Ist mein Kind noch normal? Familien im Therapiestress

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kaja
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Beitrag Do., 11.04.2013, 07:29

Lehrstellen...

In meiner Berufsschulklasse waren nur Leute die entweder die Fachoberschulreife oder die Allgemeine Hochschulreife vorweisen konnten.
Jemand mit einem Hauptschulabschluß war schon damals vollkommen chancenlos. Warum die Betriebe z.B. im Handwerk einerseits darüber klagen das ihre Lehrstellen nicht besetzt werden, andererseits aber ein große Anzahl von Schulabgängern von Anfang an ausschliessen, ist für mich nicht nachvollziehbar.

Hat man es dann in den Ausbildungsbetrieb geschafft werden die Azubis alls billige Arbeitskräfte verheizt. Der Bildungsauftrag der Ausbilder kam bei vielen Mitschülen meiner Berufsschulklasse definitiv nicht an.
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Nico
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Beitrag Do., 11.04.2013, 07:35

In unseren Breiten ist es so, dass große Unternehmen für ihre Lehrlinge in den ersten beiden Lehrjahren extra Kurse in Mathematik und diversen Fächern abhalten u7m sie wenigstens auf das allernötigste Niveau zu bringen, kleine Unternehmen können sich das natürlich nicht leisten.
Es kommt natürlich auch auf die Branche an, dass es da große Unterschiede gibt ist mir bekannt und das will ich gar nicht abstreiten.
Du kaja schreibst sehr verallgemeinernd, unterrichtest anscheinend in sämtlichen Branchen, oder ?
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kaja
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Beitrag Do., 11.04.2013, 07:49

Ich schrieb von "meiner Berufsschulklasse" und meinen Erfahrungen, lesen Nico. Davon das ich an eine Berufsschule unterrichte war nie die Rede. Ich weiss ja nicht wie es in Ö ist aber hier lässt man Berufsschullehrer für Drogisten eher keine Maler unterrichten.

Die meisten meiner Freunde haben eine Ausbildung abgeschlossen und das in sehr unterschiedlichen Bereichen. Es macht keinen Unterschied ob ich mit den Maler und Lackierern, der Arzthelferin, der Bürokauffrau, dem Koch usw. unter meinen Freunden spreche. Wir alle haben in unseren Ausbildungen ähnliche Erfahrungen gemacht. Zum Glück war keiner von uns in der Situation die Schule "nur" mit einem Hauptschulabschluss zu verlassen. Ausbildung wurde in den Betrieben jedenfalls ganz klein geschrieben.

In meinem gab es z.B. neben mir nur noch eine Teilzeitkraft und eine Minijobberin. Die benötigte Vollzeitkraft hat man kurzerhand mit mir als Auszubildende besetzt. Schon sass ich in Woche 1 meiner Ausbildung die Hälfte der Arbeitszeit alleine in der Praxis und musste den Job einer fertigen Kraft erledigen. Für diesen Vollzeitjob bekam ich 360 DM.
Ich denke es sollte einen Unterschied geben zwischen einem Auszubildenden und jemandem mit schon abgeschlossener Berufsausbildung. Mein Ausbildungsbetrieb hat jedenfalls mit dieser Sparmaßnahme super gelebt, die 3-4x Urlaub im Jahr waren nicht gefährdet. Dafür wurde bei der Anmeldung zur Abschlußprüfung ungeniert gelogen (einfach mal unterschreiben man hätte xyz beigebracht war ja auch eine schnelle Angelegenheit).
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Nico
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Beitrag Do., 11.04.2013, 08:05

Ach dann hab ich das falsch verstanden soooooorry.
Ein Berufsschullehrer würde wohl auch von "meiner Berufsschulklasse" schreiben, hab ich gemeint.
Ach ihr habt alle während eurer Ausbildungszeit nix gelernt ?
Ihr könnt jetzt also alle nix ?

In meinem Betrieb ist es so:
Im Schnitt bilden wir pro Jahr 3 Lehrlinge aus, davon wird wiederum im Schnitt einer ein ausgezeichneter und einer ein guter Facharbeiter.Nicht wenige von ihnen arbeiten viel Jahre bei mir in teilweise leitenden Positionen.
Einer stellt sich leider meist nach kurzer Zeit als Fehlbesetzung heraus, es gelingt uns zwar manchmal mit vereinten Kräften, ihn bis zur erfolgreichen Facharbeiterprüfung zu bringen, aber als Facharbeiter wird dieser am freien Markt niemals auf Dauer bestehen können, es sei denn er begreift irgendwann doch noch worum es geht.

Ich habe einen mittelgroßen Betrieb, eine Lehrwerkstätte wie die Großbetriebe kann ich mir nicht leisten, aber die Lehrlinge müssen auch nicht derart massiv in den Arbeitsprozess eingebaut werden wie es bei sehr kleinen Betrieben oft der Fall ist.

Aber ich glaube jetzt reicht es und wir sollten echt wieder zurück zum Thema finden, einverstanden ?
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kaja
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Beitrag Do., 11.04.2013, 08:15

Ach ihr habt alle während eurer Ausbildungszeit nix gelernt ?
Nicht nix sondern schlicht viel weniger als es ihre Aufgabe gewesen wäre.

Ich habe z.B viele Laborarbeiten erst während meiner ersten Festanstellung nach der Ausbildung gelernt. Das wir kein Labor hatten sondern alles an Fremdlabore weitergeleitet wurde, hielt meine Ausbilderin nicht davon ab einfach dreist zu unterschreiben diese Fertigkeiten wären vermittelt worden

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Beitrag Do., 11.04.2013, 08:29

Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in NRW

http://www.lzg.gc.nrw.de/_media/pdf/ges ... w_1103.pdf
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Ratlosigkeit
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Beitrag Do., 11.04.2013, 15:38

Dann steig ich wieder ein nach dem Exkurs - aber ich hab ein paar Fragen zum Thema Lehre - ich geb zu, ich kenn mich da wirklich nicht gut aus.
Nico spricht von Defiziten, meint aber nicht Wissensdefizite (obwohl es dann im Exkurs genau darum geht) sondern solche im Sozialverhalten. Was genau meinst du damit? Kannst du mal Beispiele bringen?
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Nico
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Beitrag Do., 11.04.2013, 16:35

Oh ja Beispiele könnte ich dir viele nennen, hab dir auch gerade ein ziemlich langes Posting geschrieben aber dann doch wieder gelöscht weil mir das hier in diesem offentlichen Rahmen doch zu heiss ist.
Du würdest dich mit Sicherheit sehr wundern und ich bin mir nicht sicher ob du mir glauben würdest.

Ausserdem sollten wir wirklich zum Thema zurück, kannst ja einen Lehrlingsthread aufmachen.
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Beitrag Do., 11.04.2013, 17:30

Lehrlinge sind eh nicht das Thema, sondern Defizite im Sozialverhalten. Aber alles klar, ich hab schon verstanden
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Beitrag Do., 11.04.2013, 17:50

Na was gehört unter anderem zum Sozialverhalten ?
Pünktlichkeit, Kommunikation, Zusammenarbeit, Hilfestellung annehmen und auch selbst anbieten können, Vorgesetzte respektieren können, halbwegs gesittete Umgangsformen an den Tag legen, zumindest ansatzweise die Bereitschaft Vorgaben zu erfüllen, die Wörter Bitte und Danke sinnvoll verwenden können, mit fremdem Eigentum achtsam umgehen und und und.
Das alles und noch viel mehr ist aber so manchem völlig unbekannt.
konkrete Beispiele gebe ich zwecks Wiedererkennungswert lieber nicht zum Besten.
Und jetzt habe ich aber wirklich fertig!
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Beitrag Fr., 12.04.2013, 06:06

Na siehst du, geht doch - wobei das, was du da aufzählst, sehr allgemeine Dinge sind, die bei mir z.T. unter "schlechte Erziehung" laufen, z.T. aber auch unter "jugendliche Blödheit". Sowas wird meist automatisch korrigiert, sobald sich der Jugendliche an der Realität reibt, denn es wird in keinem Arbeitsalltag geduldet - vor allem nicht von den Kollegen.
Verantwortungsbewußtsein ist z.B. etwas, was wirklich viele Menschen erst erwerben müssen, indem sie mit negativen Konsequenzen ihres Handelns beinhart konfrontiert werden.
Das ist m.M.n. kein Grund für Therapie, sondern gehört zum normalen Leben dazu.
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Beitrag Fr., 12.04.2013, 06:31

Ich hab doch auch nie geschrieben dass diese jugendlichen zu einer Therapie gehören !
Aber du kannst dir sicher sein dass die Fälle die ich meine über die übliche " jugendliche Blödheit" hinausgehen.
Ich bin jetzt über 30 Jahre im Geschäft und habe die Ausbildung von über 100 Lehrlingen miterlebt, da war viel schönes, erfreuliches aber auch sehr viel schlechtes und tragisches dabei, ein Junge hat sich z.B. beim russischen Roulette erschossen, es gab Drogen, Diebstahl, teilweise schreckliche Autounfälle, Gefängnis, alles was so zum Leben dazugehört wie du ja selbst geschrieben hast.
Grundsätzlich kann ich dir aber sagen dass sich der emotionale und soziale Zustand in dem die Jugendlichen zu uns in die Lehre kommen in den letzen 10 - 15 Jahren sehr verschlechtert hat, wobei die Jugendlichen sicher die letzten sind denen man da einen Vorwurf machen kann.
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Beitrag Fr., 12.04.2013, 06:40

Nico hat geschrieben: Ich hab doch auch nie geschrieben dass diese jugendlichen zu einer Therapie gehören !
Du ja eh nicht, da hast mich falsch verstanden! Ich habe dort wieder angeknüpft, wo ich drei "Gruppen" geortet habe: Die, die Defizite (im Sozialverhalten) haben - kein Fall für Therapie (was ich jetzt ausgeführt habe, nach dem Lehrlingsexkurs). Die, die einfach nur Probleme und Sorgen haben und irgendwie herausfinden müssen, wie sie damit umgehen - auch kein Fall für Therapie. Und die, wo möglicherweise wirklich etwas Schlimmes dahintersteckt - und da war der Ausgangspunkt, wie viele das tatsächlich sind. Ich sage mal frech, dass es viel weniger sind als uns die "Gesellschaft" weismachen will. Darum gehts mir (und auch der TE und ich denke auch dir) in dieser Diskussion: Therapie wird inflationär eingesetzt - schon bei Kindern.

Das sich die Zustände verschlechtert haben denke ich auch. Aber ist Therapie die Lösung?
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Beitrag Fr., 12.04.2013, 06:54

Ich glaube dass sich die Spirale aus Vernachlässigung, Überforderung und daraus resultierenden Defiziten immer schneller zu drehen beginnt und an deren Ende steht dann halt immer öfter die Therapie als wirklich notwendige (letzte) Möglichkeit.
Auch die steigende Tendenz dass Eltern ihre Kinder in die Therapie drängen ist ja nix anderes als ein Zeichen der Überforderung und der Defizite sich selbst entsprechend um das Wohl der Kinder kümmern zu können. Wie soll man sich ( selbst mit schweren sozialen Defiziten und Problemen behaftet)entsprechend um eine auch nur leicht aus dem Lot geratene Kinderseele kümmern können?
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Nico
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Beitrag Fr., 12.04.2013, 10:08

kaja hat geschrieben:Lehrstellen...

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