Brief an die Eltern

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

Widow
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Beitrag Di., 27.11.2012, 02:17

... zum 80. der Erzeugerin?

Liebe Eltern-Flüchtlinge in diesem Forum,
lieber Ben, der Du diesen Thread eröffnet hast,

vielleicht ist's okay, wenn ich meine "Erzeugerin"-Frage hier anknüpfe? Wenn nicht, dann bitte ich um entsprechende Auskunft. Und es ist mir ja selbst zweifelhaft, ob das hier statthaft ist: Ich will keinen (weiteren) Erklärungsbrief mehr an meine Eltern schreiben, wie Du, lieber Ben, es überlegt hast.
1. hab ich von denen genug geschrieben, ohne dass sie irgendwie etwas bewegt haben; und
2. gibt es von meinen "Eltern" schon seit längerem nur noch meine Erzeugerin.

Ich knüpf dennoch probehalber hier mal an:

Diese, meine Erzeugerin wird bald 80. Jahre. Alt. Achtzig.

Ich habe MIR versprochen, nie wieder zu der (und zu meiner Schwester) je wieder Kontakt aufzunehmen (was jetzt im Sommer war, war noch einmal ein Niederknüppeln, ein mich Kurz-und-Kleinschlagen von beiden - und ich, ich will nicht mehr zurückschlagen auf deren steinhart grinsende Köpfe, wie ich es jetzt im Sommer auf meiner Schwester Fratze nochmals tat und natürlich wieder bedient wurde mit Axt und Beil und Hammer und allem). Ich habe mir versprochen, diese beiden Frauen sie selbst sein zu lassen.
Und nichts mehr von ihnen, kein Zerstampfen mehr, auch wenn es den toten Liebsten betrifft, zur Kenntnis zu nehmen.

Aber.
Ich bin Tochter.
Und brav. Ein gutes Kind. Meine Mutter hat mich noch den Knicks gelehrt.

Die wird nun 80. (Tja, sie lebt ...)
Ich habe mir versprochen: Keine Briefe mehr (so sinnlos, so gnadenlos sinnlos!). Und also auch keine Karten mehr.

Aber.
Ich bin Tochter.
Und ich hasse mich dafür.

Wie bekomme ich (wer?) inmitten all des ohnehin waltenden Eises hin, diesen verschissenen Geburtstag meiner Erzeugerin mir aus dem Hirn zu schneiden?!

Oder soll ich eine Karte schreiben? Nochmal?
Nein!

Warum ist das so schwer?

w

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Ben35
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Beitrag Fr., 29.03.2013, 17:25

Liebe Leser meines Beitrags,

ich habe jetzt eine Therapie angefangen. Es ist eine Gruppentherapie mit ca. 10 Teilnehmern und dem Therapeuten. Bis jetzt hatte ich erst eine Sitzung gehabt und bin mir noch nicht so sicher ob mir das meine Fragen beantwortet bzw. mir hilft. Dort sitzen u.a. Leute die einen Selbstmordversuch schon hinter sich haben. Ich würde auf so einen Gedanken für mich selbst nie kommen. Von daher weiß ich nicht, ob das therapeutisch so gut ist, Menschen mit verschiedenen Problemen da zusammenzusetzen. Aber ich gehe da erstmal ganz unbefangen ran.

Übrigens habe ich einen interessanten Bericht gefunden zum Thema Jähzorn http://diepresse.com/home/gesundheit/41 ... -Krankheit

Mein Vater war (wie in meinem Brief geschildert) sehr jähzornig und bestimmt kann man das auf eine psychische Krankheit zurückführen. Das zu thematisieren oder nur in Erwägung zu ziehen war natürlich Tabu und ist es bis heute.

Liebe Grüße und fohe Ostern!
Ben


Vincent
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Beitrag Fr., 29.03.2013, 18:55

Hallo Ben,

du, was ist denn das für eine Art von Gruppentherapie, mit der du jetzt angefangen hast? Ich beginne auch bald mit einer psychoanalytischen Gruppentherapie.

Wie war das erste Mal für dich? Also, ich bin nämlich schon ziemlich aufgeregt, wenn ich an die erste Sitzung denke.

Ich find's aber gut, dass du nicht gleich aufgeben willst. Es kann ja auch von Vorteil sein, mit Menschen ganz unterschiedlicher Hintergründe zusammenzuarbeiten. So eine Gruppe soll ja sozusagen eine Gesamtgesellschaft abbilden. Das ist schon gut und richtig so, denke ich.
"Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu." (Horvàth)

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Ben35
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Beitrag So., 02.06.2013, 08:45

Hallo,

das ist eine Gruppentherapie mit 10-15 Leuten die mal mehr mal weniger wöchentlich anwesend sind. Alle inklusive des Therapeuten sitzen in einer Runde, eine Assistentin sitzt dem leitenden Therapeuten bzw. Psychologen gegenüber. Die Dauer beträgt ca. 90 Minuten und es wird anfangs in die Runde gefragt was einen so beschäftigt. Dann lenkt sich die Diskussion meistens dann auf eine Person für die restliche Zeit, d.h. um diese Person geht es dann hauptsächlich.

Ja es war das erste Mal für mich, und ich habe bisher noch nicht viel über mich gesagt. Eher gebe ich den anderen Leuten Ratschläge, rede aber ungern über mich weil ich auch ungern irgendwie im Mittelpunkt stehe. Das wird sich aber ändern in den nächsten Sitzungen. Nichts überstürzen. der Therapeut sagt immer wieder dass er uns nicht helfen kann, das können wir nur selber. Man bekommt aber Feedback von ihm und den anderen was einem hilft gewisse Dinge klarer zu sehen oder anders zu bewerten. Meist kreist man ja sowieso eine zu lange Zeit schon viel zu sehr um sich selbst. Manchmal kann sowas auch durchbrochen werden mithilfe neuer Denkansätze.

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Henrike76
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Beitrag So., 02.06.2013, 09:44

Hallo Ben35,

hört sich sehr gut an Dein Kurzbericht von der PT-Gruppe.
Kannst Du mal kurz erläutern, wie Du dadran gekommen bist?
Ich suche sowas ja auch (theoretisch bundesweit mit amb PT und EMDR).

Vorher will ich aber die stat. Traumatherapie!

Ich für meinen Teil versuche aber auch mind. so viel Zeit mit den guten Helfern (die gab es ja meist bei jedem) zu verbringen.
Die Erzeuger sind aber seit 8 Monaten kontaktmässig tot und werden es wohl noch länger bleiben!

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Ben35
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Beitrag So., 02.06.2013, 09:54

Hallo Hendrike,

ich hab erstmal Internetrecherche gemacht, das ist erstmal das einfachste. So kannst du selber schauen, welche Möglichkeiten es gibt und auch über den Therapeuten bekommst du Infos. Das ist bei mir ein Gefühl gewesen. Du musst mit einem guten Gefühl da hingehen. Ich hatte Glück, dass ein Termin beim Therapeuten frei war, der hat mir dann die Gruppe angeboten. Traumatherapie fand ich auch interessant, wird in der Gruppe aber nicht praktiziert. es gibt viele Ansätze um zu heilen. Vielleicht ist die Traumatherapie ja auch was für mich. Du hast ja meine Brief an die Eltern sicher gelesen...das sind viele traumatische Erlebnisse geschildert. Ich überlege mir diesen Brief in der Gruppe mal vorzulesen. Bin mirnoch nciht sicher ob das nicht ZU! persönlich und intim ist. Da bin ich ja nicht mehr anonym.

Wenn du seit 8 Monaten keine Kontakt mehr zu deinen Erzeugern hast ist ja alles ganz frisch noch bei dir...

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Henrike76
Forums-Gruftie
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Beitrag Do., 06.06.2013, 11:17

Hallo Ben35 ,

ja das ist so, dass ich schon noch ne Geb.-Karte schicke, weil ich ja immerhin von denen aufgezogen wurde und diese schon verdammt viel gearbeitet haben.

Meine Mutter hab ich ja angeschrieben, weil die Erinnerung an 1 best. ganz frühes Trauma ab einem Zeitpunkt ja ganz weg ist. Ich hab die da als Einzelperson angeschrieben, die hat aber wieder als Ehepaar geantwortet (den Brief habe ich mich moch nicht getraut aufzumachen, weil die da immer mal wieder nen neuen Giftpfeil beipackt!).

Die Traumatherapie soll ja stat. sein, mit Einzel und Gruppe. Über die RV habe ich das nun abgehakt.

Natürlich werde ich da amb. wieder weiter machen, das ist aber abhängig davon, wo ich nun nen Job bekomme.
Da ich da klar nen Richtungswechsel anstrebe (keine VT mehr) bekomme ich ja wieder neue Stunden seitens er KV.

Das mit der Gruppentherapie bei Dir hört sich aber extrem gut an, ich finde das fast besser als alleine da in dem Sumpf zu wühlen!
Nutzt Du da auch die Lebenskarten nach PITT?
Schreibst Du auch positive Kindheitsberichte?`

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candle.
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Beitrag Do., 06.06.2013, 12:31

Henrike76 hat geschrieben: ja das ist so, dass ich schon noch ne Geb.-Karte schicke, weil ich ja immerhin von denen aufgezogen wurde und diese schon verdammt viel gearbeitet haben.
So viel zu deinem Nichtkontakt.

candle
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Ben35
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Beitrag Mo., 10.06.2013, 14:04

Gerade habe ich einen sehr wahrhaftigen Satz gelesen:

"Das Selbstwertgefühl ist das Immunsystem der Psyche."

Ich denke, das ist der Grund dafür warum ich mich so fühle wie ich mich fühle. Vielleicht hier noch ein Buchtipp dazu: Rolf Merkle, So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen

Ben

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Thread-EröffnerIn
Ben35
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Beitrag Mo., 10.06.2013, 14:15

Hallo Henrike,

ich schicke schon seit ca. 2 Jahren keine Geburtstagskarten an meine Eltern mehr, bekam aber immer noch welche von Ihnen. Dieses Jahr bekam ich zum ersten Mal keine Karte zum Geburtstag. 3 Tage nach meinem Geburtstag lag eine von meinem Vater im Briefkasten worin er mir zum Geburtstag gratulierte. Er war alleine im Urlaub und schickte mir die Karte von dort. Aber leider auf eine sehr unpersönliche Art und Weise so wie ich ihn immer erlebt habe. Keine Worte die mein Herz irgendwie erwärmt hätten. Und dazu kommt ja noch, dass er mir auf meinen langen Brief nie geantwortet hat. Wie sollte ich mich da auf einen Geburtstagsbrief von ihm freuen, in dem er keinerlei Bezug darauf nahm? Deshalb habe ich den Brief (ich glaube wie so viele davor) einfach zerrissen und war wieder mal enttäuscht. Über die Jahre habe ich aber gelernt mit den Enttäuschungen umzugehen und diese schnell wieder zu vergessen bzw. zu verdrängen.

Wie Du mit dem Brief umgehst bleibt Dir überlassen, mach dir keinen Druck. Es wird der Zeitpunkt kommen wo die Neugier vielleicht doch größer wird und du ihn einfach öffnest.

Die Gruppentherapie hat bei mir noch nicht viel bewirkt. Ich muss sagen, dass ich da aber auch sehr passiv bin und bisher noch nicht viel über mich gesagt habe. Aber ich arbeite daran, und ich brauche eben meine Zeit um mich da zu öffnen.

Lebenskarten nach PITT sagen mir gar nichts. Kindheitsberichte habe ich bisher nur in meinem Brief an die Eltern geschrieben. Mehr bisher nicht.

Ben

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Henrike76
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Beitrag Di., 11.06.2013, 22:08

Hallo Ben35,

ja den Brief werde ich alsbald öffnen (hatte da ja um Aufklärung gebeten bzl. dieser schlimmer Aktion als die mich da so gewalttätig behandelt hat).
Das ist für mich noch eine erhebliche Stufe schlimmer gewesen als das vom "Vater" da hatte ich mich ja schon dran gewöhnt später.

Bei dieser Aktion war ich aber erst 5,5 Jahre alt ( so ein kleines Kerlchen da so zu "behandeln" ist auch nicht normal für ne Frau die einem Kind das Leben geschenkt hat). Ich bin da aber so langsam der Ursache recht nahe gekommen. Immerhin kann ich mich nicht erinnern, dass die mich mal auf dem Arm gehabt hat zum Trösten oder Ähnliches.

Mit der Gruppentherapie ist das ja klar, dass das etwas Zeit benötigt sich zu öffnen. Immerhin waren Dir ja wohl auch alle erst mal fremd. Das wird schon.

Positive Kindheitsberichte (also Erlebnisse) habe ich nur 3 geschrieben, die sind aber für mich elementar notwendig. Man kann nicht nur in den Abgrund gucken, das zieht ja auch runter auf Dauer. Das ist aber ein bischen ne eigene Idee sich die guten Helfer zu vergegenwärtigen und ggf. für diese Engel zu danken. Das waren ganz erheblich wichtige Personen!

Die haben mit den Paar lieben Aktionen den Gegenpol aufgebaut zu dem Dreck der Ablehnung!
Insofern empfehle ich das vor der nachahmung unbedingt mit dem Thera zu besprechen!
Kann ja sein , dass das nur bei mir gut ist!

Die Lebenskarten kannst Du Dir unter lebenskarten.de angucken, die haben schon was geheimnisvolles, könnten aber auch für die Gruppentherapie passen.

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Ben35
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Beitrag So., 04.08.2013, 12:12

Hallo Henrike,

Hast du mittlerweile den Brief von deinem Vater geöffnet und gelesen? Ich habe bis zum heutigen Tag nichts bekommen, rechne auch nicht mehr damit. Nur manchmal denke ich daran und wünschte es mir. Vielleicht wird er in ein paar Jahren einen Versuch starten mit mir in Kontakt treten. Er ist ja auch schon älter geworden.

Ben

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Henrike76
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Beitrag Mo., 05.08.2013, 10:03

Nö habe den Brief von meiner Mutter noch nicht geöffnet.
Ich traue mich einfach nicht.
Die ist ja so sehr mit Ihrem Mann in einer Symbiose, dass die fast gar nicht mehr frei denken kann.
Ich führe dies ebenso auf eine erhebliche und teife Traumatisierung Ihrerseits in den ganz jungen Jahren der "Ehe" zurück.
Ich brauch das nicht näher auszuführen.

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Ben35
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 16:35

Willst du denn nicht mutig sein? Ich glaube ich würde ihn lesen, auch weil ich damit wieder ein Stück weiterkommen würde. So spukt der Brief ständig im Unterbewusstsein herum.

Bei mir gibt auch wieder was neues zu berichten: Der Brief an meinen Vater hat ihn bis zum heutigen Tage gar nicht erreicht. Meine Mutter hatte ihn "abgefangen" obwohl er an ihn adressiert war. Sie hat sich den Rat einer dritten Person eingeholt (einer Psychologin) und diese hat ihr geraten den Brief nicht meinem Vater zu geben. Und ich warte mehr oder weniger seit 2 Jahren auf eine Reaktion. Klar dass ich jetzt sehr enttäuscht bin von meiner Mutter. Aber das ist typisch, ich hatte schon so ein Gefühl dabei gehabt aber nie ernsthaft damit gerechnet, dass sie so einen Brief unterschlagen würde. Sehr enttäuschend gerade.

Ben

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candle.
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 17:39

Ben35 hat geschrieben: Sie hat sich den Rat einer dritten Person eingeholt (einer Psychologin) und diese hat ihr geraten den Brief nicht meinem Vater zu geben.
Das ist schlicht eine Frechheit und kann nicht glauben, dass ein Therapeut sowas rät.

candle
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