Therapeut der richtige für mich/meine Probleme?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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hanspeter
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Therapeut der richtige für mich/meine Probleme?

Beitrag Mo., 22.03.2010, 10:00

Ich musste aufgrund Umzugs meinen Therapeuten wechseln und war jetzt am neuen Wohnort zu Vorgesprächen.
Meine Probleme sind: wenig belastbar, empfinde dann sehr schnell Stress (oft deswegen Magenschleimhautentzündung); wenig Selbstsvertrauen deshalb oft nervös und angst, sehr perfektionistisch habe sehr hohe Ansprüche an mich selber.

Habe in meiner alten Heimat eine tiefenpsychologisch-fundierte Therapie gemacht, Schwerpunkt aber auf Gegenwart und Verbesserung der aktuellen Situation bzw. Wirkungsbekämpfung, mein Therapeut arbeitete auch viel mit Übungen (Umgang mit Fehlern „üben“ usw.).

Der mögliche Therapeut am neuen Wohnort legt die Therapie dagegen sehr klassisch aus (also sehr vergangenheits/kindheitsbezogen). Er ist der Meinung dass aufgrund meine heutigen Probleme
Irgendwas in meiner Erziehung oder Entwicklung/Kindheit falsch gelaufen ist. Ich bin jedoch der Meinung dass ich eine sehr gute Kindheit hatte, meine Eltern waren immer sehr verständnisvoll und haben mich nie unter Druck gesetzt. Mein Therapeut meint aber auf Teufel komm raus da müsste irgendwas sein und ich würde eventuell etwas verschweigen (was ich nicht tue), denn sonst hätte ich heute die Probleme nicht. So war für ihn z.B. eigentlich klar dass meine Mutter (da sie Lehrerin ist) mich bezüglich der schulischen Leistungen unter Druck gesetzt hat (obwohl es nicht so war).

Ich habe das Gefühl, dass er mich in eine bestimmte Richtung drängen will, ein bestimmtes Idealbild im Kopf hat (so muss der Mensch sein), so z.B. versucht er auch mich von einer begleitenden Gruppentherapie zu überzeugen.

Die Gespräche bei ihm wühlen mich sehr auf, ich fühle mich aber hinterher oft schlechter als vorher. Er gibt mir auch oft das Gefühl dass ihn viele Dinge an mir stören (im Gespräch sei ich oft nervig, außerdem viel zu rational, ich bin im zu brav usw.)

Er ist der Meinung dass man für die Ursache meiner Probleme sehr tief bohren muss und das sehr schmerzvoll sein kann aber nur das zum Ziel führt.

Meine Fragen sind nun:
-sollte man sich beim Therapeuten wohl fühlen oder macht es auch Sinn sich temporär schlecht zu fühlen weil man dadurch insgesamt auch weiter kommt (speziell bei meinen Selbstwertproblemen)?
- ist eine so ausgelegte tiefenpsychlogische Therapie bei meinen Problemen überhaupt sinnvoll, oder sollte ich eher eine Verhaltenstherapie machen?
- soll ich eher auf meinen Verstand hören (nur eine anstrengende, eventuell schmerzhafte Therapie hilft wirklich („viel hilft viel“)) oder auf mein Gefühl (Therapeut will mich in eine Richtung drängen die mir eventuell nix bringt, fühle mich oft nicht wohl bei ihm usw.)
- hat jemand von euch schonmal die Erfahrung gemacht, dass bei einer eigentlich als normal, gut, verständnisvoll empfundenen Erziehung/Kindheit bei der Therapie irgendwelche Dinge zu Tage getreten sind von denen ihr vorher gar nix wusstest und was euch dann weitergeholfen hat?


Freu mich auf eure Meinungen!

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 10:14

hanspeter hat geschrieben:
Der mögliche Therapeut am neuen Wohnort legt die Therapie dagegen sehr klassisch aus (also sehr vergangenheits/kindheitsbezogen). Er ist der Meinung dass aufgrund meine heutigen Probleme
Irgendwas in meiner Erziehung oder Entwicklung/Kindheit falsch gelaufen ist. Ich bin jedoch der Meinung dass ich eine sehr gute Kindheit hatte, meine Eltern waren immer sehr verständnisvoll und haben mich nie unter Druck gesetzt.

Mein Therapeut meint aber auf Teufel komm raus da müsste irgendwas sein und ich würde eventuell etwas verschweigen (was ich nicht tue), denn sonst hätte ich heute die Probleme nicht. So war für ihn z.B. eigentlich klar dass meine Mutter (da sie Lehrerin ist) mich bezüglich der schulischen Leistungen unter Druck gesetzt hat (obwohl es nicht so war).

Ich habe das Gefühl, dass er mich in eine bestimmte Richtung drängen will, ein bestimmtes Idealbild im Kopf hat (so muss der Mensch sein), so z.B. versucht er auch mich von einer begleitenden Gruppentherapie zu überzeugen.

Die Gespräche bei ihm wühlen mich sehr auf, ich fühle mich aber hinterher oft schlechter als vorher. Er gibt mir auch oft das Gefühl dass ihn viele Dinge an mir stören (im Gespräch sei ich oft nervig, außerdem viel zu rational, ich bin im zu brav usw.)

Er ist der Meinung dass man für die Ursache meiner Probleme sehr tief bohren muss und das sehr schmerzvoll sein kann aber nur das zum Ziel führt.
Hi,

das hört sich einfach nur sehr schlecht an. Selbst WENN in deiner Vergangenheit IRGENDWAS gewesen WÄRE, es muss ja nicht in der Familie vorgefallen sein, dann wird es hochkommen, wenn es an der Zeit ist. Und selbst wenn da etwas wäre, es mit Gewalt hochzerren wäre grundfalsch. Weil retraumatisierend. Wenn man von einer traumatischen Erfahrung ausgeht (was weiß ich, du verdrängst, daß du im Kindergarten sexuell belästigt wurdest , whatever) wäre es retraumatisierend, da mit Gewalt drin rumzubohren, Traumatherapie funktioniert NUR auf freiwilliger Basis und nur wenn der Klient das Tempo vorgibt, nicht der Therapeut.

Und "Unterstellungen" daß dies, das oder jenes vorgefallen sein müsse und du verschweigst diese Dinge sind schon mal absolut unverschämt und unqualifiziert. Dir sowas zu unterstellen ist übergriffig und abwertend. Sie stellt sich über dich. Zwei Dinge die in einer Therapie absolut nichts verloren haben.

Ebenfalls No Go sind Aussagen wie "du seist nervig" , "zu brav" und "zu rational". Es laufen nicht nur Revoluzzer rum auf der Welt, ich gehöre zB eher in die Kategorie, das hat sie aber nicht zu entscheiden ob du das sein willst und ob das deiner Persönlichkeit enstpricht. Und eher rationale Menschen haben ein Recht rational zu sein. Und "nervig" ist einfach nur eine Beleidigung. Das kann sie für sich so empfinden, aber dann soll sie so ehrlich sein, daß sie mit dir, einem Klienten den sie schon in den Kennenlernstunden nervig findet nicht arbeiten kann weil sie keinen Draht zu dir findet.

Schau dir noch ein paar andere Therapeuten an und vergiss die Frau. Du tätest dir nix gutes, wenn du da weiter hingehst. Es stresst dich ja jetzt schon... Da kommt nichts gutes dabei raus.

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mitsuko
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 10:57

hanspeter hat geschrieben: -sollte man sich beim Therapeuten wohl fühlen oder macht es auch Sinn sich temporär schlecht zu fühlen weil man dadurch insgesamt auch weiter kommt (speziell bei meinen Selbstwertproblemen)?
Ja und ja. Es ist normal, dass man sich im Verlauf der Therapie auch mal schlecht mit dem Thera fühlt, besonders in Therapieformen, in denen Übertragung eine große Rolle spielt. Aber damit ist nicht unbedingt die erste Sitzung gemeint. Wenn ein Thera dir von Anfang an nicht zusagt, geh nicht hin! Abgesehen davon, wenn du ein klares Bild davon hast, was für eine Art von Therapie du machen möchtest, ist es nur sinnvoll, wenn du dir jemanden suchst mit dem das geht.
hanspeter hat geschrieben: - ist eine so ausgelegte tiefenpsychlogische Therapie bei meinen Problemen überhaupt sinnvoll, oder sollte ich eher eine Verhaltenstherapie machen
Du solltest das machen, was du gerne möchtest. Theoretisch können alle möglichen Therapieformen bei allen möglichen Problemen helfen. Praktisch muss man aber auch schauen, was man denn nun für sich am liebsten will und worauf man sich einlassen will und worauf nicht. Es ist völlig legitim, wenn du nicht in deiner Kindheit rumwuseln möchtest.
hanspeter hat geschrieben:- soll ich eher auf meinen Verstand hören (nur eine anstrengende, eventuell schmerzhafte Therapie hilft wirklich („viel hilft viel“)) oder auf mein Gefühl (Therapeut will mich in eine Richtung drängen die mir eventuell nix bringt, fühle mich oft nicht wohl bei ihm usw.)
Auch eine Verhaltenstherapie kann sehr anstrengend und schmerzhaft sein, falls es dir darum geht. Das ist nicht die Light-Version der tiefenpsychologischen Therapie.
hanspeter hat geschrieben:- hat jemand von euch schonmal die Erfahrung gemacht, dass bei einer eigentlich als normal, gut, verständnisvoll empfundenen Erziehung/Kindheit bei der Therapie irgendwelche Dinge zu Tage getreten sind von denen ihr vorher gar nix wusstest und was euch dann weitergeholfen hat?
Ja hab ich genau so erlebt. Das heißt aber nicht, dass es bei dir auch so ist. Bei mir kam das allerdings erst dann zu Tage als ich mich von mir aus irgendwann meiner Kindheit kritischer nähern wollte und konnte. Ich halte nichts davon, sowas zu forcieren. Außerdem bin ich überzeugt, dass es nur nachteilig für dich sein kann, wenn du etwas tust, weil du dich von deinem Therapeuten dazu gedrängt fühlst. Dass dieser Therapeut Aussagen von dir immer wieder anzweifelt und das Gegenteil behauptet, würde mich ebenfalls sehr skeptisch machen.

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hanspeter
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 12:19

vielen Dank für eure bisherigen Antworten. Noch ein paar Anmerkungen:
münchnerkindl hat geschrieben:
hanspeter hat geschrieben:
Die Gespräche bei ihm wühlen mich sehr auf, ich fühle mich aber hinterher oft schlechter als vorher. Er gibt mir auch oft das Gefühl dass ihn viele Dinge an mir stören (im Gespräch sei ich oft nervig, außerdem viel zu rational, ich bin im zu brav usw.)

Er ist der Meinung dass man für die Ursache meiner Probleme sehr tief bohren muss und das sehr schmerzvoll sein kann aber nur das zum Ziel führt.
das hört sich einfach nur sehr schlecht an. Selbst WENN in deiner Vergangenheit IRGENDWAS gewesen WÄRE, es muss ja nicht in der Familie vorgefallen sein, dann wird es hochkommen, wenn es an der Zeit ist. Und selbst wenn da etwas wäre, es mit Gewalt hochzerren wäre grundfalsch. Weil retraumatisierend. Wenn man von einer traumatischen Erfahrung ausgeht (was weiß ich, du verdrängst, daß du im Kindergarten sexuell belästigt wurdest , whatever) wäre es retraumatisierend, da mit Gewalt drin rumzubohren, Traumatherapie funktioniert NUR auf freiwilliger Basis und nur wenn der Klient das Tempo vorgibt, nicht der Therapeut.
Ich glaub es ging ihm weniger um spezielle traumatische Erlebnisse sondern eher um irgendein Verhalten bzw. Erziehungsmethoden, also etwas "schleichendes" (z.B. besonders hoher Leistungsdruck druch die Eltern, oder zuwenig kuscheln als Kind, oder Vorleben von "falschen" Verhaltensweisen durch die Eltern, oder aufgesetzt-wirkende Gespräche am Mittagstisch usw.)

münchnerkindl hat geschrieben:Und "Unterstellungen" daß dies, das oder jenes vorgefallen sein müsse und du verschweigst diese Dinge sind schon mal absolut unverschämt und unqualifiziert. Dir sowas zu unterstellen ist übergriffig und abwertend. Sie stellt sich über dich. Zwei Dinge die in einer Therapie absolut nichts verloren haben.
Er hat es oft nicht explizit unterstellt, aber ich habe am ungläubigen Gesichtsausdruck oder an der weiteren Frageweise gemerkt dass er mir vieles nicht wirklich abnimmt.

münchnerkindl hat geschrieben:Ebenfalls No Go sind Aussagen wie "du seist nervig" , "zu brav" und "zu rational". Es laufen nicht nur Revoluzzer rum auf der Welt, ich gehöre zB eher in die Kategorie, das hat sie aber nicht zu entscheiden ob du das sein willst und ob das deiner Persönlichkeit enstpricht. Und eher rationale Menschen haben ein Recht rational zu sein. Und "nervig" ist einfach nur eine Beleidigung. Das kann sie für sich so empfinden, aber dann soll sie so ehrlich sein, daß sie mit dir, einem Klienten den sie schon in den Kennenlernstunden nervig findet nicht arbeiten kann weil sie keinen Draht zu dir findet.
Er sagte auch öfters dass er nicht wirklich einen Zugang zu mir findet und nicht weiß ob es mit uns klappen würde. Aber das läge daran dass ich eine Mauer um mich bauen würde bzw. ich ihm vorkommen würde wie auf Schienen.

mitsuko hat geschrieben: Ja und ja. Es ist normal, dass man sich im Verlauf der Therapie auch mal schlecht mit dem Thera fühlt, besonders in Therapieformen, in denen Übertragung eine große Rolle spielt. Aber damit ist nicht unbedingt die erste Sitzung gemeint. Wenn ein Thera dir von Anfang an nicht zusagt, geh nicht hin! Abgesehen davon, wenn du ein klares Bild davon hast, was für eine Art von Therapie du machen möchtest, ist es nur sinnvoll, wenn du dir jemanden suchst mit dem das geht.
was meinst du genau mit "Therapieformen in denen Übertragung eine große Rolle spielt"?

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 12:27

hanspeter hat geschrieben:Aber das läge daran dass ich eine Mauer um mich bauen würde .
Blablablub.. Jaja. Wenn man nicht weiterkommt mit den Unterstellungen, du würdest ihm was vorenthalten... Immer schön die Schuld dem anderen zuschieben...

Ich würde auch dichtmachen, wenn mir jemand so auf den Pelz rücken würde, mir das was ich erlebt habe nicht glaubt. Das würden wohl die meisten Menschen. Reserviertheit ist eine ziemlich normale menschliche Reaktion wenn man sich bedrängt und nicht ernstgenommen fühlt.

Von daher, hak ihn ab, das wird nix mehr mit euch. Der hat zu festgefahrene Ansichten und du bist nicht die geeignete Person um sie abzuladen. Du hast schon genug eigene Probleme.

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Offy
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Beitrag Mo., 22.03.2010, 12:32

Hallo hanspeter,

was DIESEN Therapeuten angeht: behalte deine Mauer. An dieser Stelle ist sie berechtigt.
Wer lässt sich denn bitteschön auf tiefergehende Gespräche ein, wenn er das Gefühl hat, ihm wird nicht geglaubt?

Such dir jemand anderen. So wird das nichts.


Offy
Heute weinte ich –
aber keine Träne benetzte eine Blume.
Still, leise und nutzlos!
Werde ich auch so von der Welt gehen?

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