Wenn die Seele nach dem Thera / der Thera schreit

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Bergkristall
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Wenn die Seele nach dem Thera / der Thera schreit

Beitrag Fr., 10.05.2013, 06:59

warum, um Himmels willen, soll man dann dagegen ankämpfen? Wenn die Seele Liebe für den Therapeuten oder die Therapeuten empfindet, warum soll das schlecht sein?

Wenn die Verletzungen, die der Seele zugefügt wurden und die für das heutige Leiden verantwortlich sind, vom ersten Menschen, den man aus tiefstem Herzen liebte, zugefügt wurden, kann sie dann nicht auch nur mit Hilfe eines Menschen genesen, den man aus tiefstem Herzen liebt?

Was soll daran schlecht sein?

Im allerbesten Fall ist der Therapeut / die Therapeutin der Mensch, der mir beibringt, was mir meine erste Liebe nicht beigebracht hat.

Ich bin ein wertvoller, liebenswerter, schützenswerter Mensch. Ich habe das Recht auf meine Bedürfnisse, das Recht auf Schutz, Aufmerksamkeit, Gewaltfreiheit, Rücksichtnahme, Zärtlichkeit, Liebe, Wärme, Umsorgtsein, Versorgtsein, bedingungslose Annahme.

Wieviel Zeit darf das brauchen? 2,5 Jahre, 3,5 Jahre? Wieviel Zeit hat es gebraucht, um das Gegenteil zu verinnerlichen?

3/4 meiner Lebenszeit wurde mir vermittelt, dass ich ein wertloses Stück Sch... bin. 1/4 meiner Lebenszeit wurde mir vermittelt, dass ich ein wertvoller Mensch bin, immer und immer wieder, so lange bis auch ich das jetzt endlich glaube.

Deshalb meine Frage: Ist es nicht vollkommen normal den Therapeuten / die Therapeutin zu lieben? Für immer im Herzen zu haben, so wie man gute, wertvolle Menschen immer im Herzen hat, egal ob die da sind oder nicht mehr da sind?

Würde mich sehr interessieren, wie ihr das seht.

Liebe Grüße
Bergkristall

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Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 07:29

Hi Bergkristall,

Da ich nicht imstande bin das was ich fühle zu interpretieren, versuche ich mich vorsichtig auszudrücken.

Ich empfinde für meine beiden Theras (sowohl den alten wie auch den neuen) sehr viel. Was diese Gefühle konkret bedeuten, weiss ich nicht. Aber sagen wir mal, ich hoffe dass es nicht bedeutet dass ich sie so liebe wie ich einen Partner lieben würde. Allerdings sind es wohl die wichtigsten Menschen in meinem Leben, die denen ich am meisten vertrauen kann und die die mich bisher nicht enttäuscht haben.

Ich weiss nicht ob ich dir weiterhelfe, aber Gefühle ist bei mir ein sehr schwieriges Thema welches ich demnächst wohl auch in der Thera werde aufgreifen müssen.
LG
Luxbordie
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**AufdemWeg**
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 07:35

Hat dich jemand wegen dieser Liebe nieder gemacht?
Du musst dich nicht rechtfertigen.
Es ist egal was andere Menschen dazu denken
wichtig fuer dich ist was du dazu fuehlst.

LG
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Fast Forward
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 11:46

Eigentlich gebe ich dir Recht, Bergkristall. Die Liebe zum Thera ist etwas ganz Besonders und auch, wenn ich gerade schwer in der Übertragung hänge, so weiß und fühle ich doch, dass es eine andere Liebe ist, als die, zu sonst einem potentiellen Partner. Aber ich kann es gerade nur sehr sehr schwer unterscheiden und das tut mir weh, denn der Platz, nach dem ich mich dabei sehne, der gehört einer anderen und ich gehöre da mit der allergrößten Gewissheit nicht hin. Es ist sehr schwer für mich gerade, diese Nähe/Distanz-Sache zu regeln. Mal spüre ich ihn überhaupt nicht, dann muss ich mich wieder zurück ziehen, weil es mir zu viel wird, werde taub. Das liegt aber nicht allein an unserer thera. Beziehung. Ich sehne mich nach der "Liebe", die ich auch schon empfunden habe, dieses "to be fond of somebody", das mir so gut getan hat. Das ist für mich nämlich wirklich die schönste Form von Liebe.

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:02

Bergkristall hat geschrieben:warum, um Himmels willen, soll man dann dagegen ankämpfen? Wenn die Seele Liebe für den Therapeuten oder die Therapeuten empfindet, warum soll das schlecht sein?
...wer hat das gesagt ? In welchem Zusammenhang ? Die "Liebe" zur/zum Thera ist für mich das Schönste was ich jemals emotional erleben durfte. Ich "darf" meine Thera lieben und ihr das auch sagen. Nichts daran ist schlecht. Absolut gar nichts.

Vielleicht meinst Du es im Zusammenhang mit einer etwaigen Abhängigkeit, die auch ganz ungute Formen annehmen kann. Dann könnte man diese Liebe aber auch nicht als "schlecht" bezeichnen sondern eher als etwas sehr quälendes für den Patienten. Doch es hat einen Sinn warum es so gekommen ist und ist deshalb nicht gleich "schlecht". Nur wird dann die ganze Situation etwas schwieriger. Das alles zu Bearbeiten, aufzuklären, aufzulösen....das ist sehr, sehr schwierig.

Wenn der Patient leidet wie verrückt, dann ist es immer noch nicht schlecht, dann muß man überlegen wie es weitergeht. Aber das Gefühl der Liebe an sich ist doch etwas völlig normales, menschliches. Was wäre aus den Menschen geworden wenn sie nicht lieben könnten ?

Aber niemals würde ich die Liebe zum/zur Thera als etwas Schlechtes bezeichnen. Nein - auch wenn es oft quälend und harte Arbeit ist diese Gefühle auszuhalten - ist es für mich etwas ganz wertvolles, was bereicherndes, was wunderschönes, etwas was mich von innen her wohlig wärmt und mir zeigt daß ich lebe, daß ich es anscheinend wirklich wert bin daß ich lebe, und auch Teil dieser Welt bin.
LG, CrazyChild

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Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:14

@FastForward und CrazyChild,

Aber diese Liebe kann und darf doch vom Thera nicht erwidert werden? Verstehe nicht wie das dann gehen soll (wie gesagt, Gefühle sind mir eh ein Rätsel...)?
LG
Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:17

Doch schon - aber natürlich ist es bei ihm anders. Er wird kaum so hibbelig vor seinen Sitzungen mit mir sein, wie ich, davon träumen etc., ich weiß aber, dass er sich auch immer auf mich freut und dass ihm seine Klienten alle sehr am Herzen liegen - er sagt dazu auch, dass er sie alle liebt, aber es ist natürlich keine Verliebtheit - anders als bei mir.

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CrazyChild
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:20

Luxbordie hat geschrieben:Aber diese Liebe kann und darf doch vom Thera nicht erwidert werden? Verstehe nicht wie das dann gehen soll (wie gesagt, Gefühle sind mir eh ein Rätsel...)?
...das war mir auch grade noch eingefallen - das stimmt absolut, und das macht es auch so schwierig. Aber das Gefühl "Liebe" an sich, in dem Fall zum/zur Thera ist nicht schlecht. Nur muß man damit umgehen können, es aushalten können/lernen daß eben nur zurückkommt was auf therapeutischer Basis möglich ist, und das ist einem meistens zu wenig. Aber man kann daraus lernen. Lernen warum man grade den Thera so liebt. Warum das so ist. Was dahinter steckt. Was das für einem selbst bedeutet. In meinem Fall ist es kindliche Liebe. Dahinter stecken eigene Bedürfnisse, Defizite. Das alles rauszufinden und sich somit dann irgendwann selbst zu helfen ist der Trick.
LG, CrazyChild

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Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:30

Kann man sowas beim Thera ansprechen? Ich kann ihm ja eigentlich alles sagen, aber bei dem Thema hab ich doch Angst irgendwie. Ich weiss ja auch nicht was ich fühle...
Zuletzt geändert von Luxbordie am Fr., 10.05.2013, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.
LG
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:32

Bei mir ist die "Bombe" letzte Woche geplatzt, wir arbeiten nun daran, die Übertragung aufzulösen und herauszuarbeiten, welche Intensität an Gefühl für diese Beziehung angemessen ist. Im Rahmen dieser Arbeit hat er mir auch die Dinge gesagt, die meine Meinung über die Erwiderung der Gefühle durch den Thera festigen.

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Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:36

Klingt echt kompliziert... Naja - mal schauen. Irgendwann muss ich eh mit ihm drüber reden.
LG
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Bergkristall
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 12:42

Hätte ich damals nicht geglaubt, dass meine Therapeutin mich liebt, hätte ich mich niemals so weit auf sie einlassen können, wie ich es getan habe. Ich habe diesen Selbstbetrug gebraucht und mir auch gegeben. Warum nicht? Sie war immer, immer, immer lieb zu mir. Ich brauchte diese gefühlte tiefe Liebe von ihr und zu ihr. Ich war so rundum zerstört, ohne diese Liebe hätte niemals so vieles heilen können.

Ich habe schon Menschen geliebt, die mich geschlagen, gedemütigt, beleidigt, betrogen, usw. usw. haben, und diese Menschen haben zu mir gesagt: "Ich liebe Dich". Und ich habe denen geglaubt, dass sie mich lieben. Dann kann ich doch ruhig auch mal glauben, dass ein Mensch, der jahrelang, beständig immer gut zu mir ist, mich liebt. Auch, wenn ein Teil von mir weiß, dass das nicht die gleiche Liebe ist.

Und außerdem: Als mein erstes Enkelkind geboren wurde, dachte ich noch, ich könne nie wieder einen Menschen so sehr lieben, wie dieses eine Kind. Dann war das zweite Enkelkind unterwegs, ich war mir ganz sicher, dass ich dieses Kind niemals so lieben könnte, wie das Erste. Aber ich betete es an, genau so erging es mit mit Enkelkind Nr. 3, 4, 5. Ich liebe diese Kinder -entgegen meiner Erwartung- genauso heiß und innig wie das Erste.

Es heißt ja, das Herz ist ein dehnbarer Muskel. Ich traue meiner Therapeutin zu, dass sie einige ihrer Patienten in ihr Herz geschlossen hat. Auch mich .

Dieses Begehren, dieses Gefühl, unbedingt mehr bekommen zu müssen, mehr Nähe, mehr Zuwendung, wird meiner Erfahrung nach weniger. Als ich mich selbst lieben konnte, mir selbst Zuwendung, Liebe, Wärme, Nachsicht, Trost, Unterstützung, Wertschätzung, Achtung, Respekt, bedingungslose Annahme geben konnte, da war ich nicht mehr darauf angewiesen, dass sie mir das gab. Ich war versorgt, umsorgt, von mir selbst.

Geblieben ist aber trotzdem noch Liebe. Ich werde sie für den Rest meines Lebens lieben. Wie könnte ich einen Menschen, der mir soviel gegeben hat, nicht mehr lieben. Aber diese Liebe tut nicht weh. Sie ist gut und schön.

Liebe Grüße
Bergkristall

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Luxbordie
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 13:11

Und weiss deine Thera dass du diese Gefühle hast/hattest?
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CrazyChild
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 13:19

Bergkristall hat geschrieben:Geblieben ist aber trotzdem noch Liebe. Ich werde sie für den Rest meines Lebens lieben. Wie könnte ich einen Menschen, der mir soviel gegeben hat, nicht mehr lieben. Aber diese Liebe tut nicht weh. Sie ist gut und schön.
Das klingt alles sehr schön und logisch. Und es freut mich für Dich daß Du so gut mit dieser Situation umgehen kannst - denn genau so soll es auch sein.

Ich frage jetzt nur - warum hast Du das in Deinem Eröffnungsthread gepostet:
Bergkristall hat geschrieben:warum, um Himmels willen, soll man dann dagegen ankämpfen? Wenn die Seele Liebe für den Therapeuten oder die Therapeuten empfindet, warum soll das schlecht sein?
Du hast Dir somit in deinem letzten Beitrag die Antwort selbst gegeben.
LG, CrazyChild

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Bergkristall
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Beitrag Fr., 10.05.2013, 13:51

Hallo Luxbordie,

nein, ich habe meiner Therapeutin nie von meiner Liebe erzählt. Ich hatte nicht einmal das Bedürfnis, das zu tun. Das war mir dann doch zu privat. Mit war ja immer klar, dass wir niemals ein Paar werden konnten. Aber ich würde das auch bei keinem anderen Menschen machen, den ich liebe. Wenn ich weiß, dass das aussichtslos ist, gebe ich mir da keine Blöße, sondern warte, dass das wieder vorbei geht. Dazu habe ich einfach nicht genug Selbstwertgefühl.

Ich war damals erst mal unglaublich dankbar, dass ich überhaupt noch lieben konnte, denn ich dachte jahrelang, dass ich das nie mehr würde können.

CrazyChild, den thread habe ich gepostet, weil es mich immer wieder hin und her reißt, wenn ich die verschiedenen Themen lese, die die Liebe zum Therapeuten/Therapeutin betreffen. Ich frage mich dann selbst, ob ich mit meiner Einstellung richtig liege. Manche reden auch von Dienstleistung, oder Zuwendung gegen Entgelt. Ich möchte mir und den Leuten, die sich so damit quälen vielleicht versichern, dass es so sein muss, damit die Therapie erfolgreich sein kann. Dass es keinen Grund gibt, sich nicht gut damit zu fühlen, denn ich habe auch viel Zeit damit verbracht, mit mir zu schimpfen, mich abzulenken, mit dem Versuch, diese Liebe abzutöten, mir zu sagen, dass das peinlich ist, was ich da empfinde, krank.

Ich wollte die ultimative einzig richtige Antwort auf die Frage:
Ist es o.k., den Therapeuten zu lieben, sich einzubilden geliebt zu werden? Gehört das zum Theraprozess?

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Bergkristall

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