner freundin zu helfen ist:

selbstwertgefühl stärken, da reichen kleine komplimente aber manchmal muss man auch schon ein wenig mehr argumentieren können um den gegenüber klar zu machen das er ein liebenswerter-, guter- oder anderweitig anständiger mensch ist (klappt am besten wenn mans auch wirklich ernst meint)
für den betroffenen da sein, ist eines der wichtigsten sachen, sobald sich süchtige einsam, verlassen oder anderweitig verlassen fühlen ist die gefahr eines rückfalls sehr hoch. man muss auch um das zu erreichen sachen aufopfern, damit meine ich auch wenn ich z.b. seit wochen einen ausflug mit kumpels geplant habe, sobald ich merken würde das es meiner freundin nicht gut geht, würde ich bei ihr bleiben!
mit dem betroffenen reden ist sehr wichtig, grade wenn es darum geht das sich der süchtige nichts vormachen darf. ich selbst habe es oft erlebt das mir gegenüber argumente vielen wie "mal was nehmen ist doch kein problem, mir gehts doch gut" oder anderweitige aussagen die inhaltlich immer die droge selbst als doch nicht so schlimm abstempeln. (das war bei meiner freundin auch mit ihrer ausweichdroge benzos der fall, halt klares, leichfertiges abschwächen bzw ignorieren der wirkung und auswirkung des konsums). man darf den partner aber auch nicht unter druck setzen, ich habe das glück das meine freundin sehr intelligent ist und ich mit tatsachen sehr gut an sie rankommen kann. ich meine wenn sie sagt benzos sind ja nicht so schlimm, is ja nur ein schlafmittel (da spricht halt die sucht aus ihr)...daraufhin zeige ich ihr z.b. einen auszug aus dem internet mit der wirkung und auswirkung von benzos und erreiche damit ein gewisses maß an erkenntnis. natürlich immer verpackt innerhalb eines hoffentlich vernünftigen gespräches, was dann hilft das der partner dem schlechten (der droge in dem fall) den rücken zu kehren kann.
auswege aufzeigen, es ist schwer für viele suchtkranke, selbst wenn sie es wollen, einen ausweg aus dem ganzen zu sehn. man muss sich also selbst einen kopf machen und sachen für die der betroffene einfach nicht die ruhe im kopf hat übernehmen. wichtig ist, das man da schon von vorrednern erwähnten leichten druck ausübt, man muss motivieren und wenn man an einem weg nicht weiter kommt nicht aufgeben, sonst gibt man den suchtkranken auf und der sich dann...
augen öffnen, deutlich machen das die momentanen psychischen und auch körperlichen probleme nicht von einem selbst kommen, also zeigen was man doch für eine schlechter mensch ist, sondern eine klare folge des konsums von harten drogen ist. hab damit auch probleme gehabt das meiner freundin zu vermitteln, da sie sich immer als außenseiter fühlt oder sich für unatraktiv hält (was absolut nicht der fall ist). aber das zählt eigentlich auch zum teil zu selbstbewußtsein stärken.


ich belasse es jetzt auch erstmal bei dem was ich bisher geschrieben habe, obwohl ich sicher noch einiges mehr hätte schreiben können dazu. aber vielleicht kann man sich ja über das thema noch weiter austauschen, denn es ist für mich auch ein großes problem zu wissen "was ist nun richtig?". wäre schön wenn meine ratschläge auch bestätigung oder halt wiederspruch bekommen, da ich selbst auch verunsichert bin ob ich alles so richtig mache wie ich es tuh.

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onkeltom
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Beitrag So., 02.11.2008, 14:10

Hallo Purzel,

auch ich war und bin in einer ähnlichen Situation wie Du. Anders als bei Dir habe ich meine Freundin schon einige Zeit gekannt bevor wir zusammen kamen und ihr Entzug stand kurz bevor.

Trotzdem denke ich zu wissen, was in Dir vorgeht.

Du schreibst, dass sie jetzt etwas mehr als 4 Wochen in der Tagesklinik ist. Dass heißt, sie steht mehr oder weniger noch am Anfang eines cleanen Lebens. Auch da ähnelt sich unsere Situation, denn auch meine Freundin ist seit ziemlich genau 4 Wochen sauber.

Der Unterschied zwischen uns beiden aber ist, dass ich bereits über ein Jahr mit einer H-Abhängigen zusammen bin und deshalb weiß, worauf Du Dich da einläßt. (siehe im Detail hierzu meinen Thread "H-Entzug und Gefühlsverlust")

Auch sie war, wie Du dort nachlesen kannst, schon mal clean während unserer gemeinsamen Zeit. Leider heißt das aber gar nichts. Sicher, man sagt "auch der längste Weg beginnt mit einem kleinen Schitt" und ich wünsche Deiner Freundin von Herzen, dass sie von diesem Sch***zeug auf Dauer los kommt. Leider steht sie aber noch ganz am Anfang dieses langen Weges. Der Ausgang ist deshalb ungewiß. Desen mußt Du Dir bewußt sein.

Bitte verstehe mich nicht falsch: Es freut mich, dass Deine Freundlin mit Dir einen Menschen gefunden hat, der sie unterstützt und sich für ihr Problem interessiert. Sich Meinungen von "Eingeweihten" einholt und Wege sucht, ihr eine echte Hilfe zu sein.

Ich kann Dich aus meiner Sicht aber nur warnen. Du begibst Dich da auf sehr dünnes Eis. Ich weiß wovon ich spreche und ich wünsche meinem ärgsten Feind nicht mal in Teilen das, was ich durch meine Liebe zu meiner Freundin durchgemacht habe.

Auch meine Freundin ist ein toller Mensch. Klar, sonst würde ich nicht mit ihr zusammen sein wollen. Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht, ob ich mich auf die eingelassen hätte, wenn ich auch nur ansatzweise gewußt hätte, was da auf mich zukommen wird.

Nun war es bei mir so, dass mit ich mit jedem Tag unseres Zusammenseins weniger bereit war, sie aufzugeben. Ganz einfach aus dem Gedanken heraus, dass man schon soviel in die Beziehung "investiert" hat, dass man nun endlich auch die Früchte seiner "Arbeit" ernten möchte. Nur kann man als Partner einer drogenkranken nie selbst bestimmen, wann man, um bei meiner Metapher zu bleiben, Ertnedankfest feiern kann. Im Zweifel wird das nie der Fall sein. Denn sie ist und bleibt heroinabhängig, ein Leben lang. So Gott will, wird sie ein auf Dauer cleaner Drogenkranker, aber diese Ungewissheit wird Dich lange Zeit begleiten. Im Zweifel eben auch ein Leben lang.

Euer Vorteil ist, dass Du die schlimmen Momente, die diese Sucht zwangsläufig mit sich bringt, nicht durchleben musstest. Ich wünsch Dir, dass dies auch so bleiben wird.

Mir ist klar, dass Du sicher etwas positiveres Lesen wolltest. Fakt ist nun mal aber, dass diese Krankheit absolut nichts positives an sich hat. Auch ich habe alle Warnungen von Freunden und einschlägiger Literatur damals bei Seite geschoben. Deshalb steht es mir als letztem zu, Dir jetzt mit dem Zeigefinger zu kommen. Trotzdem kann ich Dir nur an´s Herz legen, Dir erst mal nur Gedanken um Dich zu machen.

Vielleicht könnt ihr es ja "etwas langsamer angehen lassen", so dass Du Dir eine eventuell mal bitter notwendige Distanz erhalten kannst.

Egal, was Du tust - ich wünsche Dir ganz viel Glück dabei.

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